hier: aktueller Stand
Beschlussvorschlag:
a) Der Kreis Coesfeld ist bereit, eigenverantwortlich die kommunale Trägerschaft bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) zu übernehmen.
Die Verwaltung wird beauftragt, die Zulassung als Träger im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 6a SGB II über die oberste Landesbehörde beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zu beantragen.
Dies gilt unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Städte und Gemeinden des Kreises Coesfeld und dem Vorbehalt, dass die vom Bund für die Durchführung des SGB II (Verwaltungsaufwand für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II sowie Finanzierung der Eingliederungsleistungen) zu zahlenden Pauschalen (Verwaltungs-/Sachkostenpauschale und Eingliederungspauschale) – wie angekündigt – auskömmlich sind.
b) Die Verwaltung wird beauftragt, parallel zur Optionsbewerbung die Verhandlungen mit der Agentur für Arbeit Coesfeld über den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Kooperationsvereinbarung weiterzuführen.
c) Zur Sicherstellung der Leistungsgewährung für alle Berechtigten auf der Grundlage des SGB II wird die Verwaltung beauftragt, mit der Agentur für Arbeit Coesfeld für den Zeitraum ab dem 01.01.2005 eine Übergangsregelung in Form eines Notprogramms unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben des SGB II zu vereinbaren.
Begründung:
I. Problem
1. Ausgangslage
a)
Mit der Verabschiedung und Veröffentlichung des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – vom 24.12.2003 ist die Ausgestaltung eines Leistungsrechts für erwerbsfähige Arbeitslose und Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger beschlossen worden.
Ziel des Gesetzes ist es, ein einheitliches Leistungsrecht für erwerbsfähige Arbeitslose sowie Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger zu schaffen. In den Sitzungen des Ausschusses für Soziales und Senioren ist bereits hierüber ausführlich berichtet worden; siehe hierzu TOP 2 der Sitzung am 24.11.2003 - SV 6-0762 -, TOP 3 der Sitzung am 26.01.2004 (mündlicher Vortrag) und TOP 6 der Sitzung am 24.06.2004 - SV 6-0902 -.
b)
Die bis zuletzt heftig umstrittene Frage der Trägerschaft des neuen Leistungsrechtes – Arbeitsverwaltung oder Kommunalverwaltung – ist durch das SGB II gelöst worden, indem unterschiedliche Modelle zum Zuge kommen können:
- Gesplittete Trägerschaft in
einer Arbeitsgemeinschaft
Der
Kompromiss sieht als Regelfall eine gesplittete Trägerschaft zwischen
Bundesagentur und Kommune vor.
Die
kreisfreien Städte und Kreise sind danach originär aufgaben- und
finanzierungszuständig für
-
die Leistungen für
Unterkunft und Heizung
-
die Leistungen für
Erstausstattung für Wohnung und Bekleidung sowie mehrtägige Klassenfahrten
-
die Betreuung
minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von
Angehörigen
-
die Schuldnerberatung
-
die psychosoziale
Beratung und
-
die Suchtberatung
Die Bundesagentur für Arbeit ist für alle übrigen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständig. Hierzu zählen
-
alle anderen
arbeitsmarktlichen Eingliederungsleistungen
-
Beratung und
Vermittlung
-
Leistungen an
Arbeitnehmer (u. a. Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit,
Förderung der Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung etc.)
-
Leistungen an
Arbeitgeber (u. a. Eingliederungszuschüsse, Einstellungszuschüsse etc.)
-
Leistungen an Träger
(z. B. Förderung der Berufsausbildung, ABM)
-
Schaffung von
Arbeitsgelegenheiten (u. a. gemeinnützige Arbeit)
-
die Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes (ohne Unterkunft und Heizung) in der Form von
monatlichen Regelleistungen und Mehrbedarfszuschlägen (Arbeitslosengeld II und
Sozialgeld),
-
die Beiträge zur
Sozialversicherung.
Durch Gesetz ist die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, ihre Geschäfte nach § 44 b SGB II einer Arbeitsgemeinschaft zu übertragen. Die kommunalen Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben übertragen. Zu einer gesetzlichen Verpflichtung ist es aus verfassungsrechtlichen Gründen insoweit nicht gekommen. Der Gesetzgeber erklärt die Arbeitsgemeinschaft für berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen.
Die
Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer, der die
Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich vertritt. Können die
Agentur für Arbeit und Kommunen sich bei der Errichtung der Arbeitgemeinschaft
nicht auf ein Verfahren und die Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird
er von der Agentur für Arbeit und den Kommunen abwechselnd jeweils für ein Jahr
einstimmig bestimmt.
Dieses neue bürokratische Konstrukt wirft eine Vielzahl von rechtlichen, finanziellen, personellen und organisationsrechtlichen Problemen auf. Es wird daher seitens des Deutschen Landkreistages und der Landrätekonferenz NRW abgelehnt. Dementsprechend werden auch auf Bundesebene Zweifel an der rechtlichen Umsetzbarkeit dieses Organisationsmodells geäußert.
-
Gesplittete Trägerschaft ohne Arbeitsgemeinschaft
Soweit die kommunalen Träger der Arbeitsgemeinschaft nicht beitreten, verbleibt es bei der
oben dargestellten gesplitteten Trägerschaft.
-
Option: Kommunale Trägerschaft
Den Kreisen und kreisfreien Städten wird die Option eingeräumt, ab dem 01.01.2005 anstelle der Agenturen für Arbeit auch deren Aufgaben – und damit alle Aufgaben im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende wahrzunehmen. Hierbei sind die Kreise auf ihren Antrag und mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde anstelle der Agenturen für Arbeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung als Träger der kompletten Aufgaben zwingend zuzulassen. Das Nähere zur Ausgestaltung des Optionsrechtes sollte durch ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.
In Ausführung dessen ist am 29.04.2004 das kommunale Optionsgesetz beschlossen worden, das jedoch die Aufgabendurchführung des SGB II den Kommunen nicht in eigenverantwortlicher Trägerschaft, sondern nur im Rahmen einer sogenannten Organleihe (mit der Folge der Eingliederung der Aufgabendurchführung in die Organisation der Bundesagentur für Arbeit) zugewiesen hätte. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14.05.2004 dieses Gesetz abgelehnt und erst nach Beteiligung des Vermittlungsausschusses am 30.06.2004 dem Gesetz in geänderter Form am 09.07.2004 zugestimmt.
Ergebnisse des Vermittlungsausschusses:
1. Nach dem Ergebnis aus der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 30.06.2004 sollen nunmehr im Rahmen einer Experimentierklausel die begrenzte Zahl von 69 der bundesweit 439 kommunalen Träger (Kreise/kreisfreie Städte) - davon sechs kommunale Träger in Nordrhein-Westfalen - auf Antrag als alleinige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach Zustimmung durch die oberste Landesbehörde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zugelassen werden. Die Zulassung wird für die Dauer von sechs Jahren erteilt. Ein Jahr vor Ablauf der 6-Jahresfrist erfolgt eine Untersuchung über die unterschiedliche Aufgabenwahrnehmung von Kommunen und Arbeitsagenturen, und der Gesetzgeber entscheidet über die Weiterführung. Optierende Kommunen müssen für die Aufgabenwahrnehmung eine besondere Einrichtung errichten (z. B. im bestehenden Sozialamt).
Die Aufgabenwahrnehmung soll dabei nicht mehr im Rahmen einer Organleihe, sondern in voller Eigenverantwortung der Kommunen durchgeführt werden, wobei die Aufsicht dem Land obliegt. Damit ist das notwendige Gestaltungsrecht der Kommunen bei der Aufgabenwahrnehmung gewährleistet.
Die entsprechenden Anträge sind bis zum 15.09.2004 zu stellen. Bis zum 01.10.2004 soll feststehen, welche kommunalen Träger zugelassen werden. Die zugelassenen kommunalen Träger können mit Zustimmung der obersten Landesbehörde beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit den Widerruf der Zulassung beantragen.
Unklar ist noch, nach welchen Kriterien die einzelnen Bundesländer ihre Vorschläge für die ausgewählten Modellkommunen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit richten. Über die Zulassung der Modellkommunen wird in Form einer Rechtsverordnung entschieden.
2. Die Experimentierklausel wird aus Art. 106 Abs. 8 GG hergeleitet, wonach der Bund legitimiert und verpflichtet wird, kommunale Sonderbelastungen durch von ihm verursachte besondere Einrichtungen der Kommunen auszugleichen. Mit diesem Verfassungsweg wird der notwendige unmittelbare Finanztransfer zwischen Bund und optierenden Kommunen ohne Änderung der Verfassung eröffnet und ermöglicht. Dieser Weg erfordert auch, dass die optierenden Kommunen zur Erfüllung der neuen Aufgaben „besondere Einrichtungen“ schaffen müssen (§ 6a Abs. 6 SGB II).
c)
Stand der Verhandlungen der Kreise Borken und Coesfeld
mit der Agentur für Arbeit Coesfeld
Parallel zum Gesetzgebungsverfahren ist auf Empfehlung des Landkreistages NW mit der Arbeitsagentur Coesfeld und dem Kreis Borken über ein Kooperationsmodell verhandelt worden. Grundlage dieser Verhandlungen ist ein von den Kreisen Borken und Coesfeld entwickeltes Modell. Dieses Modell wurde im Vorfeld der Kreistagssitzung am 12.05.2004, in der Sitzung des Sozialausschusses am 24.06.2004 und in der Bürgermeisterkonferenz am 04.05.2004 vorgestellt.
Dieses Modell basiert auf
folgenden Eckpunkten:
-
Es gibt keine
Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II.
-
Die Zusammenarbeit
basiert auf einer Kooperationsvereinbarung.
-
Das Modell sieht
dezentrale Strukturen vor, d. h. erste Anlaufstelle für alle Hilfesuchenden ist
immer das örtliche Sozialamt.
-
In den örtlichen
Strukturen werden Eingangsberatung / Bedarfsfestsetzung / Leistungsgewährung
sowie erste Eingliederungsleistungen gewährt.
-
Die kommunale Ebene
ist bei diesem Modell auch in der Hilfeplanung beteiligt. Die Hilfeplanung
bildet die Schnittstelle zur Agentur für Arbeit (Job-Center).
-
Die Job-Center sollen
in den Geschäftsstellen der Agenturen für Arbeit eingerichtet werden.
-
In den Job-Centern
werden die Eingliederungsleistungen von Fallmanagern koordiniert. Die kommunale
Ebene ist hier ebenfalls beteiligt.
-
Eingliederungsleistungen
sollen unter Berücksichtigung der vorhandenen Angebotsstrukturen erbracht
werden.
-
Das
Vermittlungsgeschäft soll insbesondere der Agentur für Arbeit vorbehalten
bleiben.
Bei diesem Modell übernehmen die
Kommunen Aufgaben der Agentur für Arbeit. Die hierdurch entstehenden
Aufwendungen - sowohl für die Leistungen nach SGB II als auch für Personal- und
Sachkosten - müssen selbstverständlich durch die Agentur für Arbeit übernommen
werden.
In den bisherigen Gesprächen mit der Agentur für Arbeit wurde dieses Modell den Vertretern der Arbeitsagentur Coesfeld erläutert. Seitens der Agentur für Arbeit wurde keine Bewertung des Modells vorgenommen. Zur weiteren Ausgestaltung dieses Modells wurde ein Lenkungsausschuss gebildet mit Vertretern der beiden Kreise, der Arbeitsagentur und der Städte und Gemeinden. Ferner wurden bisher Arbeitsgruppen eingerichtet zu den Themen:
-
Datenaustausch/Übergangslösung
-
Berufliche
Eingliederung
-
Modell 2005
d)
Auswirkungen im Kreis
Coesfeld
Je nach Organisationsmodell ergeben sich für Kreis Coesfeld unterschiedliche Auswirkungen:
Beim Optionsmodell wäre
der Kreis Coesfeld zuständig für sämtliche Leistungen nach dem SGB II für alle
Langzeitarbeitslosen. Neben den bereits betreuten ca. 1.900 Hilfefällen aus der
Sozialhilfe kämen noch ca. 2.900 Hilfefälle aus der bisherigen
Arbeitslosenhilfe hinzu.
Beim Kooperationsmodell
wäre die Zuständigkeit für die verschiedenen Aufgaben nach dem SGB II für die
insgesamt 4.800 Hilfefälle durch Verträge zwischen dem Kreis Coesfeld und der
Arbeitsagentur Coesfeld zu vereinbaren.
Bei der Durchführung der
Aufgaben nach der Zuständigkeitsregelung nach dem SGB II wäre der Kreis
Coesfeld für die Gewährung der Unterkunfts- und Heizkosten sowie für die
Sicherstellung der sozialen Beratung für die insgesamt 4.800 Hilfefälle
zuständig.
2. Regelungen zur
Finanzierung
a)
Allgemein
Der Bund erstattet die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld jeweils ohne Unterkunfts- und Heizkosten in voller Höhe. Bei diesen Transferleistungen ist somit ein finanzielles Risiko ausgeschlossen.
Die Kosten für die Eingliederungsleistungen und die Verwaltungskosten erstattet der Bund über Pauschalen. Das Optionsgesetz selbst trifft keine Aussagen über die Höhe der Pauschalen; es wird lediglich geregelt, dass die Mittel (gemeint sind damit die Eingliederungspauschale und die Verwaltungs-/Personalkostenpauschale) den kommunalen Trägern nach den gleichen Maßstäben zugewiesen werden, die für die Agenturen für Arbeit gelten.
Die Bundesregierung hat am 13.02.2004 einen Vorschlag zur Bemessung der Eingliederungsleistungen sowie zur Höhe der Personal- und Verwaltungsaufwendungen nach dem SGB II und Überlegungen für einen regionalen Verteilungsmodus für das Jahr 2005 vorgelegt. Vorgesehen ist ein Budget für Eingliederungsleistungen in Höhe von 6,05 Mrd. € und für Personal- und Verwaltungsaufwendungen in Höhe von 3,1 Mrd. €. Die Aufteilung dieser Budgets erfolgt nach Fallpauschalen:
- jährliche Eingliederungspauschale pro erwerbsfähigem Erwachsenen 1.971 €
- jährliche Eingliederungspauschale pro Bedarfsgemeinschaft 2.671 €
- jährliche Verwaltungspauschale pro erwerbsfähigem Erwachsenen 1.007 €
- jährliche Verwaltungspauschale pro Bedarfsgemeinschaft 1.369 €
(s. auch Anlagen 1 – 3)
b) Auswirkungen im Kreis Coesfeld
Berechnungen der Verwaltung auf der Grundlage dieser Daten haben ergeben, dass für das Eingliederungsbudget ca. 8,5 Mio. € und für Personal- und Sachleistungen ca. 4,3 Mio. € zur Verfügung stehen. Die Verwaltung weist darauf hin, dass nach gegenwärtigem Stand der Diskussion auch die folgenden Verteilungsindikatoren zum Zuge kommen könnten:
- Quote der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
- Unterbeschäftigungsquote
- Quote der Jugendarbeitslosigkeit
Eingliederungsleistungen
werden nur in Höhe des hierfür bereitgestellten Budgets erbracht; eine
zusätzliche Ergänzung dieses Budgets durch Kreismittel findet nicht statt.
In Gesprächen mit der
Agentur für Arbeit Coesfeld sowie den Städten und Gemeinden des Kreises
Coesfeld wird noch geprüft und ermittelt, in welchem Umfang mit diesem Budget
dem zukünftig zu betreuenden Personenkreis Eingliederungsmaßnahmen (einschl.
Vermittlung) angeboten werden können.
Bezüglich des Budgets für
die Personal- und Verwaltungsaufwendungen ist anzumerken, dass nach dem
derzeitigen Stand der Berechnungen der Verwaltung für die Leistungsbearbeitung
der bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger unter Berücksichtigung eines
Betreuungsschlüssels von 1:140 im Kreis Coesfeld ca. 21 Sachbearbeiter benötigt
werden. Berücksichtigt man, dass
ca. 25 % aller
Hilfeempfänger im Rahmen eines Fallmanagements zu betreuen sind, dann werden
für diese Aufgabe noch zusätzlich 16 Fallmanager erforderlich. Hierbei ist ein
Personalschlüssel von 1:75 zugrunde gelegt worden. Insgesamt werden also für
die neue Aufgabe (Fallmanagement) und für die Leistungsgewährung der bisherigen
Arbeitslosenhilfeempfänger nach überschlägigen Berechnungen etwa 37
Mitarbeiter/innen notwendig sein. Da die Verteilungsindikatoren noch nicht
feststehen, kann aus dem rein rechnerisch ermittelten Personalbudget keine
abschließende Aussage zur Frage der Auskömmlichkeit getroffen werden.
Zusätzlich werden noch
Synergieeffekte durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
erzielt. Diese können heute noch nicht beziffert werden. Die Verwaltung wird in
Gesprächen mit den Städten und Gemeinden des Kreises Coesfeld den künftigen
Personalbedarf für den Fall einer Ausübung der Option ermitteln. Insgesamt
erscheint somit eine Refinanzierung der Personal- und Sachausgaben, die den
Kommunen für die Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der Option anstelle der
Bundesagentur für Arbeit entstehen, möglich. Allerdings gelten die zuvor
skizzierten Regelungen nur für das Jahr 2005. Eine Regelung für die Folgejahre
ist bisher nicht getroffen worden. § 46 SGB II enthält jedoch die
Grundsatzentscheidung für eine gleichrangige finanzielle Grundausstattung für
Kommunen und Agentur für Arbeit zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
3. Unterkunftskosten
Unabhängig von der Form der Umsetzung des SGB II bleibt für den Kreis Coesfeld die Verpflichtung, die Kosten für die Leistungen nach den §§ 16 Abs. 2 Nr. 1 - 4, 22 und 23 Abs. 3 SGB II (Unterkunft, einmalige Leistungen, soziale Eingliederung) sowie die damit verbundenen Personal- und Sachkosten zu tragen.
Während die Bundesregierung mit der Hartz-Reform eine Entlastung der Kommunen in Höhe von bundesweit ca. 2,5 Mrd. € angekündigt hatte, kalkulierten die kommunalen Spitzenverbände eine bundesweite Mehrbelastung in vergleichbarer Größenordnung.
Im Kommunalen Optionsgesetz ist die finanzielle Beteiligung des Bundes gesetzlich verankert. Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunftskosten mit 29,1 %. Dies entspricht 3,2 Mrd. €. Durch regelmäßige Revisionsverfahren wird überprüft, ob dieser Betrag ausreicht, um das gesetzlich verankerte Ziel einer Entlastung in Höhe von 2,5 Mrd. € zu erreichen. Ergibt die Revision, dass hierfür ein höherer Betrag notwendig ist, muss der Bund seinen Anteil erhöhen. Ergibt die Revision, dass der Betrag von 3,2 Mrd. € zu hoch angesetzt war, müssen die Kommunen Geld an den Bund zurückzahlen. Diese Revisionsverfahren werden im Jahre 2005 im März und Oktober und in den Folgejahren jeweils im Oktober durchgeführt.
4. Übergangsregelung
Unabhängig davon, welches Organisationsmodell (Option, Kooperation, gesetzliche Zuständigkeit) letztendlich zum 01.01.2005 zum Tragen kommt, ist sicher, dass keines dieser Modelle zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß umgesetzt werden kann. Daher wird es in jedem Fall eine Übergangslösung geben müssen, die wie folgt aussehen kann:
Personen, die bisher Leistungen
der Arbeitsagentur erhalten haben, werden zunächst weiterhin durch die
zuständige Arbeitsagentur betreut.
Personen, die bisher Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten haben, werden zunächst
weiterhin durch den Sozialhilfeträger betreut.
Entsprechende Verhandlungen über
eine Übergangslösung wurden bereits zwischen den Kreisen Borken und Coesfeld
und der Arbeitsagentur Coesfeld geführt. Es sind auch weiterhin intensive
Abstimmungen zu Detailfragen notwendig (z. B. Kostenerstattung); dabei ist die
aktuelle Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen.
5. Abstimmungsverfahren der
Beteiligten
Um dem notwendigen Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf Rechnung tragen zu können, sind mit Zustimmung aller Beteiligten zum einen eine Reihe von Abstimmungsgesprächen (z.B. mit den Bürgermeistern) geführt und zum anderen nachstehende Gremien eingerichtet worden.
- Lenkungsausschuss
(bestehend aus Vertretern der Kreise Borken und Coesfeld, der Agentur für Arbeit Coesfeld und je einem Bürgermeister aus den Kreisen Borken und Coesfeld)
- Lenkungsgruppe
(bestehend aus Vertretern der Städte und Gemeinden und des Kreises Coesfeld)
- Arbeitsgruppen
(bestehend aus Vertretern der Städte und Gemeinden und des Kreises Coesfeld)
II. Lösung
Nach den nunmehr getroffenen Regelungen ist eine Grundlage für die Ausübung der Option (gesamte eigenverantwortliche Aufgabenerledigung im Rahmen des SGB II) durch kommunale Träger geschaffen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die erforderlichen finanziellen Mittel (Pauschalen für Verwaltungs- und Eingliederungskosten) durch den Bund auskömmlich zur Verfügung gestellt werden. Die Ausübung der Option genießt nach Auffassung der Verwaltung, aber auch des Deutschen Landkreistages, Vorzug, sofern die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen.
1.
Für eine kommunale Option sprechen insbesondere folgende Gesichtspunkte:
- Das Ziel der Reform wird erreicht.
Das Reformziel „Leistungen aus einer Hand“ wird erreicht. Bei Ausübung der Option werden alle zu erbringenden Leistungen bei einem, dem kommunalen Träger gebündelt. Das gleichzeitige Nebeneinander von zwei Aufgabenträgern entfällt. Hierdurch entstehen Synergieeffekte.
- Die größtmögliche Bürgernähe kann
gewährleistet werden.
Durch die Einbeziehung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Wege einer Delegation/Beauftragung ist eine eigenverantwortliche dezentrale Aufgabenerledigung möglich.
- Bewährte Strukturen werden genutzt.
Die bereits seit Jahren bewährten vorhandenen kommunalen Arbeitsmarktstrukturen und das vorhandene Fachwissen der Städte und Gemeinden sowie des Kreises werden weiter genutzt und bedarfsorientiert durch Bundesmittel finanziert ausgebaut.
Ein unwiderrufliches Wegbrechen dieser Strukturen wird vermieden.
- Kreise/kreisfreie Städte erhalten die
Möglichkeit der Steuerung.
Die
Gesamtträgerschaft bedingt, dass die Feststellung von Erwerbsfähigkeit und
Hilfebedürftigkeit allein der Kommune obliegt. Damit erhalten die
Kreise/kreisfreien Städte die Möglichkeit der Steuerung. Sie sind nicht von der
Aufgabenerfüllung durch die Agenturen für Arbeit abhängig, sondern können
insbesondere die hohen Kosten für Unterkunft und Heizung, die ihnen unabhängig
von der Option auferlegt worden sind, beeinflussen.
- Eine weitere Bürokratisierung wird
vermieden.
Durch die Optionsausübung werden die mit der Bildung von Arbeitsgemeinschaften verbundenen Probleme und damit unnötige Bürokratie vermieden.
- Fachwissen der Agentur für Arbeit kann im
Wege der Beauftragung genutzt werden.
Die
Agenturen für Arbeit können im Rahmen einer Beauftragung für die Kommunen
Leistungen erbringen, insbesondere bei der Eingliederung in Arbeit und der
Vermittlung. Auch im Rahmen einer Optionslösung wird der Kreis eine enge
Zusammenarbeit mit der örtlichen
Agentur
für Arbeit suchen.
2.
Arbeitsmarktpolitische Verantwortlichkeit
Bei Ausübung der Option wird durch den Kreis und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden eine arbeitsmarktpolitische Mitverantwortung übernommen.
Ungeachtet dessen verbleibt es bei der grundsätzlichen Verantwortung des Bundes und der Länder für den Arbeitsmarkt, da hier die grundlegenden Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung des Arbeitsmarktes gesetzt werden.
Insbesondere kommt der Bundesagentur für Arbeit eine zentrale Aufgabe und Verantwortung zu, weil sie weiterhin für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten für die Integration der Arbeitslosen nach SGB III (Arbeitslosengeld I) alleinverantwortlich ist.
3. Bewerbungsverfahren
Aufgrund der durch das Optionsgesetz vorgegebenen Antragsfrist bis zum 15.09.2004 sowie der in Nordrhein-Westfalen am 26.09.2004 stattfindenden Kommunalwahlen ist eine politische Beteiligung kurzfristig notwendig.
Nach Auffassung der Verwaltung ist aber eine Bewerbung des
Kreises ohne vorherige Zustimmung der Städte und Gemeinden im Kreis Coesfeld
nicht denkbar. Aus diesem Grunde fand am 08.07.2004 zur Vorbereitung eines
Abstimmungsgesprächs des Ministeriums mit den kommunalen Spitzenverbänden
kurzfristig eine Besprechung mit den Bürgermeistern und Verwaltungsvertretern
der kreisangehörigen Städte und Gemeinden statt. Gemeinsam mit den
Bürgermeistern und Verwaltungsvertretern wurden die Ergebnisse des
Vermittlungsausschusses diskutiert. Zudem sollte geklärt werden, unter welchen
Voraussetzungen eine Zustimmung der Städte und Gemeinden zu einer Bewerbung des
Kreises Coesfeld im Rahmen der Experimentierklausel denkbar ist.
Nach Austausch und sorgfältigem Abwägen der Argumente für und gegen eine Bewerbung als Modellkommune kamen die Vertreter der Verwaltungen trotz aller Vorbehalte und Unwägbarkeiten des Gesetzgebungsverfahrens zu dem Schluss, dass der Kreis sich die durchaus bestehenden Möglichkeiten als Modellkommune zum jetzigen Zeitpunkt nicht verbauen solle. Es bestand Einigkeit, dass der Kreis und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sich einerseits ihrer Verantwortung für ihre betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu stellen haben, dass sie andererseits aber auch keine finanziellen Risiken vor dem Hintergrund ihrer schwierigen Finanzsituation eingehen können.
Auf Seite der Städte und Gemeinden bestand Einvernehmen, dass in dieser entscheidenden Frage möglichst vorab eine Entscheidung der örtlichen politischen Gremien eingeholt werden müsse. Einig war man sich, dass auch im Falle der Ausübung der Option die Aufgaben nur in enger Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Coesfeld und bisherigen Maßnahmeträgern geschultert werden können. Ziel aller Beteiligten ist es, für die betroffenen Bürger eine ortsnahe und effektive Betreuung sowohl bei der Gewährung des Lebensunterhaltes als auch der beruflichen Eingliederung sicher zu stellen. Der wichtigste Vorbehalt liegt daher ausdrücklich in der Finanzierung. Bei der Ausübung der Option müssen danach sowohl die Leistungen als auch die Personal- und Sachkosten für die Kommunen auskömmlich finanziert sein. Einvernehmlich haben sich die Bürgermeister unter den einschränkenden Vorbehalten bereit erklärt, den Kreis bei der Bewerbung als sog. Modellkommune, die von der Optionsmöglichkeit Gebrauch macht, zu unterstützen.
Mit Blick darauf, dass eine Aufgabenwahrnehmung seitens des
Kreises nur im Wege der Delegation auf die Städte und Gemeinden erfolgen kann,
bestand weiterhin Übereinstimmung, dass mit dem angestrebten Modell untrennbar
ein angemessener Finanzausgleich des bei den Städten und Gemeinden anfallenden
Aufwandes erfolgen muss.
Die Verwaltung sollte daher beauftragt werden, die nötigen
Schritte für die Ausübung des Optionsrechtes einzuleiten.
Da völlig offen ist, ob die erhobenen Vorbehalte ausgeräumt
werden können und ob ggf. der Kreis Coesfeld das Optionsrecht erhält, sollte
die Verwaltung auch beauftragt werden, die bereits weit
fortgeschrittenen und konstruktiven Gespräche mit der
Agentur für Arbeit Coesfeld auf der Basis des Kooperationsmodells fortzuführen.
III. Alternativen
Alternativen zu a) und b):
- Durch öffentlich-rechtlichen Vertrag wird mit der Agentur für Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II gegründet, die ihrerseits ihre Aufgaben weitgehend an dritte Stellen überträgt und weitgehend ohne eigenes Vollzugspersonal auskommt.
- Es verbleibt bei den durch die Regelungen des SGB II vorgegebenen Zuständigkeiten bezüglich der Leistungsgewährung.
Alternativen zu c):
Alternativen zum Notprogramm im Rahmen einer Übergangsregelung stehen nach Auffassung der Verwaltung nicht zur Verfügung, wenn das Ziel, allen Hilfebedürftigen für die Zeit ab 01.01.2005 finanzielle Leistungen zu gewähren, erreicht werden soll.
IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung
Über die in der Sitzungsvorlage vorstehend dargestellten finanziellen Regelungen hinaus sind zurzeit keine weiteren Aussagen und Bewertungen möglich.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Für die Entscheidung ist der Kreistag zuständig (§ 26 Abs. 1 KrO).