Beschlussvorschlag:

 

  1. Die im Entwurf des Bedarfsplans aufgezeigten Standards sind angemessen und erforderlich, um einen flächendeckenden und bedarfsgerechten Rettungsdienst im Kreis Coesfeld zu gewährleisten.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Grundlage dieses Entwurfs des Bedarfsplans das Beteiligungsverfahren durchzuführen.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Nach § 12 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmen (Rettungsdienstgesetz NRW – RettG NRW) sind Kreise und kreisfreie Städte verpflichtet, Bedarfspläne aufzustellen und fortzuschreiben. Festzulegen sind darin insbesondere Zahl und Standorte der Rettungswachen, weitere Qualitätsanforderungen sowie die Zahl der erforderlichen Krankenkraftwagen und Notarzt-Einsatzfahrzeuge. Die Überprüfung und Fortschreibung muss spätestens alle vier Jahre erfolgen. Der derzeit gültige Bedarfsplan in Form der 4. Fortschreibung wurde durch den Kreistag am 21.06.2006 beschlossen.

 

Bevor der Bedarfsplan beschlossen wird, ist der Entwurf gem. § 12 Abs. 3 RettG den Betreibern der Rettungswachen, den Hilfsorganisationen, den sonstigen Anbietern von rettungsdienstlichen Leistungen, den Verbänden der Krankenkassen und dem Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der örtlichen Gesundheitskonferenz zur Stellungnahme zuzuleiten.

 

Die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports ist sicherzustellen. Übermäßige kostenintensive Vorhaltungen sollen vermieden werden. Dazu ist der Bedarf zu ermitteln und mit den vorhandenen Vorhaltungen zu vergleichen. Anpassungen sind darzustellen und zu begründen.

 

Der Landesbeirat für den Rettungsdienst, der nach § 16 RettG das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium in allen Angelegenheiten des Rettungsdienstes von grundsätzlicher Bedeutung berät, hat in seiner Sitzung vom 09.06.2009 beschlossen, den Trägern des Rettungsdienstes zu empfehlen, den Bedarfsplan hinsichtlich Hilfsfrist und Erreichungsgrad nach den Vorgaben der Arbeitsgruppe (AG) „Hilfsfrist“ des Landesfachbeirates aufzustellen. Die AG „Hilfsfrist“ hat unter Beteiligung von Vertretern der Rettungsdienste und der Kostenträger einvernehmlich folgendes festgestellt:

 

  1. Die Hilfsfrist beginnt mit dem Anfang der Disposition des Leitstellendisponenten und endet mit dem Eintreffen des ersten geeigneten Rettungsmittels
  2. Geltungsbereich ist der jeweilige Rettungsdienstbereich. Gebiete mit äußerst geringer Notfallwahrscheinlichkeit werden nicht berücksichtigt.
  3. Die in der Praxis bewährten Hilfsfristen von 8 Minuten für städtische und 12 Minuten für ländliche Gebiete sollen beibehalten werden.
  4. Der Erreichungsgrad der auswertbaren hilfsfristrelevanten Notfallanfahrten soll mindestens 90 % betragen.
  5. Anzahl und Standorte der Rettungswachen sind nach sachgerechten, notfallmedizinischen Erkenntnissen unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien festzulegen.

 

Die Hilfsfrist von zwölf Minuten für ländliche Gebiete gilt für den gesamten Kreis Coesfeld. Die Rechtsprechung fordert ebenfalls ein Sicherheitsniveau von mindestens 90 % der Einsätze mit Einhaltung der Hilfsfrist. Aus haftungsrechtlichen Gründen hat der Kreis mit seiner Bedarfsplanung die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um 90 % der Einsätze innerhalb der Hilfsfrist bedienen zu können.

 

II.  Lösung

Die Ergebnisse der anzustellenden Erhebungen, Prüfungen, Feststellungen etc. können dem anliegenden Entwurf des Rettungsbedarfsplanes entnommen werden. Dieser Entwurf soll Grundlage für das gem. § 12 Abs. 3 RettG durchzuführende Beteiligungsverfahren sein. Es ist vorgesehen, neben den nach dem RettG zu beteiligenden Stellen auch den Städten und Gemeinden des Kreises Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Von wesentlicher Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob die bestehenden Strukturen ergänzt oder verändert werden müssen ist die Überprüfung der Rettungswachenversorgungsbereiche und der Standorte

a)      im Hinblick auf die mögliche Einhaltung der Hilfsfrist (flächendeckende Versorgung)

b)      der bedarfsgerechten Ausstattung mit Rettungsmitteln.

 

Für das gesamte Kreisgebiet wurden alle Einsätze und Einsatzzeiten der Jahre 2008 und 2009 ausgewertet und kartographisch dargestellt. Die Randlagen des Kreisgebietes, die beim derzeitigen Zuschnitt der Wachbezirke innerhalb der Hilfsfrist nicht versorgt werden können, sind aus den Anlagen 5 (Seiten 1, 2, 5, 7 und 8) und 6 ersichtlich. Es handelt sich hierbei um Gebiete mit äußerst geringer Notfallwahrscheinlichkeit und extrem geringer Besiedlungsdichte, die planerisch nicht zu berücksichtigen sind. Der Zuschnitt der Rettungswachenbezirke entspricht der Anforderung der flächendeckenden Versorgung des gesamten Kreisgebietes.

 

Um die bedarfsgerechte Ausstattung mit Rettungsmitteln zu beurteilen, wurden alle Einsätze unter Inanspruchnahme von Sonderrechten des Jahres 2009 ausgewertet und für das 1. und 2. Halbjahr getrennt erfasst. So werden die Auswirkungen der unterschiedlichen Versorgung im Rettungswachenbezirk Lüdinghausen (1. Halbjahr kreisübergreifende Versorgung eines Großteils des Stadtgebiets Olfen durch die RW Datteln, 2. Halbjahr Einsatz eines zweiten RTW im Rettungswachenbezirk Lüdinghausen mit abgesetztem Standort Olfen) deutlich.

 

Eine bedarfsgerechte Ausstattung mit Rettungsmittel zeigt sich an einer ausreichenden Bediensicherheit.  Einsätze von Rettungsmitteln benachbarter (zweit-, drittzuständiger) Wachen, während der originär zuständige RTW bereits im Einsatz ist (Duplizität), sind in der Regel nicht innerhalb der Hilfsfrist abzuwickeln und haben unmittelbar Auswirkungen auf das Hilfsfristniveau. Kreisweit sind 64 % der Hilfsfristüberschreitungen auf Duplizitätsfälle zurückzuführen, bei denen der zuständige RTW bereits bei einem anderen Notfall im Einsatz ist. (s. Anlage 10).

 

Mit den im ersten Halbjahr 2009 vorgehaltenen Rettungsmitteln wurden kreisweit lediglich 89,1 % der Einsätze innerhalb der Hilfsfrist erreicht. (vgl. Anlage 9 Seite 2). Das einzuhaltende Sicherheitsniveau von mindestens 90 % der Einsätze mit Einhaltung der Hilfsfrist wird um 0,9 % unterschritten. Hauptursächlich hierfür ist die seit der Vierten Fortschreibung des Bedarfsplans in 2006 (Grundlage: Einsätze 2004) von 7.884 auf 10.848 um 37,6 % gestiegene Anzahl der Notfalleinsätze (s. Anlage 15). Dies führt zu mehr Duplizitätsfällen. Die geringe Bediensicherheit führte zu vielen Hilfsfristüberschreitungen aus Duplizitätsgründen. Zudem ist die durchschnittliche Einsatzdauer von 1:05 Stunden in 2004 auf 1:11 Stunden in 2009 angestiegen. Ursache dafür ist u. a. die fortschreitende Spezialisierung der aufnehmenden Kliniken mit der Folge, dass öfter entfernte Kliniken angefahren werden müssen, weil das örtliche Krankenhaus nicht mehr zur Versorgung aller Notfälle geeignet ist. Schließlich wurde die Definition der Hilfsfrist verändert mit der Folge, dass die Quote der Hilfsfristeinhaltung sich um etwa 2 Prozentpunkte verschlechterte (vgl. Anlage 8).

 

In Kenntnis der optimierungsbedürftigen Rettungsmittelausstattung der Rettungswache Lüdinghausen wurde zum 01.07.2009 das mit den Krankenkassen als Kostenträger abgestimmte auf ein Jahr befristete Projekt des zweiten RTW Lüdinghausen mit abgesetztem Standort in Olfen gestartet (vgl. Mitteilung im Ausschuss am 28.05.2009). Durch diesen zusätzlichen RTW konnte der Anteil der Hilfsfristüberschreitungen im Rettungswachenbezirk Lüdinghausen von 14,4 % im ersten Halbjahr auf 8,9 % im zweiten Halbjahr 2009 vermindert werden (s. Anlage 9 S. 1). Die Anzahl der Hilfsfristüberschreitungen reduzierte sich von 118 auf 68 Einsätze. Zusätzlich hat diese Maßnahme positive Auswirkungen auf die benachbarten Rettungswachen Senden und Ascheberg, da von dort seltener RTW nach Lüdinghausen fahren mussten und die Zahl der Anforderungen eines RTW, während der originär zuständige RTW bereits im Einsatz ist (Duplizität), zurückging. Der Rückgang der Hilfsfristüberschreitungen kreisweit von 468 auf 366 vom ersten zum zweiten Halbjahr 2009 ist somit fast allein auf die Indienststellung des RTW Lüdinghausen 2 zurückzuführen. Zur ausreichenden Absicherung wurde eine Besetzungszeit von täglich 13 Stunden ermittelt (s. Anlage 14 S. 3)

 

Das unabhängig davon nicht ausreichende Sicherheitsniveau hat seine Ursachen außerdem in der unzureichenden Bediensicherheit besonders in den Wachen Coesfeld und Dülmen (vgl. Anlage 11). Hier gab es während des Untersuchungszeitraums des zweiten Halbjahres 2009 jeweils über 200 Anforderungen eines zweiten RTW außerhalb der bisher festgesetzten Vorhaltezeiten der zweiten RTW.

Der Bedarfsplan sieht daher für die Wachbezirke Coesfeld und Dülmen die Ausweitung der Besetzungszeiten der zweiten RTW auf 15 bzw. 16 Stunden vor (vgl. Anlage 14 S. 1 und 2).

 

Insgesamt soll mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen die Bediensicherheit auf 90 % aller Einsätze kreisweit gesteigert werden. Damit kann der verbindlich vorgegebene Anteil von 90 % Hilfsfristeinhaltung innerhalb der Hilfsfrist von zwölf Minuten kreisweit erreicht werden.

 

Zusammenfassend ergibt sich aus dieser Fortschreibung der Bedarfsplanung die Notwendigkeit

a)      im Wachbezirk Lüdinghausen einen zweiten RTW mit abgesetztem Standort Olfen mit einer Besetzungszeit vom täglich 13 Stunden zu etablieren,

b)      die Besetzungszeiten der zweiten RTW in den Wachbezirken Coesfeld und Dülmen von bisher 8 Stunden auf 15 bzw. 16 Stunden anzuheben.

 

Nach entsprechender Beschlussfassung des Entwurfs des Bedarfsplans soll das Beteiligungsverfahren eingeleitet werden.

 

Weitere Erläuterungen des vorliegenden Entwurfs können in der Sitzung des Fachausschusses erfolgen.

 

III. Alternativen

Die Bedarfsplanung berücksichtigt kreisweit ein Sicherheitsniveau von mindestens 90 %. Weitergehende Maßnahmen, die ein Sicherheitsniveau von über 90 % festlegen, sind denkbar, jedoch unter der Berücksichtigung der Empfehlungen der AG Hilfsfrist, die unter Beteiligung der Kostenträger erfolgten, im Beteiligungsverfahren voraussichtlich nicht durchsetzbar.

Weniger weit gehende Maßnahmen werden für nicht ausreichend gehalten, das angestrebte Sicherheitsniveau von 90 % zuverlässig einhalten zu können.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

Der Rettungsdienst als kostenrechnende Einrichtung finanziert sich zu 100 % aus Rettungsdienstgebühren. Notwendige Investitionen sind Grundlage der Haushaltsplanung und refinanzieren sich aus Abschreibungen und Verzinsung.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Beschlussfassung der Fortschreibung des Bedarfsplans obliegt dem Kreistag.

 

Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens wird der Bedarfsplan zur abschließenden Beratung und Entscheidung vorgelegt.