hier: Änderungsvertrag mit dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V.
Beschlussvorschlag:
Dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. wird durch den als Anlage beigefügten Änderungsvertrag zum Vertrag über die Wahrnehmung von Aufgaben der Erziehungsberatung rückwirkend ab dem 01.01.2014 weiterhin die Leistung der Erziehungsberatung übertragen.
Der Caritasverband erhält für die erbrachten Leistungen eine Pauschalförderung auf der Basis der anerkennungsfähigen Gesamtkosten für den Betrieb der Beratungsstelle unter Anrechnung der zu berücksichtigenden Drittmittel aus Landeszuschüssen und –förderungen sowie eines Trägeranteils in einem Umfang von 10 % der nach Abzug der zu berücksichtigenden Erträge verbleibenden berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten.
Der Vertrag gilt rückwirkend ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2015. Er verlängert sich jeweils um ein weiteres Kalenderjahr, wenn er nicht bis zum 30.06. vor Ablauf der Vertragslaufzeit schriftlich gekündigt wird.
Begründung:
I. Problem
Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben gemäß dem SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz - Beratungsleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erbringen (§§ 16, 17, 18 und 28 SGB VIII).
Die Leistungen einer Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche richten sich insbesondere an Personen, die von Trennung und Scheidung betroffen sind, sich in schwierigen persönlichen Lebenssituationen befinden oder Beratung in Erziehungsfragen benötigen.
Diese Aufgaben der Erziehungsberatung sind von den drei örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Kreis Coesfeld an den Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. durch Vertrag übertragen worden. Durch jeweils ein Mitarbeiterteam in den Beratungsstandorten in Lüdinghausen, Dülmen und Coesfeld erbringt die Erziehungsberatungsstelle des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e.V. die notwendigen Beratungsleistungen.
Die Teams bestehen aus je drei Beratungsfachkräften und einer halben Stelle Verwaltungsfachkraft. Sie sind interdisziplinär mit Sozialarbeitern/Sozialarbeiterinnen, pädagogisch therapeutischen Fachkräften und Psychologen/Psychologinnen besetzt. Mit dieser qualitativen und quantitativen Personalausstattung genügt der Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. dem Förderstandard des Landes Nordrhein-Westfalen.
Der Zugang zu den Erziehungsberatungsstellen des Caritasverbandes und deren Finanzierung regelt sich zurzeit nach dem Änderungsvertrag, der zum dem 01.01.2008 in Kraft getreten ist. Gemäß § 15 Abs. 1 dieses Vertrages ist er bis zum 31.12.2009 befristet. Er verlängert sich jeweils um ein weiteres Kalenderjahr, wenn er nicht bis zum 30.06. vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt ist.
Der aktuelle Vertrag stellt im Wesentlichen darauf ab, dass die anerkennungsfähigen Gesamtkosten für den Betrieb der Beratungsstelle abzüglich der Fördermittel des Landes und des Eigenanteils des Trägers (10 % der um die Landesmittel verringerten Gesamtkosten) sich durch folgende Komponenten finanzieren:
- 80 %
durch eine pauschale Zuwendung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe.
Durch diese Förderung sollen die niedrigschwelligen Beratungskomponenten mit unmittelbarem Zugang der Ratsuchenden abgegolten werden. - 20 %
der verbleibenden Kosten für die Beratungsstelle sollen auf der Grundlage
des § 1 Abs. 2 des aktuellen Vertrages im Rahmen der Leistungsgewährung im
Einzelfall als erzieherische Leistung nach Durchführung eines
Hilfeplanverfahrens durch entsprechende kalkulierte Entgelte
(Fachleistungsstunden) refinanziert werden (Zugang durch das Jugendamt) .
An diesem Finanzierungsanteil beteiligt sich der öffentliche
Jugendhilfeträger mit einer Auslastungsgarantie in einem Umfang von 50
v.H.
Unter Berücksichtigung dieser Finanzierungssystematik ergibt sich für den Caritasverband eine Refinanzierungsgarantie in Höhe von 90 % der lt. Vertrag berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten.
Im Lauf der letzten Jahre stellten sich für den Caritasverband aufgrund der Vertragsgestaltung verschiedene finanzielle Probleme, die Mitte 2012 in eine schriftliche Problemanzeige einmündeten.
Als problematisch gestalteten sich folgende Aspekte:
-
Durch die Anwendung des sogenannten
Besserstellungsverbotes ergeben sich für den Caritasverband durch die Zahlung
der AVR-Vergütungen, zu deren Zahlungen er verpflichtet ist, tatsächliche Personalkosten
für bestimmte Berufsgruppen, die durch den Vertrag nicht refinanziert werden
können (das. sog. Besserstellungsverbot führt zu
dem Ergebnis, dass der freie Träger seinen Mitarbeitern keine bessere Vergütung
anbieten darf, als es dem öffentlichen Träger nach öffentlichem Tarifrecht
möglich ist).
- Die Entwicklung bei der Vergabe von Aufträgen durch die Jugendämter im Rahmen der ambulanten Erziehungshilfen gestaltete sich im Laufe der letzten Jahre durch gezieltere Steuerung der Einzelleistungen, weitergehende Spezialisierungen der Anbieter, Verstärkung der Beratungskompetenzen und Personalausstattungen in den Jugendämtern rückläufig. Dies führte zu dem Ergebnis, dass die oben zu 2. dargestellte Refinanzierungsmöglichkeit durch Einzelfälle auf der Basis von Hilfeplanverfahren und auf Fachleistungsstunden basierenden Entgelten nicht zu der vorgesehenen Refinanzierung der Kosten führten.
Seitens des Caritasverbandes wurde vorgetragen, dass durch die nicht gedeckten Personalkostenanteile infolge der Anwendung des „Besserstellungsverbotes“ und die eintretenden Einnahmeausfälle im Rahmen der 20%-Finanzierungsanteile faktisch eine Erhöhung des Trägeranteiles auf eine dem Verband nicht mehr zuzumutende Weise einträte.
Zwischen dem Caritasverband und den öffentlichen Jugendhilfeträgern kam es in der Folge zu intensiven Beratungen im Hinblick auf eine Fortentwicklung des bestehenden Vertragswerkes. Die Option zur einseitigen Kündigung wurde im Hinblick auf den Wunsch nach Kontinuität und gemeinsamer Qualitätsentwicklung verworfen.
Bei der Weiterentwicklung des Vertragswerkes war ebenfalls einzubeziehen, dass seit der Einrichtung von Familienzentren (Kindertageseinrichtungen, die das Gütesiegel „Familienzentrum NRW“ tragen), weitere Leistungen und Erträge bei der Unterhaltung und Finanzierung der Erziehungsberatungsstellen Berücksichtigung finden müssen. Die Erziehungsberatungsstelle erbringt in diesem Kontext auf der Basis der mit den Familienzentren geschlossenen Kooperationsvereinbarungen Beratungsleistungen als niedrigschwelliges Angebot vor Ort in den Einrichtungen; dafür entstehen auf der einen Seite Mehraufwendungen für zusätzliche Vergütungen und auf der anderen Seite Erträge durch eine Zusatzförderung des Landes für entsprechende Kooperationen mit Familienzentren.
II. Lösung
Durch intensive Gespräche und Verhandlungen zwischen den Beteiligten konnte ein Vertragsentwurf mit folgenden Eckpunkten zur Fortsetzung der Arbeit ausgearbeitet werden, der nunmehr den jeweiligen Jugendhilfeausschüssen zur Entscheidung vorzulegen ist:
- Die zusätzlichen Angebote
im Rahmen der Kooperationsvereinbarungen mit den Familienzentren werden
als Leistungen nach § 1 Abs. 3 n.F. neu in den Vertrag aufgenommen. Zur
Bewältigung dieser Aufgaben werden bei der personelle Besetzung (§ 4 Abs.
5 n.F.) zusätzliche Personalressourcen in Höhe von 560
Jahresarbeitsstunden eingesetzt. Die in diesem Zusammenhang eintretenden
Erträge durch die zusätzliche Landesförderung werden in § 6 n.F. als Einnahme
berücksichtigt.
- Der Zugang zur
Beratungsstelle wird wie folgt neu beschrieben (§ 2 Vertrag n.F.):
- für den unmittelbaren Zugang zur Beratung wird ein Umfang von 75 % der Jahresberatungskapazitäten veranschlagt.
- 25 % der Jahresberatungskapazitäten werden durch den Caritasverband durch Leistungen erbracht, die im Voraus durch Zielvereinbarungen für ein laufendes Kalenderjahr definiert werden; diese schließt der Caritasverband mit jedem öffentlichen Träger separat ab. Im Rahmen dieser 25 %-Kapazität können auch weiterhin Leistungen auf der Basis einer Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII erbracht werden.
- Im Rahmen der
Personalausstattung wird akzeptiert, dass pro Beratungsstellenstandort
statt bisher 1 Vollzeitstelle mit einer Fachkraft der Psychologie die
Besetzung mit mindestens einer 0,5 Stelle Fachkraft der Psychologie zur
Sicherung der Beratungsqualität als ausreichend angesehen wird. Die
dadurch freiwerdenden Fachkraftstellen sind aber mit Fachkräften aus dem
Bereich Sozialarbeit, - pädagogoik oder Heilpädagogik zu besetzen. Diese
Standardveränderung steht mit den Förderbedingungen des Landes im
Einklang.
- Im Hinblick auf das sog.
Besserstellungsverbot erfolgte eine Beteiligung des Rechnungsprüfungsamtes
des Kreises, um eine Rechtssicherheit in der Bewertung zu erlangen. Der §
5 Abs. 2 (anerkennungsfähige Kosten) wurde im Ergebnis ebenfalls neu
gefasst. Danach wird am Besserstellungsverbot festgehalten. Der
Zuwendungsempfänger darf daher grundsätzlich weiterhin seine Beschäftigten
nicht besser stellen als vergleichbare Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der
Kommunen; vorbehaltlich einer abweichenden tarifvertraglichen Regelung –
wozu auch die AVR Caritas zählt – dürfen keine günstigeren
Arbeitsbedingungen vereinbart werden. Allerdings wurde eine
Öffnungsklausel eingearbeitet, wonach Ausnahmen bei Vorliegen zwingender
Gründe, die schriftlich zwischen den Parteien zu vereinbaren sind,
eröffnet werden.
- Die Regelungen zur
Finanzierung werden in § 6 ebenfalls neu gefasst. Im Ergebnis ergibt sich
eine Berechnung wie folgt:
a. Anerkennungsfähige Gesamtkosten (Personal-, Sach- und Verwaltungsgemeinkosten)
b. ./. anzurechnende Drittmittel (LZ Erz.-B, zus. Landesförderung Familienzentren, sonst. Drittmittel)
c. Zwischenergebnis
d. ./. 10 % Trägeranteil CV (10 % von c.)
e. = Förderbetrag der öffentlichen Träger
Die Finanzierung teil sich entsprechend der regionalen Inanspruchnahme der Standorte nach folgendem Verhältnis auf:
Standort Coesfeld: 1/6 Stadt Coesfeld
1/6 Kreis Coesfeld
Standort Dülmen 1/3 Stadt Dülmen
Standort Lüdinghausen 1/3 Kreis Coesfeld
- Die veränderten Vertragsregelungen sollen rückwirkend zum 01.01.2014 in Kraft treten, um eine einheitliche Abwicklung des Kalenderjahres 2014 zu ermöglichen.
III. Alternativen
keine
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Entsprechend der regionalen Verteilung der Inanspruchnahme übernimmt der Kreis Coesfeld die Finanzierung der Erziehungsberatungsstellenstandorte in Coesfeld zu 50 v.H. und in Lüdinghausen zu 100 v.H.
Zu Deckung der zu erwartenden Kosten wurden im Produkt 51.01.01 „Abwendung Kindeswohlgefährdung“ für das Haushaltsjahr 2014 beim Sachkonto 531859 Finanzmittel in einem Umfang von 275.000 € eingeplant.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Aufgrund der finanziellen Auswirkungen ist die Zuständigkeit des Kreistages für
die Entscheidung gegeben.