Beschluss: ungeändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 19, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschluss:

 

Die als Anlage beigefügte Rechnungsprüfungsordnung für den Kreis Coesfeld wird beschlossen.

 


Vorsitzender Löcken ruft den Tagesordnungspunkt 2 des öffentlichen Teils auf und bittet zunächst AL Kramer über Aufgaben, Qualifikation und Organisation des Rechnungsprüfungs-amtes zu berichten.

 

AL Kramer greift die Thematik auf und erörtert die Aufgaben der Rechnungsprüfung, die im Wesentlichen in der Rechnungsprüfungsordnung aufgeführt sind und beschreibt anschließend die Aufgabenverteilung innerhalb der Rechnungsprüfung. Dabei macht er deutlich, dass neben den gesetzlichen Aufgaben (Prüfung Jahresabschluss, Gesamtabschluss, Vergabeprüfung, Prüfung von Programmen, Visakontrolle) auch die Bereiche der Innenrevision SGB II sowie des Datenschutzbeauftragten einschließlich Stellvertretung in der Rechnungsprüfung angesiedelt sind. Besonders bewährt habe sich die begleitende Prüfung (siehe § 10 Rechnungsprüfungsordnung). Insbesondere ist die Rechnungsprüfung seitens der Verwaltung bereits im Vorfeld oder begleitend bei bedeutsamen Vorgängen (z.B. Erstellung von Dienst- und Geschäftsanweisungen, wichtigen Projekten) zu beteiligen. Auch bringe sich die Rechnungsprüfung selbst bei besonderen Maßnahmen ein (z.B. Bauprojekt Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg). Ebenfalls hebt er hervor, dass aufgrund der Vorkenntnisse aus früheren Abteilungen (z.B. Kämmerei) die Prüferinnen und Prüfer entsprechend qualifiziert sind.

 

Anschließend geht AL Kramer auf die Änderungen der in der Anlage zur Sitzungsvorlage beigefügten Rechnungsprüfungsordnung ein. Neben redaktionellen Anpassungen wurde die Aufgabe „Prüfung von Jahresnachweisen des Vierten Kapitels SGB XII“ gegenüber dem Bund neu aufgenommen. Weiter wurde die Rechnungsprüfungsordnung zur Aufdeckung von Straftaten durch MitarbeiterInnen um die Möglichkeit des automatisierten Datenabgleichs von Beschäftigtendaten in pseudonymisierter Form ergänzt.

 

Vorsitzender Löcken hält fest, dass die Rechnungsprüfung über gut qualifizierte und ausgebildete Mitarbeiter verfüge.

 

Ktabg. Koch unterstreicht den Stellenwert der begleitenden Prüfung, welche bereits im Vorfeld Fehler und Risiken vermeiden könne.

 

Vorsitzender Löcken geht auf die Inhalte der Sitzungsvorlage ein und stellt sie zur Diskussion.

 

Ktabg. Holz fragt nach dem Umgang mit personenbezogenen Daten. Insbesondere fragt er an, ob die geprüften Daten nach außen weitergegeben werden.

 

AL Kramer erörtert kurz wie folgt dargestellt die praktische Verfahrensweise im Zusammenhang mit der Analysesoftware IDEA:

 

Generell gäbe die Analysesoftware die Möglichkeit Daten auf unterschiedlichste Weise zu analysieren. So können z.B. damit Zahlungsläufe auf untypische Abweichungen in Bezug auf Betragshöhe im Verhältnis zu den Vormonaten  dargestellt werden, welche Anhaltspunkte für eine weitere Prüfung ergeben können. Der Einsatz einer Analysesoftware ermöglicht es der Rechnungsprüfung in korruptionsanfälligen Bereichen mit hohen Zahlungsströmen (Massendaten) überhaupt erst, dolose Handlungen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Die zufällige Aufdeckung durch stichprobenartige Einzelaktenprüfung führt in Bereichen mit Massendaten zu keinem sicheren Prüfungsergebnis.

 

Der Abgleich von Mitarbeiterdaten soll nur in korruptionsanfälligen Bereichen der Verwaltung stattfinden. Der Personalrat, die Gleichstellung und der Datenschutzbeauftragte wurden informiert. Es wurden keine Einwände geltend gemacht. Wichtig ist der Rechnungsprüfung die Transparenz. Die betreffenden Abteilungen werden rechtzeitig über die beabsichtigten Prüfungshandlungen ausreichend informiert. Alle erfassten Daten werden nur für interne Prüfzwecke genutzt.

 

Ktabg. Kortmann äußert die Kritik seiner Fraktion, dass von einem generellen Datenabgleich ohne Vorliegen eines konkreten Verdachtes abzusehen sei. Hier werde ein Generalverdacht gegenüber MitarbeiterInnen erhoben, der nicht tragbar wäre.

 

Vorsitzender Löcken entgegnet, dass es nicht um einen Generalverdacht, sondern um den Abgleich von Massendaten gehe.

 

KD Gilbeau teilt mit, dass ihm der Einsatz der Analysesoftware IDEA aus der Finanzverwaltung bekannt sei. Beispielsweise können aufgrund zyklischer Abweichungen bei Massendaten Fehler aufgedeckt werden. Weiter widerspricht KD Gilbeau dem Ktabg. Kortmann zum Punkt des Generalverdachtes gegenüber MitarbeiterInnen. Ihm seien bereits erfolgreiche Analysen im Bereich Sozialwesen aus Süddeutschland bekannt. In diesem Zusammenhang bekräftigt er, dass der Personalrat sein Einverständnis erteilt habe. Im Ergebnis leiste eine Analyse von Massendaten einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Mitarbeiters (Exkulpation) und trage gleichzeitig zur Vorbeugung von Straftaten bei.

 

Eine Exkulpation ist aus Sicht von Ktabg. Kortmann unnötig. Man dürfe gegen MitarbeiterInnen keinen Generalverdacht erheben. Er sehe den Abgleich von Mitarbeiterdaten kritisch. Es wäre fraglich, ob ohne konkreten Verdacht eine derartige Verfahrensweise einer richterlichen Prüfung Bestand halten würde.

 

Ktabg. Kohaus spricht seine Bedenken aus, dass die von der Verwaltung vorgeschlagene Regelung nicht einer Freibrieferteilung gleichkomme. Damit bestehe die Gefahr, dass dadurch künftig Daten wie  z.B. Zeitdaten, Kennzeichen, Kontostände gesammelt werden.

 

Ktabg. Wessels erwidert, dass durch eine Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung von Daten einem Generalverdacht entgegen gewirkt werde. Allerdings hätte er Bedenken bei der Analyse von Personalabrechnungen. Letztendlich würde aber eine Datenanalyse zur Korruptionsprävention beitragen.

 

Ktabg. Lunemann hinterfragt, welche Kontrollmechanismen (z.B. Vier- oder Sechs- Augenprinzip) bei der Verwaltung Anwendung finden. Darüber hinaus hätte er sich bei der Vorstellung der Software IDEA  ein besseres Bild verschaffen können.

 

Der Vorsitzende Löcken ergänzt die Frage, wie überhaupt eine Pseudonymisierung vorgenommen werde. Er bittet AL Kramer zu den Fragen und zum Ablauf Stellung zu nehmen.

 

AL Kramer weist auf das Erfordernis eines internen Kontrollsystems (IKS) hin. Die Verwaltung muss Regelungen zur Sicherheit von Verfahrensabläufen aufstellen. Ein wichtiges Instrument sei das Vier-Augenprinzip. So müsse zwingend eine Funktionstrennung zwischen Erfassung und Freigabe von Buchungsvorgängen vorliegen. Im Zusammenhang mit Prüfungen in den Fachbereichen wird dies regelmäßig abgefragt. Es wird durch Interviews überprüft, ob Regelungen im sicheren Umgang mit Fachsoftware, Dienstanweisungen oder sonstige Anweisungen zum Schutz des Mitarbeiters bestehen. IDEA komme erst bei der weiteren Auswertung zum Einsatz, z.B. zur Bestimmung von periodenbezogenen Abweichungen in Auszahlungsverfahren (z.B. Sozialhilfe, Jugendamt). Um keinen Generalverdacht gegen MitarbeiterInnen zu erheben, werden nur korruptionsanfällige Aufgabenbereich überprüft. Hier könnte zum Beispiel ein Abgleich der Bankverbindungen von Mitarbeitern mit den Auszahlungsdateien erfolgen. AL Kramer habe bereits Kontakt mit dem Rechnungsprüfungsamt der Stadt Stuttgart aufgenommen, die dort bereits im Liegenschafts- und Sozialhilfebereich erfolgreich tätig waren. Entsprechende Regelungen wurden in die Rechnungsprüfungsordnung aufgenommen. Letztendlich müsse bei einer Prüfung immer die Verhältnismäßigkeit der Prüfungsmethode beachtet werden. So gehe einer Datenanalyse immer eine Gefahrenanalyse voraus. Ein Generalverdacht werde nicht erhoben.

 

Ktabg. Kortmann hinterfragt weiter, warum hierzu Mitarbeiterdaten benötigt würden.

 

AL Kramer weist auf Meldungen der Tagespresse hin, dass beispielsweise MitarbeiterInnen im Bereich von Jobcentern Transferleistungen durch Scheinfälle auf ihr eigenes Konto überwiesen habe. Gerade diese Meldungen belegen, wie häufig gerade auch Mitarbeiter unmittelbar tangiert seien. Die Datenanalyse ermögliche überhaupt, derartige Sachverhalte in korruptionsanfälligen Aufgabenbereichen aufzudecken. Im Vorfeld habe die Rechnungsprüfung beim Personalrat, der Gleichstellungsbeauftragten und dem Datenschutzbeauftragten die Zustimmung eingeholt. Weiter sei den Kommentierungen zu entnehmen, dass es zur wesentlichen Aufgabe der Rechnungsprüfung zähle, dass Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns überprüft werden. Dazu zähle auch die Aufdeckung doloser Handlungen. Das Rechnungsprüfungsamt des Kreises Coesfeld müsse aufgrund der knappen Personalstärke jede Möglichkeit nutzen, um effektiv und effizient zu prüfen können. Dazu zähle auch die Nutzung technischer Möglichkeiten, hier: die Datenanalyse von Massendaten. In diesem Zusammenhang betont er, dass die Rechnungsprüfung mit der Datenanalyse in keinem Falle Kontrollen in Bezug auf Leistungen der Mitarbeiter vornehme, sondern ausschließlich die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit der Daten geprüft werde.

 

Um die Diskussion zum Abschluss zu bringen, schlägt  KD Gilbeau vor, in der nächsten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses die Software IDEA vorzustellen. Er weist nochmals daraufhin, dass der Abgleich von Kontendaten insbesondere mit den internen Stellen Personalrat und Datenschutz abgestimmt worden sei. Zudem seien ihm keinerlei Klagen von Mitarbeitern in anderen Behörden bekannt.

 

Vorsitzender Löcken fasst zusammen, dass es sich bei der Rechnungsprüfungsordnung um eine Mustersatzung handelt, der Datenschutzbeauftragte befragt worden ist und IDEA als Software zertifiziert ist.

 

Ktabg. Kortmann bittet um Zurückstellung des Punktes.

 

Der Rechnungsprüfungsausschuss einigt sich auf die vorläufige Streichung des § 8 Absatz 6, welcher die Regelung zum Datenabgleich von Mitarbeiterdaten eröffnen sollte.

 

Ktabg. Schulze Esking hinterfragt, ob die Verwaltung dadurch überhaupt noch handlungsfähig wäre.

 

KD Gilbeau erklärt, dass im Verdachtsfall einer Prüfung nichts im Wege stehe. Generell müsse die Verwaltung alle vereinfachenden technischen Mittel nutzen.

 

Unter Streichung des § 8 Absatz 6 ruft der Vorsitzende Löcken zur Abstimmung des TOP 2 öffentlicher Teil auf.


Form der Abstimmung:               offen per Handzeichen

Abstimmungsergebnis:               einstimmig