Betreff
Kommunale Planung nach § 7 des Alten- und Pflegegesetz NRW (APG NRW)
hier: Inhaltliche Gestaltung und Zeitplan
Vorlage
SV-9-0251
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, eine Alten- und Pflegeplanung nach den Vorgaben des § 7 Abs. 1 bis 5 Alten- und Pflegegesetz durchzuführen. Die Ergebnisse der Planung sind zum Stichtag 31. Dezember jedes zweite Jahr, beginnend mit dem Jahr 2015, zusammenzustellen,  zu veröffentlichen und dem zuständigen Ministerium zur Verfügung zu stellen.

Begründung:

I.   Problem

Am 01.10.2014 ist das neue GEPA NRW (Zusammenfassung von Heim- und Landespflegerecht) beschlossen worden. Bereits in der Sitzung des AASSG am 19.02.2015 wurde insgesamt zur geplanten Umsetzung des Artikel 1 „Alten und Pflegegesetz NRW“ (APG) im Kreis Coesfeld berichtet.

 

Nach § 4 APG sind die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet, unter Einbeziehung der Kommunen eine örtlich bedarfsgerechte, pflegerische Angebotsstruktur zu schaffen. Soweit flankierende, vorpflegerische Angebote dazu beitragen, den Bedarf an Pflegeangeboten zu verringern, sind diese in den kommunalen Sicherstellungsauftrag integrierbar. Zur Umsetzung haben die Kreise und kreisfreien Städte nach § 7 APG kommunale Pflegepläne zu erarbeiten, die eine Bestandsaufnahme der Angebote, die Feststellung des quantitativen und qualitativen Bedarfes enthalten und die Frage nach Maßnahmen klären, die zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind. Eine erste Zusammenstellung der Ergebnisse der örtlichen Planung sowie die Umsetzung von Maßnahmen hat zum Stichtag 31.12.2015 zu erfolgen und danach als regelmäßige Berichtslegung alle zwei Jahre.

 

Bestandteile der Planung nach APG

Die Planung umfasst gemäß § 7 APG NRW eine Bestandsaufnahme der Angebote im Kreis Coesfeld, die Feststellung, ob qualitativ und quantitativ ausreichen Angebote im Kreis Coesfeld zur Verfügung stehen sowie ggfs. die Erläuterung notwendiger Maßnahmen zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten im Kreis Coesfeld.

Die Pflegeplanung soll auch Komplementäre Hilfen, Wohn- und Pflegeformen sowie zielgruppenspezifische Angebotsformen wie persönliche Assistenz und die Weiterentwicklung der örtlichen Infrastruktur umfassen.

Der Pflegeplan hat übergreifende Aspekte wie Teilhabe, altengerechte Quartiersentwicklung zur Sicherung eines würdevollen, inklusiven und selbstbestimmten Lebens, bürgerliches Engagement und das Gesundheitswesen einzubeziehen.

 

Das Land hat gemäß § 7 Abs. 5 APG das Recht, konkrete Vorgaben zum Aufbau und zum Mindestinhalt des Pflegeplans per Rechtsverordnung vorzugeben. Eine solche Rechtsverordnung wurde im Entwurf vorgelegt. aber noch nicht erlassen.

 

II.  Lösung

Grundsätzliche Bemerkung:

Seit Einführung des Landespflegegesetzes im Jahr 2003 war die Planung der pflegerischen Infrastruktur nicht mehr pflichtige kommunale Aufgabe. Mit der Wiedereinführung dieser Verpflichtung bedarf es daher der grundlegenden Neuerarbeitung der Planung. Mit einer quartierbezogenen Ausrichtung und der Einbeziehung vorpflegerischer Angebote steigt zudem der planerische Anspruch.

 

Umsetzungsstand der Alten- und Pflegeplanung  im Kreis Coesfeld

Seitens der Verwaltung wurde mit der Erstellung eines Entwurfs der Planung nach Alten- und Pflegegesetz begonnen. Zur Erhebung der notwendigen Daten wurde eine Befragung der stationären Pflegeeinrichtungen, ambulanten Pflegedienste sowie der Tagespflegeeinrichtungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung werden gegenwärtig ausgewertet.

 

 

Zudem wurde inzwischen die inhaltliche Struktur für den Alten- und Pflegeplan des Kreises Coesfeld im Entwurf entwickelt. Dieser soll folgende Bestandteile enthalten:

 

  1. Eine Einleitung mit einer kurzen textlichen Zusammenfassung der Situation im Kreis Coesfeld
  2. Informationen zum Demografischen Wandel im Kreis Coesfeld
  3. Informationen zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit im Kreis Coesfeld
  4. Informationen zur Pflegeinfrastruktur im Kreis Coesfeld
  5. Informationen zu zielgruppenspezifischen Angeboten im Kreis Coesfeld
  6. Informationen über bestehende Netzwerke und die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen
  7. Eine Übersicht der finanziellen Aufwendungen
  8. Eine Beschreibung der Situation des Pflegearbeitsmarktes im Kreis Coesfeld
  9. Eine infrastrukturelle Darstellung der Situation in den einzelnen kreisangehörigen Kommunen

 

 

III.  Alternative

 

Verbindliche Bedarfsplanung

 

Nach § 11 Absatz 7 APG kann (nicht: muss) der örtliche Träger der Sozialhilfe bestimmen, dass eine Förderung für teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne der §§ 13 und 14 dieses Gesetzes, die innerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereiches neu entstehen und zusätzliche Plätze schaffen sollen, davon abhängig ist, dass für die Einrichtungen auf der Grundlage der örtlichen verbindlichen Bedarfsplanung nach § 7 Absatz 6 APG ein Bedarf bestätigt wird (Bedarfsbestätigung). Eine solche Fördervoraussetzung ist von der Vertretungskörperschaft mit Wirkung für alle zusätzlich entstehenden Plätze in Einrichtungen innerhalb ihres örtlichen Zuständigkeitsbereiches zu beschließen und öffentlich bekannt zu machen.

 

Bereits die Vergangenheit hat gezeigt, dass es auf Kreisebene wirkungsvolle, alternative Instrumente zur verbindlichen Bedarfsplanung gibt: Zu nennen sind:

  • Eine effektive Zugangssteuerung zu stationären Pflegeangeboten durch die Mitarbeiter/innen der Pflegeberatung (bei sich abzeichnender Sozialhilfebedürftigkeit),
  • die gezielte Beratung durch den Kreis im Falle von Investorenanfragen; dieses Instrument wurde nun mit Inkrafttreten des APG durch eine verpflichtende Beratung der Investitionsvorhaben bei teil- und vollstationären Einrichtungen gestärkt. Diese Beratungspflicht entfällt bei einer verpflichtenden Planung.
  • der seit Jahren bestehende Konsens mit den Städten und Gemeinden, Ansiedlungen von stationären Pflegeinrichtungen – soweit möglich – über kommunale Bauleitplanung und örtliches Flächenmanagement auf bedarfsgerechtes Niveau zu dosieren.  

 

Für den Fall, dass es trotz der bisherigen Einflussmöglichkeiten notwendig werden sollte, darüber hinaus weiter steuernd einzugreifen, kann der Kreis Coesfeld die Option der verbindlichen Bedarfsplanung auch später noch jederzeit umsetzen.

Aufgrund der weiterhin bestehenden unattraktiveren Refinanzierung stationärer Pflegeeinrichtungen (50-jährige Abschreibungsfrist für Neubauten) ist allerdings kein „Bauboom“  von vollstationären Pflegeeinrichtungen zu erwarten.

 

Bei Einführung einer verbindlichen Pflegebedarfsplanung besteht - für den Fall, dass ein Anbieter trotz fehlender Bedarfsbestätigung eine neue stationäre Einrichtung baut -  die Möglichkeit, die Investitionskostenförderung per Pflegewohngeld zu verweigern. Eine verbindliche Pflegebedarfsplanung ermächtigt den Träger der Sozialhilfe jedoch nicht, die Errichtung und den Betrieb solcher Einrichtungen zu untersagen.

 

Die Einführung einer verbindlichen Planung birgt Rechtsrisiken, deren Konsequenzen derzeit nicht absehbar sind. Derzeit nicht geklärt ist, ob ein abgewiesener Investor bei Rechtswidrigkeit einer verbindlichen Planung ggf. Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen kann.  Sollte eine verbindliche Planung einen zusätzlichen Bedarf ergeben, soll nach derzeitiger Kenntnis der Sozialhilfeträger verpflichtet werden, zur Bedarfsdeckung innerhalb eines Jahres eine Ausschreibung unter in Frage kommenden Trägern durchzuführen. Welche Kriterien bei einer Ausschreibung maßgeblich sein sollen, ist derzeit noch nicht verbindlich bestimmt.

 

Die Verwaltung schlägt aus den o.g. Gründen vor, auch im Kreis Coesfeld zunächst auf die Möglichkeit der verbindlichen Bedarfsplanung zu verzichten und lediglich eine Alten- und Pflegeplanung gem. § 7 Abs. 1 – 5 APG durchzuführen.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Die möglichen finanziellen Auswirkungen der optionalen Durchführung einer verbindlichen Bedarfsplanung sind derzeit schwer abschätzbar. Den Ausführungen unter Ziffer III entsprechend wird davon ausgegangen, dass ein Verzicht auf die verbindliche Planung keine negativen Auswirkungen auf den Kreishaushalt hat.

 

Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass allein aufgrund der demografischen Entwicklung die Ausgaben für die Betreuung und Pflege von älteren Menschen und damit auch die Ausgaben im Bereich der „Hilfen in besonderen Lebenslagen“ steigen werden. Eine gut angelegte, quartiersbezogene Alten- und Pflegeplanung soll dazu beitragen, diese Kostendynamik möglichst zu dämpfen.

 

In der Kreisverwaltung wurden bislang keine zusätzlichen Personalressourcen für die Übernahme der Pflegeplanung nach dem neuen APG eingerichtet. Insofern ist für die Umsetzung der Aufgabe die Priorisierung innerhalb der Aufgaben im Fachbereich 2 /Planung bzw. in der Abteilung 50 notwendig.

 

 

V.    Zuständigkeit für die Entscheidung

Auf Grund der Option einer verbindlichen Bedarfsplanung ist nach § 26 Abs. 1 Buchstabe s KrO i.V.m.  § 11 Abs. 7 APG der  Kreistag für die Entscheidung zuständig.