Betreff
Änderung der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld
Vorlage
SV-7-1282
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die in der Anlage beigefügten „Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld“ werden mit Wirkung vom 01.04.2009 beschlossen. Gleichzeitig verlieren die Richtlinien vom 18.06.2008 ihre Gültigkeit.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 17.05.2006 die im Jugendhilfeausschuss vorberatenen Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege beschlossen.

 

Änderungen hinsichtlich eines von den Kindeseltern zu zahlenden Kostenbeitrages gem. § 90 SGB VII wurden am 18.06.2008 durch den Kreistag beschlossen. Hierbei wurde eine Anpassung der Einkommensstufen an die nach der Satzung über die Durchführung des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern des Kreises Coesfeld vorgenommen.

 

Die Betreuung von Kindern im Rahmen von Kindertagespflege nach § 23 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) hat sich inzwischen neben der Betreuung in einer Kindertageseinrichtung zu einem annähernd vergleichbaren Angebot weiterentwickelt.  Der Gesetzgeber hat, beginnend mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz 2005, die Weichen dafür gestellt, die Kindertagespflege zu einem eigenständigen Berufsfeld zu entwickeln. So gilt die Kindertagespflege als qualifiziertes Angebot zur frühkindlichen Bildung.

 

In diesem Zusammenhang sind die Anforderungen an die Tagespflegepersonen erheblich gestiegen. Gem. § 17 Abs. 1 KiBiz gelten die Grundsätze für die Bildung und Erziehungsarbeit in Tageseinrichtung entsprechend für Kindertagespflege. 

Insofern gilt es, qualifizierte Betreuungspersonen für die Kindertagespflege zu gewinnen.

 

Durch das Kinderförderungsgesetz sind zum 01.01.2009 Änderungen in den gesetzlichen Bestimmungen auch in Bezug auf die Kindertagespflege in Kraft getreten.

 

Nach § 24 SGB VIII ist ein Kind , das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

-          die Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist,

-          die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder arbeitssuchend sind,

-          die Erziehungsberechtigten sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder

-          die Erziehungsberechtigten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des zweiten Buches des SGB erhalten.

 

Ab August 2013 hat jedes Kind ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.

Um diesen Anspruch umsetzen zu können, ist ein ausreichendes Betreuungsangebot erforderlich. Die Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen von Kindertagespflege ist eine Säule um diesem Rechtsanspruch gerecht zu werden.

 

Auch aus diesem Grunde ist es erforderlich, dass neue qualifizierte Personen für die Tätigkeit als Tagespflegeperson zu gewinnen. Ein nicht unerhebliches Kriterium, sich für die Tätigkeit als Tagespflegeperson entsprechend qualifizieren zu lassen, ist hierbei ohne Zweifel die Frage der finanziellen Ausgestaltung der Kindertagespflege durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Im Hinblick auf die Zahlbeträge an die Tagespflegepersonen gilt es zusätzliche Anreize durch eine Erhöhung zu schaffen.

 

Die Gewinnung von qualifizierten Tagespflegepersonen hat insbesondere auch deswegen eine hohe Bedeutung, da Kindertagespflege häufig ergänzend zu bereits bestehenden Betreuungsangeboten in institutionellen Einrichtungen erforderlich ist. So ist auch die Betreuung von Kindern außerhalb der Öffnungszeiten der Tageseinrichtungen durch ein entsprechendes Kindertagespflegeangebot sicherzustellen. 

Zusätzlich ist es unerlässlich, Betreuungsangeboten für Kinder vorzuhalten, die aufgrund des Alters und der begrenzt zur Verfügung stehenden Betreuungsplätzen in Tageseinrichtungen für Kinder unter 3 bzw. unter 2 Jahren eine institutionelle Betreuung nicht in Anspruch nehmen können.

 

Unter Berücksichtigung des von den angehenden Tagespflegepersonen erwarteten zeitlichen sowie auch finanziellen Einsatzes, sich für diese Tätigkeit ausbilden zu lassen, ist eine Anhebung der Zahlbeträge erforderlich.

 

Zudem müssen seit dem 01.01.2009 alle Tagespflegepersonen ihre Einkünfte aus der Tätigkeit der als Tagespflegeperson versteuern. Dabei ist es unerheblich, ob die Einkünfte aus öffentlich oder privat finanzierter Kindertagespflege erzielt werden.

 

Bis zum 31.12.2008 waren nur Tagespflegepersonen steuerpflichtig, die ihre Einkünfte für die Kinderbetreuung direkt von den Eltern erhielten. Einkünfte aus öffentlich finanzierter Kindertagespflege unterlagen nicht der Steuerpflicht.

 

Steuern sind nur dann zu zahlen, wenn das Einkommen nach Abzug einer Betriebsausgabenpauschale die Grundfreibetragsgrenze von derzeit jährlich 7.664,00 € (= monatlich 638,66 €) überschreitet. Die Betriebsausgabenpauschale beträgt ab 2009 monatlich max. 300,00 € je Kind (bei einer täglichen Betreuungszeit von 8 Stunden pro Kind). Bei einer geringeren Betreuungszeit ist die Pauschale anteilig zu kürzen.

 

Im Hinblick auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Einkünfte aus der Kindertagespflege ist durch den Gesetzgeber ebenfalls eine Anpassung an die Regelungen für sozialversicherungspflichtige Einkommen erfolgt. Dementsprechend sieht das Kinderförderungsgesetz auch die Einbeziehung der Kindertagespflege in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung vor.

 

Es gilt, die Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld entsprechend den geänderten rechtlichen Grundlagen anzupassen.

 

II.  Lösung

 

Die Richtlinien zur Förderung von Kindern im Rahmen von Kindertagespflege werden entsprechend den durch das Kinderförderungsgesetz geänderten rechtlichen Vorgaben angepasst.

 

Die als Anlage 1 beigefügten Richtlinien zur Kindertagespflege berücksichtigen die entsprechenden gesetzlichen Änderungen insbesondere im Hinblick auf die den Tagespflegepersonen zu gewährenden finanziellen Leistungen. Hierbei wurde den vorgegebenen Anforderungen im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Tagespflegepersonen Rechnung getragen.

Es werden die hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung übernommen.

 

 

Weitere wesentlichen Änderungen der Richtlinien sind nachfolgend aufgeführt:

 

 

1) Monatliche Geldleistung für Sachaufwand und Förderbetrag:

 

Die Festlegung der monatlichen Geldleistung erfolgt künftig entsprechend der Qualifizierung der Betreuungsperson. Es werden folgende zwei Qualifikationsstufen festgelegt:

 

a) Grundqualifikation:              80 Unterrichtsstunden + Erste-Hilfe-Kurs oder

                                                anderer Nachweis der Qualifikation

                                                (z.B. - pädagogische Ausbildung + Qualifizierungsmaßnahme für

                                                            Erzieher(innen) + Erste-Hilfe-Kurs

                                                         -  mindestens 5 Jahre Tätigkeit als Tagespflegeperson +

                                                            Erste-Hilfe-Kurs)

 

b) erweiterte Qualifikation:      Grundqualifikation + Aufbaukurs (80 zusätzliche Unterrichtsstd.)

 

Die Höhe der monatlichen Zahlbeträge können der beiliegenden Anlage 1 zu den Richtlinien entnommen werden.

 

Es erfolgt eine Erhöhung der monatlichen Zahlbeträge von bislang rd. 2 € / Std. auf 3,50 € bzw. 4,20 € / je Std.

 

 

2) Kostenbeitrag:

 

Die Festsetzung des von den Eltern zu zahlenden monatlichen Kostenbeitrages erfolgt künftig in Abhängigkeit von der Höhe des nach der Satzung über die Durchführung des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern festgelegten Elternbeitrages für Kinder ab 2 Jahren unter Berücksichtigung einer Betreuungszeit von wöchentlich 45 Stunden sowie der tatsächlich notwendigen Betreuungszeit.

 

Dabei wird der bisherige Kostenbeitrag für die Einkommensgruppe über 73.000 € von 100 % der Tagespflegekosten aufgehoben und durch einen nach den zuvor genannten Festlegungsgrundsätzen ermittelten Kostenbeitrag ersetzt (s. Anlage 2 zu den Richtlinien)

Dieses bedeutet, dass auch Eltern mit einem Jahreseinkommen von mehr als 73.000 € eine finanzielle Förderung von Kindertagespflege erhalten können.

 

Durch die zum 01.08.2009 in Kraft tretende Anhebung der Elternbeiträge nach der Satzung zur Durchführung des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern erfolgt gleichzeitig eine Erhöhung der Kostenbeiträge für die Kindertagespflege.

 

Sofern mehr als ein Kind einer Familie im Rahmen von Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII betreut werden, werden künftig die Kostenbeiträge für das zweite und jedes weitere Kind entfallen. Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung unterschiedlich hohe Beiträge, so ist der höchste Beitrag zu zahlen.

 

Der beiliegenden Anlage 2 (Synopse) können die vorgenommenen Änderungen in den Richtlinien entnommen werden. 

III. Alternativen

 

Die Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege vom 18.06.2008 bleiben bestehen.

 

Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2013 für durchschnittlich 35 v.H. der Kinder unter 3 Jahren einen Betreuungsplatz in Tageseinrichtungen oder Kindertagespflege bereits zu stellen. 30 v.H. der Betreuungsplätze sollen in Kindertagespflege entstehen.

Der Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen von Kindertagespflege ist damit ein wesentlicher Baustein zur Zielerreichung.

 

Sofern die Richtlinien zur Kindertagespflege in der bisherigen Form bestehen bleiben, ist die Gewinnung von neuen qualifizierten Tagespflegepersonen nicht möglich.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Unter Berücksichtigung der im Kalenderjahr 2008 finanziell geförderten Tagespflegeverhältnisse wird eine Erhöhung des Ausgabevolumens um rd. 70.000 € zu erwarten sein. Dieses ist bei der Ermittlung des Haushaltsansatzes für das Sachkonto 533250 bei dem Produkt 51.01.03 entsprechend berücksichtigt worden. Sollte sich die Anzahl der finanziell zu fördernden Kindertagespflegeverhältnisse signifikant erhöhen und die veranschlagten Haushaltsmittel übersteigen, wird versucht, den zusätzlichen Mittelbedarf über Einsparungen im Gesamtbudget 51 aufzufangen.

 

In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass eine Zunahme von Tagespflegepersonen gleichzeitig einen erhöhten Bedarf hinsichtlich der Beratung zur Folge hat.

Nach § 23 SGB VIII umfasst die Förderung von Kindern in Kindertagespflege u.a. die fachliche Beratung und Begleitung von Tagespflegepersonen.

 

Unter Berücksichtigung der derzeitigen personellen Besetzung im Bereich Kindertagespflege ist bereits jetzt eine kurzfristige und adäquate Beratung nur schwer zu gewährleisten.

Aus diesem Grunde gilt es, Überlegungen hinsichtlich der personellen Besetzung anzustellen. Ggfls. sollte diese Aufgabe Dritten übertragen werden.

 

Die Änderung der Richtlinien zur Kindertagespflege hat ebenfalls eine Erhöhung der Zuschüsse für die Spielgruppenförderung zur Folge, da die dort zu Grund gelegten Förderbeträge an die Stundenentgelte in der Kindertagespflege gekoppelt sind.

 

 

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Gem. § 71 SGB VIII i.V.m. § 5 der Satzung des Jugendamtes des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung und der finanziellen Auswirkungen ist die Entscheidung des Kreistages erforderlich.