Landrat Püning verweist nach Aufruf des Tagesordnungspunktes auf einen mehrseitigen Fragenkatalog der Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder zur geplanten Deponie der Klasse I in Dülmen-Rödder, der gestern bei der Verwaltung eingegangen sei. Aufgrund anderer dienstlicher Verpflichtungen habe er die insgesamt 17 Fragen (siehe Anlage 1) nur einmal überflogen. In diesem Zusammenhang weist Landrat Püning auf § 12 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Kreistages des Kreises Coesfeld hin, wonach schriftliche Fragen von Einwohnern spätestens 14 Tage vor der Kreistagssitzung dem Landrat zuzuleiten seien. Unabhängig hiervon könnten einzelne Fragen durch den zuständigen Fachbereichsleiter, Dr. Scheipers, kurz beantwortet werden. Im Übrigen erfolge in absehbarer Zeit eine schriftliche Beantwortung aller Fragen (siehe Anlage 2).

 

Danach meldet sich Herr Hubertus W. Trippens, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder, und führt aus, dass sich die Anlieger gegen die Ablagerung gefährlicher Stoffe auf der Deponie Rödder wehren. Nach ihrer Meinung sei die Änderungsgenehmigung zur Sohleanhebung nicht rechtens gewesen. Für eine schriftliche Beantwortung der Fragen durch die Verwaltung zeigt Herr Trippens Verständnis. Dennoch möchte er die nachfolgenden vier Fragen stellen:

1. Warum wurde 1996 die Tongrubenverfüllung (TG I) mit Boden- und Bauschutt als Sohleanhebung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (§ 31) und nicht nach abfallrechtlichen Bestimmungen durchgeführt?

2. Warum wurde der Zuordnungswert für Feststoffe von Z 1.1 und nicht der unbelastete Z 0-Wert der Genehmigung zugrunde gelegt, wenn es doch nur um ein Genehmigungsverfahren zur Sohleanhebung ging? In der Genehmigung zur Austonung 1990 wurde aus gutem Grund besonderer Wert auf die Unbeschadetheit der Grundwasserleiter der 2 Grundwasserstockwerke gelegt.

3. Warum wurden bei der Änderungsgenehmigung 2009 wiederum die Öffentlichkeit und auch die Naturschutzverbände im Genehmigungsverfahren außen vorgelassen, obwohl das Wasserrecht in diesem Falle den NSV ein Mitwirkungsrecht nach § 12 (3) Landschaftsgesetz 2007 einräumt?

4. Inwiefern dient die Genehmigung von 09 zur Vorbereitung der Deponie?

 

 Bevor FBL Dr. Scheipers in die Beantwortung der Fragen einsteigt, stellt er sich dem Fragensteller kurz vor. Er sei seit dem 01.08.2010 als Fachbereichsleiter für den Fachbereich 1 – Sicherheit, Bauen und Umwelt beim Kreis Coesfeld beschäftigt. Zu diesem Fachbereich gehöre auch die Zuständigkeit für das Planfeststellungsverfahren „Deponie der Klasse I in Dülmen-Rödder“; er sei damit auch Ansprechpartner für die hiervon betroffenen Bürger. Bei dem Vorhaben handele es sich um eine sehr komplexe Materie. Unabhängig von der Beantwortung der gestellten Fragen bietet FBL Dr. Scheipers Gespräche zu jeder Zeit auch außerhalb der Sitzung an. Danach beantwortet FBL Dr. Scheipers die gestellten Fragen wie folgt:

Zu 1.

Mit Beschluss vom 31.08.1990 hat die Bezirksregierung Münster die Herstellung von 2 Gewässern nach den wasserrechtlichen Bestimmungen planfestgestellt. Bei dem Antrag auf Anhebung der Sohlen in der ehemaligen Tongrube Schnermann handelt es sich um einen Eingriff in ein Gewässer, nämlich See I. Hierfür war ein wasserrechtliches Verfahren gem. § 31 WHG erforderlich.

Zu 2.

Die Zuordnungswerte Z 0 gelten für einen uneingeschränkten Wiedereinbau der Böden, sie kennzeichnen natürlichen Boden. Die Zuordnungswerte Z 1 (Z 1.1 und ggf. Z 1.2) stellen die Obergrenze für den offenen Einbau bei technischen Baumaßnahmen dar (eine solche lag vor). Maßgebend für die Festlegung der Werte ist in der Regel das Schutzgut Grundwasser. Grundsätzlich gelten die Z 1.1-Werte. Bei Einhaltung dieser Werte ist selbst unter ungünstigen hydrogeologischen Voraussetzungen davon auszugehen, dass keine nachteiligen Veränderungen des Grundwassers auftreten. Aus Vorsorgegründen wurden jedoch darüber hinaus für den wasserlöslichen Anteil des Bodens (das Eluat) die Z 0-Werte festgelegt.

Zu 3.

Eine Beteiligung der Naturschutzverbände im Verfahren der Änderungsgenehmigung zur Anhebung der Sohle der ehem. Tongrube Schnermann wurde nicht vorgenommen, da durch die Anhebung der Sohle um im Mittel 1,20 m keine bzw. nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft erwartet wurden. Nach dem Landschaftsgesetz kann in diesem Fall von einer Beteiligung der Naturschutzverbände abgesehen werden. Die Untere Landschaftsbehörde wurde beteiligt.

Ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung war nicht erforderlich, da keine erheblichen Beeinträchtigungen der Umweltschutzgüter durch die beantragte Maßnahme zu befürchten waren. Aus diesem Grund wurde eine Plangenehmigung erteilt. Die Plangenehmigung enthält folgende Nebenbestimmung:

„Sofern der Antrag zur Errichtung einer Deponie der Klasse I negativ beschieden werden sollte, hat der Genehmigungsinhaber unter Berücksichtigung der vorhandenen Höhenlagen eine aktualisierte Rekultivierungsplanung einzureichen und zu realisieren.“

Sollte also die Deponie nicht realisiert werden, würde auf der Fläche eine hochwertige Tümpellandschaft in Anlehnung an die in der Plangenehmigung vom 26.03.1996 genehmigte Rekultivierung entstehen.

Zu 4.

Die Genehmigung der Änderungsanzeige aus dem Jahr 2009 hat zum Ziel, die Sohle der Verfüllung um im Mittel 1,2 m anzuheben. Ursprünglich vorgesehen war eine 0,5 m mächtige Tonabdichtung der Verfüllung. Die resultierende Höhendifferenz von 0,7 m dient einer Geländenivellierung, um im Fall einer Planfeststellung für eine Deponie der Klasse I ein gleichmäßiges Dichtungsauflager herstellen zu können. Gleichzeitig dient die Anhebung der Sohle dem Erhalt der Wasserfläche im Norden der Grube. Diese war nach der genehmigten Rekultivierungsplanung zu verfüllen. Eine Verfüllung dieses Sees war aber nach Abstimmungen mit der Unteren Landschaftsbehörde aus artenschutzrechtlichen Aspekten (Uhu) – einvernehmlich – im Rahmen der Änderungsanzeige nicht mehr vorzusehen.

 

 

Herr Trippens bezieht sich auf die Ausführungen zur Frage 3, nach der durch die Anhebung der Sohle um im Mittel 1,20 m keine bzw. nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft erwartet werden, und stellt fest, dass aus seiner Sicht die Verfüllung der Sohle zu einer erheblichen Veränderung führe. Die durchgeführte Verfüllung sei Voraussetzung für die Errichtung einer neuen Deponie. So sei ursprünglich als Ausgleichsmaßnahme eine Tümpellandschaft für geschützte Tiere und Pflanzen an dieser Stelle geplant gewesen. Hiermit seien alle zufrieden gewesen. Auf dieser Basis hätten die NSV 1996 die Zustimmung erteilt. Die jetzigen Planungen führten aber zu einer erheblichen Veränderung der Landschaft mit großen Auswirkungen.

 

FBL Dr. Scheipers führt hierzu aus, dass eine hochwertige Rekultivierung durch die Sohleanhebung nicht vereitelt werde. Im Gegenteil: Neben der Geländenivellierung ermöglichten Änderungen gegenüber der 1996 vorgesehenen Rekultivierung dem Erhalt der Wasserfläche im Norden der Grube für den Flussregenpfeifer und den Uhu. Nach der bisherigen Rekultivierungsplanung wäre diese Wasserfläche zu verfüllen gewesen. Aus landschaftspflegerischer Sicht sei der Erhalt der Wasserfläche sehr wichtig. Die Frage, ob die Änderungen hinreichend transparent gemacht worden seien, sei hiervon zu trennen. Im Übrigen bleibe festzuhalten, dass es bei einer entsprechenden Planfeststellung auch zu entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen kommen werde.

 

Herr Trippens sieht weiterhin die Problematik des Biotops, da eine aktualisierte Rekultivierungsplanung nur unter Berücksichtigung der vorhandenen Höhenlage möglich sei.

 

FBL Dr. Scheipers antwortet, dass, wenn die Deponie nicht planfestgestellt werde, eine geänderte Rekultivierungsplanung selbstverständlich auch der Anlegung eines Biotops dienen könne. Die Höhendifferenz dürfte hierbei kein Hindernis sein. Letztlich sei man aber noch nicht so weit.

 

Landrat Püning stellt abschließend nochmals besonders die Gesprächsbereitschaft der Verwaltung heraus. Die Prüfung des anstehenden Planfeststellungsverfahrens erfolge nach Recht und Gesetz. Alles was für und gegen die beantragte Deponie spreche, werde gründlich geprüft. Erst dann werde in der Sache entschieden. Die erforderliche Anhörung habe noch nicht stattgefunden. Ob der vorgesehene Termin im Dezember 2010 gehalten werden könne, sei noch nicht zu übersehen. Festzuhalten bleibe weiter, dass es sich bei der geplanten Deponie um keine Kreisdeponie handele. Der Kreis Coesfeld sei lediglich die zuständige Planfeststellungsbehörde für die Deponie. Insgesamt werte er die Beiträge der Einwohner und der Interessengemeinschaft als wichtig und verspricht eine Berücksichtigung im Prüfverfahren zur Planfeststellung der Deponie Rödder.