Betreff
Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes
Vorlage
SV-7-0722
Aktenzeichen
51
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Es wird beschlossen, der Kinderwohnheim Dülmen gGmbH als anerkanntem Träger der freien Jugendhilfe den Bereitschaftsdienst zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Krisen- und Notsituationen außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten des Jugendamtes auf der Basis der im Entwurf  beigefügten öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen zu übertragen.

Begründung:

 

I.   Problem

Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung als Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist in den vergangenen Monaten und Jahren festzustellen, dass die Erreichbarkeit und der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes zunehmend auch außerhalb der allgemeinen Dienst- und Öffnungszeiten notwendig war. Aus den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben ergibt sich außerdem eine Verpflichtung, durch organisatorische Maßnahmen eine Handlungsbereitschaft für Krisenfälle, unabhängig von den Dienstzeiten des Jugendamtes, sicherzustellen.

 

Für das Jugendamt bei der Kreisverwaltung Coesfeld gibt es bislang keine formale Rufbereitschaft außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten. In Absprache mit der Polizei sind dort jeweils lediglich private Rufnummern von Mitarbeitern hinterlegt. Diese wurden dann auch jeweils kontaktiert bzw. sind im Fall der Fälle auch vor Ort erschienen. Eine organisatorische Sicherstellung der Handlungsbereitschaft ist damit aber nicht erreicht. Die gleiche Situation ergibt sich auch beim Stadtjugendamt Coesfeld und beim Jugendamt der Stadt Dülmen.

II.  Lösung

 

Auf der Suche nach einer zufriedenstellenden Lösung wurde zunächst überlegt, für jeden Jugendamtsbezirk einen eigenen Bereitschaftsdienst einzurichten. Aus Kosten- und Effizienzgründen wurde dieser Vorschlag nicht weiter verfolgt. In Abstimmung mit den Jugendämtern der Stadt Coesfeld und der Stadt Dülmen ist anschließend die Variante entwickelt worden, die Aufgaben der Rufbereitschaft im Rahmen einer kreisweiten Lösung an einen freien Träger der Jugendhilfe zu vergeben. Zu diesem Zweck wurde mit zwei in Betracht kommenden Trägern Verbindung aufgenommen. Dabei wurden ausdrücklich nur die Träger angesprochen, die neben langjährigen einschlägigen Erfahrungen auch die Möglichkeit bieten, als Inobhutnahmestelle tätig zu werden. Die Verhandlungen konnten zwischenzeitlich zum Abschluss gebracht werden. Danach besteht die Absicht der drei Jugendämter, mit der Kinderwohnheim Dülmen gGmbH  auf einer Grundlage des beigefügten Vertragsentwurfs eine entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarung abzuschließen. Das Kinderwohnheim erscheint dabei besonders geeignet, eine derartige Aufgabe zu übernehmen, da bereits ein Bereitschaftsdienst vorhanden ist, der mit Kräften besetzt ist, die über ausreichende Erfahrungen im Umgang mit Krisensituationen in der Kinder- und Jugendhilfe verfügen.

 

Dem Kinderwohnheim Dülmen sollen folgende Aufgaben übertragen werden:

 

n        Telefonische Beratung von Behörden und – von Behörden vermittelten – Privatpersonen

n        Klärung von Abgrenzungsfragen zur Jugendhilfe und gegebenenfalls Weiterverweisung an zuständige Stellen

n        Krisenintervention vor Ort in Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt

n        Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIIII, einschließlich Inaugenscheinnahme zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen

n        Haftentscheidungshilfe nach §§ 71 und 72 Jugendgerichtsgesetz

 

Die Kontaktaufnahme zum Bereitschaftsdienst erfolgt über öffentliche Stellen, wie zum Beispiel der Polizei, dem Ordnungsamt oder dem Jugendamt, in der Zeit von montags bis donnerstags jeweils von 16.00 Uhr bis 08.00 Uhr des darauffolgenden Tages, freitags ab 12.00 Uhr bis montags 08.00 Uhr, an den Wochenenden und Feiertagen ganztägig. Damit wäre einschließlich der Dienstzeiten des Jugendamtes eine ganztägige Bereitschaft für Not- und Akutfälle gegeben.

 

Die Stadt Haltern am See hat bereits am 01.09.2005 einen vergleichbaren Vertrag mit dem Kinderwohnheim Dülmen abgeschlossen. Dort hat man bislang sehr gute Erfahrungen sowohl mit dem Konzept als auch mit dem freien Träger gemacht.

 

Das Landesjugendamt hat gegen die Übertragung des Bereitschaftsdienstes nach § 76 SGB VIII auf einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe keine Bedenken. Es muss gewährleistet sein, dass die Aufgaben durch qualifiziertes Fachpersonal ausgeführt werden und sich der öffentliche Träger ein Weisungs- und Kontrollrecht vorbehält. Das Kreisjugendamt Coesfeld bleibt gemäß § 76 Abs. 2 SGB VIII für die Erfüllung der Aufgaben zum Schutze von Kindern und Jugendlichen verantwortlich. Im Falle der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen verbunden mit einer Herausnahme aus der Familie gegen den Willen der Erziehungsberechtigten (§ 42 Abs. 3 SGB VIII) obliegt die hoheitliche Entscheidungsbefugnis weiter dem Jugendamt, unbeschadet der Befugnisse von Polizei und Ordnungsamt. Zur Kontaktaufnahme mit Mitarbeitern des Jugendamtes werden deren Erreichbarkeitsdaten beim Kinderwohnheim und der Polizei hinterlegt.

III. Alternativen

 

Bei Einrichtung eines formalen Bereitschaftsdienstes mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung 51 - Jugendamt entstünden Personalkoten in Höhe von rd. 20.000,00 Euro jährlich, ohne dabei die jeweiligen konkreten Einsätze zu berücksichtigen.

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Die Gesamtkosten für den Bereitschaftsdienst werden kreisweit im ersten Jahr 17.620,00 Euro betragen. Hinzu kommen notwendige Fahrtkosten. Die Verteilung der Grundkosten erfolgt auf der Basis der Einwohnerzahlen. Danach errechnet sich für das Kreisjugendamt Coesfeld ein Betrag von 10.924,40 Euro im Jahr. Haushaltsmittel wurden für 2007 für das Produkt 50.01.01 – Abwendung einer Kindeswohlgefährdung – noch nicht eingeplant und sind anteilig in Höhe von 2.731,00 € aus dem Gesamtbudget II oder im Rahmen der Gesamtdeckung des Haushaltes 2007 sicherzustellen. Eine neue Haushaltsstelle 4530.650000 „Rufbereitschaft Jugendamt“ wurde eingerichtet. Für den Produkthaushalt 2008 werden 11.000, 00 € für den Zweck der Rufbereitschaft im Rahmen der Maßnahmen zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen eingeplant.

 

Die Vereinbarung soll zunächst für ein Jahr gelten, um Erfahrungswerte zu sammeln. Sie soll nach Beschlussfassung in den drei Jugendhilfeausschüssen – voraussichtlich zum 01.10.2007  - in Kraft treten.

 

Mit dieser Vereinbarung wird ein weiterer Baustein zur verbesserten Erfüllung des Schutzauftrages durch die Kinder- und Jugendhilfe gelegt. Dies erfolgt unter guten fachlichen Voraussetzungen und zu sehr guten finanziellen Konditionen.

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Nach § 71 SGB VIII und § 5 Abs. 2 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.