Beschlussvorschlag:
- ohne -
Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Grundwasserbelastung durch
Chlorkohlenwasserstoffe (CKW) im Bereich der Wetmarstraße in Coesfeld
Durchgeführte Optimierung der Sanierung des belasteten
Grundwassers im Rahmen eines Förderprojektes zur Altlastensanierung des Landes
Nordrhein-Westfalen
Variantenvergleich
der Universität Münster zur weiteren Sanierung
Auf dem früheren Firmengrundstück
einer Wäscherei und Färberei an der Wetmarstraße kam es durch den jahrelangen
Umgang mit chlorierten Kohlenwasserstoffen (Lösungsmitteln) zu Boden- und
Grundwasserverunreinigungen. Die Firmengeschichte der ehemaligen Wäscherei
lässt sich dabei bis in das Jahr 1918 zurückverfolgen. Die „Sanitäre
Dampfgroßwäscherei, Bleicherei und Bügelanstalt“ stellte jedoch vermutlich erst
in den letzten Jahren ihres bereits 1969 eingestellten Betriebes auf die
chemische Reinigung um.
Die schädlichen
Bodenveränderungen wurden im Jahre 1995 flächenhaft festgestellt. In den Jahren
1996 und 1997 wurde im Zuge der Neubebauung des Grundstückes eine umfangreiche
Sanierung des Bodens vorgenommen, so dass die schädliche Bodenveränderung als
saniert gelten konnte. Zur Überwachung des Grundwassers wurden im Bereich des
Standortes Grundwassermessstellen (Brunnen) errichtet. Das Grundwasser wurde
seither durch den Kreis Coesfeld als zuständige Bodenschutz- und Wasserbehörde
regelmäßig untersucht. Dabei zeigte sich zunächst eine mittlere Beeinträchtigung
des Grundwassers, die – soweit eine Verbesserung nach der Bodensanierung
eingetreten wäre – keinen Anlass zur Sorge bereitet hätte. Die festgestellte
Grundwasserbelastung in den Beobachtungsbrunnen stieg jedoch in den Jahren
weiter an.
Da die Ausbreitung der
Grundwasserbelastung bis dahin nicht genau ermittelt werden konnte, errichtete
der Kreis Coesfeld dann im Jahr 2003 mehrere Grundwasserbrunnen im Bereich
Wetmarstraße, Neutorstraße und im Rulandweg. Mit diesen Brunnen konnte die
Belastung auf den unmittelbaren Bereich des Altstandortes eingegrenzt werden.
Darauf aufbauend konnte die Sanierung des Grundwassers geplant werden. Seit
August 2005 erfolgte die Grundwassersanierung über einen im Abstrom des
Schadenszentrums vorhandenen Brunnen.
Da die Konzentrationen
jedoch nicht signifikant abnahmen, war es
aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen erforderlich, eine
Optimierung der Grundwassersanierung durchzuführen. Dazu
wurde aufgrund nochmals analysierter Kenntnisse über den genauen Ort, an dem
die Lösungsmittel damals in das Erdreich versickert sind, zwei zusätzliche
Sanierungsbrunnen im ermittelten Schadenszentrum errichtet. Für die erweiterte
Grundwassersanierung wurde ein Zuwendungsantrag an die Bezirksregierung Münster
gestellt. Dieser wurde positiv beschieden. So wurden 80 % der Gesamtkosten in
Höhe von ca. 100.000 € aus Fördermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen für die
Altlastensanierung getragen.
Über
die Maßnahme konnte ein erhöhter Schadstoffaustrag erzielt werden. Die
Schadstoffkonzentrationen konnten erheblich reduziert werden. Die bisher
genutzte, bestehende Grundwasserreinigungsanlage mit Aktivkohlefiltern am
Spielplatz Hengteweg konnte zur Reinigung des Grundwassers weiter betrieben
werden.
Die
nachfolgende Karte zeigt die vermutete noch vorhandene Schadstoffausdehnung
Ende 2011.
Abbildung
1: Vermutete Schadstoffausdehnung Ende 2011
Die
Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser wurden von über 20.000 µg/l auf Werte
im Mittel unter 2000 µg/l erheblich reduziert. Die nachfolgenden Diagramme
zeigen die Schadstoffkonzentrationen über den Sanierungsverlauf und die
insgesamt aus dem Grundwasser entfernte Schadstofffracht. Seit Sanierungsbeginn
im Jahr 2005 konnten über 180 kg CKW aus dem Grundwasser entfernt werden. Davon
allein 64 kg durch die optimierte Sanierung in den letzten beiden Jahren.
Abbildung
2: Kummulierte Fracht
Abbildung 3:
Konzentrationsverlauf Sanierungsbrunnen
Eine Prognose über die weitere
Entwicklung der Konzentration ist komplex. Rechnerisch ergibt sich bei einer
exponentiellen Trendberechnung (siehe Abbildung 4) eine aktive
Sanierungsnotwendigkeit bis zum Jahr 2017. Da jedoch insbesondere geringe
Schadstoffkonzentrationen unter 500 µg/l
CKW - aufgrund geophysikalischer Zusammenhänge (Rückhaltevermögen des
Bodens) - nur langsam über ein „Pump an Treat“ Verfahren zu reduzieren sind,
ist mit einer mindestens doppelten Laufzeit bis 2023 zu rechnen. Bei jährlichen
Betriebskosten von ca. 15.000,00 € und einer berücksichtigten Preissteigerung
von 2 % sind bis 2023 insgesamt Sanierungskosten in Höhe von ca. 200.000,00 €
zu erwarten. Hierfür wurden durch den Kreis gemäß § 36 Abs. 2 GemHVO
Rückstellungen gebildet.
Abbildung 4:
Rechnerischer Trend des Konzentrationsverlaufs
Um zu überprüfen, ob die erweiterte
Grundwassersanierung noch weiter optimiert werden könnte um die zu erwartenden
Betriebskosten zu reduzieren, wurde durch das Institut für Geologie und
Paläontologie sowie angewandte Geologie der Universität Münster ein
Variantenvergleich für die Sanierung der Grundwasserverunreinigung durchgeführt.
Im Rahmen einer Masterarbeit wurden
folgende Sanierungsvarianten für den Standort bewertet:
·
Pump
and Treat (Pumpen und behandeln) in SB1 und SB2 (aktuelle Sanierungsmethode) –
Ziel: Sicherung / Schadstoffentfernung
·
Elektrokinetik
– Ziel: Schadstoffabbau
·
Injektion
von Flüssigkeiten und Substanzen (Tenside, Wasser, Alkohol) - Ziel:
Schadstoffmobilisierung
·
Hydraulische
Frakturierung - Ziel: Schadstoffmobilisierung
·
TUBA
(Thermisch unterstützte Bodenluft-Sanierung mittels Dampf-Luft-Injektion; ungesättigter
Raum) - Ziel: Schadstoffmobilisierung
·
THERIS
(Thermische in-situ-Sanierung mit festen Wärmequellen; ungesättigter Raum) ) -
Ziel: Schadstoffmobilisierung
·
Airsparging
(Luft-Injektion zur Desorption) ) - Ziel: Schadstoffmobilisierung
·
DLI
(Dampf-Luft-Injektion) ) - Ziel: Schadstoffmobilisierung
·
MNA
(Monitored Natural Attenuation – Natürliche Selbstreinigung) – Ziel:
Schadstoffabbau
·
ISCR
(In-situ-chemische Reduktion) mit Reaktiven Wänden – Ziel: Schadstoffabbau
·
MPE:
Multi-Phasen-Extraktion / DPE: Dual-Phasen-Extraktion – Ziel:
Schadstoffmobilisierung / Schadstoffabbau
·
Leitwände
- Ziel: Sicherung / / Schadstoffabbau
·
Infiltration
von kolloidaler Aktivkohle (Aktivkohlesuspension) zur Immobilisierung - Ziel:
Sicherung / Immobilisierung
Sanierungsverfahren, die eine
Mobilisierung oder einen Schadstoffabbau zum Ziel haben, sind am Standort
Wetmarstraße nicht empfehlenswert, da bei einer Mobilisierung eine nicht
kontrollierbare Schadstoffausbreitung im vorhandenen Kluftgrundwasserleiter zu
erwarten ist und problematische Abbauprodukte weitere Risiken erzeugen.
Im Ergebnis ist aufgrund der
Standortbedingungen für den Grundwasserschaden nur eine Sanierungstechnik
empfehlenswert, die eine Sicherung oder eine Immobilisierung der Schadstoffe
bewirkt.
Eine Fortsetzung der aktuellen
Sanierung mittels „Pump an Treat“ ist daher zur Sicherung zunächst die beste
Alternative.
Seitens der Universität Münster wird
vorgeschlagen, darüber hinaus einen Laborversuch zur Injektion von kolloidaler
Aktivkohle durchzuführen. Einzig bei dieser Sanierungsvariante könnte eine
Möglichkeit zur Sicherung der Grundwasserbelastung durch eine
Schadstoffimmobilisierung bestehen. Dabei würden die Schadstoffe im Untergrund
dauerhaft an Aktivkohle gebunden, so dass keine weitere
Grundwasserverunreinigung und Schadstoffausbreitung erfolgen kann. Die aktive
Sanierung und Sicherung mittels „Pump and Treat“ könnte bei einem Erfolg dieser
Methode eingestellt werden, wodurch die laufenden Betriebskosten für die
Grundwassersanierung entfallen würden.
Eine Eignung der Sanierungsvariante
bei den gegebenen Standortbedingungen sollte jedoch zunächst im Labor überprüft
werden. Dazu ist zusammen mit der Universität Münster ein Laborversuch zur
Injektion von kolloidaler Aktivkohle am Institut für Geologie und Paläontologie
sowie angewandte Geologie in Planung.