Beschlussvorschlag:
- Dem Verein Donum
Vitae e.V. wird zur Wahrnehmung der Aufgaben der Schwangeren- und
Schwangerschaftskonfliktberatung im Kreis Coesfeld in 2004 ein
Kreiszuschuss zu den Personalkosten in Höhe von 11.935.-- €
gewährt.
- Dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises
Steinfurt-Coesfeld-Borken wird zur Wahrnehmung der Schwangeren- und
Schwangerschaftskonflikt-beratung im Kreis Coesfeld in 2004 ein
Kreiszuschuss zu den Personalkosten in Höhe von 4.880.-- € gewährt.
- Den staatlich anerkannten Schwangeren- und Schwangerschaftskonflikt-beratungsstellen
des Vereins Donum Vitae e.V., des Diakonischen Werks des Kirchenkreises
Steinfurt-Coesfeld-Borken und des Vereins Pro Familia Münster e.V. wird
zur zusätzlichen Wahrnehmung der sexual-pädagogischen Präventionsarbeit im
Kreis Coesfeld in 2004 jeweils ein Zuschuss bis zu einer Höhe von
3.148,80 € gewährt.
- Die Förderung der
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen wird im Rahmen der
Haushaltsplanungen für das Jahr 2005 neu beraten. Die Verwaltung wird
beauftragt, zu den wahrgenommenen Aufgaben und zur Inanspruchnahme der
Beratungsstellen zu berichten.
Begründung:
I. Problem
Förderung 2004
Zur grundsätzlichen Darstellung des Sachverhalts wird auf die Sitzungsvorlagen 6/212, 6/268 und 6/564 verwiesen.
Nach § 4 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) tragen die Länder dafür Sorge, dass für die Wahrnehmung der Aufgaben der allgemeinen Schwangerenberatung (§ 2 SchKG) und der Schwangerschaftskonfliktberatung (§§ 5 und 6 SchKG) ausreichend Beratungskräfte vorgehalten werden.
Das Land NRW trug bisher ausschließlich 81 % der Personalkosten der staatlich anerkannten Beratungsstellen. In einem Urteil vom 03.07.2003 entschied das BVerwG, dass „anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots pluraler Beratungsstellen erforderlich sind, nach § 4 Abs. 2 SchKG einen Rechtsanspruch auf Übernahme von mindestens 80 % ihrer notwendigen Personal- und Sachkosten durch den Staat haben“. Aufgrund des Fehlens eigener landesgesetzlicher Vorgaben richtet sich der Rechtsanspruch in NRW ausschließlich gegen das Land.
Das Land beabsichtigt, das Urteil des BVerwG erstmalig in 2004 durch eine Übergangslösung umzusetzen. Demnach werden für jede geförderte Stelle (Vollzeitäquivalent) zusätzlich
6.000.-- € als Sachkostenpauschale gewährt. Zur Vorbereitung einer endgültigen Regelung ab 2005 ist eine Arbeitsgruppe einberufen worden.
Der Kreis Coesfeld berücksichtigte bisher im Rahmen der Gewährung von freiwilligen Leistungen den bis zum Urteil geltenden Sachverhalt und gewährte pauschal neben einer teilweisen Restfinanzierung der Personalkosten auch Sachkostenzuschüsse. In seiner Sitzung am 18.12.2002 beschloss der KT zuletzt über Förderung der Beratungsstellen in 2003 und 2004. Demnach ist beabsichtigt, in 2004 den Beratungsstellen insgesamt 37.908.-- € zu gewähren. Der Verein Donum Vitae e. V. soll 25.102.-- € (davon 13.167.-- € Sachkosten) erhalten, die geplante Förderung für das Diakonische Werk beträgt 12.806.-- € (davon 7.926.-- € Sachkosten).
Weiterhin liegt ein auf das o. g. Urteil des BVerwG Bezug nehmender Antrag der Beratungsstelle Pro Familia Münster auf Förderung durch den Kreis Coesfeld für das Jahr 2004 vor.
Die Änderung der Landesförderung erfordert die Herbeiführung eines neuen KT-Beschlusses.
Präventionsarbeit
Unter Präventionsarbeit werden in diesem Zusammenhang alle sexualpädagogischen Veranstaltungen verstanden, die mit Jugendlichen in Schulen, Jugendzentren und anderen Freizeiteinrichtungen zu den Themen „Aufklärung, Verhütung, Sexualität u. a.“ durchgeführt werden und u. a. mithelfen sollen, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Aber auch die Schulungen von sog. „Multiplikatoren“ (Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen, jugendliche Betreuungspersonen wie Freizeit- und Gruppenleiter) gehören hierher. Diese werden in speziellen Veranstaltungen vom Fachpersonal der Beratungsstellen fortgebildet und geben ihr erweitertes Wissen an ihre Schüler oder Gruppenmitglieder weiter.
Die Landesförderrichtlinien sehen die vorbeugende Arbeit auf dem Gebiet der Sexualpädagogik als nachrangig gegenüber den Aufgaben der Schwangerschaftskonfliktberatung (§§ 5, 6 SchKG) und der allgemeinen Einzelfallberatung (§ 2 SchKG). Sofern aber Präventionsarbeit geleistet wird, sind Voraussetzungen hinsichtlich der Form (überwiegend Gruppenveranstaltungen in Zusammenarbeit mit bestimmten Einrichtungen/Berufsgruppen auch außerhalb der Beratungsstelle) und des Inhalts (anzusprechende Themenbereiche) der entsprechenden Veranstaltungen zu erfüllen.
Die staatlich anerkannten Beratungsstellen im Kreis Coesfeld leisten größtenteils auch präventive Arbeit. Die Förderung der Beratungsstellen durch den Kreis trägt zur Aufrechterhaltung dieses Angebots bei.
Eine Bestandsaufnahme für das Jahr 2003 ergab, dass aber nur wenige Schulen und Einrichtungen (vor allem in den beiden Städten Coesfeld und Dülmen) vom bisherigen Angebot profitierten. In vier Städten und Gemeinden konnten keine Präventionsangebote unterbreitet werden, in einer Gemeinde wurde nur eine Veranstaltung durchgeführt.
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht zu den in 2003 durchgeführten präventiven Veranstaltungen:
Ort |
Donum Vitae |
Diakonisches Werk |
Pro Familia |
insgesamt 2003 |
Ascheberg |
1 |
1 |
4 |
6 |
Billerbeck |
|
|
|
./. |
Coesfeld |
6 |
41 |
3 |
50 |
Dülmen |
31 |
4 |
1 |
36 |
Havixbeck |
|
|
|
./. |
Lüdinghausen |
2 |
14 |
1 |
17 |
Nordkirchen |
|
|
|
./. |
Nottuln |
|
|
6 |
6 |
Olfen |
|
|
|
./. |
Rosendahl |
|
|
1 |
1 |
Senden |
|
|
3 |
3 |
insgesamt: |
40 |
60 |
19 |
119 |
Die bisherigen Angebote der Beratungsstellen im Rahmen der sexualpädagogischen Präventionsarbeit decken den Bedarf nicht ab.
II. Lösung
Die vom Land vorgesehenen Sachkostenpauschalen für 2004 fallen höher aus als die vom Kreis in Aussicht gestellten. Es wird deshalb vorgeschlagen, in 2004 nur Personalkostenzuschüsse in unveränderter Höhe (KT-Beschluss vom 18.12.2002) zu gewähren. Der Zuschussbedarf für das lfd. Jahr betrüge demnach insgesamt 16.815.-- €. Hiervon entfielen auf den Verein Donum Vitae 11.935.-- € und auf das Diakonische Werk 4.880.-- € zur Wahrnehmung ihrer Beratungsaufgaben.
Die im Haushalt 2004 bereitgestellten, nun aber nicht mehr vollständig benötigten Mittel sollten für die verstärkte Förderung der Präventionsarbeit eingesetzt werden. Hierbei ist natürlich zu berücksichtigen, dass teilweise bereits Präventionsaufgaben durch die Beratungsstellen wahrgenommen und durch die bisher gewährte Förderung durch Land und Kreis z. T. auch finanziert worden sind. Nach entsprechender Beschlussfassung des Kreistages würden von Seiten der Verwaltung weitere Gespräche mit den Beratungsstellen geführt, um eine kreisweit relativ gleichmäßige Verteilung des Angebots abzustimmen und um eine Prioritätenliste zu erstellen (z.B. zuerst Haupt- und Sonderschulen, Berufsschulen, Jugendhilfeeinrichtungen usw.).
In
den Vorgesprächen mit den Beratungsstellen verdeutlichten diese, dass sie unter
der Voraussetzung der Gewährung eines weiteren Zuschusses des Kreises zur
verstärkten Wahrnehmung von präventiven Aufgaben die Aufstockung der
Stundenkontingente der bereits tätigen Prophylaxe-Fachkräfte favorisierten. Zum
einen seien diese Beratungskräfte fachlich versiert, sie verfügten über eine
entsprechende Zusatzausbildung („Sexualpädagogen/innen“) oder über langjährige
Berufserfahrung im entsprechenden Bereich, zum anderen seien geeignete
Honorarkräfte schwer zu finden.
Vorrangiges Ziel ist es (neben einer relativ gleichmäßigen Verteilung des Angebots in der Fläche und unter Beibehaltung des qualitativ hochwertigen Niveaus) nun die Quantität zu steigern. Dieses Ziel wird voraussichtlich unter der Bedingung, nur tatsächlich durchgeführte Veranstaltungen zu bezahlen, am ehesten erreicht. Hier ist natürlich darauf zu achten, dass die Stundenvergütung angemessen ist, so dass den Beratungsstellen auch der Anreiz geboten wird, das eigene Angebot auszubauen. Um von Seiten des Kreises sicher kalkulieren zu können, ist gleichzeitig ein „Höchstausgabebetrag“ für jede Beratungsstelle festzulegen.
Von hier wird eine Stundenvergütung von 26,24 € für angemessen erachtet.
(Berechnung: Stundenwert lt. Personalkostentabelle für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, Vergütungsgruppe IVb BAT, lt. KGST Gutachten „Kosten eines Arbeitsplatzes, Stand 2003“: 32,80 € abzüglich 20 % Eigenanteil, in Anlehnung an das o. g. Urteil des BVerwG zur zukünftigen Landesförderung)
Mit diesem Stundensatz sind sämtliche Zeiten für die Vor- und Nachbereitungen sowie Fahrtzeiten abgedeckt. Sach- oder Gemeinkosten sollten nicht zusätzlich übernommen werden.
Jede staatlich anerkannte Beratungsstelle (Donum Vitae, Diakonisches Werk, Pro Familia und die Untere Gesundheitsbehörde) sollte in die Lage versetzt werden, ihr Angebot, präventive Arbeit zu leisten, in der 2. Jahreshälfte 2004 in einem Umfang von bis zu 5 Stunden wöchentlich auszuweiten. Diese Ausweitung in diesem Rahmen erscheint sinnvoll, weil die überwiegend in den Schulen durchgeführten Projektvormittage sich in diesem Zeitrahmen bewegen und es somit jeder Beratungsstelle möglich wäre, eine solche Veranstaltung einmal wöchentlich zusätzlich anzubieten. Zudem halten die Beratungsstellen einen kurzfristigen Ausbau in diesem Umfang für wünschenswert und auch kurzfristig umsetzbar.
Die Auswertung der bis zum Ende des Jahres gesammelten praktischen Erfahrungen wird zeigen, ob die hier vorgeschlagene Ausweitung den Bedarf an Präventionsarbeit tatsächlich annähernd decken kann.
Der Höchstbetrag, der in 2004 durch die Beratungsstellen für die zusätzlichen sexual-pädagogischen Veranstaltungen abgerechnet werden kann, sollte die Summe von jeweils 3.148,80 € nicht überschreiten.
(Berechnung: beginnend ab der
1. Woche nach KT-Beschluss (30. KW) bis 31.12.2004 =
24 Arbeitswochen x 5
Std./Woche x 26,24 €/Std. = 3.148,80 €)
Die staatlich anerkannten Beratungsstellen wiesen in den Vorgesprächen zwar auf die ihres Erachtens engen finanziellen Rahmenbedingungen hin, erklärten sich aber alle für die
2. Jahreshälfte 2004 mit den genannten Vorschlägen (Stundenvergütung, Umfang der Ausweitung und Höchstbetrag) einverstanden.
Der Ausbau der Förderung der Präventionsarbeit trifft in den einzelnen Beratungsstellen auf
unterschiedliche Voraussetzungen. Diese sind in der Anlage 1 skizziert.
III. Alternativen
Sachlichen Alternativen werden von der Verwaltung nicht vorgeschlagen.
IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung
In 2004 stehen insgesamt 38.000.-- € zur Gewährung von Kreiszuschüssen an die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen des Vereins Donum Vitae und des Diakonischen Werk zur Verfügung. In diesem Jahr werden zur Finanzierung der Personalkostenzuschüsse 16.815.-- € benötigt.
Der Ausbau der sexualpädagogischen Arbeit wird unter den genannten Bedingungen in der
2. Jahreshälfte 2004 bis zu 12.595,20 € kosten (4 Beratungsstellen jeweils bis zu 3.148,80 €).
Die Mittel stehen im laufenden Haushaltsjahr zur Verfügung. Auch bei einer kompletten Ausschöpfung des vorgegebenen Rahmens für zusätzliche präventive Aufgaben könnten in 2004 noch Mittel gegenüber dem Haushaltsansatz in Höhe von 8..589,80 € eingespart werden.
Unter den Voraussetzungen, dass dieser vorgegebene Rahmen in 2004 (nahezu) komplett ausgeschöpft und die Präventionsarbeit auch im nächsten Jahr in gleichem Umfang verstärkte Unterstützung erfahren würde, wären Kosten für diesen Zweck in mindestens der doppelten Höhe für das Jahr 2005 zu erwarten. Unabhängig von evtl. Veränderungen im Rahmen der Entwicklung der Personalkosten müsste der Haushaltsansatz 2005 unter diesen Bedingungen mindestens 42.000.-- € betragen.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Für die Entscheidung über die Gewährung von Kreiszuschüssen ist der Kreistag zuständig
(§ 26 Abs. 1 KrO NW).
Anlage 1 zur
Vorlage Nr. SV-6-0893
Donum Vitae
Beim Verein Donum Vitae werden die präventiven Aufgaben nahezu ausschließlich durch eine entsprechend fortgebildete Prophylaxe-Fachkraft wahrgenommen. Dieser stehen dafür wöchentlich z. Z. 9,25 Stunden Arbeitszeit zur Verfügung. Positiv hervorzuheben ist, dass Donum Vitae bei der überwiegenden Zahl der Veranstaltungen für Dülmener Schüler/innen von einem männlichen Sozialpädagogen eines Jugendzentrums und für den Verein kostenlos unterstützt wird. (Ein männlicher Ansprechpartner erleichtert ggf. den männlichen Schülern/Jugendlichen den Einstieg in das Gespräch zu den intimen Inhalten)
Von Seiten der Verwaltung wird unterstellt, dass der bisher geleistete Umfang der Präventionsarbeit (40 Veranstaltungen) bereits finanziert ist und mit den zusätzlichen Mitteln das Angebot erweitert wird.
Diakonisches Werk
Beim Diakonischen Werk wird die vorbeugende Arbeit von einer (zusatzqualifizierten) Sexual-pädagogin mit einem wöchentlichen Zeitaufwand von ca. 15 Stunden geleistet.
Von Seiten der Verwaltung wird unterstellt, dass der bisher geleistete Umfang der Präventionsarbeit (60 Veranstaltungen) bereits finanziert ist und nur darüber hinausgehende Veranstaltungen Berücksichtigung finden können.
Pro Familia
Ein (zusatzqualifizierter) Sexualpädagoge in regelmäßiger Begleitung einer Praktikantin (Studentin einer entsprechenden Fachrichtung) übernehmen für Pro Familia präventive Aufgaben auch im Kreis Coesfeld.
In 2003 konnte Pro Familia 19
angefragte Veranstaltungen im Kreisgebiet durchführen, auch in der ersten
Jahreshälfte 2004 werden noch bereits im vergangenen Jahr zugesagte Gruppenveranstaltungen
abgehalten. Dieses war bzw. ist nur aufgrund einer großzügigen Einzelspende
eines Unternehmens an die Beratungsstelle möglich. In der 2. Jahreshälfte stehen Pro Familia
keine finanziellen Mittel mehr für die Wahrnehmung der sexualpädagogischen
Präventivarbeit im Kreis Coesfeld zur Verfügung.
Untere Gesundheitsbehörde
Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle der Gesundheitsbehörde kann aufgrund der personellen Minimalausstattung und der hohen Inanspruchnahme bisher keine sexualpädagogischen Veranstaltungen anbieten.
Dem Beratungsbedarf der Schulen konnte nur sehr eingeschränkt und nur bezogen auf die Aidsprävention und die Verhütung von sexuell übertragbaren Krankheiten und unabhängig von der Schwangerenberatungsstelle nachgekommen werden. Wegen der inhaltlichen Nähe ist es sinnvoll, diese präventive Arbeit mit den klassischen sexualpädagogischen Themen zu verbinden.
Die ggf. zur Verfügung gestellten Mittel zur Förderung der sexualpädagogischen Arbeit würden zur Deckung der Kosten für die erforderliche Mehrarbeit (= tatsächlich durchgeführte Veranstaltungen) verwendet.