Betreff
Wasserwirtschaftliche, ökologische und touristische Aufwertung des Vechtetals im länderübergreifenden Verbund
Vorlage
SV-7-0815
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

 

Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der grenzüberschreitenden Planung zur Vechte.

 

Haushaltsmittel werden hierfür bis zu einer Höhe von 6000 Euro zur Verfügung gestellt.

 

Die Mittel werden zur sofortigen Bewirtschaftung auch unter vorläufiger Haushaltsführung gemäß § 82 Gemeindeordnung NRW freigegeben.

Begründung:

 

I.   Problem / II.           Lösung

 

In den Niederlanden und Deutschland beschäftigt man sich seit geraumer Zeit mit den Änderungen, welche die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) für die Einordnung und Bewirtschaftung von Gewässern mit sich bringt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei der medienübergreifende ganzheitliche Ansatz im gesamten Flussgebiet. Diese räumliche Abgrenzung der Gewässer führt zwangsläufig zu einer umfassenderen Betrachtung, die nicht an politischen Grenzen Halt macht. Vor diesem Hintergrund haben erste Überlegungen von Niederländern und Deutschen erkennen lassen, dass es sinnvoll und notwendig ist, bei dem klassischen Grenzgewässer – der Vechte – über eine gemeinsame gesamträumliche Entwicklungsstrategie nachzudenken. Eine Beschäftigung mit der Vechte von der Quelle bis zur Mündung bietet sich an.

 

 

Von der Quelle bis zur Mündung

Die Vechtevision

 

Die Wasserbehörde (Waterschap) Velt en Vecht hat im Jahre 2005 zusammen mit der Wasserbehörde Groot Salland die Verwaltung der Vechte auf niederländischer Seite der Grenze von der auf Reichsebene angesiedelten zentralen Wasserbehörde (Rijkswaterstaat) übernommen. In ihrer Rolle als Initiator auf niederländischer Seite, sowie in Übereinstimmung mit den Entwicklungen auf europäischer Ebene hat die Wasserbehörde Velt en Vecht im Jahr 2007 angeregt, eine grenzüberschreitende Vechtetal-Strategie (Vechtvisie) zu erarbeiten.

In Absprache mit dem Niedersächsischen Landesamt für Wwasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz (NLWKN) in Niedersachsen wurde mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim Kontakt aufgenommen. Der Landkreis hat sich daraufhin bereit erklärt, gemeinsam die Möglichkeiten des Zustandekommens einer grenzüberschreitenden Vechtetal-Strategie zu sondieren und insbesondere auch die Kreise und Landesbehörden in NRW mit einzubeziehen.

Potentielle Mitträger eines Entstehungsprozesses einer grenzüberschreitenden Strategie sind: die Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt, der Landkreis Grafschaft Bentheim, der NLWKN, die Provinz Overijssel, die Wasserbehörde Groot Salland und die Wasserbehörde Velt en Vecht sowie das Land NRW. Das Land NRW prüft zur Zeit eine aktive Beteiligung wegen des grenzüberschreitenden Charakters des Vorhabens.

 

Grenzüberschreitend kooperieren

Auf beiden Seiten der Grenze besteht aus dem Anforderungsprofil der WRRL ein Bedarf an einem gemeinsamen, grenzüberschreitenden Leitbild und Entwicklungsstrategie für das Flussbett und die Auenlandschaften der Vechte (im niederländischen 'winterbed'). Seitens der Beteiligten wird ein gemeinsamer Rahmen einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit angestrebt. Wichtig ist hierbei das Bestreben eine dauerhafte und nachhaltige Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten zu realisieren. Das Flussbett und die Auen[1] der Vechte dienen dabei als vorrangiges, deutlich abzugrenzendes Projektgebiet.

Es soll mehr erreicht werden  als nur die Umsetzung der Verpflichtungen nach der WRRL. Die Förderung und Stärkung einer grenzüberschreitenden Identität im Vechtetal in Sachen Wasser, aber auch in den Bereichen Raumordnung und Tourismus, bieten Möglichkeiten der Entwicklung einer gemeinsamen wirtschaftlichen und kulturellen Perspektive. Der Wissenstransfer und Aufbau von Kontakten sind von dieser Warte aus gesehen wesentliche Prozesselemente für die Entwicklung einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

 

Eine grenzüberschreitende wasserwirtschaftliche und touristische Vision

Im Jahre 1997 wurde für den niederländischen Teil der Vechte die sogenannte “Vechtvisie“ erarbeitet. Kern dieses niederländischen Leitbildes ist das Streben nach einem naturnahen, halbnatürlichen Flachlandfluss, der für natürliche, flussdynamische Prozesse wie Erosion und Sedimentation Raum bietet.

Im Jahre 2005 wurde die Verwaltung der Vechte auf niederländischer Seite von der staatlichen Wasserbehörde (Rijkswaterstaat) auf die regionalen Wasserbehörden Velt en Vecht und Groot Salland übertragen. Diese Wasserbehörden wollen die niederländische Vechtvisie aktualisieren. Die Provinz Overijssel hat erklärt, diese Initiative auf der Grundlage der laufenden Projekte und Programme der Provinz unterstützen zu wollen, um der Entwicklung des Vechtetals einen weiteren Impuls zu geben.

In Deutschland gibt es ebenfalls den Bedarf für eine Entwicklungsstrategie für den gesamten Flusslauf. In Abstimmung mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim, dem Kreis Steinfurt (nach Absprache zwischen den Kreisen federführender Kreis NRW) und dem NLWKN wurde beschlossen, die Möglichkeiten für die Entwicklung einer gemeinsamen Vechtetal-Strategie für den deutschen und den niederländischen Teil der Vechte zu sondieren. Diese Strategie wird sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden den Rahmen für laufende und zukünftige wasserwirtschaftliche, ökologische und touristische Projekte und Initiativen im Flusseinzugsgebiet der Vechte bilden. Die Strategie artikuliert das langfristig angestrebte Bild der Vechte und ist daher richtungweisend für zukünftige Entwicklungen.

Die grenzüberschreitende Vechtetal-Strategie stellt keinen Selbstzweck dar, es geht im Ergebnis um die Verwirklichung der in der Strategie beschriebenen Konzepte und Zielsetzungen. Die Entwicklung der Strategie kann somit mit der ersten Stufe einer „dreistufigen Rakete“ verglichen werden. Die zweite Stufe ist die Entwicklung einer Umsetzungsplanung für die Realisierung einer grenzüberschreitenden Strategie, die dritte Stufe schließlich die tatsächliche Umsetzung von Projekten und Maßnahmen.

Mehrwert für den Kreis Coesfeld

 

Aus wasserwirtschaftlicher Perspektive:

Im Rahmen der Beteiligung an den Maßnahmenplanungen zur Wasserrahmenrichtlinie ist die Untere Wasserbehörde in dem Planungsprozess eingebunden. Um hier Doppelarbeiten zu vermeiden, ist die Umsetzung der hier beabsichtigten Planung zu unterstützen, zumal hier ein ganzheitlicher Ansatz besteht und die unterschiedlichen Planungsansätze erlebt werden können. Insbesondere ist die Einbindung und das Verständnis für den pragmatischen Ansatz der Niederländer bei der Umsetzung der WRRL für die Arbeit vor Ort wichtig. Nur so ist auch darzustellen, dass gleiche Anforderungsprofile an beiden Seiten der Grenze umgesetzt werden.

Bei der Umsetzung von Maßnahmen eröffnet sich letztendlich die Möglichkeit, auf der Grundlage der vorliegenden Vision EU-Mittel zu akquirieren (z.B. EUREGIO-Mittel). Aus derzeitiger Sicht besteht auch im Bereich der Vechte im Kreis Coesfeld Handlungsbedarf im nachfolgenden Bereichen

-          Umgestaltung von Querbauwerken/ Brückenbauwerken

-          Verbesserung der strukturellen Defizite im Bereich der Quellgewässer

-          Verringerung der hydraulischen Belastung aus Niederschlags-/ Mischwassereinleitungen im Bereich der Ortslage Darfeld

-          Hochwasserrückhaltung.

Die Gemeinde Rosendahl sieht in dem Projekt die Chance, für zukünftige wasserwirtschaftliche Maßnahmen zusätzliche EU-Fördermittel zu akquirieren. In soweit begrüßt auch die Gemeinde Rosendahl die hier vorgestellten Planungsabsichten.

 

Aus touristischer und wirtschaftlicher Perspektive:

Die Vechtevision bietet die Möglichkeit, den Bereich der Vechte – vor allem auch den Quellbereich – touristisch stärker zu erschließen und auch grenzübergreifend in den Niederlanden zu vermarkten. Das touristische Potential eines grenzübergreifenden Flusslaufes könnte somit erheblich besser ausgeschöpft werden. Im Rahmen der Erarbeitung der Vechtevision sollen konkrete touristische Projektideen erarbeitet werden, die in den weiterführenden Projektphasen auch umgesetzt werden sollen. So zeigt der in das Projekt eingebundene Tierpark Nordhorn z. B. bereits Interesse, das Quellgebiet in einer Dauerausstellung des Tierparks, der sehr stark von niederländischen Touristen besucht wird, vorzustellen und touristisch zu bewerben.

Es ist angedacht, für das Projekt „Vechtevision“ einen Förderantrag bei der EUREGIO einzureichen. Bei einer Förderung des Projektes durch die EUREGIO kann sich – bei maximaler Förderung – der finanzielle Eigenanteil auf 20 % der förderfähigen Kosten reduzieren. Die Teilnahme an diesem grenzübergreifenden Projekt bietet somit die Möglichkeit, EU-Fördermittel für den Kreis Coesfeld zu nutzen, hierdurch stärker von der EUREGIO-Mitgliedschaft zu profitieren und den Kreis im Bereich des Tourismusangebotes wirtschaftlich zu stärken.

Zudem kann die Projektarbeit dazu genutzt werden, Netzwerke und Kontakte für mögliche zukünftige EUREGIO-Projekte aufzubauen und zu intensivieren. Der Kontakt zu den niederländischen Projektpartnern ist hierfür von besonderem Interesse.

Hinsichtlich der touristischen Fragestellung erwartet die Gemeinde Rosendahl zudem, dass sie bereits durch den öffentlich geführten Planungsprozess eine regionale Bewerbung als Quellstandort erfährt und sich hieraus positive Auswirkungen einstellen werden.

 

Zeitraum der Ausarbeitung/ Kosten

Die Erarbeitung des Strategiepapiers soll bis Mitte 2008 erfolgen und in einem offenen Dialog mit allen Beteiligten erstellt werden.

III. Alternativen

 

Aus wasserwirtschaftlicher Sicht:

Die Erstellung einer Bewirtschaftungsplanung ist eine originäre Landesaufgabe. Bei diesem Planungsprozess sind die Kreise zur Mitwirkung aufgefordert, um lokale Besonderheiten und Probleme in den Planungsprozess mit einfließen zu lassen. In soweit besteht keine originäre Verpflichtung des Kreises, sich am v.g. Planungsprozess aus wasserwirtschaftlichen Gründen mit finanziellen Mitteln zu beteiligen.

 

Aus touristischer und wirtschaftlicher Sicht:

Sollte sich der Kreis Coesfeld an diesem Projekt nicht beteiligen, erfolgt keine zusätzliche touristische Entwicklung der Vechte im Bereich des Kreises Coesfeld. Bei der Gesamtbetrachtung der Vechte im Rahmen des Projektes würde das Quellgebiet fehlen. Die Chance, von einer möglichen EUREGIO-Förderung zu profitieren, würde nicht genutzt. Für den Fall, dass zukünftig einzelne touristische Projekte im Bereich der Vechte realisiert werden sollen, läge bei einer Nichtbeteiligung an diesem Projekt kein Gesamtkonzept zur Entwicklung der Vechte im Bereich des Kreises Coesfeld vor, was sich nachteilig auf die Einwerbung von Fördergeldern auswirken könnte.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Die Kosten der Planungsstudie werden mit ca. 160.000 € beziffert. Hinsichtlich der Kostenteilung ist beabsichtigt, eine Quotelung entsprechend den Fließlängen vorzunehmen (Gesamtlänge 182 km, Kreis Coesfeld ca. 7 km). Es ist angedacht, eine Förderung des Projektes bei der EUREGIO zu beantragen (Programm INTERREG IVA).

Nach Mitteilung des Landes NRW wird seitens des Landes derzeit eine Beteiligung geprüft.

Die Kreise Borken und Steinfurt haben sich bisher für eine Unterstützung/ Beteiligung am Projekt  ausgesprochen. Aus hiesiger Sicht sollte sich der Kreis Coesfeld ebenfalls an diesem grenzübergreifenden Projekt beteiligen, um die Chance, Fördermittel für die Entwicklung und Realisierung touristischer und wasserwirtschaftlicher Maßnahmen im Bereich der Vechte einzuwerben, nicht ungenutzt zu lassen.

Seitens der Abt. 70 ist beabsichtigt sich in enger Zusammenarbeit mit der Abt. 01 an dem Projekt zu beteiligen und Haushaltsmittel einzustellen (Produkt 70.03.02 und 01.03.01/ insgesamt ca. 6.000 €).

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

 

Für die Entscheidung ist gemäß § 50 Abs. 2 der Kreisausschuss zuständig.