Hier: Umsetzung von Artikel 1 Alten- und Pflegegesetz (APG NRW)
Beschlussvorschlag:
Der Bericht der Verwaltung zu den neuen Regelungen im Landespflegerecht wird zur Kenntnis genommen.
Die Verwaltung wird beauftragt, diese Regelungen, wie unter Ziffer II der Begründung dargestellt, örtlich umzusetzen und dem Ausschuss laufend zu berichten.
I. Problem
Am 01.10.2014 ist
als Zusammenfassung von Wohn- und Teilhabegesetz und
bisherigem Landespflegegesetz das neue GEPA NRW in Kraft getreten. Die
bisher getrennten gesetzlichen Grundlagen sind nun im GEPA der Artikel 1 „Alten- und Pflegegesetz“ (APG) und der Artikel 2 „Wohn und Teilhabegesetz“ (WTG). Hierzu wurden zudem bereits Durchführungsverordnungen
beschlossen und verkündet, die WTG-DVO und die APG-DVO.
Das neue
GEPA umfasst damit einerseits die
planerischen und förderrechtlichen Grundlagen und andererseits die
ordnungsrechtlichen Standards für die Gestaltung von Wohn- und Betreuungsangeboten.
Zu unterscheiden
ist, dass das WTG weiterhin „Pflichtaufgabe
zur Erfüllung nach Weisung“ ist, während
das APG „Kommunale Selbstverwaltungsaufgabe“ bleibt. Damit liegen auch die wesentlichen
örtlichen Gestaltungsspielräume und
Entscheidungsnotwendigkeiten in diesem Gesetzesteil. Gegenüber dem bisherigen
Landpflegegesetz treten dabei wichtige
Neuerungen mit Blick auf die Planung, Abstimmung und Förderung der kommunalen
Angebotslandschaft in Kraft. Folgende Punkte sind dabei besonders zu nennen:
1.
Kommunaler Sicherstellungsauftrag und Wiedereinführung der pflichtigen kommunalen
Pflegeplanung
Nach § 4 APG sind
die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet unter Einbeziehung der Kommunen,
eine örtlich bedarfsgerechte, pflegerische Angebotsstruktur zu schaffen. Soweit
flankierende, vorpflegerische Angebote dazu beitragen, den Bedarf an
Pflegeangeboten zu verringern, sind diese in
den kommunalen Sicherstellungsauftrag integrierbar. Zur Umsetzung haben
die Kreise und kreisfreien Städte nach §
7 APG kommunale Pflegepläne zu erarbeiten, die eine Bestandsaufnahme der
Angebote, die Feststellung des quantitativen und qualitativen Bedarfes
enthalten und die Frage nach Maßnahmen klären, die zur Herstellung, Sicherung
oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind. Diese Angebote umfassen
sowohl Wohn-und Pflegeformen, wie auch komplementäre Hilfen und zielgruppenspezifische
Angebotsformen.
Die erste Vorlage
einer Bedarfsplanung hat zum 31.12.2015 zu erfolgen und danach als regelmäßige
Berichtslegung alle zwei Jahre.
2.
Die Option der verbindlichen Bedarfsbestätigung
Nach § 11 Abs. 7
APG kann der örtliche Sozialhilfeträger bestimmen, dass eine Förderung von
zusätzlichen teil- und vollstationären
Pflegeeinrichtungen davon abhängig ist, dass hierfür auf Grundlage der örtlichen Bedarfsplanung
ein Bedarf bestätigt wird. Dies setzt voraus, dass die Bedarfsplanung gem. § 7
Abs. 6 APG vorher politisch als
verbindlich beschlossen wurde.
3.
Die Neubenennung der Pflegekonferenz in „Kommunale
Konferenz Alter und Pflege“ und die genauere Festlegung der Aufgaben und
Mitglieder (§ 8)
Gemäß § 8 APG
richten die Kreise und kreisfreien Städte Konferenzen ein, die „in der Regel“
zweimal Jährlich tagen. Aufgabenschwerpunkte sind insbesondere die Mitwirkung
an der kommunalen Pflegeplanung und an der Ausgestaltung und Koordinierung der
quartiersbezogenen Unterstützungsstrukturen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist
die Beratung aller teil- und vollstationären Investitionsvorhaben und eine diesbezüglichen
Bedarfseinschätzung. Beschlüsse bzw.
Beratungsergebnisse der Pflegekonferenz haben immer empfehlenden Charakter.
Bezüglich der
Besetzung wurde die Liste möglicher Mitglieder ausgeweitet. Insbesondere hat in
Kreisen nun jede politische Kommune grundsätzlich Anrecht auf eine Vertretung,
soweit der Wunsch besteht.
4.
Verändertes Verfahren zur
Investitionskostenförderung für Pflegeinrichtungen (§10 - 15 APG)
Dem Grunde nach
soll weiterhin eine Förderung der ambulanten, teilstationären und stationären
Pflegeeinrichtungen erfolgen. Zuständige Stelle für die Bewilligung und Zahlung
ist der Kreis als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Für die Anerkennung der
Förderung baulichen Investitionen haben sich jedoch sowohl die Grundlagen, als auch
das Abstimmungsverfahren verändert. Zu nennen sind besonders folgende Punkte:
- Die Investitionskostenförderung im Bereich der (teil-)stationären
Pflege wurde von der Pauschalierung auf die Berücksichtigung der tatsächlich
entstehenden Kosten umgestellt, wobei eine Deckelung über eine sog.
Angemessenheitsgrenze erfolgt. Für Modernisierungsmaßnahmen und
Tagespflegeeinrichtungen verkürzt sich der anerkennungsfähige
Abschreibungszeitraum von 50 auf 25 Jahre bzw. erhöht sich die
Abschreibungsquote von 2% auf 4%.
- Grundlegende
Voraussetzung für die Förderung sind nach § 11 APG
- der
Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Pflegekassen gem. §72 SGB
XI,
- die
Erfüllung der Anforderungen an die Wohnqualität gemäß WTG und den hierauf
beruhenden Rechtsverordnungen,
- eine
bescheinigte Abstimmung mit dem örtlichen Sozialhilfeträger auf Grundlage
einer Kostenermittlung durch den überörtlichen Träger und im Falle einer
örtlich beschlossenen, verbindlichen Bedarfsplanung auch eine Bedarfsbestätigung,
- der Nachweis
einer Beratung des Vorhabens in der Pflegekonferenz.
II. Lösung
Grundsätzliche Bemerkung:
Ein ursprüngliches
Ziel des neuen Gesetzes war, die Verfahren nach WTG und APG im Sinne von
„Verwaltungsvereinfachung“ und „Entbürokratisierung“ zusammen zu führen.
Aus
verschieden Gründen bzw. Diskussionen, die sich im Laufe der Gesetzgebung
ergeben haben, ist als Ergebnis festzuhalten, dass die Umsetzung für alle
Beteiligten wohl eher noch komplexer geworden ist. Daher ist es notwendig, sich
schrittweise und unter gemeinsamer Abstimmung der Beteiligten dieser
Herausforderung zu stellen.
Dies
war auch Konsens in einer ersten Informationsveranstaltung des LWL und des
MGEPA (Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes
Nordrhein-Westfalen) mit den Kreisen und kreisfreien Städten am
09.12.2014. Hier wurden grundlegende Umsetzungsaspekte
insbesondere mit Blick auf das Abstimmungsverfahren zur Investitionskostenförderung
dargestellt und erörtert. In Folge der Veranstaltung wurde eine gemeinsame
Arbeitsgruppe aus LWL, Ministerium und Kommunalvertretern (u.a. incl. eines
Vertreters aus dem Kreis Borken) eingerichtet, die Empfehlungen zur Umsetzung
ausarbeitet.
1.
Kommunaler
Infrastrukturauftrag und Pflegeplanung
Seit Einführung des Landespflegegesetzes im
Jahr 2003 war die Planung der pflegerischen Infrastruktur nicht mehr pflichtige
kommunale Aufgabe. Mit der Wiedereinführung dieser Verpflichtung bedarf es
daher der grundlegenden Neuerarbeitung der Planung. Mit einer quartierbezogenen
Ausrichtung und der Einbeziehung vorpflegerischer Angebote steigt zudem der
planerische Anspruch. Vor diesem Hintergrund stellt die Vorlagefrist bis zum
31.12.2015 ein ehrgeiziges Ziel dar. Um dieses möglichst zu erreichen, ist ein Beschluss
der Planung in der Sitzungsfolge November/Dezember 2015 notwendig (Ausschuss
für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit am 03.12 und Kreistag am 16.12.2015). Ein Beschluss zur Aufstellung muss demnach in der Sitzungsreihe
vor den Sommerferien erfolgen (AASSG 02.06, Kreistag 17.06)
2.
Verbindliche
Bedarfsbestätigung
Am 17.12.2014 hat
der Kreistag beschlossen, nicht von der Option (§ 22 Absatz 4 APG) Gebrauch zu
machen, mit direkter Wirkung für alle Vorhaben in die verbindliche Bedarfsplanung (bis 31.03.2015) und daraus folgender Bedarfsbestätigung einzusteigen
(SV-9-0156).
Damit dürfte nun
frühestens mit der Bedarfsplanung zum 31.12.2015 ein solcher Beschluss
erfolgen. Bei Vorhaben, die bis dahin beantragt werden, kann dieser Antrag aus
Bedarfsgründen nicht verwehrt werden.
3.
Konferenz Alter und Pflege und Einbeziehung der
Städte und Gemeinden
Am 11.02.2015 wird
erstmals unter diesem Namen die „Konferenz Alter und Pflege“ tagen. Ein
Tagesordnungspunkt wird die Anpassung und Änderung der Geschäftsordnung an die
neuen gesetzlichen Gegebenheiten sein. Laut bisheriger Geschäftsordnung
beschließt die Konferenz selbst über die Geschäftsordnung und deren Änderung. Zum
Ergebnis der Beratungen der Pflegekonferenz wird im Ausschuss mündlich
berichtet.
Die genaue
Beteiligung der Städte und Gemeinden in der Konferenz soll in der nächsten
Bürgermeisterkonferenz im März beraten werden.
4.
Verfahren zur Abstimmung von Investitionsvorhaben
·
Für die Abstimmung der Investitionsvorhaben ist
weiterhin der Antrag an den Kreis Coesfeld als örtlicher Träger maßgeblich, so
dass auch das Abstimmungsverfahren von hier aus gesteuert wird.
·
Besonders aufgrund der Ermittlung der tatsächlichen
Kosten ist nun die unmittelbare Einbindung des
LWL in dieses Verfahren erforderlich
(Kämmerei sowie Bau- und Liegenschaftsbetriebe).
·
Die Anforderungen an das für die Förderung
notwendige Raumprogramm und dessen
Überprüfung sind nun im „WTG“ sowohl förder- als auch ordnungsrechtlich
zusammenfasst.
III. Alternativen
Die Umsetzung der dargestellten gesetzlichen Vorgaben ist dem Grunde nach alternativlos. Innerhalb der einzelnen Aufgaben ergeben sich jedoch Spielräume in der Umsetzung:
- Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Pflegebedarfsplanung ergeben sich auf kommunaler Seite Spielräume, die sich auch aus dem Fehlen zentraler Vorgaben des Landes - etwa über eine Durchführungsverordnung zur Planung oder einschlägige Gutachten – ergeben.
- Auch die Option, die Pflegeplanung für (teil-)stationäre Angebote als verbindlich zu erklären und damit das Instrument der verbindlichen Bedarfsbestätigung zu nutzen liegt in kommunaler Hand.
· Die Frage, wieweit vorpflegerische Maßnahmen im Quartier alternativ bzw. vorbeugend mit Blick auf pflegerische Angebote entwickelt und unterstützt werden, kann ebenfalls vor Ort beantwortet werden.
- Im Rahmen des Abstimmungsverfahrens für Investitionsvorhaben entscheidet zudem der Kreis als örtlicher Träger mit, welche einrichtungsbezogenen Maßnahmen tatsächlich notwendig und damit anerkennungsfähig sind.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
· In der Kreisverwaltung wurden bislang keine zusätzlichen Personalressourcen für die Übernahme der Pflegeplanung nach dem neuen APG eingerichtet. Insofern ist für die Umsetzung der Aufgabe die Priorisierung innerhalb der Aufgaben im Fachbereich 2 /Planung bzw. in der Abteilung 50 notwendig.
· Das Land NRW fördert in allen Kreisen und kreisfreien Städten die Einrichtung einer Stelle zur exemplarischen Angebotsentwicklung in ein bis zwei Quartieren mit 40.000 € pro Jahr für zunächst drei Jahre. Von diesem Angebot sollte auf jeden Fall Gebrauch gemacht werden. Vorgesehen ist die Anbindung und Ausrichtung dieser Stelle direkt ans Quartier. Daher soll eine Antragstellung möglichst durch die eine betroffene Kommune erfolgen. Laut Fördervorgabe wird dieser Antrag über den Kreis an das Land gerichtet. Genaueres hierzu soll noch abgestimmt werden. Besonders wichtig wird sein, dass die Ergebnisse dieses Projektes gewinnbringend für das gesamte Kreisgebiet nutzbar gemacht werden.
· Zur Unterstützung bei der Zusammenstellung grundlegender Planungsunterlagen konnte für den Zeitraum vom 11.02.2015 bis zum 25.03.2015 eine Hochschulpraktikantin (5. Semester im Studiengang Soziologie und Ökonomie) gewonnen werden.
· Zudem wird derzeit die mögliche Gewinnung quartiersbezogener Einwohnermeldedaten als Planungsgrundlage geprüft. Dies soll im Rahmen der Abschlussarbeit eines beim Kreis in Ausbildung befindlichen Geomatikers erfolgen
Investitionskostenförderung durch den Kreis als örtlicher
Träger
Die Bewilligung und Zahlung der Investitionskosten für ambulante, teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen erfolgt – wie bisher - durch die Abteilung 50 „Soziales und Jobcenter“. Ob die Gesetzesnovelle ein verändertes Ausgabevolumen zur Folge hat, ist noch nicht eindeutig absehbar. Als kostenreduzierend ist die Einführung des Tatsächlichkeitsprinzips einzuordnen. Kostensteigerungen werden sich aus den verbesserten Abschreibungen für Tagespflegeeinrichtungen und Modernisierungsmaßnamen ergeben.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Aufgrund der Thematik hat zunächst eine grundlegende Erörterung und Abstimmung der Vorgehensweise im Fachausschuss zu erfolgen.