Beschluss:
1. Der
Beschlussvorlage der Tarifgemeinschaft Münsterland – Ruhr-Lippe GmbH wird
zugestimmt.
2. Die Vertreterinnen und Vertreter des Kreises Coesfeld in den Tarifgremien setzen sich für die Überführung des JobTicket-Piloten in den Regelbetrieb zum 01.08.2022 ein.
3. Die Verwaltung wird beauftragt, in der Sitzung des Tarifausschusses Münsterland, der Gesellschafterversammlung der Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe und im WestfalenTarif-Ausschuss entsprechend abzustimmen.
4. Der ZVM Bus wird beauftragt, die Beförderungsentgelte / Tarife, die Bestandteil eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages (ÖDA) sind, gem. § 39 Abs. 1 Satz 3 PBefG der Bezirksregierung Münster als Genehmigungsbehörde anzuzeigen.
I. Sachdarstellung
zu 1.:
Zuletzt mit
Berichtsvorlage vom 13.09.2021 (SV-10-0349) hat die Verwaltung in der Sitzung
des Ausschusses für Mobilität, Infrastruktur und Kreisentwicklung am 20.09.2021
über die aktuellen Tendenzen bei der Tarifmaßnahme 2022 hingewiesen.
Im Tarifraum
Westfalen werden die Merkmale von Fahrkarten und ihre Preise grundsätzlich zum
01.08. eines Jahres angepasst. Dabei werden zum einen Fahrkartenpreise an die
Inflationsentwicklung angepasst, zum anderen aber auch strukturelle Änderungen
umgesetzt, die z. B. den räumlichen Geltungsbereich oder die zeitliche
Geltungsdauer einer Fahrkarte betreffen. Nach den Vorgaben der
Tarifgemeinschaft (TG) soll eine Tarifanpassung die Kostenentwicklung des
Zeitraumes der letzten Tarifmaßnahme, also 12 Monate ausgleichen. Die Umsetzung
einer jeden Tarifmaßnahme bedarf eines längeren Vorlaufes, da die jeweiligen
Maßnahmen nach Beschlussfassung von der Bezirksregierung genehmigt werden
müssen und zeitaufwändige Neuprogrammierungen der Vertriebssysteme wie z.B.
Bordcomputern, Ticketautomaten und Handyticket-Shops vorgenommen werden müssen.
Um diesen Vorlauf zu ermöglichen, wird in der Regel der Beschluss zur
Tarifanpassung/-änderung im Dezember des jeweiligen Vorjahres in der TG
Münsterland/Ruhr-Lippe gefasst.
Die TG
Münsterland/Ruhr-Lippe zählt 28 erlösverantwortliche Partner, zu denen neben
den Aufgabenträgern auch Verkehrsunternehmen mit eigenwirtschaftlichen
Linienkonzessionen des ÖPNVs und des SPNVs zählen. Die Beschlüsse über eine
Tarifmaßnahme mit unmittelbarem Einfluss auf die wirtschaftlichen Verhältnisse
aller Partner müssen in den verschiedenen Tarifgremien der TG
Münsterland/Ruhr-Lippe einstimmig beschlossen werden. Die Zahl der mitwirkenden
Institutionen auf westfälischer Ebene ist mit über 60 Partnern noch deutlich
größer. Alle diese genannten Institutionen tragen die sogenannte
„Erlösverantwortung“. Alle Partner einschließlich der Kreise als
Bus-Aufgabenträger hier in ihrer Rolle als Erlösverantwortliche für Öffentliche
Dienstleistungsaufträge (ÖDA) können im Münsterland unmittelbar nur über die
Fahrpreise der Preisstufen 0M bis 5M bestimmen. Für die Fahrkartenpreise im
Stammsortiment in den Preisstufen W6 bis W10 im Westfalentarif ist der
WestfalenTarifausschuss zuständig. Die Kreise als erlösverantwortliche Partner
haben sowohl im regionalen Gremium als auch auf der westfälischen Ebene Sitz
und Stimme.
Ziel der
Tarifgemeinschaft Münsterland – Ruhr-Lippe ist ein turnusmäßiger Ausgleich der
inflationsbedingten Kostensteigerungen im ÖPNV. Dieses Modell der
Preisanpassung ist vertraglich unter den Partnern der Tarifgemeinschaft so
festgelegt. Eine Abweichung davon nach unten würde einen Anspruch der
zustimmenden Partner auf einen entsprechenden Ausgleich bewirken. Davon
abweichende Tarifmaßnahmen sind möglich und wurden in der Vergangenheit tlw.
auch umgesetzt, wenn alle Partner dem zugestimmt haben. Tariferhöhungen, die
über die inflationsbedingte Kostensteigerung hinausgehen, können unter anderem
begründet werden durch
-
geringere
Fahrgeldeinnahmen aufgrund der Corona-Pandemie (in Verbindung mit der noch
unklaren Situation bezüglich weiterer Rettungsschirme),
-
geringere
Fahrgeldeinnahmen durch veränderte Schulstruktur (weniger Schüler mit längeren
Fahrwegen),
-
höhere
Kosten im Verkehrssektor gegenüber dem Inflationsausgleich durch
überdurchschnittlich gestiegene Energie-, Personal- und Infrastrukturkosten,
-
strukturelle
Probleme bei der Finanzierung des SPNV (Themen: Insolvenzen von
Verkehrsunternehmen, erforderliche Vertragsanpassungen, etc.).
Eng mit der
tariflichen Anpassung verwoben sind die strukturellen Maßnahmen, die zum
01.08.2022 eingeführt werden sollen.
Die Tarifmaßnahme
zum 01.08.2022 beinhaltet folgende Merkmale:
-
lineare
Anhebung 1,6 – 1,9 %
-
Keine
Anpassung PS 0 MS/HAM/BOC
-
Bartickets
+ ca. 2 % (keine Anhebung 01.08.21)
-
Anhebung
EinzelTicket leicht überproportional (Abstand eTarif)
-
keine
Anhebung KinderTickets/4er KinderTickets
-
Überproportionale
Anhebung MehrfahrtenTickets (Abschmelzung des Rabattes wegen mittelfristiger
Abschaffung)
-
ZeitTickets
Jedermann, Anpassung um ca. 1,5 %
-
FreizeitTickets,
Keine Anpassung Eigenanteile FlashTicket/SchülerTicket
-
Anpassung
FunTicket/FunAbo in Abstimmung mit WT
-
SchülerZeitTickets
im Freiverkauf, Anpassung um ca. 1,5 %
-
SchülerZeitTickets
Schulträger, Anpassung um ca. 1,5 %
Unter
Berücksichtigung des Beschlusses 06/21 der Tarifausschüsse
Münsterland/Ruhr-Lippe vom 03.09.21 hat die Tarifgemeinschaft die
durchschnittliche Tarifanpassung für die Tarifräume Münsterland/Ruhr-Lippe
berechnet. Ohne Berücksichtigung der Stadtpreisstufen 0 der Stadtverkehre
Münster, Hamm und Bocholt errechnet sich eine durchschnittliche Anpassung in
Höhe von 1,83 %. Dieser
Kalkulation/Fahrpreistafel haben die Partnerunternehmen in der Sitzung des
Arbeitskreises Tarif/Einnahmeaufteilung am 22.09.2021 zugestimmt.
Die finale
Beschlussfassung in der Tarifgemeinschaft soll in der Sitzung am 10.12.2021
erfolgen.
zu 2.:
Das Pilotprojekt
JobTicket ist bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie getestet worden.
Wesentliche Elemente sind eine deutliche Vereinfachung des Preisstufen-Systems
mit übersichtlichen und westfalenweit abgestimmten Geltungsbereichen.
Gleichzeitig ist auch eine deutliche preisliche Absenkung vorgesehen. Zudem
kann das Ticket auch weiterhin mit einem Arbeitgeberzuschuss verbunden werden.
Die Gutachter gehen davon aus, dass durch die genannten Verbesserungen eine
stärkere Fahrgastnachfrage ausgelöst und daher nach einer Einführungsphase eine
kostenneutrale Umstellung des bisherigen JobTickets auf das neue Angebot
möglich ist. Die Gremien auf der westfälischen Ebene rechnen bis Dezember 2021
mit einem Beschluss zur Einführung des neuen JobTickets. Der Kreis Coesfeld
unterstützt diese Entwicklung, weil eine Reihe von Firmen Interesse daran
haben, dieses Ticket ihren Beschäftigten anbieten zu können.
Zum 01.01.2022 und
befristet bis zum 31.07.2023 wird ein 8 Tage FlexTicket als Teil des
Stammsortiments im Teilraum Münsterland – Ruhr-Lippe eingeführt. Eine
Verlängerung der Testphase ist möglich und bedarf eines entsprechenden
Beschlusses.
Da sich das
ÖPNV-Nutzerverhalten vor allem aufgrund der Pandemie deutlich geändert hat,
sollen im Zuge der Kundenrückgewinnungsmaßnahmen die Fahrgäste angesprochen
werden, die den ÖPNV nur gelegentlich nutzen und aktuell kein Abo abschließen
wollen. Diese Zielgruppe sind zum einen ehemalige Abo/Zeitkarten-Nutzer mit nur
noch 6-12 Nutzungstagen im Monat und zum anderen Gelegenheitsnutzer mit hohen
Nutzungsfrequenzen. Diese Gruppe soll durch das neue befristete Ticketangebot
langfristiger gebunden werden und eine flexiblere Nutzung in Zeiten vermehrten
Arbeitens im Home-Office ermöglichen. Die einheitliche Rabattierung von 37,5 %
auf den Einzelkaufpreis eines 24 StundenTickets soll einen niedrigschwelligen
Wiedereinstieg in die ÖPNV-Nutzung sowie einen Anreiz zur vertragslosen Bindung
geben. Nutzerinnen und Nutzer können also für den Fahrkartenpreis acht Mal 24
Stunden das ÖPNV-Angebot nutzen. Der Gutachter hat das Potenzial des Tickets
und die wirtschaftlichen Auswirkungen (z. B. Kannibalisierungseffekte)
abgeschätzt und empfiehlt insgesamt die Einführung des Tickets als geeignete
Reaktion im Sinne der Kundenrückgewinnung. Um die gewünschte Wirkung
kurzfristig erzielen zu können, soll die Maßnahme zum nächstmöglichen Zeitpunkt
am 01.01.2022 umgesetzt werden. Merkmale:
-
Das
8 Tage FlexTicket besteht aus gebündelt ausgegebenen acht 24 StundenTickets 1
Person.
-
Das
Ticket wird in allen Preisstufen angeboten, in denen auch das 24 StundenTicket
1 Person angeboten wird. Es wird eine Rabattierung von 37,5 % auf den
Einzelkaufpreis eines 24 StundenTicket 1 Person angewandt, um die
Kundenansprache entsprechend der obigen Darstellung werblich zu intensivieren.
-
Das
Ticket ist nicht personalisiert, übertragbar und kann, identisch zum 4erTicket,
von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden. Digitale Tickets sind
grundsätzlich persönlich bzw. personenbezogen.
-
Die
Preise können im Rahmen der Tarifmaßnahme zum 01.08.2022 angepasst werden.
II.
Entscheidungsalternativen
Der Beschlussvorschlag
wird abgelehnt. Dann tritt voraussichtlich für den Tarifraum Münsterland –
Ruhr-Lippe der im § 5 der Gesellschaftervereinbarung vorgesehene Fall der
Rückfallebene „Indexlösung“ ein, nachdem keine Tarifanpassung, aber auch keine
weiteren Änderungen umgesetzt werden könnten. Der ablehnende Partner ist den
anderen ausgleichspflichtig.
III. Auswirkungen
/Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)
Es
wird im Zuständigkeitsbereich des Auftraggebers Kreis Coesfeld das Ergebnis der
Einnahmen aus Fahrkarten für dessen Verkehrsverträge (ÖDA) beeinflusst und
damit der kommunale Deckungsbeitrag, der an Auftragnehmer zur Erbringung der
erzielten Leistung gezahlt werden muss. Nachdem die lineare Tarifanpassung etwa
der Preisgleitung für die Verkehrsverträge entspricht, ist mit einer
erheblichen Änderung des Zuschussbedarfes nicht zu rechnen.
Die
strukturellen Maßnahmen im Bereich des JobTickets und des 8-Tage-FlexTickets
können einen Anreiz bilden, auf den ÖPNV umzusteigen und so die MIV-Quote zu
reduzieren. Dies hätte positive Effekte für Klima und Umwelt.
IV. Zuständigkeit
für die Entscheidung
Für die Entscheidung
ist der Kreistag zuständig (§ 26 Abs. 1 KrO NRW).