Sitzung: 20.11.2023 Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit
Beschluss: Kenntnis genommen
Vorlage: SV-10-1050
AL Schenk berichtet anhand der als Anlage 2 beigefügten
PowerPoint-Präsentation über den aktuellen Sachstand zur Betreuung und
beruflichen Integration der geflüchteten Personen im Kreis Coesfeld in den
Rechtskreisen AsylbLG, SGB II – aktive und passive Leistungen – sowie im SGB
XII.
Frau Raack bedankt sich für den Vortrag.
Ktabg. Weber erkundigt sich, ob auch aus der
Ukraine geflüchtete Personen einen Anspruch auf Rentenzahlungen aus der Ukraine
hätten und welche Altersvoraussetzung hierfür gelten würden. Er bittet zudem um
Mitteilung, ob die betroffenen Personen diese Rentenzahlungen aus der Ukraine
auch tatsächlich erhalten würden.
AL Schenk führt hierzu aus, dass grundsätzlich für
Frauen ab einem Alter von 57,5 Jahren und für Männer ab einem Alter von 60
Jahren in der Ukraine einen Rentenanspruch bestehen würde. Die ukrainische
Altersrente sei auch mit der deutschen Altersrente vergleichbar, daher würden
diese Personen durch den Altersrentenbezug hier dem Rechtskreis SGB XII
angehören, obwohl sie nach den deutschen Regelungen noch als erwerbsfähig
gelten würden. Hierdurch sei auch ein deutlicher Anstieg bei der Gewährung von
Krankenhilfe spürbar. Durch diese Faktoren werde der Kreishaushalt
belastet.
Die Rentenzahlungen würden auch durchaus
bedarfsmindernd als Einkommen angerechnet, soweit sie als bereite Mittel
tatsächlich zur Verfügung stünden.
Es seien auch Fälle bekannt, in denen aus der
Ukraine geflüchtete Personen im Homeoffice hier in Deutschland ihre berufliche
Tätigkeit in der Ukraine weiter ausüben und von dort Gehaltszahlungen erhalten
würden.
Ktabg. Lütkecosmann weist darauf hin, dass
Personen, welche einen Integrationskurs absolvieren, häufig auch anschließend
Sprachkurse unterschiedlicher Sprachniveaus besuchen würden. In diesem
Zusammenhang fragt er nach den Aussichten, die Personen bereits nach Abschluss
der Integrationskurse in Arbeit zu vermitteln.
AL Schenk teilt hierzu mit, dass auch bisher alle
Personen in Arbeit vermittelt würden, bei denen dies möglich sei. Hier nimmt er
Bezug auf die Ausführungen zur Vermittlungsoffensive NRW. Hierbei sei ein
wesentlicher Punkt, Arbeitgebende zu gewinnen, die bereit seien, Personen mit
niedrigen Sprachniveaus zu beschäftigen und auch den Besuch von
berufsbegleitenden Integrationskursen zu ermöglichen. Viele Personen würden
nach Abschluss des Integrationskurses auch Vertiefungskurse besuchen wollen.
Dez. Schütt ergänzt, dass dies auch Ziel des BMAS
sei und daher seitens des Bundes aktuell Gespräche mit Gewerkschaften geführt
würden, um ein früheres Eintreten in den Beruf zu ermöglichen.
Ktabg. Lütkecosmann teilt mit, dass zu beobachten
sei, dass viele Firmen wohl Arbeitnehmende ohne bzw. mit wenigen
Deutschkenntnissen aus europäischen Staaten beschäftigen würden. Er erkundigt
sich nach den Gründen, warum Arbeitgebende hinsichtlich der Beschäftigung von
anderen, insbesondere geflüchteten Menschen mit niedrigem Sprachniveau eher
zurückhaltend seien.
Dez. Schütt nimmt hierzu Bezug auf die
Massenzustrom-Richtlinie, wonach die Aufenthaltstitel der ukrainischen
Geflüchteten nun weiter verlängert werden sollen. Dies gebe auch
Planungssicherheit für die betroffenen Personen und für die Arbeitgebenden.
In diesem Zusammenhang führt er auch aus, dass die
verschiedenen Länder bei der Integration insbesondere in den Arbeitsmarkt
verschiedene Wege gehen würden. In den Niederlanden z.B. sei die
Beschäftigungsquote höher. Hier werde beispielsweise ein zusätzlicher Anreiz
geschaffen, indem zunächst alle geflüchteten Personen in einer
Gemeinschaftsunterkunft untergebracht würden. Die Personen, die eine Arbeit
aufnehmen, dürften dann aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen.
Ktabg. Leufgen weist hierzu darauf hin, dass sie
den Vergleich zwischen den Niederlanden und Deutschland kritisch sehe. Laut der
Friedrich-Ebert-Stiftung bestehe in den Niederlanden ein anderes Zielsystem.
Ihrer Auffassung nach biete der deutsche Weg ein gewisses Maß an
Nachhaltigkeit. Hierzu habe es kürzlich einen interessanten Austausch zwischen
der International Organization for Migration (IOM), dem BMAS und der IHK
gegeben. Ein entsprechender Bericht solle noch erstellt werden.
An dieser Stelle weist Dez. Schütt auf den aktuell
geplanten Jobturbo hin. Devise des Bundes sei demnach eine schnelle
Arbeitsvermittlung noch vor deren Nachhaltigkeit.
AL Schenk ergänzt, dass im Kreis Coesfeld viele
Arbeitgebende bereit seien, ukrainische Geflüchtete zu beschäftigen und dies
auch schon tun würden. Hier liege der Auftrag auch beim Jobcenter und bei den
betroffenen Geflüchteten selbst. So sei ein Dreiklang zwischen Arbeitgebenden,
Jobcentern und den leistungsberechtigten Personen erforderlich.
S.B. Schmitz berichtet aus seiner
Kursleitertätigkeit bei der VHS, dass ihm von betroffenen Geflüchteten
berichtet werde, dass sich eine Beschäftigung für sie nicht lohne, da ihnen
durch die Anrechnung beim Bürgergeld von dem Einkommen aus Beschäftigung
lediglich ein kleiner Teil verbleibe. Dieses sei schade.
Ktabg. Crämer-Gembalczyk berichtet von der wirklich
erschütternden Ausstellung mit dem Titel „Erschüttert“ von Till Mayer in
Kooperation mit Handicap International, in der u.a. die Schwierigkeiten von
geflüchteten Personen mit Behinderungen aufgezeigt worden seien. Sie erkundigt
sich, wie viele geflüchtete Personen mit Behinderungen es im Kreis Coesfeld
gebe und ob spezielle Unterkünfte für diese Personengruppe bereitstünden. Zudem
fragt sie, ob diesen Menschen spezielle Schulungen angeboten würden und ob auch
genügend psychotherapeutische bzw. traumatologische Angebote zur Aufarbeitung
der Fluchttraumata zur Verfügung stünden.
AL Schenk teilt hierzu mit, dass seitens der Städte
und Gemeinden versucht werde, den unterschiedlichen Bedürfnissen der
geflüchteten Personen gerecht zu werden. Die Anzahl der geflüchteten Personen
mit Behinderungen werde in der Niederschrift nachgereicht. Hinsichtlich der
psychotherapeutischen bzw. traumatologischen Angebote hätten geflüchtete
Personen den gleichen Zugang wie andere leistungsberechtigte Personen. Eine
Statistik, wie viele Personen solche Unterstützungsangebote nutzen würden,
werde nicht geführt.
Dez. Schütt ergänzt, dass die Zuständigkeit hierfür
bei den Krankenversicherungen liege. Den Jobcentern würden für die in der Regel
pflichtversicherten Bürgergeldbeziehenden keine Diagnosen und Behandlungen
mitgeteilt. Daher habe die Verwaltung keine Informationen über die Anzahl der
in Anspruch genommenen Hilfsangebote.
Vorsitzende Raack informiert, dass es einen solchen
Überblick auf Landesebene gebe. Eine Aufschlüsslung nach Kreisen sei jedoch
nicht enthalten.
Ktabg. Weber weist darauf hin, dass aktuell diskutiert
werde, dass Personen, die keiner Beschäftigung nachgehen, alternativ
gemeinnützige Arbeiten verrichten sollten.
Diesbezüglich
berichtet AL Schenk, dass es diese Möglichkeit bereits gebe und von den Städten
und Gemeinden, im Wesentlichen von den Städten Coesfeld und Dülmen, auch
umgesetzt würde. Die derzeitige politische Diskussion beziehe sich auf eine
erhebliche Ausweitung dieser Möglichkeit.
Nachtrag zur Anfrage von s. B. Crämer-Gembalczyk:
Aktuell befinden sich 40 Menschen mit Einwanderungsgeschichte im
Leistungsbezug nach dem SGB II, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von 30
oder mehr festgestellt wurde. Hiervon haben 7 Personen einen GdB von 30 oder 40
und insgesamt 33 Personen eine Schwerbehinderung, also einen GdB von 50 oder
mehr.
Von diesen Personen stehen insgesamt 12 Personen im Kontext „Flucht“;
davon wiederum 2 Personen mit einem GdB von 30 bis 40 und 10 Personen mit einem
GdB von über 50.
Es wird darauf hingewiesen, dass diese Darstellung lediglich Personen
mit einem anerkannten GdB enthält. Eine Auswertung solcher Personen, bei denen
zwar eine (Schwer-)Behinderung vorliegen könnte, die jedoch (noch) nicht durch
das Gesundheitsamt festgestellt ist, ist programmseitig nicht möglich.