Betreff
Umsetzung des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende -;
hier: aktueller Stand
Vorlage
SV-6-0902
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

ohne

 

 

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

I.   Problem

II.  Lösung

III. Alternativen

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

I. – V.

Mit der Verabschiedung und Veröffentlichung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – vom 24. Dezember 2003 ist die Ausgestaltung eines Leistungsrechts für erwerbsfähige Arbeitslose und Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger beschlossen worden.

 

Ziel des Gesetzes ist es, ein einheitliches Leistungsrecht für erwerbsfähige Arbeitslose sowie Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger zu schaffen. In den Sitzungen des Ausschusses für Soziales und Senioren ist bereits hierüber ausführlich berichtet worden; siehe hierzu TOP 2 der Sitzung am 24.11.2003 – SV 6-0762 – und TOP 3 der Sitzung am 26.01.2004 (mündlicher Vortrag).

 

Der im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gefundene Kompromiss sieht als Regelfall eine gesplittete Trägerschaft zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen vor. Die Bundesagentur für Arbeit ist nach § 6 S. 1 Nr. 1 SGB II für alle Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständig, hierzu zählen – soweit Nr. 2 nichts anderes bestimmt –

 

-          alle anderen arbeitsmarktlichen Eingliederungsleistungen wie Beratung, Vermittlung, berufliche Weiterbildung und Organisation von gemeinnütziger Arbeit,

-          die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (ohne Unterkunft und Heizung) in Form von monatlichen Regelleistungen und Mehrbedarfszuschlägen plus Sozialgeld für Familienangehörige,

-          die Beiträge zur Sozialversicherung.

 

Die kreisfreien Städte und Kreise sind nach § 6 S. 1 Nr. 2 SGB II zuständig für Leistungen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 – 4, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit nicht nach Landesrecht andere Träger bestimmt sind. Dazu gehören insbesondere

 

-          Leistungen für Unterkunft und Heizung,

-          Leistungen für die Erstausstattung für Wohnung und Bekleidung sowie für mehrtägige Klassenfahrten,

-          Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen,

-          die Schuldnerberatung,

-          die psychosoziale Betreuung,

-          die Suchtberatung.

 

In § 44 b SGB II ist bestimmt, dass zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Träger der Leistungen eine Arbeitsgemeinschaft in den eingerichteten Job-Centern bilden. Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaft sollen die Besonderheit der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen.

 

Die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer, der die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich vertritt. Können die Agentur für Arbeit und die Kommunen sich bei der Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht auf ein Verfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird er von der Agentur für Arbeit und von den Kommunen abwechselnd jeweils für ein Jahr einseitig bestimmt.

 

In § 44 b Abs. 3 SGB II ist weiterhin bestimmt, dass die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger wahrnimmt. Die kommunalen Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben übertragen. Eine gesetzliche Verpflichtung war aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.

 

Soweit zwischen der Agentur für Arbeit und den kommunalen Trägern eine Einigung über die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung z.B. wegen unterschiedlicher Vorstellungen zur Einrichtung von Job-Centern nicht erfolgt, käme es zu einer getrennten Aufgabenwahrnehmung, zwei Leistungsvorgänge je Bedarfsfall. Bei der Entscheidung für eine alleinige kommunale Trägerschaft (Option) kommt es nicht zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften.

 

Der Deutsche Bundestag hat am 29.04.2004 das kommunale Optionsgesetz beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14.05.2004 den Vermittlungsausschuss angerufen und eine grundlegende Überarbeitung des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes gefordert. Insbesondere verlangt der Bundesrat Folgendes:

 

1.      Keine Organleihe, sondern eigenverantwortliche Trägerschaft der Kommunen

Der Bundesrat lehnt die Konstruktion der Organleihe ab. Mit der Option für die Kommunen, sich für die Trägerschaft des Arbeitslosengeldes II zu entscheiden, müsse das eigenverantwortliche Gestaltungsrecht der Kommunen bei der Aufgabenwahrnehmung verbunden sein. Der Bundesrat kritisiert, dass der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf nicht den Eckpunkten der einvernehmlich von Bundestag und Bundesrat gefassten Entschließung vom 19.12.2003 entspräche. Er erklärt zugleich seine Bereitschaft, an einer notwendigen Gesetzesänderung mitzuwirken. Danach könnten die im Vermittlungsverfahren sowie im weiteren Gesetzgebungsverfahren einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen noch umgesetzt werden. Der Vermittlungsausschuss wird ab dem 16. Juni 2004 erneut über das Optionsgesetz verhandeln. Die letzte Sitzung des Bundesrates vor der Sommerpause findet am 09. Juli 2004 statt. Sollte das Optionsgesetz zum 01.01.2005 umgesetzt werden, müsste bis zu diesem Zeitpunkt eine einvernehmliche Vereinbarung der Bundestagsparteien getroffen werden.

 

2.      Entlastung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro

Der Bundesrat hat gefordert, die den Kommunen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum SGB II versprochene Entlastung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro sicherzustellen. Er stellt fest, dass das verabschiedete Gesetz für die Kommunen finanzielle Risiken enthalte, die mit den erklärten Absichten des Bundestages wie des Bundesrates zur Entlastung der Kommunen nicht zu vereinbaren seien. Er verweist auf die bisherigen Berechnungen der kommunalen Spitzenverbände und einiger Länder, wonach die von den Kommunen zu tragenden Kosten weitaus höher ausfallen als im Gesetzgebungsverfahren angenommen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, konkrete Vorschläge für die Änderung vorzulegen, welche die gewollte kommunale Entlastung ermögliche. Konkret bedeutet dies für den Kreis Coesfeld zurzeit, dass anstatt einer finanziellen Entlastung Mehrausgaben in Höhe von ca. 9 Mio. Euro für 2005 zu erwarten sind. Bei dieser Berechnung sind die zusätzlichen Aufgaben für psychosoziale Angebote, Schuldnerberatung und Suchtberatung sowie die Wohngeldentlastungen der Städte und Gemeinden nicht berücksichtigt worden.

 

Mit E-Mail vom 03.06.2004 hat der Landkreistag Nordrhein-Westfalen (LKT NRW) den als Anlage 1 beigefügten Entwurf einer Rahmenvereinbarung zwischen dem LKT NRW und der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Umsetzung des SGB II mit dem Stand vom 02.06.2004 zur Kenntnis übersandt. Die Zentrale der BA hat ebenso wie der Vorstand des LKT NRW am 01.06.2004 grundsätzlich zugestimmt. Klärungsbedarf ergibt sich noch in einigen wenigen Punkten. Der LKT NRW erwartet in Kürze eine definitive Rückmeldung der BA. Die endgültige Beschlussfassung des Vorstandes des LKT NRW soll im schriftlichen Umlaufverfahren bei den Vorstandsmitgliedern des LKT NRW vollzogen werden. Die Rahmenvereinbarung nimmt die (wohl auf absehbare Zeit) ungelösten rechtlichen Probleme bei der ARGE auf und präferiert indirekt die Bildung einer KOGE (Kooperationsgemeinschaft) unter weitestgehender Flexibilisierung der in Frage kommenden Rechtsform (also: Ablehnung eines Typenzwangs ARGE), greift aber u.a. auch die grundsätzliche Frage der Finanzierung des SGB II als Geschäftsgrundlage auf. Nach Einschätzung des LKT NRW wird sich der Städte‑ und Gemeindebund NRW ‑ ungeachtet der "Grundsatzvereinbarung" der gemeindlichen kommunalen Spitzenverbände und der BA auf Bundesebene ‑ als Vereinbarungspartner an der Rahmenvereinbarung beteiligen.

 

Eine Entscheidung hinsichtlich der künftigen Organisationsform zur Umsetzung des SGB II im Kreis Coesfeld kann erst nach Inkrafttreten des Optionsgesetzes endgültig geklärt werden. Weitere Ausführungen zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind der Anlage 2 zu entnehmen. Zudem wird in der Sitzung über den aktuellen Gesetzesstand mündlich vorgetragen.