Beschluss: zurückgestellt

Landrat Püning erklärt einleitend, dass die Anregung nach § 21 der Kreisordnung im Kreisausschuss vorberaten und im Kreistag entschieden werden soll.

Die Sitzungsvorlage beinhalte eine Einschätzung der Anregung durch die Verwaltung. Anlass der Anregung sei ein Einzelfall, jedoch lebten im Kreis Coesfeld derzeit rd. 1.500 Menschen in einer vergleichbaren Situation.

Der Verwaltung, allen Mitarbeitern und ihm sei bewusst, dass für die betroffenen Ausländer das Thema von elementarer Bedeutung sei. Entsprechende Sensibilität sei daher erforderlich.

Er lege größten Wert darauf, dass kein Informationsmangel vorliege. Sofern in der Vergangenheit ein Gespräch gewünscht worden sei, sei diesem Wunsch nachgekommen worden.

 

Es sei festzustellen, dass fast alle Betroffenen durch einen Rechtsanwalt vertreten werden. Ferner fände unmittelbar nach dem eine Ausreisepflicht bestandskräftig und vollziehbar sei ein Gespräch über eine freiwillige Ausreise bzw. freiwillige Aufenthaltsbeendigung statt.

Den Betroffenen sei daher bekannt, dass sie kein Daueraufenthaltsrecht erwerben können.

 

Es sei ein menschlich nachvollziehbarer Wunsch der Betroffenen hier bleiben zu wollen, wenn man sich hier wohlfühle und integriert sei. Es sei auch verständlich, dass alles daran gesetzt werde, hier bleiben zu dürfen.

Den Betroffenen täte man jedoch keinen Gefallen, ihnen falsche Hoffnungen zu machen.

 

Der anlassgebende Einzelfall ähnele dem Regelfall. Alle Rechtsmittel seien erfolglos ausgeschöpft. Gerichte haben sich mit dem Einzelfall beschäftigt. Die beim Land eingerichtete Härtefallkommission habe sich auch nicht in der Lage gesehen, eine Empfehlung an die Ausländerbehörde auszusprechen.

Eine Abschiebung sei allein auf Grund einer Entscheidung der UNMIK gescheitert.

 

Landrat Püning erklärt weiter, dass er sich bereits in der Vergangenheit sowohl beim Innenminister als auch beim Landkreistag für eine Altfallregelung eingesetzt habe und verweist hierzu auf die Ausführungen in der Sitzungsvorlage.

 

Über die in der Anregung geforderte Verabschiedung einer Erklärung könne diskutiert werden. Dagegen könne zu den Ziffern 2 und 3 der Anregung auf Grund der Kompetenzverteilung zwischen dem Kreistag einerseits und dem Landrat andererseits eine einzelfallbezogene Regelung vom Kreistag nicht getroffen werden. Darüber hinaus wäre ein Beschluss rechtswidrig, der den Landrat verpflichten würde, bei Vorliegen der rechtlichen und tatsächlichen Abschiebungsvoraussetzungen von einer Abschiebung abzusehen.

 

Ktabg. Dinkler sieht eine Diskrepanz zwischen dem Gefühl und dem geltenden Recht. Es sei verständlich, wenn sowohl die betroffenen Ausländer als auch Kollegen, Freunde und Bekannte eine gesetzlich vorgeschriebene Aufenthaltsbeendigung verhindern möchten. Das Zuwanderungsgesetz habe die damit verbundenen Hoffnungen und Erwartungen nicht erfüllt. An den Bund und das Land gerichtete Resolutionen forderten daher vermehrt insbesondere ein verändertes Bleiberecht für länger in Deutschland lebende ausreisepflichtige Ausländer.

Er weist auf die Bemühungen des Landrates hinsichtlich einer Bleiberechtsregelung hin.

 

Die Ziffern 2 und 3 der Anregung widersprächen geltendem Recht und könnten wegen dieser Rechtswidrigkeit nicht beschlossen werden. 

In Abänderung des Textes zu Ziffer 1 der Anregung schlage die CDU-Kreistagsfraktion den nachfolgenden Resolutionstext vor, der auch weitestgehend den Interessen der Antragsteller und der Betroffenen entgegen komme.

 

 

„Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag folgendes zu beschließen:

 

1.                  Der Kreistag fordert den Landrat auf, sich beim Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen nachhaltig für eine Altfallregelung für langjährig geduldete Ausländer einzusetzen. Die Kinder der zweiten Generation haben dabei besondere Berücksichtigung zu finden. Zur Verhinderung zukünftiger Altfälle muss das Asylverfahren weiter beschleunigt werden.

2.                  Der Kreistag unterstützt ausdrücklich die Ausländerbehörde bei der gesetzmäßigen Umsetzung des Zuwanderungsrechts und erkennt die bisherige Vorgehensweise zur Durchführung des gesetzlichen Auftrages an.“

 

Ktabg. Kortmann dankt Landrat Püning für die Klarstellung der menschlich schwierigen Situation. Er sehe ein, dass der Beschlussvorschlag der Antragsteller so nicht beschlossen werden könne. Bezüglich einiger Formulierungen in der von der CDU-Kreistagsfraktion vorgeschlagenen Resolution sehe er Beratungsbedarf.

Man sei sich sowohl darüber einig, dass eine Altfallregelung benötigt werde, als auch darüber, dass die harte Arbeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ausländerbehörde entsprechenden Rückhalt erfordere.

Bis zu einer abschließenden Beschlussfassung im Kreistag sei noch eine weitere Beratung über den Resolutionsentwurf der CDU-Kreistagsfraktion in den Fraktionen erforderlich. Über den Beschlussvorschlag sollte daher heute nicht abgestimmt werden.

 

Abschließend verweist er darauf, dass in den Ziffern 2 und 3 der Anregung lediglich von einer Bitte an den Landrat die Rede sei, letztlich entscheiden müsse der Landrat.

 

Ktabg. Bergmann spricht sich angesichts von rd. 1.500 betroffenen Ausländern für eine baldige Altfallregelung aus. Die SPD-Kreistagsfraktion habe sich in einem Gespräch mit FBL Dr. Hörster rechtlich überzeugen lassen, dass auf Grund der rechtlichen Rahmenbedingungen derzeit keine andere Entscheidung möglich sei.

Daher habe man sich an die Bundestagsabgeordnete Frau Dr. Angelica Schwall-Düren gewandt, damit diese die Problematik in die Koalitionsgespräche zur Veränderung des Zuwanderungsgesetzes einbringe.

Der von der CDU-Kreistagsfraktion eingebrachte Resolutionsentwurf gleiche der aus dem Kreis Borken.

Er wünsche sich eine Resolution, die eine einstimmige Beschlussfassung möglich mache.

Er schlage daher vor, mit Hilfe der Verwaltung bis zur Sitzung des Kreistages einen einvernehmlichen Resolutionsentwurf zu erarbeiten.

 

Nach Auffassung der Ktabg. Pieper ist das Zuwanderungsgesetz für Auslegungen offen und damit nicht einfach zu handhaben. Bezogen auf Ziffer 3 der Anregung verstehe sie nicht, dass der Landrat bei Ziffer 1 „Klärungsbedarf“ bejahe und die Ziffern 2 und 3 für rechtswidrig halte. Manche Ausländer lebten bereits mehr als 15 Jahre hier und viele Politiker hätten für diese bereits in der Vergangenheit eine Bleiberechtsregelung gefordert. Nicht zuletzt auf Grund des demografischen Wandels mache es keinen Sinn, jetzt abzuschieben und im Jahre 2010 eine Wiedereinreise der Betroffenen zu wünschen.

Ferner stehe in § 25 des Aufenthaltsgesetzes, dass nach einer 18-monatigen Duldung ein Aufenthaltsrecht gewährt werden soll. Bei der in Rede stehenden Familie werde diese Frist am 30.06.2006 verstreichen. Sie schlage daher vor, dass erst nach weiteren rechtlichen Informationen der Kreistag beschließen solle.

 

Landrat Püning stellt klar, dass es keine offnen Fragen im juristischen Sinne gebe. Wenn ein Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig werde, müsse die Ausländerbehörde die Entscheidung beachten und vollziehen. Sobald eine Abschiebung vollziehbar sei, eine freiwillige Ausreise seitens der Ausländer nicht erfolge und kein Abschiebungshindernis bestehe, habe die Ausländerbehörde die Abschiebung durchzuführen.

Auf Grund der durch die bestehende Rechtslage verursachten Unzuträglichkeiten wolle man jedoch eine Rechtsänderung erreichen. Im vergangenen Jahr hätten sich die Innenminister nicht auf eine Bleiberechtsregelung einigen können. Die Ergebnisse der derzeitigen nicht umstrittenen Rechtsposition seien allerdings schwer erträglich.

 

Landrat Püning schlägt vor, dass sich die Fraktionen bis zur Kreistagssitzung am 17.05.2006 auf einen Resolutionsentwurf einigen. Sofern dazu eine rechtliche Aufklärung erforderlich erscheine, werde diese durch AL Voss oder FBL Dr. Hörster gegeben.

 

Ktabg. Kortmann teilt die Einschätzung, dass der Kreistag sich nicht über bundesrechtliche Regelungen hinweg setzen kann. Er beantragt, dass jetzt auf eine Beschlussfassung verzichtet und erst im Kreistag abgestimmt werde.

 

Landrat Püning stellt abschließend fest, dass es allgemeiner Konsens sei, dass die Fraktionen für die in der kommenden Woche stattfindende Kreistagssitzung einen Resolutionsentwurf erarbeiten und zur Beschlussfassung einbringen.