Beschlussvorschlag:
Der als Anlage 1 beigefügte
Entwurf der Neufassung der Rechtsverordnung über die Beförderungsentgelte und
Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen (Taxentarif) für den
Kreis Coesfeld (Inkrafttreten: 01.10.2022) wird beschlossen.
Begründung:
I. Problem / II. Lösung
Nach § 39 Abs. 1 des
Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) bedürfen Beförderungsentgelte und deren
Änderung der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Mit der Zustimmung sind die
Beförderungsentgelte verbindlich. Genehmigungsbehörde für den Verkehr mit Taxen
ist der Kreis Coesfeld in seinem Gebiet. Der Kreis Coesfeld setzt hierbei nach
§ 51 Absatz 1 PBefG i.V. m. § 4 Zuständigkeitsverordnung PBefG NRW durch
Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den
Taxenverkehr fest.
Die Beförderungsentgelte müssen nach § 39 Absatz 2 PBefG unter
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers / der Unternehmerin
angemessen sein. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist eine
Abwägungsentscheidung zu treffen, mit der das wirtschaftliche Interesse der
Unternehmer/innen mit den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl –
also dem Interesse an sicheren und ausreichenden Beförderungsmöglichkeiten – in
Ausgleich gebracht wird
Das Beförderungsentgelt setzt sich im
Wesentlichen zusammen aus:
- einem Grundpreis
- einer Kilometergebühr
- einer Wartezeitgebühr
- Zuschlägen (z.B. für ein
Großraumfahrzeug)
- Anfahrtsgebühren
Hinsichtlich des Grundpreises und der
Kilometergebühr unterscheiden sich die anzuwendenden Tarifsätze danach, ob die
Fahrt am Tag, in der Nacht oder an einem Sonn- und Feiertag stattfindet.
Der Verband des privaten gewerblichen
Straßenpersonenverkehrs NRW VSPV e.V. als Vertreter der bei ihm angeschlossenen
Taxenunternehmen regte mit Datum vom 18.03.2021 die Anhebung des Taxentarifs
(für alle Münsterlandkreise) um ca. 5 % an (Anlage2).
Im Rahmen der Prüfung des Antrags fanden – wie bereits bei der
letzten Tariferhöhung im Herbst 2019 – Abstimmungen zwischen den Fachbereichen
bzw. Fachabteilungen der vier Münsterlandkreise (Borken, Coesfeld, Steinfurt
und Warendorf) und zudem auch eine Abstimmung mit dem VSPV statt.
Ziel der interkommunalen Abstimmung ist die Prüfung und
Vereinbarung eines grundsätzlich einheitlichen Taxentarifs in den
Münsterlandkreisen, ggf. unter Berücksichtigung etwaiger regionaler
Besonderheiten.
Nach Rücksprache aller
Münsterlandkreise erfolgte am 28.07.2021 eine münsterlandweite Abfrage an alle
Taxiunternehmen, ob aufgrund der COVID-19-Pandemie und der abzuwartenden
Entwicklung im Rahmen der Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (zum
01.08.2021) eine Anpassung des Taxentarifs gewünscht ist und wenn ja, ob eine
Anpassung um ca. 5 % (auf- bzw. abgerundet auf volle fünf Cent) angemessen ist.
Die münsterlandweite Auswertung ergab
hierbei ein sehr heterogenes Bild, wobei die deutliche Mehrheit der Unternehmen
für eine Erhöhung des Taxentarifs stimmten, jedoch die angebotene Erhöhung um
ca. 5 % als nicht ausreichend einstuften.
Nach einem erneuten Treffen der Münsterlandkreise mit dem Geschäftsführer
des VSPV, Herrn Waltemate, beantragte der VSPV am 01.12.2021 die Anpassung der
Taxentarife der vier Münsterlandkreise im Sommer/Herbst 2022 in zwei Stufen um
ca. 5 % in 2022 und um 8,64 % zu einem Zeitpunkt von etwa 6 Monaten nach der
ersten Erhöhung (Anlage 2).
Der VSPV legt hierbei zugrunde, dass sich die Betriebskosten aus
40 % Personalkosten, 30 % Kraftstoffkosten und 30 % sonstigen Kosten (d. h.
Kosten, die den allgemeinen Steigerungen der Verbraucherpreise unterworfen
sind) zusammensetzen. Preissteigerungen im Einkauf könnten zu etwa 30 % durch
interne Optimierung und Einsparungen kompensiert werden.
Als Hauptgrund für den Erhöhungsantrag wird zunächst angegeben,
dass der Mindestlohn von 9,19 € auf 9,82 € zum 01.01.2022 gestiegen ist. Dies
sei eine Steigerung um 6,8 %. Die politische Ankündigung, den Mindestlohn auf
12 € zu erhöhen und damit den Anstieg zum 01.07.2022 um 6,4 % auf 10,45 € zu
ersetzen, ergebe eine Steigerung um 22,2 % gegenüber dem Mindestlohn ab dem
01.01.2022. Als weiterer Grund wird eine Kraftstoffkostensteigerung um 20,4 %
angeführt
Unter Berücksichtigung der Möglichkeit von internen Optimierungen
und Einsparungen ergibt sich, das sich insgesamt ein Erhöhungsbedarf von 13,64
% ergebe.
In den Münsterlandkreisen sollten daher nach dem Ergebnis des
Austausches die Tarifpositionen des aktuellen Taxentarifs um 7,5 % zum
01.08.2022 und um weitere 7,5 % zum 01.08.2023 erhöht werden. Um die Erhöhung
auch für die Fahrgäste vertretbar zu machen, erschien eine Anpassung des Tarifs
in zwei gleich hohen Stufen mit 12 Monaten Versatz sachgerecht.
Zu diesem Tarifvorschlag wurden durch die vier Münsterlandkreise
im März / April 2022 alle konzessionierten Taxiunternehmen der vier Kreise
Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf angehört. Gleichzeitig erfolgte durch
die Münsterlandkreise eine Anhörung aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden
sowie der IHK, der Bezirksregierung, des VSPV und des Eichamtes.
Im Kreis Coesfeld haben sich von elf Taxenunternehmen insgesamt
acht Unternehmen an der Anhörung beteiligt und eine Rückmeldung abgegeben. Drei
Unternehmen haben sich nicht zu dem Verfahren geäußert. Alle Rückmeldung haben
sich grundsätzlich für eine Erhöhung ausgesprochen; die Bandbreite reichte
hierbei von 7,5 % in 2022 und dem Wunsch die weitere Entwicklung abzuwarten bis
zu einer sofortigen Erhöhung um 20 % sowie eine weitere Erhöhung von 8 % im
nächsten Frühjahr. Ein Unternehmen sprach sich ferner dafür aus, zusätzlich die
Nachtfahrtbereitschaft, die ein wesentliches Kernelement des Taxiwesens im
Unterschied zu den Mietwagen darstellt, zu beenden.
Die Rückmeldungen aus den weiteren Münsterlandkreisen wiesen ein
ebenso heterogenes Rückmeldebild wie im Kreis Coesfeld aus, wobei auch hier der
Wunsch nach einer Zusammenlegung der beiden Tariferhöhungsstufen zu einem
Termin in 2022 überwog. Der Verbandsvertreter regte dieses ebenfalls ergänzend
an, um die aktuellen krisenbedingten Preisentwicklungen abmildern zu können.
Seitens der weiteren Anhörungsstellen erfolgte eine grundsätzliche Befürwortung
einer Taxentariferhöhung.
Im Anschluss an die Anhörungsverfahren erfolgte erneut ein
Austausch der Münsterlandkreise, der zu folgendem Ergebnis – in positiver
Abweichung zur durchgeführten Anhörung - als Vorschlag für die politischen
Gremien führte:
Zusammenlegung
der beiden angedachten Tariferhöhungen von jeweils ca. 7,5 % zu einer
Tariferhöhung von ca. 15 % zum 01.10.2022.
Tarifbestandteil |
Aktueller Tarif |
Tarifgestaltung nach Absprache der
Münsterlandkreise zum 01.10. 2022 um ca. 15 % |
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Grundpreis |
06.00-22.00 Uhr an Werktagen |
3,40 € |
4,05 € |
|
||
22.00-06.00 Uhr an Werktagen, 24
Stunden an Sonntagen und Feiertagen |
3,80 € |
4,50 € |
|
|||
Grundpreis beim Großraumtaxi Bei ausdrücklicher Bestellung bzw.
bei Antritt der Fahrt mit mehr als 4 Fahrgästen |
06.00-22.00 Uhr an Werktagen |
8,40 € |
9,65 € |
|
||
22.00-06.00 Uhr an Werktagen, 24
Stunden an Sonntagen und Feiertagen |
8,80 € |
10,10 € |
|
|||
Beförderungsentgelt je gefahrenen km |
06.00-22.00 Uhr an Werktagen |
2,10 € |
2,40 € |
|
||
22.00-06.00 Uhr an Werktagen, 24
Stunden an Sonntagen und Feiertagen |
2,20 € |
2,55 € |
|
|||
Beförderungsentgelt für Anfahrten je km |
06.00-22.00 Uhr an Werktagen |
1,05 € |
1,20 € |
|
||
22.00-06.00 Uhr an Werktagen, 24
Stunden an Sonntagen und Feiertagen |
1,10 € |
1,25 € |
|
|||
Wartezeitgebühr je Stunde |
|
33,00 € |
37,95 € |
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An dieser Besprechung nahm auch ein
Vertreter der Stadt Münster teil. Der Taxentarif der Stadt Münster ist zwar
nicht deckungsgleich mit den Taxentarifen der Münsterlandkreise, jedoch wird
auch in der Stadt Münster eine Erhöhung des Taxentarifes um 15 % in den
Stadtrat eingebracht werden.
In Abstimmung mit den Vertretern der
vier Münsterlandkreise wird daher, zur weiteren einheitlichen Tarifgestaltung,
eine Erhöhung des Taxentarifes um 15 % zum 01.10.2022 vorgeschlagen. Der Termin
01.10.2022 ist sowohl dem entsprechenden Start der höchsten Stufe der
Mindestlohnerhöhung geschuldet, als auch den zur Vorbereitung der Umstellung
notwendigen Schritte (Veröffentlichung des Beschlusses und Abstimmung mit dem
Eichamt etc.)
Im 4. Quartal 2022 kann dann eine
erneute Prüfung des Taxentarifes erfolgen, um die weitere Entwicklung der
Energie- und Ukrainekrise sowie die Wirkung der aus dem bundes- und
landespolitischen Raum avisierten Unterstützungsmaßnahmen abzuwägen.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass aktuelle
temporäre Ereignisse und Krisen nicht über das Instrument Taxentarif abgebildet
werden können. Dieses gilt auch für etwaige unterstützende staatliche Maßnahmen
zur Reduzierung dieser temporären Ereignisse und Krisen. Hiervon ausdrücklich nicht
betroffen sind stetige Effekte wie bspw. die Mindestlohnerhöhungen, die in der
aktuellen Taxentarifanpassung aus Sicht der Münsterlandkreise hinreichend berücksichtigt
werden.
III. Alternativen
- Fortführung
des aktuell gültigen Taxentarifes
- Umsetzung
des Taxentarifs gemäß dem ursprünglichen Antrag des VSPV e.V.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge
(Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Durch die Neufassung des Taxentarifes
entstehen für den Kreis Coesfeld keine Kosten.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreistages für
die Entscheidung ergibt sich aus § 26 Abs. 1 f der Kreisordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen.
Anlagen:
1) Entwurf
Taxentarifordnung 2022
2) Antrag
VSPV e.V. nebst Ergänzungsschreiben