Beschluss: Kenntnis genommen

MA Wilms trägt anhand einer Powerpoint-Präsentation vor. Die hiesige Region befinde sich aufgrund der vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte in einem Spannungsfeld. Der gesellschaftlich geforderte flächendeckende Ausbau decke sich nicht mit dem marktgetrieben Verhalten der Netzbetreiber, die laut Vorgabe der Bundesnetzagentur nur 98 % der Haushalte in den Flächenbundesländern mit LTE versorgen müssten. Problematisch sei in diesem Zusammenhang die aktuelle Marktentwicklung: Mit etwas mehr als einem mobilen Endgerät pro Einwohner und niedrigen Erlösen von 17 Euro monatlich pro SIM-Karte sei der Markt in Deutschland zunächst gesättigt. Somit stünden die potentiellen Erlöse der nahen Zukunft bereits heute fest. Dies begrenze aber auch die Investitionen, die die Netzbetreiber bereit seien zu leisten und jeder Euro, um den die anstehende Versteigerung der nächsten Mobilfunklizenzen teurer werde, fehle somit beim Netzausbau, was insbesondere für die versorgungsschwachen Gebiete problematisch sei. Für den Kreis Coesfeld treffe dies jedoch nicht in der Intensität zu, wie für andere sehr dünn besiedelte Gebiete Deutschlands.

Auch wenn Mobilfunkmasten in der Öffentlichkeit nicht immer gern gesehen seien, sei eine flächendeckende Versorgung mit Internet und Telefonie von den Menschen deutlich mehr gewünscht und mittlerweile normale Anspruchshaltung. Dies decke sich jedoch noch nicht mit den Regularien der Bundesnetzagentur, die weiterhin auf die versorgten Haushalte abstelle.

 

Im Folgenden stellt MA Wilms die Ergebnisse einer LTE-Messfahrt in der Gemeinde Nordkirchen vor. Schwarze Streckenabschnitte symbolisierten kein LTE-Empfang; auf roten, gelben und grünen Streckenabschnitten sei dieser in steigender Qualität gegeben.

Insgesamt könne die Situation als für den aktuellen Privatkonsum ausreichend beurteilt werden, allerdings sei die Versorgung für die fortschreitende Digitalisierung zu gering. Im Rahmen von Messungen sei ermittelt worden, dass in den sieben gemessenen Kommunen rund 80 Basisstationen aufgerüstet beziehungsweise neu errichtet werden müssten, um eine zufriedenstellende Versorgung mit LTE zu erreichen; für eine wirklich flächendeckende Versorgung wären noch deutlich mehr Stationen erforderlich.

Die Gründe für den mangelnden Empfang lägen jedoch nicht immer in fehlenden Sendeanlagen: Metallbedampfte Scheiben, Stahlbeton oder Gewerbehallen aus Blech schränkten den Empfang ebenso ein, wie moderne Soundanlagen in Autos. Fehlende Mitnutzung der Netze anderer Betreiber (National Roaming), sowie günstige Reseller ausschließlicher UMTS-Tarife, die keine LTE-Nutzung beinhalteten, erhöhten das Funkloch-Empfinden der Menschen.

Der Aufbau des zukünftigen 5G-Mobilfunknetzes sei für den Kreis Coesfeld noch nicht absehbar. Die Anwendungen entstünden in den Bereichen hohe Datenraten („massive broadband“), hohe Anzahl von vernetzen Geräten auf einer kleinen Fläche („massive Internet of Things“) und zeit- und verfügbarkeitskritische Kommunikation zwischen Geräten („critical Internet of Things“) und forderten entsprechende Infrastruktur dieser neuen Generation des Mobilfunknetzes. Es sei mit einem Aufbaufokus in den bewohnten Bereichen und entlang der Verkehrswege (Bahn, Bundes- und Landesstraßen, Wasserstraßen) zu rechnen.

 

Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek erkundigt sich, was es mit der abnehmenden Versorgungsrate mit Blick auf die neueren Technologien wie LTE auf sich habe. MA Wilms erläutert, dass sich die Bandbreiten ca. alle zwei Jahre verdoppele; entsprechend der steigenden Nutzung. Eine abnehmende Verfügbarkeit moderner Netze führe dann dazu, dass die schwach versorgten Gebiete noch stärker zurückfielen, resümiert Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek. Dem stimmt MA Wilms zu. Zurzeit gebe es 70.000 Mobilfunkstandorte deutschlandweit; Experten gehen von 200.000 Standorten für eine flächendeckende Versorgung mittels der Frequenzen der anstehenden Versteigerung aus. Dies sei nicht vorstellbar.

 

Ktabg. Wessels weist darauf hin, dass die in der Präsentation dargestellte Situation, insbesondere entlang der Verkehrswege, insgesamt positiv zu bewerten sei. MA Wilms bestätigt dies und ergänzt, dass eine (künftige) Netzversorgung nur auf der Strecke Coesfeld – Dorsten problematisch sei. Insgesamt sei der Kreis hier jedoch abhängig von den Vorgaben der Bundesnetzagentur.

In diesem Zusammenhang erkundigt sich Ktabg. Kleerbaum nach den Handlungsmöglichkeiten der politischen Gremien des Kreises. MA Wilms führt aus, dass der Dialog mit den Netzbetreibern dadurch erschwert werde, dass die entsprechenden Ansprechpartner für einen vergleichsweise großen Bereich zuständig seien, sodass die Stimme einzelner Gebietskörperschaften leicht verhalle. Eine wichtige Möglichkeit der Lokalpolitik sei die Promotion des Neubaus von Mobilfunkmasten. Die Abdeckungskarten der Betreiber seien häufig positiver, als die tatsächliche Lage vor Ort. Die Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek und Ktabg. Wessels heben diesbezüglich das Engagement des wfc-Geschäftsführers Dr. Grüner hervor, der die Angaben der Netzbetreiber kritisch überprüfe.

 

Ktabg. Pohlmann erkundigt sich, ob neue Endgeräte zur Nutzung der 5G-Technologie erforderlich seien. Dies bestätigt MA Wilms. Die Branche gehe davon aus, dass die Empfangsgeräte im Schnitt alle zwei Jahre ausgetauscht würden. Der GSM-Standard werde wohl auch von künftigen Empfangsgeräten für den Notfall unterstützt.

Aus Sicht des Ktabg. Kortmann könne der Kreistag bestimmt etwas bewegen. Die Stärkung des Schienenverkehrs sei etwa ein Ansatzpunkt. Bei drei großen Netzbetreibern sei es wahrscheinlich, dass die Bahntrassen ausreichend mit Internet versorgt seien. Die Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek und Ktabg. Kleerbaum sowie MA Wilms entgegnen, dass ein solches Vorgehen für die Netzbetreiber unwirtschaftlich ist und deswegen man nicht davon ausgehen könne, dass dies automatisch umgesetzt werde.

Ktabg. Kortmann ergänzt, dass aus seiner Sicht nationales Roaming eine sinnvolle Lösung sei und zugelassen werden solle. Bezüglich des nationalen Roamings sei ein Verhandlungsgebot vorgesehen, so MA Wilms. Dies stelle jedoch ein Investitionshemmnis dar. Nach Einschätzung des Ktabg. Kortmann ist dies zu wenig; er plädiert dafür, dass sich die Kreise stärker für den Netzausbau engagieren sollten.

Der Ausschussvorsitzende Prof. Dr. Gochermann weist darauf hin, dass bei einem vollständig parallelen Netzausbau durch alle Netzbetreiber die dreifachen Investitionskosten anfielen. Ergänzend fügt Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek hinzu, dass ohnehin nur dort Funkmasten aufgestellt würden, wo mit einer wirtschaftlich ausreichenden Abnehmerzahl zu rechnen sei. Zwischen den Netzbetreibern bestünden bereits Absprachen über die Mitnutzung von Sendemasten, so MA Wilms, jedoch sei ein einzelner Mast in seiner Kapazität begrenzt.

Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek weist darauf hin, dass bereits in Eigenregie Glasfaserleitungen verlegt würden. Sie fragt, ob nicht auch die Möglichkeit bestünde, eigene Masten aufzustellen. Zudem weist sie auf die Digitalisierung auf dem Acker hin, die auch in sehr dünn besiedelten Gebieten eine ausreichende Internetversorgung voraussetzen würde. Dem pflichtet MA Wilms bei; hier sei der Bedarf zu klären. Die Nutzung lokaler Frequenzen, die aktuell von der Bundesnetzagentur angedacht werde, käme hierbei in Frage. Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek möchte wissen, ob es eine reelle Chance dafür gäbe, dass das von MA Wilms skizzierte Szenario eintreten könnte. Dieser entgegnet, dass die weitere Entwicklung rund um die anstehende Versteigerung und mögliche Gesetzesänderungen abzuwarten seien.

 

Ktabg. Waldmann konstatiert, dass die begrenzten Einflussmöglichkeiten des Kreises Coesfeld auf diesem Gebiet zu akzeptieren, jedoch gleichwohl politische Signale zu senden seien. Die Signale der Bundesforschungsministerin Karliczek seien äußerst kontraproduktiv, obwohl sie die Situation im nördlichen Münsterland kenne. Die bestehenden Funklöcher seien ja auch hinlänglich bekannt und lokalisiert. Hier sei das Senden eines Signales sinnvoll; konkret solle die CDU auf Münsterland-Ebene Druck ausüben, um eine Anpassung der Äußerungen der Ministerin zu erreichen. Insgesamt seien die Probleme Deutschlands beim Ausbau des mobilen Internets nicht nachvollziehbar – in Peru etwa sei überall Empfang gegeben. Ein eindeutiges politisches Signal sei daher notwendig. Der Ausschussvorsitzende Prof. Dr. Gochermann hält es für sinnvoll, zunächst Informationen zu sammeln. Politische Handlungen blieben dann auf deren Grundlage zu überlegen.

Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek erinnert an die Idee, eigene Masten aufzustellen. Dies sei MA Wilms zufolge nur für sehr große Unternehmen, wie etwa VW oder Siemens, überlegenswert. Theoretisch sei das Aufstellen eines Mastes in Eigenregie möglich, jedoch sei dies nur ein kleiner Bestandteil der Problemlösung: Die erforderlichen Genehmigungen seien einzuholen, es seien Glasfaserleitungen zu verlegen, Strom und sonstige Unterhaltskosten zu bezahlen und nicht zuletzt werde ein selbst aufgestellter Mast voraussichtlich nicht von den großen Netzbetreibern bespielt.

Die Privatisierung des Netzbetriebes sei ein Fehler gewesen, hält Ktabg. Kleerbaum fest, zudem bestünden weitere Probleme, wie die Erhebung von Ausgleich- und Ersatzgeldern im Rahmen des Ausbaus des Glasfasernetzes im Außenbereich. Er erkundigt sich, ob es unter Zuhilfenahme neuer Technologie möglich sei, in fünf bis zehn Jahren eine zufriedenstellende Abdeckung mit mobilem Internet zu erreichen. Die Sachkundige Bürgerin Dr. Spallek schließt sich dieser Frage an. MA Wilms antwortet, dass es verschiedene Ansätze gebe. Mit Geld sei das Problem lösbar, allerdings müssten bau- und naturschutzrechtliche Vorschriften beachtet werden. Im Moment liege der Fokus der Bundesnetzagentur bei der Versteigerung auf der Generierung von Erlösen, nicht auf dem Netzausbau. Der Ausschussvorsitzende Prof. Dr. Gochermann und Ktabg. Kortmann weisen darauf hin, dass die Erlöse aus der Versteigerung zweckgebunden verwendet würden und nicht einfach untergingen. Zudem erkundigt sich Ktabg. Kortmann, ob es in Spanien nationales Roaming gäbe – in jedem Falle sei dort eine sehr gute Netzversorgung gegeben. Dasselbe gelte für Südafrika, so Ausschussvorsitzender Prof. Dr. Gochermann.

 

 

Der Bericht des MA Wilms wird zur Kenntnis genommen.

 

 

Anmerkung

 

Die Folien des Power-Point-Vortrages sind dieser Niederschrift als Anlage beigefügt.