Herr Sendermann stellt die aktuelle Situation der Freizeitnutzung im renaturierten Bereich der Lippe in Olfen und Datteln vor. Derzeit habe man dort erhebliche Probleme mit einer hohen Zahl von Touristen und einem vermehrten Aufkommen von Müll. Insbesondere die aus den Renaturierungsmaßnahmen resultierenden sandigen Uferbereiche würden stark frequentiert. Der bisherige Versuch, die Besuche an den sogenannten Lippestränden durch die Verlängerung der Wege vom Parkplatz zu den Stränden einzudämmen, habe kaum Wirkung gezeigt. Die unkontrollierten Besucherströme würden zu einer Fehlentwicklung des Gebietes führen. Die Bürgermeister von Haltern, Oer-Erkenschwick, Datteln und Olfen wollten daher bei der Entwicklung von Freizeit-Lenkungskonzepten verstärkt mit dem 2Stromland e. V. zusammenarbeiten.

 

Herr Steinmann erläutert anhand der der Sitzungsvorlage bereits beigefügten Präsentation die Planungen der Bewerbung für die IGA 2027. Die geplanten Maßnahmen für die Lippeaue sollten im Rahmen der Projektförderung der IGA 2027 finanziert werden. Die offizielle Projektleitung habe die Stadt Datteln mit dem Verein 2Stromland als Kooperationspartner. Die Maßnahmen im Rahmen der IGA 2027 sollten fast ausschließlich auf dem Gebiet des Kreises Reckling­hausen umgesetzt werden, würden sich aber auch auf das Gebiet des Kreises Coesfeld auswirken. Die in den ursprünglichen Projektunterlagen enthaltenen Bausteine einer Lippequerung durch ein Brückenbauwerk, Safari etc. würden nicht weiterverfolgt, im Gegenteil werde der Schwerpunkt auf eine zurückhaltende Nutzung und Lenkung der Besucherströme gelegt.

 

Seitens der Beiratsmitglieder wird grundsätzlich begrüßt, dass die vormals geplanten eingriffsintensiven Maßnahmen - hier insbesondere die Brückenquerung - nicht weiterverfolgt werden. Eine zurückhaltende Querung der Lippe durch eine Fähre, die geplante Beweidung sowie eine Aussichtsplattform und die Vermittlung von mehr Informationen über das 2Stromland werden positiv gesehen, es wird aber auf die hierfür erforderlichen Befreiungen von den für das Schutzgebiet geltenden Verboten und die Untersuchung der FFH-Verträglichkeit hingewiesen.

Bedenken werden dahingehend geäußert, dass zu viel Geld in die Attraktivitätssteigerung des Gebietes investiert werde, was zu erhöhten Besucherzahlen führen könne. Herr Steinmann führt an, dass die Maßnahmen nicht die Steigerung von Besucherzahlen zum Ziel hätten. Hauptausrichtung sollten der Erhalt der Natur und die Wissensvermittlung sein.

Ferner wird auf mögliche Nutzungskonflikte zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung durch z. B. Stand-up-Paddling und Kanufahrer hingewiesen. Die jeweiligen Interessensvertretungen sollten daher frühestmöglich in die Planung eingebunden werden.

Zudem wird angeregt, für eine wirksame Kontrolle des Gebiets Ranger einzustellen.

Herr Steinmann erläutert, dass auf der Seite des Kreises Recklinghausen die Übernutzungsproblematik geringer ausgeprägt sei, da hier ein pensionierter Polizist Überwachungsaufgaben übernehme und Wege für den Kfz-Verkehr gesperrt worden seien. Bezüglich des Stand-up-Paddling werde die Abstimmung mit dem Kreis Recklinghausen gesucht.

Auf die Frage von Herrn Brüning, ob die Quarzwerke als Projektträger Eigentumsflächen im Projektgebiet hätten, antwortet Herr Steinmann, dass diese dort lediglich Ersatzmaßnahmen durchgeführt hätten.

Herr Brüning stellt fest, dass die vorgestellten Projektinhalte eine wesentliche Verbesserung gegenüber den vorherigen Projektzielen darstellten. Schwierig stelle sich jedoch die Form einer „Gartenausstellung“ - es handele sich ja um ein Projekt einer IGA - mit dem üblichen begleitenden Unterhaltungsprogramm dar. Daher stelle sich für ihn noch die Frage, wie hier eine Gartenausstellung aussehe, ob möglichst viele Besucher beabsichtigt seien und ob es Seminarangebote für Landschaftsgestaltung geben werde. Herr Steinmann stellt klar, dass es keine Gartenausstellung im eigentlichen Sinne sein werde, sondern die Vorstellung eines naturbelassenen Gartens mit der gewünschten Eigenentwicklung der Lippe. Die Besucherzahl sei derzeit noch nicht abschätzbar, die Fähre werde diese jedoch im Gegensatz zur ehemals geplanten Brücke bereits reduzieren.

Herr Räkers hält eine Lenkung und einen Wegerückbau für sinnvoll, weist aber darauf hin, dass das Maßnahmenpaket die Attraktivität des Lipperaums erhöhe, was aus Sicht des Naturschutzes nicht erforderlich sei. Herr Steinmann ist anderer Meinung, er hält eine Steuerung der Besucher für erforderlich, zudem umfasse das Maßnahmenpaket auch Angebote für ältere Menschen und für Fachpublikum.

Die Frage von Herrn Bontrup, ob die Fähre in der Gestaltung wie die Fähre in Flaesheim geplant sei, bejaht Herr Steinmann. Auf Herrn Bontrups weitere Frage, wie groß die Ackerfläche sei, die in Dauergrünland mit Beweidung umgewandelt werden solle, teilt Herr Steinmann mit, dass diese eine Fläche von ca. 90 ha umfasse und derzeit bereits eine Verpachtung kleinerer Flächen an zwei Biolandbetriebe erfolge. Bezüglich der geplanten Ausstellungsgebäude weist Herr Bontrup auf die Berücksichtigung von Dachflächensolarnutzung hin. Herr Steinmann erläutert, dass es das Ziel sei, die Gebäude klimaneutral herzurichten.

Herr Sendermann ergänzt, dass Haus Vogelsang als Bildungsstandort aufgewertet werden solle und eine Begrenzung der Zugangszahlen angestrebt werde. Hierzu schlägt Herr Steinhoff vor, Überlegungen in Richtung eines Ticketsystems anzustellen, welches sinnvollerweise im Eingangsbereich in das Projektgebiet bei Haus Vogelsang eingerichtet werden könne.

 

Zusammenfassend nimmt der Beirat bei der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Coesfeld die Ausführungen von Herrn Steinmann und Herrn Sendermann zu den Planungen des 2Stromland e. V. zur Kenntnis. Im Grundsatz erkennt der Beirat die deutliche Verbesserung der vorgestellten Projektplanung im Vergleich zur Ursprungsplanung an, in welcher noch u. a. Lippebrücke, Safari und CandleLight-Dinner angedacht waren.

Bezüglich der Besucherlenkung und der nun favorisierten Querung der Lippe per handbetriebener Fähre verbleiben offene Fragen, die einer Detailplanung und anschließender naturschutzfachlicher Bewertung - insbesondere hinsichtlich der Verträglichkeit mit dem FFH-Gebiet „Lippeaue“ - zu unterziehen sind.

Zudem weist der Beirat darauf hin, dass eine mit dem Projekt IGA 2027 eventuell beabsichtigte Erhöhung der zulässigen Kanuanzahl auf der Lippe nicht mitgetragen wird – es soll weiterhin die Kontingentierung gelten, wie sie im Rahmen der 2. Änderung des Landschaftsplans „Olfen-Seppenrade“ angedacht und mit den Vorgaben des Kreises Recklinghausen auf der südlichen Lippeseite harmonisiert ist. Auch eine Ausweitung des Befahrens der Lippe für Stand-up-Paddling soll aufgrund der deutlich höheren Störwirkung nicht zulässig sein, auch nicht im Rahmen der Kontingentierung.