Betreff
Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld
hier: Weiterentwicklung der Interessenvertretung in Kooperation mit dem Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" zur Beteiligung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung
Vorlage
SV-9-1634
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Bericht zu den Unterstützungsmöglichkeiten durch das Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" wird zur Kenntnis genommen.

 

Zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung wird befürwortet, dass in Kooperation mit dem Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" gemeinsame Veranstaltungen und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden, mit dem Ziel

-     Formen und Strukturen der Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung im Kreis Coesfeld möglichst passend weiterzuentwickeln,

-     vorrangig die Betroffenen selber daran zu beteiligen und unter Berücksichtigung ihrer Anliegen, Möglichkeiten und Erfordernisse zur Mitarbeit zu ermutigen, und

-     die Ergebnisse und entwickelten Konzepte zur weiteren Beratung vorzulegen.

 

Begründung:

 

I.    Problem

 

Zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld hatte der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit (AASSG) am 10.09.2013 einstimmig befürwortet, dass die Aufgaben eines Behindertenbeirates durch die "KICS" in Form eines Arbeitskreises wahrgenommen werden, der an der Förderung der Teilhabe von behinderten Menschen in den Lebensbereichen im Kreis Coesfeld mitwirkt und dazu beratend dem Kreistag, seinen Ausschüssen sowie dem Landrat Empfehlungen geben kann (s. SV-8-0961).

 

Die "KICS" ("Kreisarbeitsgemeinschaft – Interessenvertretung – Coesfeld der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und ihrer Angehörigen") besteht seit dem 01.10.2004 und ist ein selbstverwalteter und eigenständiger Zusammenschluss von Menschen mit Behinderung auf Kreisebene, die in diesem Rahmen u.a. als Vertreter und Vertreterinnen örtlicher Beiräte oder verschiedener Selbsthilfegruppen und ihrer Vereine und Verbände zusammenarbeiten, um sich für die Belange von Betroffenen als Experten in eigener Sache gemeinsam einzusetzen.

 

Zur Interessenvertretung ist die "KICS" in verschiedenen Gremien des Kreises (u.a. AASSG, Gesundheitskonferenz, Konferenz Alter und Pflege, örtlicher Beirat zum SGB II) beratend oder mit Sitz und Stimme vertreten. Seit dem hat die "KICS" insbesondere auf Anfrage verschiedener Behörden des Kreises oder von Städten und Gemeinden eine Vielzahl an Stellungnahmen, Begutachtungen und Empfehlungen zumeist zu Aspekten der Barrierefreiheit für verschiedene Bauten oder Bauvorhaben erstellt und eingebracht. Zur Einbeziehung weiterer Themen (z.B. Fortschreibung Nahverkehrsplan) haben die Mitglieder zudem seit 2016 regelmäßig in einem erweiterten Arbeitskreis mit ehrenamtlichen Sachverständigen und hauptamtlichen Vertretern verschiedener Einrichtungen, Wohlfahrtsverbände und Behörden zusammengearbeitet.

 

Nun besteht das Problem, das sich zunehmend im letzten Jahr nach dem Ausscheiden von bisher aktiven Mitgliedern der "KICS" abzeichnete, dass durch die geringe Zahl der derzeit verbliebenen Betroffenen und ehrenamtlichen Vertreter die Aufgaben nur noch sehr eingeschränkt wahrgenommen werden können. Auch sehen sich die übrigen Mitglieder nicht in der Lage, ohne Hilfe von außen neue mögliche Interessierte für eine ehrenamtliche Mitarbeit zu gewinnen.

 

In der Sitzung des AASSG vom 26.11.2019 ist dazu beantragt worden, die Vertretung der Interessen und Belange von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld zu thematisieren und die Rahmenbedingungen (Strukturen, Notwendigkeiten, Möglichkeiten, Grenzen) für die Bildung eines Arbeitskreises von Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung unter Einbeziehung weiterer betroffener Verbände zu prüfen. In der schriftlichen Antragsbegründung der CDU-Kreistagsfraktion zu dem Prüfauftrag ist als Anforderung herausgestellt worden, dass die Mitglieder des Beirates vorrangig dem Personenkreis der Menschen mit Behinderung angehören und Selbsthilfegruppen, Organisationen und Einrichtungen bei der Zusammensetzung beteiligt werden sollten.

 

Eine direkte Beteiligung von Menschen mit Behinderung zur Vertretung ihrer Belange und Interessen wird vor dem Hintergrund der Ziele und Regelungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie des Behindertengleichstellungs- und des Inklusionsgrundsätzegesetzes Nordrhein-Westfalen auch von Seiten der Verwaltung als wesentlich und als vorrangig zu erfüllende Anforderung angesehen.

 

Zur Verbesserung der politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung und zur Unterstützung der Kommunen fördert das Land seit mehreren Jahren den Aufbau und die Entwicklung von kommunalen Interessenvertretungen entsprechend dem Behindertengleichstellungs- und dem Inklusionsgrundsätzegesetz in NRW durch eine Reihe von Landesprojekten, die von Fachkräften in Trägerschaft der "LAG SELBSTHILFE NRW e.V." (Landesarbeitsgemeinschaft von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen Nordrhein-Westfalen e.V.) in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium durchgeführt werden.

 

Im Rahmen des laufenden Landesprojekts unter dem Titel "Politische Partizipation Passgenau" wird interessierten Kommunen zur passgenauen Unterstützung und Entwicklung von Lösungen zu diesem Zweck im Rahmen der verfügbaren Ressourcen angeboten, in Abstimmung und in Kooperation mit den Verantwortlichen und den Akteuren in den Kommunen verschieden mögliche Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam vor Ort durchzuführen.

 

Die Nutzung der Angebote des Landesprojekts zum Thema wird u.a. auch von den kommunalen Spitzenverbänden wie vom Landkreistag Nordrhein-Westfalen nach den Erfahrungen mit den Vorgängerprojekten empfohlen: In den Vorjahren nahmen u.a. die Gemeinden Ascheberg, Nottuln und Senden die Projektunterstützung in Anspruch, um u.a. sog. "Zukunftsworkshops" für Interessierte und Betroffene aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gemeinsam durchzuführen und auf diesem Weg eine örtliche Interessenvertretung aufzubauen oder bestehende Inklusions- und Teilhabebeiräte weiterzuentwickeln.

 

II.  Lösung

 

Grundlegendes Ziel ist es, insbesondere Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung im Kreis Coesfeld zu ermutigen und es ihnen zu ermöglichen, als Experten in eigener Sache oder für andere Betroffene ihre Interessen und Belange aktiv zu vertreten und sich gemeinsam an einer entsprechend organisierten Interessenvertretung mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen zu beteiligen.

 

Aufgrund der derzeitigen Lage der "KICS" ist es dazu erforderlich, die von ihr als Interessenvertretung auf Kreisebene übernommene und organisierte Aufgabenwahrnehmung in Form eines Arbeitskreises, der an der Förderung der Teilhabe von behinderten Menschen in den Lebensbereichen im Kreis Coesfeld mitwirkt und dazu beratend dem Kreistag, seinen Ausschüssen sowie dem Landrat wie auch verschiedenen Behörden Empfehlungen geben kann, weiterzuentwickeln und ggf. in passender Form und Struktur neu zu organisieren oder neu zu gründen.

 

Um dafür Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung im Kreis Coesfeld motivieren und zur Beteiligung und Mitwirkung gewinnen zu können, sind ihre Anliegen, Möglichkeiten und Erfordernisse bei der Entwicklung passender Formen und Strukturen für eine Interessenvertretung angemessen aufzugreifen und zu berücksichtigen.

 

Dazu bietet es sich an, die Fachkräfte des Landesprojekts "Politische Partizipation Passgenau" in Trägerschaft der "LAG SELBSTHILFE NRW e.V." um Unterstützung anzufragen und die bereits andernorts für diesen Zweck bewährten Projektangebote und Dienstleistungen zu nutzen. Vertreter der "KICS" und der Wohlfahrtsverbände haben in gemeinsamer Sitzung vom 09.01.2020 diesem Vorhaben zugestimmt und soweit möglich ihre Beteiligung und Unterstützung zugesagt.

 

Von Seiten der Fachkräfte des Landesprojekts ist auf Anfrage der Verwaltung die grundsätzliche Bereitschaft erklärt worden, die Weiterentwicklung und Nachwuchsgewinnung für eine verbindlich organisierte Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld zu unterstützen. Zur Vorbereitung einer Kooperation zu diesem Zweck sind bereits erste gemeinsame Klärungen und Abstimmungen erfolgt bzw. bis zur aktuellen Sitzung terminiert, um im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten und Bestrebungen gemeinsame Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit passgenau planen und durchführen zu können.

 

Zweck der gemeinsamen Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit dem Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" soll es vor allem sein, Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung oder ihre Angehörigen (z.B. Eltern) im Kreis Coesfeld einzuladen und dafür zu gewinnen,

-     als Experten in eigener Sache ihre Interessen und Belange aktiv zu vertreten und sich gemeinsam an einer entsprechend organisierten Interessenvertretung mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen zu beteiligen,

-     ihre Anliegen, Möglichkeiten und Erfordernisse zur Beteiligung und Interessenvertretung zu äußern und darüber ins Gespräch zu kommen,

-     sich über Ideen, Anregungen und Konzepte für passende Formen und Strukturen der Interessenvertretung auf Kreisebene auszutauschen und abzustimmen.

Weitere Interessierte, Sachverständige und Verantwortliche z.B. aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Organisationen, Vereinen und Einrichtungen, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderung einsetzen, sollen soweit zweckmäßig, möglich und erforderlich einbezogen und beteiligt werden.

 

Angestrebt wird, die Ergebnisse und entwickelten Konzepte zur Weiterentwicklung der Interessenvertretung und passenden Beteiligung von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung im Kreis Coesfeld möglichst bis zur Konstituierung des neu gewählten Kreistages bzw. des zuständigen Ausschusses vorzulegen, um darüber dort beraten und ggf. zur Bildung einer passenden Interessenvertretung beschließen zu können.

 

In der aktuellen Sitzung wird das Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" in Trägerschaft der "LAG SELBSTHILFE NRW e.V." mit ihren Referentinnen Merle Schmidt, Britta Möwes und Christina Baum vertreten sein und über Unterstützungsmöglichkeiten und Hintergründe zum Projekt sowie erste Planungen zur Kooperation für gemeinsame Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit im Kreis Coesfeld berichten.

 

III. Alternativen

Es werden keine Alternativen vorgeschlagen.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Im Rahmen der vorgeschlagenen Kooperation mit dem Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" wird von Seiten des Landesprojekts kostenfrei im Rahmen der verfügbaren Ressourcen angeboten, die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen und dazu personelle Ressourcen für fachlichen Input, Veranstaltungsmoderation und -leitung sowie Arbeitsmaterialien und Vorlagen bereitzustellen sowie Assistenzkosten zur Teilnahme von Menschen mit Behinderung zu übernehmen. Begleitende Öffentlichkeitsarbeit kann zudem nur in begrenzter Form konzeptionell und publizistisch unterstützt werden.

 

Von Seiten des Kreises sind zu den geplanten gemeinsamen Veranstaltungen insbesondere Ressourcen für passende und ausreichend barrierefreie Räumlichkeiten, technische Ausstattung und Bewirtung sowie personelle Begleitung im angemessenen Umfang zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommen weitere personelle Aufwendungen für eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, die federführend und wesentlich durch die Zuständigen der Kreisverwaltung für Pressearbeit, Druckvorlagen und Online-Medien zu leisten wären. Auch die Beanspruchung für fachliche Planung, Koordination und Begleitung sowie Auswertung gehen voraussichtlich über das bisher zu diesem Bereich und Thema veranschlagte Maß hinaus.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

AASSG