Sitzung: 06.09.2023 Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit
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Nitrat im Kreis
Coesfeld Dez. Schütt berichtet: „Trinkwasser
ist in Deutschland das bestüberwachte Lebensmittel. Seine Qualität ist
durchweg sehr gut bis gut. Das gilt auch für die praktisch flächendeckende
Einhaltung des Grenzwertes für Nitrat bei zentralen Wasserversorgern. Anders
sieht es jedoch beim Grundwasser aus: In Deutschland weisen laut
Umweltbundesamt ca. 17 Prozent der Messstellen des repräsentativen
EUA-Grundwassermessnetzes (Messnetz für die Berichterstattung an die
Europäische Umweltagentur) Nitratgehalte über dem Grenzwert der
Trinkwasserverordnung von 50 mg/L auf. An Messstellen, in deren Einzugsgebiet
viele landwirtschaftliche Nutzungen vorkommen, überschreiten laut
Umweltbundesamt ca. 27 Prozent der
Messstellen den Grenzwert. Dies klingt zunächst besorgniserregend. Auch im
Hinblick auf den landwirtschaftlich geprägten Kreis Coesfeld und die hohe
Anzahl von Haushalten, welche über ca. 6.600 Hausbrunnen das Grundwasser
teils ohne weitere Aufbereitung als Trinkwasser nutzen. Unter diesem
Hintergrund erfolgte in den vergangenen Wochen eine Analyse der Situation im
Kreis Coesfeld. Zunächst
fand bereits ein erstes Treffen der Abteilungen 53, 70 sowie 01 für einen
initialen Austausch statt. Alle Beteiligten sahen die Notwendigkeit der
Aufarbeitung der Situation im Kreisgebiet als gegeben. Festzuhalten ist, dass
der Kreis eine gemeinsame Strategie und Haltung entwickeln möchte und eine
aktive Kommunikation hinsichtlich der Thematik anstrebt. In
einem ersten Schritt zur Aufarbeitung erfolgte durch die Abteilung 53 eine
statistische Auswertung der dem Gesundheitsamt vorliegenden Analyseergebnisse
des Trinkwassers der Brunnenbetreiber. Diese Auswertung umfasste alle
vorliegenden Analysewerte in Bezug auf Nitrat sowie Nitrit über die Jahre
2018 bis einschließlich 2022, jeweils aufgeschlüsselt für die einzelnen
Kommunen und das gesamte Kreisgebiet. Hierbei zeigte sich für die vergangenen
5 Jahre, dass durchschnittlich 3,49 % der Nitratuntersuchungen und 0,73 % der
Nitrituntersuchungen im gesamten Kreisgebiet Grenzwertüberschreitungen
aufzeigen. In
einem zweiten Schritt werden aktuell im Kreisgebiet lokale Häufungen von
Brunnenanlagen mit Grenzwertüberschreitungen identifiziert, um
Handlungsmöglichkeiten in den Bereichen abwägen zu können und mögliche
Maßnahmen festzulegen. Insgesamt zeigt sich, dass im südlichen sowie im
östlichen Bereich des Kreisgebietes kaum erhöhte Werte für Nitrat und Nitrit
festzustellen sind. Im nördlichen sowie westlichen Bereich des Kreisgebietes
zeigen sich hingegen vermehrt Grenzwertüberschreitungen. Weiterhin
sollen lokale Häufungen von Grenzwertüberschreitungen im Rahmen der
Neuaufstellung der Wasserversorgungskonzepte an die Kommunen kommuniziert
werden, um diesen Hinweise für möglichen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine
Ausweitung des zentralen Wasserversorgungsnetzes zu liefern. Im weiteren
Verlauf ist die Ausweitung der Analyse auf weitere gesundheitlich relevante
Parameter in Hinblick auf die Trinkwasserqualität geplant. Hierbei handelt es
sich z. B. um Fluorid oder Natrium.“ Dez. Schütt kündigt an, diesem Thema in einer der kommenden Sitzungen
des AASSG einen Schwerpunkt zu geben. Tag der
Jobcenter am 12. Juni 2023 Dez. Schütt führt aus: „82 Mitarbeitende der Städte und Gemeinden sowie des Kreises Coesfeld
trafen sich am 12. Juni 2023 auf der Burg Vischering zum „Tag der Jobcenter“
um sich zu Neuerungen rund um das Bürgergeld auszutauschen. Das Zusammentreffen
diente der Information, dem Austausch und Kennenlernen auch vieler neuer
Mitarbeitender aus den Jobcenter im Kreis Coesfeld und dem Case-Management
des Kommunalen Integrationszentrums. Sozialdezernent Schütt hob in seiner
Begrüßung und Einführung die bestehende gute Beratungspraxis vor Ort und die
Bedeutung von Kooperationen der unterschiedlichen Fachdienste hervor, was
nunmehr im Bürgergeld postuliert ist. Als Gastrednerin hat Frau Kristin Degener vom Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales NRW in ihrem Impulsvortrag die Bedeutung der
Jobcenter im sozialen Sicherungssystem hervorgehoben. Gesellschaftliche
Veränderungen der vergangenen Jahre werden die Weiterentwicklung auch in der
Zukunft notwendig machen und mit der Einführung des Bürgergeldes bestehe
nunmehr eine gute Chance, auch vielen Menschen mit schwierigen
Integrationsvoraussetzungen doch eine Integration in den Arbeitsmarkt zu
ermöglichen. Frau Degener hob hervor, dass es doch insbesondere die Jobcenter
gewesen seien, die durch ihre vielfältigen Leistungen den sozialen Frieden in
den Krisenzeiten der vergangenen Jahre sichergestellt haben und wies auch auf
die Sicht des Ministeriums hin, dass eine Beratung in Präsenz und auf
Augenhöhe für SGB II-Leistungsbeziehende verdeckte Potenziale erkenne und
neue Chancen auf Teilhabe ermöglichen würde. Das seien die Erfolgsfaktoren in
der Vergangenheit aber auch zukünftig für die Arbeit vor Ort. Frau Degener
dankte den Mitarbeitenden vor Ort für das Krisenmanagement in dieser Zeit,
das als Antwort auf die Herausforderungen der vergangenen Jahre entstand. Abteilungsleiter Stefan Schenk führte durch den Tag und das Programm.
Er hob den Zweck hervor, dass Information, Austausch und das Kennenlernen der
Mitarbeitenden untereinander im Mittelpunkt des Treffens stehe und lud ein,
diesen für eine gute Vernetzung untereinander zu nutzen. Kontinuierliche
Veränderungen wirken auf die Organisation ein, und auch der demographische
Wandel habe viele neue Kolleginnen und Kollegen ins Jobcenter geführt. Im
schönen Rahmen der Burg Vischering nutzten die Mitarbeitenden den Gallery
Walk zu aktuellen Themen und Herausforderungen, um sich zu informieren, ins
Gespräch zu kommen und viele wünschten sich eine Wiederholung, mehr
Zustimmung geht nicht. Die Information und der Austausch wurden von Pascal Hoffmann vom Team
Gesundheit rund um das Thema Gesundheit und Prophylaxe komplettierte, bei dem
sich alle auch spielerisch beteiligt haben.“ Finanzielle
Ausstattung der Jobcenter; Auswirkungen der geplanten Änderungen im SGB II
für Menschen unter 25 Jahren Dez. Schütt trägt vor: „Mit dem Kabinettsbeschluss vom 05.07.2023 hat der Bund das
parlamentarische Verfahren zum Bundeshaushalt 2024 gestartet. Erwartungsgemäß
ist der Bund nachvollziehbar gehalten, Einsparungen vorzunehmen. Am
16.08.2023 wurde dann vom Bundeskabinett der Kabinettsentwurf eines
Haushaltsfinanzierungsgesetzes beschlossen, welches für die Jahre ab 2024
erhebliche Einsparungen im Bereich des Bürgergeldes (SGB II) vorsieht. Bereits 2024 sollen die Haushaltsansätze der Titel für Eingliederung
und Verwaltungskosten um 500 Mio. € sinken. Ab dem Jahr 2025 sollen dann mit
einer Übertragung der Arbeitsförderung junger Menschen unter 25 Jahren in die
Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit und dem Wechsel zum SGB III
weitere 900 Mio. € eingespart werden. Da diese Entwicklungen hier mit großer Sorge betrachtet werden, hat
der Landrat bereits mit einem Schreiben an die Bundestags- und
Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Coesfeld, an die Verbände der freien
Wohlfahrtspflege und Träger von Bildungsmaßnahmen sowie auch an die
Fraktionen des Kreistages auf die zu erwartenden Auswirkungen dieser
Überlegungen insgesamt, aber auch mit dem speziellen Blick auf den Kreis
Coesfeld, aufmerksam gemacht. Im Rahmen dieser Mitteilungsvorlage soll
nochmals auf die Punkte hingewiesen werden: 1.) Einsparungen in 2024; Auswirkungen
auf das Bürgergeld Das Bürgergeld ist in diesem Jahr mit großen Erwartungen gerade auch
in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration arbeitsloser Menschen gestartet.
Beispielsweise darf ich hier auf den Wegfall des Vermittlungsvorrangs
hinweisen, wodurch ein stärkerer Fokus auf Qualifizierung und Weiterbildung
gesetzt wird und eine größere Nachhaltigkeit der beruflichen Integration
erreicht werden kann. Diese Weiterentwicklung des SGB II wird hier gerade
auch mit Blick auf den fortschreitenden Mangel an Fachkräften sehr begrüßt. Maßnahmen zur Qualifizierung, wie z.B. die Förderung der beruflichen
Weiterbildung, sind jedoch aufwändig und entsprechend teuer. Hinzu kommt,
dass aufgrund von Tarifsteigerungen sowie der allgemeinen Inflation die
Kosten für Maßnahmen oder andere Angebote von Trägern der beruflichen
Integration insgesamt deutlich gestiegen sind. Die Tarifsteigerungen führen darüber hinaus auch im Jobcenter zu
erheblich höheren Aufwendungen, wobei gleichzeitig auch mehr Personal für den
deutlichen Zuwachs an Leistungsbeziehenden benötigt wird. Allein seit dem
01.06.2022 ist mit dem Rechtskreiswechsel ukrainischer Flüchtlinge die Zahl
der Bedarfsgemeinschaften im SGB II im Kreis Coesfeld um rd. 30 % gestiegen.
Eine bedarfsgerechte Betreuung der Menschen kann in den Jobcentern nur noch
durch entsprechende Umschichtungen aus dem Eingliederungstitel in den
Verwaltungskostentitel sichergestellt werden. Wichtige Maßnahmen des
Bürgergeldes, wie z.B. die Entfristung des § 16 i SGB II (Gewährung von
Lohnkostenzuschüssen an Arbeitgeber bis zu 100 % in den ersten 2
Beschäftigungsjahren unter bestimmten Voraussetzungen, danach abfallende
Zuschüsse), lassen sich kaum umsetzen, da diese sehr kostenintensiv sind und
die Eingliederungsmittel über Jahre hinweg binden. Das Ziel, Steuermittel sachgerecht und sparsam einzusetzen, wird
grundsätzlich geteilt. Neben kurzfristigen Sparerfolgen sollte aber auch die
Nachhaltigkeit der Einsparungen in den Blick genommen werden. Das Bürgergeld fordert die Jobcenter und auch die Leistungsbeziehenden
zu einem Umdenken auf. Eine Beratung auf Augenhöhe, die auch ein
Vertrauensverhältnis schafft, soll die Basis dafür sein, gemeinsam den
individuellen Weg hin zu einer nachhaltigen Integration und Teilhabe zu
schaffen. Die notwendigen Schritte werden in einem rechtsunverbindlichen
Kooperationsplan gemeinsam festgelegt, wobei soweit möglich nicht die
schnelle Integration im Vordergrund steht, sondern eine Nachhaltigkeit durch
Weiterbildung und Qualifizierung erreicht werden soll. Die Umsetzung dieser
guten Ziele erfordert jedoch personelle und finanzielle Ressourcen, die den
Jobcentern im Eingliederungstitel sowie für die Verwaltungskosten zur
Verfügung stehen müssen. Mit der geplanten Kürzung der Mittel lassen sich die Ziele des
Bürgergeldes für einen Großteil der Leistungsbeziehenden nicht erreichen.
Vielmehr ist zu erwarten, dass mit fehlender Finanzausstattung der Jobcenter
durch notwendige Personaleinsparungen und Reduzierung von Möglichkeiten bei
den Instrumenten der beruflichen Eingliederung auch schon erreichte Kontakte
abbrechen und Menschen auf dem Weg verloren gehen. Viele mögliche
Integrationen in den Arbeitsmarkt werden dadurch verhindert; stattdessen
erfolgen weiterhin langfristige Sozialleistungsbezüge, die den Staat
dauerhaft viel Geld kosten werden. Es kann zurzeit nicht abgeschätzt werden, wie sich die geplanten
Einsparungen im Jahr 2024 konkret auf die Zuweisung von Bundesmitteln im
Eingliederungs- und Verwaltungskostentitel auf den Kreis Coesfeld auswirken
werden. 2.) Einsparungen ab 2025; Verlagerung
der Betreuung im U-25-Bereich Sorge bereitet insbesondere auch die im Kabinettsbeschluss zum
Haushaltsfinanzierungsgesetz bereits festgelegte Planung, weitere
Einsparungen ab 2025 dadurch zu erreichen, dass junge Menschen unter 25
Jahren zukünftig bei der aktiven Arbeitsmarktförderung einheitlich durch die
Bundesagentur für Arbeit betreut werden sollen. Aus Sicht des Jobcenters sind
damit auch gesellschaftspolitische Folgen und negative Auswirkungen für den
Arbeitsmarkt verbunden, die möglicherweise in der Folge auch die zu
realisierenden Einsparungen deutlich überwiegen könnten. a) Verlust etablierter
Betreuungsstrukturen insbesondere für junge Menschen mit komplexen
Problemlagen Seit 2005 sind die Verantwortlichkeiten für den Personenkreis der
unter 25-jährigen zwischen den Jobcentern und der Bundesagentur für Arbeit
klar geregelt. Während die Bundesagentur für Arbeit ihren Fokus klar auf
Berufsberatung und die Vermittlung junger, arbeitsmarktnaher Menschen (ohne
SGB II-Bezug) legt, sind die Jobcenter vorrangig zuständig für junge
Menschen, deren Weg in Arbeit (möglichst mit entsprechender Qualifizierung)
länger dauert. Herausfordernde Multiproblemlagen sind bei einem Großteil der
im Bürgergeld befindlichen jungen Menschen vorzufinden, seien es Sucht- oder
Schuldenproblematiken oder auch (drohende) Wohnungslosigkeit. Oft sind auch
psychosoziale Probleme vorhanden. Am Beginn einer Begleitung sind viele junge
Menschen, die in den Jobcentern betreut werden, von einer Ausbildungsreife
weit entfernt. Es darf in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden,
dass gerade im Jobcenter eine Vielzahl der zu betreuenden Menschen eine
Flucht-, bzw. Einwanderungsgeschichte haben. Im SGB II stehen hierfür dann
besonders zugeschnittene Instrumente zur Verfügung, wie die Förderung schwer
zu erreichender junger Menschen nach § 16 h SGB II oder auch die gerade erst
im § 16 k Abs. 2 SGB II neu ins Gesetz aufgenommene ganzheitliche Betreuung
für junge Menschen zur Heranführung an eine oder zur Begleitung während einer
Ausbildung. Im Kreis Coesfeld wird vom Jobcenter über § 16 h SGB II seit Jahren
mit einem Träger das Projekt „Return“ (Nachfolger von „Respekt“) erfolgreich
umgesetzt. Hierüber wird eine Vielzahl junger Menschen sehr niedrigschwellig
erreicht. Durch die langjährige Erfahrung der Jobcenter in der Arbeit mit jungen
Menschen, die häufig multiproblembehaftet sind, haben sich hierfür spezielle
Betreuungs-, Beratungs- und Förderstrukturen etabliert. Das Personal in den
Jobcentern ist besonders geschult und hat Erfahrung im Umgang mit der
Zielgruppe. Es ist zu erwarten, dass für viele Jugendliche und junge
Erwachsene durch den Aufbau komplett neuer Strukturen die Vertrauensbasis
einer oft langen Zusammenarbeit verloren geht. In vielen Fällen ist es auch
von besonderer Bedeutung, in einer ganzheitlichen Beratung die Situation
einer gesamten Bedarfsgemeinschaft zu kennen und im Eingliederungsprozess zu
berücksichtigen. Ein Systemwechsel kann daher auch zu neuen Spannungsfeldern
führen, deren gesamtgesellschaftspolitischen Auswirkungen gravierend sind.
Soziale Brennpunkte werden verstärkt oder gar neu geschaffen. b) Verlust vernetzter Strukturen und
kommunaler Stärken Im Kreis Coesfeld arbeiten die Akteure vor Ort schon traditionell gut
zusammen und stimmen sich ab. Besonders zum Ausdruck gebracht wird dies im
„Netzwerk Chancengerechtigkeit“, in dem die Akteure überkommunal und
rechtskreisübergreifend mit dem Ziel zusammenarbeiten,
Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen und hierzu einen
niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen. Das „Netzwerk Chancengerechtigkeit“
nimmt junge Menschen dabei schon ab der Geburt in den Blick. Als zugelassener kommunaler Träger ist das Jobcenter des Kreises
Coesfeld darüber hinaus eng vernetzt mit der Jugendhilfe, der Kommunalen
Koordinierungsstelle KAoA, den berufsbildenden Schulen und besonders auch mit
dem Case-Management des Kommunalen Integrationszentrums (KI). Mitarbeitende
des Jobcenters befinden sich in allen Rathäusern, sodass auch zu den
Asylbewerberleistungsstellen und den Wohngeldstellen sowie den
allgemeinbildenden Schulen eine enge Verzahnung besteht. Auch zur Agentur für
Arbeit gibt es natürlich einen guten Kontakt. Insbesondere von der sehr guten Vernetzung im kommunalen Bereich
profitieren auch junge Menschen in der Betreuung der Jobcenter, z.B. bei den
vielfältigen Schnittstellen zur Jugendhilfe. Die Kooperation zwischen dem Fallmanagement im SGB II und dem
Case-Management des KI wird aktuell sogar für eine noch bessere Betreuung der
Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Kreis Coesfeld verstärkt. Angesichts
der zeitlich parallelen Einführung des Bürgergeldes und der Umsetzung des
kommunalen Integrationsmanagements (KIM) erfolgt hier gerade eine enge
Abstimmung der Strukturen mit dem Ziel von Verzahnung, Rollenklarheit und
Transparenz für die Kundschaft. Der Aufbau von verlässlichen, guten Strukturen und Netzwerken für die
oft von der Gesellschaft abgehängten jungen Menschen dauert Jahre und hat
sich bei den Jobcentern etabliert. Bei einem Wechsel der Zuständigkeiten ist
es nicht möglich, solche Netzwerke ohne Verluste fortzuführen, sodass zu
befürchten ist, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene im
Umstrukturierungsprozess „verloren gehen“. c) Einsparungen von Steuergeldern
zulasten der Beitragszahlungen von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Neben fachlichen Argumenten, die gegen eine Verlagerung der Betreuung
Jugendlicher und junger Menschen sprechen, sehe ich auch die künftige Art der
Finanzierung dieser Betreuungsleistung kritisch. Die Verlagerung wird
(zunächst) zu Einsparungen bei den steuerfinanzierten SGB II-Leistungen
führen, wobei die Nachhaltigkeit der Einsparungen angezweifelt wird. Die
finanzielle und personelle Kompensation der Einsparungen erfolgt zumindest
mittelfristig über das beitragsfinanzierte System des SGB III. Auch mit
etwaigen Rücklagen der Agentur für Arbeit (es ist hier die Rede von rd. 2 Mrd.
Euro aus Einsparungen beim Kurzarbeitergeld) würde hier zur Überbrückung nur
ein kurzfristiger Einspareffekt erzielt, der ebenso und viel leichter durch
eine Verlagerung der Bundesmittel vom SGB III in das SGB II erreicht werden
könnte, ohne bestehende gute Strukturen zu zerstören und aufwendig neue
Strukturen schaffen zu müssen. Mit der Verlagerung wird das System der Arbeitslosenversicherung
insbesondere mit zusätzlichen Leistungen für einen Personenkreis belastet,
der im Regelfall (noch) keine Beiträge hierzu geleistet hat. Das führt
zumindest mittelfristig zu einer höheren Belastung der
sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, anstatt diese Aufgabe als gesellschaftspolitische Aufgabe
gleichermaßen auf alle Schultern zu verteilen. d) Exkurs zur geplanten
Kindergrundsicherung Parallel zu diesen Überlegungen plant der Bund mit der
Kindergrundsicherung auch ab dem Jahr 2025 eine Veränderung im Leistungsrecht
für Kinder und Jugendliche. Es sollen die Leistungen für diesen Personenkreis
aus einer Hand erbracht werden und zwar in der Zuständigkeit der
Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit. Die Idee, Leistungen für Kinder und Jugendliche aus einer Hand zu
erbringen und gleichzeitig auch zu verbessern, wird grundsätzlich
unterstützt. Die Umsetzung wirft jedoch noch viele Fragen auf. Es werden für
Familien mit Kindern mehr Anlaufstellen notwendig, um die notwendigen
existenzsichernden Leistungen zu erhalten, da die Jobcenter in jedem Fall für
die Eltern zuständig bleiben und auch ergänzende Leistungen für Kinder und
Jugendliche (z.B. einmalige BuT-Leistungen, Mehrbedarfe oder ungedeckte
Bedarfe bei den Kosten der Unterkunft) bleiben wohl in der Zuständigkeit der
Jobcenter. Mit der Verlagerung der aktiven Betreuung im U-25-Bereich wären somit
in vielen Fällen mindestens drei Anlaufstellen für die Familien mit Kindern
zuständig (Familienkasse, BA und Jobcenter), wenn nicht noch zusätzlich
weitere Leistungen der Jugendhilfe hinzukommen, da Unterhaltsvorschussleistungen
nicht in die Kindergrundsicherung integriert werden sollen. Auch die Erreichbarkeit der Familienkassen, die mit nur rd. 100
Standorten bundesweit über rd. 1/10 der Standorte der etwa 400 Jobcenter (mit
ca. 1.000 Standorten) verfügt, ist insbesondere für das zum Teil nicht mobile
Klientel junger, und sozialleistungsbeziehender Menschen nicht
bürgerorientiert. Inwieweit es tatsächlich gelingt, die Kindergrundsicherung
unbürokratisch und digital umzusetzen bleibt abzuwarten. Fazit Die Jobcenter insgesamt und damit auch das kommunale Jobcenter des
Kreises Coesfeld waren und sind in den Krisen der vergangenen Jahre (z.B.
Flüchtlingskrisen, Pandemie) diejenigen Stellen, die wesentlich dazu
beigetragen haben, den sozialen Frieden in der Gesellschaft sicherzustellen.
Mit den geplanten massiven finanziellen und inhaltlichen Einschränkungen
fehlen den Jobcentern die Handlungsmöglichkeiten, um diese Aufgabe auch
künftig wahrzunehmen. Mit dem Fokus auf mehr Qualifizierung, wie es das
Bürgergeld gesetzlich vorsieht, können die Jobcenter bei ausreichender
finanzieller Ausstattung auch künftig gerade auch mit Blick auf die jungen
Menschen im Leistungsbezug einen wichtigen Beitrag zum Thema des
Fachkräftemangels leisten. Aktuelle Überlegungen zur Neuorganisation des Jobcenters mit einer
konkreten Spezialisierung auf die Zielgruppe der unter 25-Jährigen liegen
derzeit auf Eis; über die geplanten Organisationsänderungen war bereits im
AASSG berichtet worden.“ |
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