Beschlussvorschlag:
1.
Der Kreis
Coesfeld bestätigt, dass die Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH (wfc) mit
Sitz in Dülmen vom Kreis Coesfeld gemäß Art. 4 Entscheidung der Kommission
2005/842/EG vom 28.11.2005 mit der Wahrnehmung von Dienstleistungen von
allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut ist. Die Tätigkeit besteht
darin, die soziale und wirtschaftliche Struktur des Kreises Coesfeld sowie
seiner Städte und Gemeinden durch die Förderung des Wirtschaftslebens zu
verbessern. Dies beinhaltet die Förderung
a)
der vorhandenen
Gewerbe- und Industriebetriebe sowie der Fremdenverkehrseinrichtungen sowie
b)
der Ansiedlung
von Gewerbe und Industrie sowie Fremdenverkehrseinrichtungen.
Insbesondere wird die wfc mit der
Übernahme folgender Tätigkeiten betraut:
· Förderung von
Existenzgründungen
· Förderung der Bestands-
und Strukturentwicklung der ortsansässigen Wirtschaft
· Förderung von
Innovationen und des Technologietransfers
·
Förderung der
Ansiedlung von Unternehmen / Standortmarketing (ohne Grundstücksgeschäfte)
·
Verbesserung
der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises Coesfeld und seiner Städte
und Gemeinden durch die Förderung des Wirtschaftslebens
·
Arbeitsmarktpolitik,
u.a. Qualifizierungsförderung
Gemäß Art. 106 Absatz 2 AEUV in
Verbindung mit Art. 2, 3 Entscheidung der Kommission 2005/842/EG sind die der wfc
übertragenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Damit
sind die hierfür geleisteten Ausgleichszahlungen mit dem gemeinsamen Markt
vereinbar und bedürfen keiner gesonderten Genehmigung der europäischen
Kommission, soweit die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt werden.
2.
Die Aufgaben
der allgemeinen Wirtschaftsförderung werden der wfc zunächst für zwei Jahre
(bis 31.12.2013) übertragen. Die Betrauung mit den allgemeinen Aufgaben der
Wirtschaftsförderung verlängert sich automatisch um weitere 10 Jahre, wenn der
Kreis Coesfeld zum Ablauf des zweijährigen Übertragungszeitraums geprüft hat,
ob die Voraussetzungen für die Übertragung dieser Aufgaben, die Parameter zur
Berechnung der Ausgleichszahlungen sowie zur Vermeidung der Überkompensation
den Anforderungen gem. des Beschlusses der Kommission vom 20.12.2011 über die
Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AUEV auf staatliche Beihilfen in Form von
Ausgleichszahlungen zu Gunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung
von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind,
entsprechen.
Räumlich ist das Gebiet der
Aufgabenwahrnehmung auf das Gebiet des Kreises Coesfeld beschränkt.
3.
Da die im
Interesse des Gemeinwohls ausgeübte Tätigkeit der wfc nicht kostendeckend
ausgeübt werden kann, trägt der Kreis Coesfeld zusammen mit der Sparkasse
Westmünsterland und der VR-Bank Westmünsterland eG die hierdurch verursachten,
nicht anderweitig finanzierten Kosten der wfc. Die Höhe der Ausgleichszahlungen
des Kreises Coesfeld und die Zahlungsmodalitäten werden jährlich auf Antrag der
wfc (unter Beifügung eines Wirtschaftsplans) in einem gesonderten
Zuwendungsbescheid geregelt. Die Regelungen von § 44 LHO NRW einschließlich der
anwendbaren allgemeinen Nebenbestimmungen werden hierbei entsprechend angewandt.
4.
Um
sicherzustellen, dass die Ausgleichszahlungen des Kreises Coesfeld gemäß der
vorstehenden Ziffer 3 ausschließlich für die im allgemeinen wirtschaftlichen
Interesse liegenden Dienstleistungen der wfc verwendet werden, hat die wfc
gemäß Art. 5 Absatz 2 der Entscheidung der Kommission 2005/842/EG in ihrem
Rechnungswesen durch getrennten Ausweis in der Buchführung sicherzustellen,
dass die durch die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
entstehenden Kosten von den Kosten für andere Tätigkeitsbereiche der wfc
abgegrenzt werden. Dabei dürfen Aufwendungen, die nicht auf den Bereich der
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entfallen,
keinesfalls zu einer Ausgleichzahlung des Kreises Coesfeld führen. Im Zweifel sind
nicht eindeutig zuzuordnende Aufwendungen dem Tätigkeitsbereich der wfc
zuzuführen, der nicht zu Ausgleichszahlungen des Kreises Coesfeld führt.
Umgekehrt sind sämtliche Erträge der wfc, die im Zusammenhang mit den
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erzielt werden, zur
Verlustabdeckung zu verwenden.
5.
Die Einhaltung
der in Ziffer 4 festgelegten Regeln ist jährlich in Verbindung mit der
Jahresabschlussprüfung der wfc durch einen Wirtschaftsprüfer zu prüfen. Soweit
bei der Prüfung Verstöße festgestellt werden, hat sich die Prüfung auch darauf
zu erstrecken, ob und in welcher Höhe dies zu einer Überkompensation geführt
hat bzw. führt. Etwa überzahlte Beträge sind unverzüglich nebst gesetzlicher
Zinsen zu erstatten.
6.
Die Vertreter
des Kreises Coesfeld in der Gesellschafterversammlung der wfc werden
angewiesen, darauf hinzuwirken, dass dieser Beschluss durch die
Geschäftsführung umgesetzt wird.
Begründung:
I. Problem
Die Übernahme von
Aufgaben der Wirtschaftsförderung in einer Kommune ist eine Dienstleistung von
allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI). Erhält ein hierfür gegründetes
Unternehmen kommunale Gelder, können diese Zahlungen eine (unzulässige)
Beihilfe im Sinne der Art. 107 ff. AEUV darstellen. Da aber sowohl die EU-Kommission
als auch die europäischen Gerichte erkannt haben, dass bestimmte Leistungen im
Rahmen der Daseinsvorsorge immer defizitär sind, sind Regelungen entwickelt
worden, die dazu führen, dass solche Kompensationszahlungen zulässig gewährt
werden können. Zum einen können diese Zahlungen auf Grundlage der vom EUGH
entwickelten Altmark-Trans-Kriterien keine begünstigende Wirkung haben, so dass
es bereits an den Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme einer Beihilfe
fehlt. Zum anderen, selbst wenn der Beihilfecharakter angenommen werden sollte,
können solche Beihilfen durch das sogenannte Monti-Paket (2005) von einer
Genehmigung bei der EU-Kommission freigestellt werden.
II. Lösung
In
beiden Fällen unter Ziffer I. ist auf jeden Fall ein sogenannter Betrauungsakt
erforderlich. Der Betrauungsakt regelt nichts anderes, als dass Art und Umfang
der übertragenen Daseinsvorsorgeaufgabe definiert und die Parameter für die
Kompensationszahlungen festgelegt werden. In welcher Form der Betrauungsakt
erfolgt (Vertrag, Satzung, Verwaltungsakt, Ratsbeschluss), ist nicht festgelegt
und steht im Ergebnis demjenigen, der die Aufgabe überträgt, frei.
Im Betrauungsakt selbst müssen folgende
Inhalte enthalten sein:
·
Art und Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen;
·
das beauftragte Unternehmen und der geografische
Geltungsbereich;
·
Art und Dauer der dem Unternehmen ggf. gewährten
ausschließlichen oder besonderen Rechte;
·
die Parameter
für die Berechnung, Überwachung oder etwaige Änderungen der Ausgleichszahlungen;
·
die
Vorkehrungen, die getroffen wurden, damit keine Überkompensation entsteht bzw.
etwaige überhöhte Ausgleichszahlungen zurückgezahlt werden.
Erläuterungen zu den einzelnen Punkten des Beschlussvorschlages:
Zu
1.:
Die wfc sowie ihre Vorgängergesellschaft üben bereits seit 1995 die
seinerzeit bereits durch Kreistagsbeschluss übertragenen, in der
Beschlussvorlage nochmals näher beschriebenen Tätigkeiten aus. Der vorliegende Kreistagsbeschluss
soll die Aufgabenübertragung und Ausgestaltung der Tätigkeiten nach den
Vorgaben der Entscheidung der europäischen Kommission 2005/842/EG
konkretisieren.
Zu 2.:
Die Tätigkeit der wfc muss dauerhaft angelegt sein, um das gewünschte
Ergebnis einer langfristigen Förderung des Wirtschaftsstandortes zu erreichen.
Die Beschränkung auf das Gebiet des Kreises Coesfeld stellt sicher, dass eine
Verzerrung des Marktes durch Wettbewerb mit anderen Unternehmen im gleichen
Marktsektor verhindert wird.
Zu 3.:
Die auf das Gemeinwohl ausgerichtete Tätigkeit der wfc kann ihrer Natur nach
nicht kostendeckend ausgeführt werden. Die Tätigkeit liegt jedoch im
wesentlichen Interesse. Deshalb gewährt der Kreis Coesfeld für den
verlustbringenden Geschäftsbereich der Tätigkeit im allgemeinen
wirtschaftlichen Interesse jährliche Zuwendungen in Form von
Ausgleichszahlungen.
Zu 4.:
Neben dem Kernbereich der Wirtschaftsförderung ist die wfc ferner
berechtigt, Grundstücke zu erwerben, zu verpachten, zu vermieten, zu
erschließen und zu veräußern, wenn dies zur Erreichung des Gesellschaftszweckes
erforderlich ist. Dieser Geschäftsbereich zählt in der Regel nicht zu den
ausgleichsfähigen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
des Kreises Coesfeld (vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung). Gemäß Art. 5 Abs.
3 der Entscheidung 2005/842/EG können eventuelle Überschüsse dieses
Geschäftsbereichs zwar herangezogen werden, um die Verluste des Kernbereichs
Wirtschaftsförderung zu decken. Es wird jedoch ausgeschlossen, dass umgekehrt
durch die Ausgleichszahlungen des Kreises dieser Geschäftsbereich
(mit)finanziert wird. Diesem Ziel dienen die in Ziffer 4. niedergelegten
Regeln.
Zu 5.:
Eine regelmäßige Überprüfung stellt die Einhaltung der in Ziffer 4.
beschriebenen Abgrenzungsparameter sicher. Der Kreis Coesfeld übt auf die wfc
einen beherrschenden Einfluss aus. Entsprechend hat gemäß Ziffer 2.4. KonRdErl
NRW zu 2005/842/EG die Kontrolle der Ausgleichszahlungen hinsichtlich
Überkompensationen oder Erstreckung auf andere Geschäftsbereiche im Rahmen der
jährlich stattfindenden Jahresabschlussprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer
stattzufinden, um den Anforderungen aus Art. 4 d) der Entscheidung 2005/842/EG
an die Überwachung der Ausgleichszahlungen gerecht zu werden. Gleichzeitig sind
hierdurch gemäß Art. 4 e) der Entscheidung 2005/842/EG Vorkehrungen getroffen,
die eine Überkompensation vermeiden bzw. die Rückzahlung von überhöhten
Ausgleichszahlungen sicherstellen.
Zu 6.:
Um den Kreistagsbeschluss gesellschaftsrechtlich
verbindlich zu machen, ist durch Gesellschafterbeschluss der wfc eine entsprechende
verbindliche Anweisung an die Geschäftsführung zu erteilen. Dies ist
Voraussetzung für die weiteren Ausgleichszahlungen.
III. Alternativen
keine
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Die Bereitstellung der Ausgleichszahlungen an die wfc erfolgt durch einen jährlich zu erlassenden Zuwendungsbescheid auf der Grundlage dieses Beschlusses, eines Wirtschaftsplanes der wfc und des jeweiligen Haushalts des Kreises Coesfeld. Unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierung gibt es nicht.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Kreistag gem. § 26 Kro NRW