Betreff
Übertragung von Kreistagssitzungen durch "Livestream" im Internet
Vorlage
SV-8-0632
Aktenzeichen
30 10 24 05
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Ohne

 

Die Beantwortung der Fragen wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

 

I.-V.

 

Mit dem als Anlage beigefügten Schreiben vom 15.12.2011 hat die FDP-Kreistagsfraktion die Beantwortung einiger Fragen zur Aufzeichnung und Veröffentlichung von Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse erbeten.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Nach § 7 Abs. 2 S. 2  der Geschäftsordnung des Kreistages des Kreises Coesfeld dürfen Film-, Video und ähnliche Bildaufzeichnungen sowie Tonaufnahmen nur gemacht werden, wenn der Kreistag es genehmigt.

Demnach ist ein gesonderter Kreistagsbeschluss erforderlich, wenn Debatten, Reden oder die gesamte Kreistagssitzung direkt im Internet übertragen werden sollen. Aus dem Wortlaut der Geschäftsordnung kann jedoch nicht hergeleitet werden, dass vor jeder Kreistagssitzung gesondert ein Beschluss gefasst werden muss. Ein Kreistagsbeschluss kann also auch mehrere Sitzungen betreffen („Vorratsbeschluss“).

 

Die Direktübertragung der Kreistagssitzung bzw. einzelner Reden betrifft das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches von dem in Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst ist. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die  Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung können durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen (Vorbehalt des Gesetzes). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist auch nicht verletzt, wenn der Betroffene in die Aufzeichnung und Übertragung seiner Redebeiträge eingewilligt hat.

 

Die Kreisordnung und das Landesdatenschutzgesetz ermächtigt nicht zur Aufzeichnung und Weitergabe von Kreistagsdebatten gegen den Willen der Kreistagsmitglieder. Daher muss jedes Kreistagsmitglied in die Live-Übertragung seiner Redebeiträge zuvor einwilligen.

Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Kreistagssitzung (§ 33 Abs. 2 KrO NRW) lässt sich nach ständiger Rechtsprechung kein Recht herleiten, von den Kreistagssitzungen Aufzeichnungen anzufertigen und diese weiterzusenden.

 

Das Landesdatenschutzgesetz stellt die Weitergabe personenbezogener Daten nochmals ausdrücklich unter den Vorbehalt der Einwilligung. Dieses Gesetz betrifft die Übertragung personenbezogener Daten durch eine Behörde oder öffentliche Stelle (§ 2 DSG NRW).  Da die Direktübertragung über die Internetseiten des Kreises auf Veranlassung des Kreises erfolgen würde, findet das Landesdatenschutzgesetz Anwendung. Die Direktübertragung von öffentlichen Kreistagssitzungen im Internet stellt eine Übermittlung personenbezogener Daten außerhalb des öffentlichen Bereichs nach § 16 DSG NRW dar. Sie ist zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht dürfen daher nur die Beiträge der Kreistagsmitglieder in Wort und Bild über das Internet nach § 16 Abs. 1 b i.V.m. § 13 Abs. 2 b DSG NRW verbreitet werden, wenn diese vorher in die Übertragung eingewilligt haben.

 

Das Landesdatenschutzgesetz regelt in § 4 Abs. 1 DSG, wann eine wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung vorliegt. Im vorliegenden Fall müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

-          Die Einwilligung muss ausdrücklich erklärt werden. Eine wirksame Einwilligung ist durch Stillschweigen nicht zulässig.

-          Nach dem Grundsatz der informierten Einwilligung (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 5 DSG) ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass bei einer Übertragung im Internet Bild und Ton weltweit von einem unbegrenzten Kreis von Personen abgerufen, aufgezeichnet, unter Umständen verändert und ausgewertet werden können und die weitere Verwendung dieser Aufnahmen nicht abzusehen ist.

-          Der Kreistagsabgeordnete darf nicht unter einen Entscheidungsdruck gesetzt werden. Vielmehr muss ihm eine angemessene Überlegungsfrist für seine Entscheidung eingeräumt werden. (Grundsatz der Freiwilligkeit)

-          Die Einwilligung muss hinreichend konkretisiert sein. Es muss deutlich sein, auf welche personenbezogenen Daten und welche Phase der Datenverarbeitung sich die Einwilligung bezieht. Die Einwilligung muss sich eindeutig auf einen konkreten Datenverarbeitungsvorgang beziehen, so dass Blanko-Einwilligungen oder pauschale Erklärungen diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Die Einwilligung sollte sich daher auf die Aufzeichnung konkret bezeichneter Kreistagssitzungen, zum Beispiel auf die Sitzungen dieser Wahlperiode, beziehen.

-           Die Einwilligung bedarf nach § 4 DSG der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Über eine schriftliche Einwilligung lässt sich am besten dokumentieren, dass der Kreistagsabgeordnete über die Folgen seiner Einwilligung umfassend unterrichtet wurde. Eine schriftliche Einwilligung, welche sich  auf jede Kreistagssitzung erstreckt, ist praktikabel. Wenn die Einwilligung vor jeder Kreistagssitzung eingeholt werden soll, ist eine Belehrung und anschließende Befragung der Kreistagsmitglieder vor Beginn der Kreistagssitzung aber auch datenschutzrechtlich akzeptabel.

-           Schließlich müssen die Kreistagsmitglieder darüber informiert werden, dass sie die Einwilligung mit Wirkung für die Zukunft auch widerrufen können.

 

Verweigert ein Kreistagsmitglied seine Einwilligung in die Übertragung, dürfen seine Redebeiträge weder in Bild noch in Ton übertragen werden. Aufgrund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist der Leiter der Sitzung aber nach Auffassung des Beauftragten für Datenschutz des Freistaates Bayern nicht verpflichtet, dann die Übertragung  der Sitzung generell zu untersagen. Durch entsprechende Aufnahmetechniken muss allerdings vermieden werden, dass die Weigerung des Kreistagsmitglieds dokumentiert wird. Auch nach dem Beschluss des OVG Saarland vom 30.08.2010 ist ein Ratsvorsitzender nicht verpflichtet, Aufzeichnungen der Sitzungen durch die Medien auszuschließen, wenn dem ein einzelnes Ratsmitglied widerspricht. Der Landrat hat im Rahmen seiner Sitzungsleitung nach § 36 KrO aber in jedem Fall die Möglichkeit, die Aufzeichnung der Sitzung nicht zuzulassen, wenn ein Kreistagsmitglied der Aufzeichnung widerspricht. Rein praktisch würde die fehlende Zustimmung einzelner Kreistagsmitglieder dazu führen, dass die Gesamt-Übertragung einer Kreistagssitzung gefährdet ist. Schließlich darf ja bereits die Erteilung des Wortes an diese Abgeordneten nicht übertragen werden. Dies ließe sich aber aufnahmetechnisch nicht konsequent sicherstellen.

Den Kreistagsmitgliedern darf es im Übrigen nicht verwehrt sein, ihre gegebene Einwilligung zu widerrufen. Den Widerruf wird man auch nicht an bestimmte Fristen knüpfen können. Damit die Technik nicht unnötig aufgebaut wird, sollte man sich aber darauf verständigen, dass der Widerruf eines einzelnen Kreistagsmitglieds frühzeitig vor der Sitzung erfolgt.

 

Zusammenfassung der rechtlichen Prüfung:

Es ist ein gesonderter Kreistagsbeschluss erforderlich, wenn Kreistagssitzungen künftig direkt im Internet übertragen werden sollten. Um beim Übertragungsvorgang alle rechtlichen Vorgaben sicherstellen zu können und um keinen unnötigen technischen, organisatorischen Aufwand und damit Kosten entstehen zu lassen, sollte eine Übertragung nur dann erfolgen, wenn dieser Beschluss einstimmig gefasst wird. Zudem gibt jedes Kreistagsmitglied eine schriftliche Einwilligung ab, welche sich auf die Übertragung aller Kreistagssitzungen in dieser Wahlperiode des Kreistages bezieht.

Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen und entsprechend für die Ausschüsse des Kreistages des Kreises Coesfeld.

 

Frage 1 und 2:

Zu welchen Kosten und unter welchen Bedingungen ist ein Live-Stream (Audio oder Video) von Kreistagssitzungen und von Sitzungen der Ausschüsse möglich?

Zu welchen Kosten und unter welchen Bedingungen ist die Nutzung von Audio- oder Videodateien zur Ergänzung der Protokolle möglich (auch vor dem Hintergrund von Barrierefreiheit)?

 

Sofern zukünftig regelmäßig eine Livestream-Übertragung aus den Kreistagssitzungen gewünscht wird, gibt es folgende Alternativen hinsichtlich der Gestellung von Kameratechnik und -team:

-           Der Kreis Coesfeld stellt selbst Technik (vorher zu beschaffen) und zusätzliches Personal (ggfs. noch zu schulende Mitarbeiter/innen aus dem Haus).

-           Der Auftrag wird an externe Anbieter vergeben.

 

Zur „Attraktivität der Livestream-Übertragung aus Zuschauersicht“:

Die Form der Präsentation einer Livestream-Übertragung ist mitentscheidend dafür, ob und wieweit Zuschauer/innen dieses neue Angebot annehmen. Das bedeutet vor allem, dass nicht nur „bewegte Bilder“ geliefert werden, sondern vor allem auch die Bildauswahl „bewegt“ sein muss. Denkbar wäre es ja, in einer Schmalspurvariante nur eine festinstallierte Kamera einzusetzen, die z. B. permanent auf das bislang für die Haushaltsreden genutzte Rednerpult gerichtet ist. Das hätte zur Folge, dass nunmehr alle Redner stets von dort sprechen müssten – unpraktikabel, weil störend für den Sitzungsablauf - „das Auge des Betrachters“ sehr schnell ermüdet und das Interesse an der Berichterstattung erlischt. Folglich ist es sinnvoll, mindestens 2 Kameras, 1 davon dann geführt (mobil) einzusetzen.

 

Zum „Einsatz von Technik und Personal“:

Um eine zuschauergerechte, attraktive Präsentationsform des Livestreams anbieten zu

können, ist von zwei einzusetzenden Kameras auszugehen:

1 Kamera mit fester Ausrichtung auf den Landratstisch und das Rednerpult

1 Kamera mobil

Benötigt werden zudem 1 Videomischer und ein Computer zur Verarbeitung der Bildsignale

für die Übertragung.

Dies bedeutet, dass jede Übertragung von mindestens zwei Personen geleitet und betreut

werden muss.

 

Wenn dauerhaft Kreistagssitzungen via Livestream im Internet übertragen werden sollten, käme zum einen die Beschaffung einer kompletten Übertragungsanlage (mit mehreren festinstallierten ferngesteuerten Kameras) in Frage.

 

Nach einer Einschätzung des Kreises Borken aus dem vergangenen Jahr belaufen sich die Beschaffungskosten (Hardware, Verkabelung etc.) für einen adäquaten, zuschauerfreundlichen Livestream auf rd. 34.000 €. Hinzu kämen noch die Kosten für Personal für die Kamerabedienung sowie eine einzukaufende Provider-Dienstleistung für die Einstellung des Livestreams in das Internet. Für den Steamingdienst eines Drittanbieters für bis zu 200 Zuschauer sind ca. 200 € je Monat zu veranschlagen.

 

 

Zum anderen käme eine Komplettvergabe der Film- und Übertragungsaufgaben an entsprechende Firmen in Betracht. Vorhergehen würde eine entsprechende Ausschreibung. Hierbei ist mindestens mit Kosten in der Höhe der o.g. Testübertragung plus Kosten für einen Streaming-Server zu rechnen.

 

 

Frage 3

Inwiefern kann auf positive oder negative Erfahrungen anderer Kommunen zurückgegriffen werden?

 

Erfahrungen des Kreises Borken

Der Kreis Borken hatte versuchsweise die in der Kreistagssitzung am 17.02.2011 von den  Fraktionsvorsitzenden gehaltenen Haushaltsreden aufzeichnen lassen und dann nach Schnitt und Konvertierung als Download im Internet angeboten. In der Zeit vom 18.02. bis 05.04.2011 wurde das Videoportal mit den Haushaltsreden 472 mal gestartet, jedoch der Film nur 42 mal bis zum Ende angesehen, davon alleine ca. 10 mal zu Überprüfungszwecken durch die Kreisverwaltung.

Hiernach beschloss der Kreistag in seiner Sitzung am 19.05.2011 einstimmig, dass zunächst keine weiteren Filmübertragungen aus den Kreistagssitzungen im Internet erfolgen. Stattdessen sollte die weitere technische Entwicklung auf diesem Gebiet abgewartet werden. 

 

Die Stadtverwaltung Münster hatte sich mit der Livestream-Problematik auseinandergesetzt. Im Falle einer Komplettvergabe würden sich die Kosten für einen Livestream der Ratssitzungen auf ca. 4.000 € je Sitzung belaufen. Bei einer angenommenen Nachfrage von 200 Nutzern erscheint der finanzielle Aufwand nicht vertretbar.

 

Die Kreise Steinfurt und Warendorf verfügen über keine Livestream-Erfahrungen.

 

 

Frage 4

Zu welchen Kosten wäre eine Beteiligung des Kreises Coesfeld am Kommunalprojekt der Plattform www.abgeordnetenwatch.de möglich? Wäre es möglich, dafür ggf. Sponsoren anzuwerben?

 

abgeordnetenwatch.de ist eine überparteiliche und institutionell unabhängige Internetplattform, die für Bürger die Möglichkeit eröffnet, Abgeordnete verschiedener Parlamente öffentlich zu befragen. Der öffentliche Dialog schafft Transparenz und sorgt für eine Verbindlichkeit in den Aussagen der Politiker. Denn alles ist auch Jahre später noch nachlesbar. Daneben werden auf abgeordnetenwatch.de das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten und ihre Nebentätigkeiten öffentlich.

Für eine Präsenz einer Kommune ist ein Beitritt bzw. eine Spende der Kommune nicht erforderlich. Voraussetzung ist lediglich, dass eine vollständige Liste der Vertreter mit Name, Vorname, Name der Partei bzw. Wählergruppe und eine E-Mail-Adresse vorliegt. Da diese Daten in der Regel öffentlich sind, können diese Daten auch von einem Bürger einer Kommune an abgeordnetenwatch gesandt werden. Die Daten werden hiernach in ein sogenanntes Profil in die Internet-Öffentlichkeit eingestellt, so dass bundesweit entsprechende Fragen an das Profil gesandt werden können. Die Fragen werden zunächst gesichtet und an das entsprechende Profil weitergeleitet. Eine Antwort des Profilinhabers wird nach Sichtung dauerhaft online gestellt.

Die Kosten für einen Betrieb je Kommune betragen laut abgeordnetenwatch rd. 100 € je Monat.

Die Online-Stellung einer Kommune ist nicht von einer Spende bzw. von Spendern abhängig. Sofern keine Anfragen gestellt werden, hinterfragt abgeordnetenwatch sein Engagement.

Anregung im letzten Absatz der Anfrage, die da lautet:

„Zudem möchten wir in diesem Zusammenhang anregen, soziale Netzwerke (z.B. VZ-Netzwerke, Facebook, Twitter, etc.) zur Vorstellung der Kreisverwaltung und/oder der politischen Gremien sowie zur Kommunikation von Beschlüssen und Mitteilungen zu nutzen. Diese Plattformen würden eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Online-Angebot des Kreises darstellen und neue Zielgruppen ansprechen.“

 

Den Bürger in sozialen Medien erreichen

„Es sprechen … zwei Gründe dafür, dass eine öffentliche Einrichtung intensiv über ein Engagement in sozialen Medien nachdenken sollte.

Zum einen gibt es immer mehr vor allem jüngere Bürger, die über klassische Medien (von der Zeitung bis hin zur eigenen Webseite) nur noch schwer oder gar nicht mehr erreichbar sind. Die Social Media-Plattformen (Facebook, Twitter, Google+, XING, etc.) werden zunehmend zur zentralen Informationsdrehscheibe.

Zum anderen bieten soziale Medien einzigartige Multiplikationseffekte, die es in vergleichbarer Form nur im direkten, unmittelbaren Kontakt gibt: Was ist wertvoller als die persönliche Empfehlung eines zufriedenen Kunden an Freunde und Bekannte? In sozialen Netzwerken gibt es sehr einfache Funktionen, mit denen sich solche Weiterempfehlungen adaptieren lassen. Am bekanntesten ist sicher der „Gefällt mir”-Button von Facebook (ähnliche Funktionen gibt es aber auch von anderen Anbietern). Die Botschaft desjenigen, der den „Gefällt mir”-Button betätigt hat, lautet: „Schau dir das an! Ich fand das interessant, vielleicht interessiert es dich auch!” Auch wenn solche „Social Plugins” nicht unumstritten sind (gerade der „Gefällt mir”-Button wird von Datenschützern kritisiert), entfalten sie doch fraglos eine große Wirkung. Da ein Facebook-Nutzer im Durchschnitt 130 Freunde in seinem Netzwerk hat, genügen schon 10 Klicks von Nutzern auf einen „Gefällt mir”-Button, um potenziell 1.300 Menschen mit einer Botschaft zu erreichen.“

(Quelle: Publicus-Boorberg.de 2011.12 | Facebook & Co für Kommunen? Wie die öffentliche Verwaltung soziale Netzwerke sinnvoll nutzen kann)

Die Bedeutung der sog. „Social Media“ wird nach den Ergebnissen einer in 2011 erstellten repräsentativen Untersuchung des BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.) zur Nutzung sozialer Netzwerke im Internet noch deutlicher. Danach sind 73 Prozent der Internetnutzer in mindestens einem sozialen Netzwerk aktiv (allein 42 Prozent bei Facebook); bei den Internetnutzern unter 30 Jahren liegt diese Zahl sogar bei 94 Prozent (allein 72 Prozent bei Facebook)!

Insofern ist die Nutzung dieser „Social Media“ - grundsätzlich - insbesondere unter dem Aspekt der Erreichung jüngerer Zielgruppen auch für Kommunen interessant.

Dieser Trend wird sich in der Zukunft weiter verstärken, so dass sich daraus möglicherweise in den nächsten Jahren sogar eine Notwendigkeit für Kommunen ergibt, sich auch in sozialen Netzwerken zu präsentieren.

 

Präsenz ist mit Aufwand verbunden

„Eine solche Präsenz bedeutet natürlich Aufwand. Dass die Nutzung von Plattformen wie Facebook und Twitter kostenlos ist, heißt nicht, dass ein erfolgreicher Auftritt in diesen Medien kostenlos zu haben ist.

Zuständigkeiten müssen geklärt, Prozesse definiert und Mitarbeiter oder Dienstleister benannt (oder eingestellt) werden, die sich um die regelmäßige Pflege der sozialen Medien kümmern. Das kostet die Zeit dieser Mitarbeiter oder Geld, sofern man (Mitarbeiter einstellt oder) Dienstleister bemüht, oder beides.

Der „Return on Investment” besteht in einer stetig wachsenden Zahl an „Fans”, die sich über die Aktivitäten rund um eine öffentliche Einrichtung auf dem Laufenden halten, diese Aktivitäten in ihrem eigenen Netzwerk bekannt machen und damit letztlich dafür sorgen, dass die Botschaften, die diese Einrichtung sendet, bei einer großen Zahl von Empfängern ankommt.

Mittelbar bedeutet das: Mehr Menschen entschließen sich zum Beispiel zu einem Besuch in einer Stadt, nutzen die dortige Infrastruktur, Hotels und Gastronomie, gehen in Museen und Konzerte, lassen letztlich und pragmatisch gesprochen ihr Geld in der Stadt.“

(Quelle: Publicus-Boorberg.de 2011.12 | Facebook & Co für Kommunen? Wie die öffentliche Verwaltung soziale Netzwerke sinnvoll nutzen kann)

Da man z.B. mit einer Facebook-Präsenz einen zusätzlichen Kommunikationskanal öffnet, weil andere Facebook-User hier Kommentare und Nachrichten posten können, muss hinsichtlich zu klärender Zuständigkeiten noch ergänzt werden, dass entsprechende Redakteure diese Angebote quasi ständig „im Blick“ haben müssen, um auf ggf. auf einen sehr „kritischen“ Eintrag/Kommentar kurzfristig reagieren zu können. Das indiziert auch, dass diese Redakteure die Kompetenz haben müssen, sich - auch ohne vorherige Absprache - im Namen der Verwaltung/Verwaltungsleitung äußern zu können.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten:

·       Ein Engagement der Kreisverwaltung in sozialen Medien ist im Hinblick auf die Erreichung jüngerer Bürger und die Nutzung der Multiplikationseffekte sinnvoll. Die weitere Entwicklung in diesem Bereich wird in Zukunft voraussichtlich sogar zu einer entsprechenden Notwendigkeit führen.

·       Ein Engagement in sozialen Medien kann nur zielführend erfolgen, wenn die Kreisverwaltung dazu „Investitionen“ insbesondere im Bereich Personal und Zuständigkeiten/Kompetenzen tätigt.

o        Social Media können nicht (z.B. von der aktuellen Internetredaktion oder der Pressestelle) „nebenher“ betrieben werden, so dass im Bereich Personal finanziell „investiert“ werden müsste.

o        Die Redakteure benötigen weitergehende Kompetenzen als bisher. Es müssen schnelle Äußerungen ohne Absprache möglich sein.