Betreff
Stärkung des Grundsatzes "ambulant vor stationär"
hier: Fortsetzung des kreiseigenen Projektes Wohnberatung
durch eine Honorarkraft
Vorlage
SV-7-1093
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Das kreiseigene Projekt der Wohnberatung durch eine Honorarkraft in einem Umfang bis zu 400 Euro monatlich wird für die Zeit vom 01.09.2008 bis zum 31.12.2008 fortgesetzt. Die Finanzierung erfolgt aus dem Fördertopf.

Begründung:

 

I.   Problem

 

Die Menschen im Kreis Coesfeld werden zunehmend älter. Damit nimmt das Risiko, zu erkranken oder pflegebedürftig zu werden zu. Wie bereits öfters  berichtet, hat der Kreis Coesfeld in den nächsten Jahren erhebliche Zuwächse bei den älteren Jahrgängen zu verzeichnen. Durch das Projekt „ambulant vor stationär“ sollen insbesondere Alternativen zur stationären Hilfe aufgezeigt werden.

 

Da die überwiegende Mehrheit der Menschen auch im Alter und bei Pflegebedürftigkeit in den eigenen vier Wänden verbleiben möchte, müssen Unterstützungsmöglichkeiten gefunden werden, die ein selbstbestimmtes Leben so lange wie möglich gewährleisten.

 

Barrierefreies Wohnen erfährt dabei vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung. Die durch Alter und/oder Behinderung bedingten Beeinträchtigungen – vor allem der Mobilität – erfordern oft Maßnahmen der barrierefreien Umgestaltung der Wohnung.

 

Nach einer Studie zur Wohnsituation der Generationen 50+ in Deutschland, sind vor allem Wohneigentümer häufig an einer Optimierung ihrer Wohnsituation interessiert. Sie haben oft eine emotionale Bindung zu ihrem Haus/zu ihrer Wohnung. Da der Erwerb des Wohneigentums i.d.R. zum Zeitpunkt der Familiengründung erfolgt, leben sie oft in Nachbarschaften mit einem gut funktionierendem sozialen Netzwerk, das sich über Jahre aufgebaut hat und vielleicht auch im Altern wieder genutzt werden kann.

 

Die Mehrzahl der Wohnungen sind aber weder alters- noch behindertengerecht. Mit dem Alter verändern sich die Lebensweise, zahlreiche Bedürfnisse und Gewohnheiten, die Lebensqualität und Selbständigkeit einschränken. Außerdem nimmt die Unfallgefahr  - die dann zur Pflegebedürftigkeit führen kann – zu. Die Wohnungsanpassung ist eine geeignete Maßnahme, um Selbständigkeit im Alter und bei Behinderung zu erhalten und einen Umzug in eine stationäre Einrichtung hinauszuschieben oder ganz zu vermeiden.

 

Ein bedarfsgerechter Ausbau von Beratungsstellen ist laut Ergebnis der Leitlinie für das Programm „Aktiv im Alter“ von der Gemeinschaftsinitiative verschiedener Partner aus Bund, Ländern und Verbänden erforderlich.

 

Minister Laumann bezeichnet die Wohnberatung „als wertvolles Instrument zur Absicherung des Vorranges der häuslichen Versorgung“.

 

Bisherige Wohnberatung beim Kreis Coesfeld

In der Abteilung 63 wurde die Wohnraumberatung durch einen Mitarbeiter mit geringfügigen Zeitanteilen wahrgenommen. Dieses Angebot war bisher ausreichend, da lediglich 10 bis 15 Anfragen pro Jahr abzuarbeiten waren. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Städte Dülmen und Coesfeld jeweils eine eigene Wohnraumberatung vorhalten. Eine zunehmende Berichterstattung in den Medien zur demographischen Entwicklung in Deutschland zeigt aber ein wachsendes Interesse der Öffentlichkeit an diesem Thema.

 

Nicht zuletzt aufgrund der Tätigkeit der kreiseigenen Pflegeberatung wurde ein größerer Bedarf an Wohnraumberatung deutlich. Die Mitarbeiterinnen sind in der Lage, hinsichtlich kleinerer Maßnahmen zu beraten. Ihnen fehlen aber die baufachlichen Kenntnisse für größere, insbesondere bauliche Veränderungen .

 

Zusammen mit der Abteilung 63 wurde nach Möglichkeiten einer Erweiterung des Beratungsangebotes gesucht. Dabei wurde deutlich, dass nur wenige Erkenntnisse vorlagen, in welchem Umfang tatsächlich künftig ein Bedarf abzudecken sein wird und welche berufliche Qualifikation ein Berater haben muss.

 

II.  Lösung

 

Befristetes Projekt der Wohnberatung durch eine Honorarkraft für die Zeit vom 01.04.2008 – 30.06.2008

Um konkretere Erkenntnis über die Notwendigkeit einer Wohnberatung zu erhalten, konnte für den genannten Zeitraum eine ehemaliger Mitarbeiter der Abteilung 63 im Rahmen eines Honorarvertrages gewonnen werden.

 

Er hatte folgende Aufgabenstellung:

 

-          Beschreibung der Ist-Situation

-          Bedarfsermittlung

-          Empfehlung zur Bedarfsdeckung

 

Es wurde insgesamt ein Honorar von 1.200 Euro zuzüglich Fahrtkosten aus dem Budget der Pflegeberatung gezahlt. Die Honorarvereinbarung erfolgte auf der Basis von 60 Zeitstunden.

 

Die Aufgabe wurde in eigener Verantwortung vom Auftragnehmer ausgeführt, teilweise mit den Mitarbeiterinnen der Pflegeberatung.

 

Ergebnis des Projektes:

In den drei Monaten haben 15 Familien eine intensive Bau- bzw. Wohnberatung vor Ort erhalten. Die Besuche erfolgten ausschließlich nach Hinweisen durch die Pflegeberatung und nur in den Fällen, in denen die Mitarbeiterinnen der Pflegeberatung nicht selber ausreichend beraten konnten.

 

Überwiegend ging es um Anbau- oder Umbauvorschläge für Badezimmer bis hin zu Bauzeichnungen, die unmittelbar für Förderanträge verwendet werden  konnten. In 4 Fällen wurde konkret an die Wohnraumförderung im Hause verwiesen, weil das Vorhaben förderungsfähig erschien. In 2 Fällen wurden inzwischen auch konkrete Förderanträge gestellt. Es entstand insoweit ein Synergieeffekt, dass aufgrund der Stellungnahmen der Honorarkraft ein weiterer Techniker der Abteilung 63 nicht mehr herausfahren musste. Für die betroffenen Familien wurde durch die Zusammenarbeit eine schnelle Förderung möglich.

 

Der eingesetzte ehemalige Mitarbeiter berichtete vor allem von einem hohen Imagegewinn für den Kreis, sowohl durch die Pflegeberatung als auch durch die von ihm angebotene Beratung. Die Familien waren sehr dankbar für seine Beratung, wie die eigene Wohnung barrierefrei und pflegefreundlich genutzt werden kann. Er musste allerdings auch feststellen, dass vorher wenig eigene Kenntnisse und Ideen vorhanden waren.

 

Ein künftiger Bedarf wird mit 5-6 intensiveren Beratungen pro Monat geschätzt.

 

Weitere Sicherstellung der Wohnberatung

Ältere Menschen verbringen die meiste Zeit in ihrer Wohnung. Sie hat deshalb zentrale Bedeutung für ihre Selbständigkeit, Bequemlichkeit und Lebensqualität. Wohnberatung steigert erwiesenermaßen die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation und trägt somit zur Nachhaltigkeit mit der ambulanten Versorgungssituation bei.

 

Es wird verwaltungsseitig deshalb vorgeschlagen, die Wohnberatung durch einen weiteren Honorarvertrag für die Zeit vom 01.09.2008 bis zum 31.12.2008 sicherzustellen. Die Finanzierung sollte aus dem „Fördertopf“ erfolgen. Die Wohnberatung ist ein geeignetes Mittel, um die Ziele des Projektes „ambulant vor stationär“ zu festigen. Mit wenig Änderungen kann oft viel erreicht werden. Vor allem kann durch mehr Sicherheit in der Wohnung auch eine Steigerung der Kompetenzen und des Selbstvertrauens des älteren Menschen erreicht werden.

 

Ziele der Wohnberatung:

Die selbständige Lebensführung in den eigenen vier Wänden und im gewohnten Umfeld soll so lange wie möglich erhalten werden. Erreicht werden soll dies durch eine optimale Anpassung der Wohnverhältnisse an die Bedürfnisse der jeweiligen Menschen. Die Anpassung kann präventiv oder reaktiv erfolgen. So können z.B. auch Unfälle, insbesondere Stürze verhindert werden. Hilfe- und Pflegebedarf können verringert werden.

 

Die Beratung erstreckt sich z.B. auf folgende Themen

 

-          Einsatz von Hilfsmitteln

-          mögliche Ausstattungsveränderung

-          bauliche Maßnahmen

-          mögliche Finanzierungsquellen

-          Hilfe bei Antragstellung

 

Die Ziele werden erreicht durch gemeinsame Hilfeplanung, Begleitung und auch ggf. Nachschau.

Die bisherige Honorarkraft wäre zu einem weiteren Einsatz bereit.

 

III. Alternativen

 

Es wird kein weiterer Honorarvertrag geschlossen. Es verbleibt dann bei den geringen Kapazitäten der Abt. 63 und der Pflegeberatung.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Die Finanzierung soll aus dem „Fördertopf“ erfolgen. Es entstehen für den Zeitraum 01.09.2008 – 31.12.2008 Honorarkosten in Höhe von insgesamt 1.600 Euro zuzüglich Fahrtkosten und sonstiger Nebenkosten (z.B. Telefon). Die Mittel sind im Haushalt 2008 enthalten.

 

Im Abschlussbericht der Initiative des Kreises Borken „Leben im Alter neu denken – Kreis Borken bewegt“ wurde eine mögliche Ersparnis durch ein Hinauszögern der Heimpflegebedürftigkeit durch Wohnberatung in 13  Fällen mit ca. 180.000 Euro pro Jahr angegeben.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Für die Vergabe der Fördermittel ist die Zuständigkeit des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Senioren gegeben.