Beschluss: ungeändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 20, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschluss:

Dem Kreisausschuss wird empfohlen, dem Kreistag folgenden Beschlussvorschlag zu unterbreiten:

 

  1. Der vorgelegte Entwurf wird als Planung des Kreises Coesfeld nach § 7 des Alten- und  Pflegegesetzes NRW beschlossen.

 

  1. Zur Priorisierung und Umsetzung der in der Planung vorgeschlagenen Maßnahmemöglichkeiten wird durch die Verwaltung mit den Städten und Gemeinden eine interkommunale Arbeitsgruppe eingerichtet.

Stellv. Vorsitzender Bockemühl begrüßt Frau Martin von der FOGS Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich und bittet sie, den Bericht zur Pflegebedarfsplanung für den Kreis Coesfeld vorzustellen.

Frau Martin führt anhand des als Anlage 1 beigefügten Powerpoint-Vortrags aus, dass für die Pflegebedarfsplanung zunächst die aktuellen Bevölkerungs- und Pflegestatistiken sowie die prognostizierten Bevölkerungs- und Pflegebedürftigkeitsdaten analysiert worden seien. Für die Pflegebedarfsplanung sei von der Expansionsthese ausgegangen worden, d. h. dass die Vorausberechnung der Zahl der Pflegebedürftigen davon ausgehe, dass die Anteile der Pflegebedürftigen trotz des medizinischen Fortschritts zunehmen werden. Die Verteilung der Pflegebedürftigen auf die Angehörigenpflege, ambulante Pflegedienste sowie die stationäre Dauerpflege sei mit einem auf den Kreis angepassten Szenario berechnet worden. Danach sinke das Potential an Angehörigenpflege. Der daraus entstehende Bedarf werde vorwiegend durch ambulante Pflegedienste und ggf. ambulant betreute Wohnformen kompensiert; der Anteil der stationären Plätze bleibe gleich; die absolute Zahl sei variabel.

Ausgehend von der Analyse seien, so trägt Frau Martin vor, ergänzend die Einschätzungen der Akteure vor Ort erfasst und ausgewertet worden. Die Erfassung sei dabei im Wege von Gruppendiskussionen erfolgt.

Frau Martin weist darauf hin, dass die Analyse der Bevölkerungsentwicklung zeige, dass die Zahl der über 65jährigen bis zum Jahr 2030 deutlich zunehmen werde. Der Vergleich der Nutzung der Hilfesegmente durch Pflegebedürftige auf der Datenbasis 2014 zeige, dass im Kreis der Anteil der stationären Dauerpflege über dem in anderen Kommunen liege. Es sei ferner eine Hochrechnung der Inanspruchnahme von Hilfen durch Pflegebedürftige sowie der sich daraus ergebenden zusätzlich notwendigen Versorgung von Pflegebedürftigen nach Hilfesegmenten (ambulante Pflegedienste, vollstationäre Dauerpflege, Angehörigenpflege) erfolgt.

Frau Martin stellt fest, dass im Hinblick auf Plätze in der vollstationären Dauerpflege der Kreis eine gute Ausstattung aufweise, aber keine gleichmäßige Verteilung, sondern vielmehr ein Nord-/Südgefälle festzustellen sei. Neue Wohnformen seien bisher im Kreis wenig vorhanden. Darüber hinaus sei der Fachkräftemangel von allgemeiner Bedeutung.

Abschließend geht Frau Martin auf die möglichen Maßnahmen für die Pflegebedarfsplanung ein. Der Kreis sowie die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sollten durch Ausbau entsprechender Kapazitäten hinsichtlich der Beratung, Fallsteuerung sowie der Angebotsentwicklung darauf hinwirken, den Bereich der ambulanten Pflege zu stärken. Dies sei im Hinblick auf die Wünsche der Pflegebedürftigen sowie unter finanziellen Aspekten eine gute Alternative. Beispielhaft weist sie hier auf die Einführung und Erprobung eines Übergangsmanagements, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, den sukzessiven Ausbau der Pflegeberatung (Information der älteren Bevölkerung und der pflegenden Angehörigen) sowie den Ausbau neuer Wohnformen hin. Im Hinblick auf die stationäre Dauerpflege seien der Bau neuer stationärer Pflegeplätze im Südkreis und die Einrichtung zusätzlicher Kurzzeit- bzw. Nachtpflegeangebote empfehlenswert.

 

Ktabg. Lütkecosmann fragt nach, inwieweit im Rahmen „neuer Wohnformen“ z. B. Mehrgenerationenhäuser gefördert würden. Frau Martin weist darauf hin, dass die Thematik auch in der Konferenz Alter und Pflege diskutiert worden sei. Mehrgenerationenhäuser seien schwierig umzusetzen, insbesondere da sie auch finanzierbar sein müssten. Ktabg. Willms erklärt, dass „neue Wohnformen“ in Münster und Werne mit Unterstützung durch den Bund finanziert worden seien. Sie bittet die Verwaltung um Auskunft, welche Bundesförderprojekte bekannt seien und darum, Anbieter und die Politik über entsprechende Fördertöpfe zu informieren.

Dez. Schütt erklärt, dass Informationen selbstverständlich weitergegeben würden. Er führt weiter aus, dass „neue Wohnformen“ auch Thema beim regelmäßigen Austausch mit den freien Wohlfahrtsverbänden gewesen sei. Zur Umsetzung der Pflegebedarfsplanung werde eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden eingerichtet. Er weist darauf hin, dass vom Land bereits seit zwei Jahren ein Quartiersmanagement gefördert werde. Der Zuspruch sei jedoch eher zurückhaltend. Grund hierfür könne die 50%ige Eigenbeteiligung sein, die die jeweilige Kommune erbringen müsse. Dies mache ca. 40.000 € aus. Es stelle sich die Frage, ob die Bevölkerung bereit sei, in solchen Wohnformen zu leben. Es sei wichtig, sich diesbezüglich gemeinsam in der Arbeitsgruppe zu beraten und entsprechende Angebote zu kreieren. Hierbei gehe mit dem Wunsch nach neuen Wohnformen auch die Forderung einher, dass die Kosten nicht explodieren.

 

Ktabg. Kurilla führt aus, dass die steigende Altersarmut ein Grund für die Inanspruchnahme der stationären Dauerpflege sein könnte, da für diesen Bereich mehr Unterstützung durch öffentliche Mittel fließe. Sie fragt daher, ob die steigende Altersarmut in die Analyse eingeflossen sei. Dies wird von Frau Martin verneint.

AL Bleiker weist darauf hin, dass die Pflegeversicherung keine Vollkaskoversicherung sei. Insoweit auftretende Lücken würden durch Leistungen nach dem SGB XII geschlossen.

Auf die Frage des Ktabg. Wessels, wie hoch der Kostendeckungsgrad bei stationärer Pflege sei, erklärt AL Bleiker, dass zurzeit 800 Personen in stationärer Pflege seien, bei denen ergänzend Kosten aus Sozialhilfemitteln gedeckt würden. Die Höhe sei abhängig vom jeweiligen Pflegegrad.

Stellv. Vorsitzender Bockemühl weist darauf hin, dass durch das Pflegestärkungsgesetz III die Kommunen bei der ambulanten Pflege verstärkt eingespannt worden seien. AL Bleiker trägt hierzu vor, dass im Bereich der ambulanten Pflege konstant etwa 220 Personen Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Etwa die Hälfte habe bisher keine Pflegestufe gehabt. Er weist darauf hin, dass aufgrund der Neuregelungen Leistungen zur Pflege erst ab dem Pflegegrad 2 erbracht werden können. Bei den Pflegegraden 0 und 1 können keine Leistungen erbracht werden. Zurzeit stünden noch die entsprechenden Gutachten aus. Insofern seien die Auswirkungen des Pflegestärkungsgesetzes III derzeit noch nicht absehbar.

MA Mohring weist darauf hin, dass die Pflegebedarfsplanung alle 2 Jahre fortgeschrieben werde. Daher könnten voraussichtlich bereits im nächsten Bericht die Auswirkungen des Pflegestärkungsgesetzes III dargestellt werden.

 

Ktabg. Willms regt an, dass die einzurichtende Arbeitsgruppe im Blick halten müsse, wie die Beratungsstrukturen in den Städten und Gemeinden seien und wie diese ausgebaut werden könnten. Der Fokus solle dabei auch auf den Ausbau des Palliativnetzwerkes, auf die pflegenden Angehörigen und auf eine funktionierende Nachpflege gerichtet sein. Dez. Schütt weist darauf hin, dass im Hinblick auf den Ausbau der Pflegeberatung durchaus unterschiedliche Auffassungen im Gespräch mit den Städten und Gemeinden zu Tage getreten seien. Man werde jedoch in allen Bereichen mit den Städten und Gemeinden in der Diskussion bleiben.

Sodann lässt stellv. Vorsitzender Bockemühl über den Beschlussvorschlag abstimmen:

 


Form der Abstimmung:               offen per Handzeichen

Abstimmungsergebnis:               einstimmig