Beschlussvorschlag:
Es wird beschlossen, der
Kinderwohnheim Dülmen gGmbH als anerkanntem Träger der freien Jugendhilfe den
Bereitschaftsdienst zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Krisen- und
Notsituationen außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten des Jugendamtes auf der
Basis der im Entwurf beigefügten
öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen zu übertragen.
Begründung:
I. Problem
Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung als Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist in den vergangenen Monaten und Jahren festzustellen, dass die Erreichbarkeit und der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes zunehmend auch außerhalb der allgemeinen Dienst- und Öffnungszeiten notwendig war. Aus den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben ergibt sich außerdem eine Verpflichtung, durch organisatorische Maßnahmen eine Handlungsbereitschaft für Krisenfälle, unabhängig von den Dienstzeiten des Jugendamtes, sicherzustellen.
Für das Jugendamt bei der Kreisverwaltung Coesfeld gibt es bislang keine formale Rufbereitschaft außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten. In Absprache mit der Polizei sind dort jeweils lediglich private Rufnummern von Mitarbeitern hinterlegt. Diese wurden dann auch jeweils kontaktiert bzw. sind im Fall der Fälle auch vor Ort erschienen. Eine organisatorische Sicherstellung der Handlungsbereitschaft ist damit aber nicht erreicht. Die gleiche Situation ergibt sich auch beim Stadtjugendamt Coesfeld und beim Jugendamt der Stadt Dülmen.
II. Lösung
Auf der Suche nach einer
zufriedenstellenden Lösung wurde zunächst überlegt, für jeden Jugendamtsbezirk einen eigenen Bereitschaftsdienst einzurichten.
Aus Kosten- und Effizienzgründen wurde dieser Vorschlag nicht weiter verfolgt.
In Abstimmung mit den Jugendämtern der Stadt Coesfeld und der Stadt Dülmen ist
anschließend die Variante entwickelt worden, die Aufgaben der Rufbereitschaft
im Rahmen einer kreisweiten Lösung an einen freien Träger der Jugendhilfe zu
vergeben. Zu diesem Zweck wurde mit zwei in Betracht kommenden Trägern
Verbindung aufgenommen. Dabei wurden ausdrücklich nur die Träger angesprochen,
die neben langjährigen einschlägigen Erfahrungen auch die Möglichkeit bieten,
als Inobhutnahmestelle tätig zu werden. Die Verhandlungen konnten
zwischenzeitlich zum Abschluss gebracht werden. Danach besteht die Absicht der
drei Jugendämter, mit der Kinderwohnheim Dülmen gGmbH auf einer Grundlage des beigefügten
Vertragsentwurfs eine entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarung
abzuschließen. Das Kinderwohnheim erscheint dabei besonders geeignet, eine
derartige Aufgabe zu übernehmen, da bereits ein Bereitschaftsdienst vorhanden
ist, der mit Kräften besetzt ist, die über ausreichende Erfahrungen im Umgang
mit Krisensituationen in der Kinder- und Jugendhilfe verfügen.
Dem
Kinderwohnheim Dülmen sollen folgende Aufgaben übertragen werden:
n
Telefonische
Beratung von Behörden und – von Behörden vermittelten – Privatpersonen
n
Klärung von
Abgrenzungsfragen zur Jugendhilfe und gegebenenfalls Weiterverweisung an
zuständige Stellen
n
Krisenintervention
vor Ort in Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt
n
Inobhutnahme von
Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIIII, einschließlich Inaugenscheinnahme
zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen
n
Haftentscheidungshilfe
nach §§ 71 und 72 Jugendgerichtsgesetz
Die
Kontaktaufnahme zum Bereitschaftsdienst erfolgt über öffentliche Stellen, wie
zum Beispiel der Polizei, dem Ordnungsamt oder dem Jugendamt, in der Zeit von
montags bis donnerstags jeweils von 16.00 Uhr bis 08.00 Uhr des darauffolgenden
Tages, freitags ab 12.00 Uhr bis montags 08.00 Uhr, an den Wochenenden und
Feiertagen ganztägig. Damit wäre einschließlich der Dienstzeiten des
Jugendamtes eine ganztägige Bereitschaft für Not- und Akutfälle gegeben.
Die
Stadt Haltern am See hat bereits am 01.09.2005 einen vergleichbaren Vertrag mit
dem Kinderwohnheim Dülmen abgeschlossen. Dort hat man bislang sehr gute
Erfahrungen sowohl mit dem Konzept als auch mit dem freien Träger gemacht.
Das
Landesjugendamt hat gegen die Übertragung des Bereitschaftsdienstes nach § 76
SGB VIII auf einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe keine Bedenken. Es
muss gewährleistet sein, dass die Aufgaben durch qualifiziertes Fachpersonal
ausgeführt werden und sich der öffentliche Träger ein Weisungs- und
Kontrollrecht vorbehält. Das Kreisjugendamt Coesfeld bleibt gemäß § 76 Abs. 2
SGB VIII für die Erfüllung der Aufgaben zum Schutze von Kindern und
Jugendlichen verantwortlich. Im Falle der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
verbunden mit einer Herausnahme aus der Familie gegen den Willen der
Erziehungsberechtigten (§ 42 Abs. 3 SGB VIII) obliegt die hoheitliche
Entscheidungsbefugnis weiter dem Jugendamt, unbeschadet der Befugnisse von
Polizei und Ordnungsamt. Zur Kontaktaufnahme mit Mitarbeitern des Jugendamtes
werden deren Erreichbarkeitsdaten beim Kinderwohnheim und der Polizei
hinterlegt.
III. Alternativen
Bei Einrichtung eines
formalen Bereitschaftsdienstes mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Abteilung 51 - Jugendamt entstünden Personalkoten in Höhe von rd. 20.000,00
Euro jährlich, ohne dabei die jeweiligen konkreten Einsätze zu berücksichtigen.
IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung
Die Gesamtkosten für den
Bereitschaftsdienst werden kreisweit im ersten Jahr 17.620,00 Euro betragen.
Hinzu kommen notwendige Fahrtkosten. Die Verteilung der Grundkosten erfolgt auf
der Basis der Einwohnerzahlen. Danach errechnet sich für das Kreisjugendamt
Coesfeld ein Betrag von 10.924,40 Euro im Jahr. Haushaltsmittel wurden für 2007
für das Produkt 50.01.01 – Abwendung einer Kindeswohlgefährdung – noch nicht
eingeplant und sind anteilig in Höhe von 2.731,00 € aus dem Gesamtbudget II
oder im Rahmen der Gesamtdeckung des Haushaltes 2007 sicherzustellen. Eine neue
Haushaltsstelle 4530.650000 „Rufbereitschaft Jugendamt“ wurde eingerichtet. Für
den Produkthaushalt 2008 werden 11.000, 00 € für den Zweck der Rufbereitschaft
im Rahmen der Maßnahmen zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen eingeplant.
Die Vereinbarung soll zunächst für ein Jahr gelten, um Erfahrungswerte zu sammeln. Sie soll nach Beschlussfassung in den drei Jugendhilfeausschüssen – voraussichtlich zum 01.10.2007 - in Kraft treten.
Mit dieser Vereinbarung
wird ein weiterer Baustein zur verbesserten Erfüllung des Schutzauftrages durch
die Kinder- und Jugendhilfe gelegt. Dies erfolgt unter guten fachlichen
Voraussetzungen und zu sehr guten finanziellen Konditionen.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Nach
§ 71 SGB VIII und § 5 Abs. 2 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld
ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.