Betreff
Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen (GEPA NRW)
Hier: Umsetzung von Artikel 1 Alten- und Pflegegesetz (APG NRW)
Vorlage
SV-9-0179
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Bericht der Verwaltung zu den neuen Regelungen im Landespflegerecht wird zur Kenntnis genommen.

 

Die  Verwaltung wird beauftragt, diese Regelungen, wie unter Ziffer II der Begründung dargestellt, örtlich umzusetzen und dem Ausschuss laufend zu berichten.       

 

 

 

Begründung:

 

I.   Problem

Am 01.10.2014  ist  als Zusammenfassung von Wohn- und Teilhabegesetz  und  bisherigem Landespflegegesetz das neue GEPA NRW in Kraft getreten. Die bisher getrennten gesetzlichen Grundlagen sind  nun im GEPA der  Artikel 1 „Alten- und Pflegegesetz“ (APG) und der  Artikel 2 „Wohn und Teilhabegesetz“ (WTG).  Hierzu wurden zudem bereits Durchführungsverordnungen beschlossen und verkündet, die WTG-DVO und die APG-DVO.

 

Das neue  GEPA umfasst damit einerseits die  planerischen und förderrechtlichen Grundlagen und andererseits die ordnungsrechtlichen Standards für die Gestaltung von Wohn- und Betreuungsangeboten.     

 

Zu unterscheiden ist, dass das WTG weiterhin  „Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung“ ist,  während das APG „Kommunale Selbstverwaltungsaufgabe“ bleibt. Damit liegen auch die wesentlichen örtlichen Gestaltungsspielräume  und Entscheidungsnotwendigkeiten in diesem Gesetzesteil. Gegenüber dem bisherigen Landpflegegesetz  treten dabei wichtige Neuerungen mit Blick auf die Planung, Abstimmung und Förderung der kommunalen Angebotslandschaft in Kraft. Folgende Punkte sind dabei besonders zu nennen:

 

1.    Kommunaler Sicherstellungsauftrag und  Wiedereinführung der pflichtigen kommunalen Pflegeplanung

Nach § 4 APG sind die Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet unter Einbeziehung der Kommunen, eine örtlich bedarfsgerechte, pflegerische Angebotsstruktur zu schaffen. Soweit flankierende, vorpflegerische Angebote dazu beitragen, den Bedarf an Pflegeangeboten zu verringern, sind diese in  den kommunalen Sicherstellungsauftrag integrierbar. Zur Umsetzung haben die Kreise und kreisfreien Städte nach  § 7 APG kommunale Pflegepläne zu erarbeiten, die eine Bestandsaufnahme der Angebote, die Feststellung des quantitativen und qualitativen Bedarfes enthalten und die Frage nach Maßnahmen klären, die zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind. Diese Angebote umfassen sowohl Wohn-und Pflegeformen, wie auch komplementäre Hilfen und zielgruppenspezifische Angebotsformen.

Die erste Vorlage einer Bedarfsplanung hat zum 31.12.2015 zu erfolgen und danach als regelmäßige Berichtslegung alle zwei Jahre.

 

2.    Die Option der verbindlichen Bedarfsbestätigung

Nach § 11 Abs. 7 APG kann der örtliche Sozialhilfeträger bestimmen, dass eine Förderung von zusätzlichen  teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen davon abhängig ist, dass hierfür  auf Grundlage der örtlichen Bedarfsplanung ein Bedarf bestätigt wird. Dies setzt voraus, dass die Bedarfsplanung gem. § 7 Abs. 6  APG vorher politisch als verbindlich beschlossen wurde.

 

3.    Die Neubenennung der Pflegekonferenz in „Kommunale Konferenz Alter und Pflege“ und die genauere Festlegung der Aufgaben und Mitglieder (§ 8)

Gemäß § 8 APG richten die Kreise und kreisfreien Städte Konferenzen ein, die „in der Regel“ zweimal Jährlich tagen. Aufgabenschwerpunkte sind insbesondere die Mitwirkung an der kommunalen Pflegeplanung und an der Ausgestaltung und Koordinierung der quartiersbezogenen Unterstützungsstrukturen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Beratung aller teil- und vollstationären Investitionsvorhaben und  eine diesbezüglichen Bedarfseinschätzung.  Beschlüsse bzw. Beratungsergebnisse der Pflegekonferenz haben immer empfehlenden Charakter.

Bezüglich der Besetzung wurde die Liste möglicher Mitglieder ausgeweitet. Insbesondere hat in Kreisen nun jede politische Kommune grundsätzlich Anrecht auf eine Vertretung, soweit der Wunsch besteht.

 

4.    Verändertes Verfahren zur Investitionskostenförderung für Pflegeinrichtungen (§10 - 15 APG)

Dem Grunde nach soll weiterhin eine Förderung der ambulanten, teilstationären und stationären Pflegeeinrichtungen erfolgen. Zuständige Stelle für die Bewilligung und Zahlung ist der Kreis als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Für die Anerkennung der Förderung baulichen Investitionen haben sich jedoch sowohl die Grundlagen, als auch das Abstimmungsverfahren verändert. Zu nennen sind besonders folgende Punkte:

 

  • Die Investitionskostenförderung im Bereich der (teil-)stationären Pflege wurde von der Pauschalierung auf die Berücksichtigung der tatsächlich entstehenden Kosten umgestellt, wobei eine Deckelung über eine sog. Angemessenheitsgrenze erfolgt. Für Modernisierungsmaßnahmen und Tagespflegeeinrichtungen verkürzt sich der anerkennungsfähige Abschreibungszeitraum von 50 auf 25 Jahre bzw. erhöht sich die Abschreibungsquote von 2% auf 4%.
  • Grundlegende Voraussetzung für die Förderung sind nach § 11 APG
    • der Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Pflegekassen gem. §72 SGB XI,
    • die Erfüllung der Anforderungen an die Wohnqualität gemäß WTG und den hierauf beruhenden Rechtsverordnungen,
    • eine bescheinigte Abstimmung mit dem örtlichen Sozialhilfeträger auf Grundlage einer Kostenermittlung durch den überörtlichen Träger und im Falle einer örtlich beschlossenen, verbindlichen Bedarfsplanung auch eine Bedarfsbestätigung,
    • der Nachweis einer Beratung des Vorhabens in der Pflegekonferenz.

 

II.  Lösung

Grundsätzliche Bemerkung:

Ein ursprüngliches Ziel des neuen Gesetzes war, die Verfahren nach WTG und APG im Sinne von „Verwaltungsvereinfachung“ und „Entbürokratisierung“ zusammen zu führen.

Aus verschieden Gründen bzw. Diskussionen, die sich im Laufe der Gesetzgebung ergeben haben, ist als Ergebnis festzuhalten, dass die Umsetzung für alle Beteiligten wohl eher noch komplexer geworden ist. Daher ist es notwendig, sich schrittweise und unter gemeinsamer Abstimmung der Beteiligten dieser Herausforderung zu stellen.

Dies war auch Konsens in einer ersten Informationsveranstaltung des LWL und des MGEPA (Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen) mit den Kreisen und kreisfreien Städten am 09.12.2014.   Hier wurden grundlegende Umsetzungsaspekte insbesondere mit Blick auf das Abstimmungsverfahren zur Investitionskostenförderung dargestellt und erörtert. In Folge der Veranstaltung wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus LWL, Ministerium und Kommunalvertretern (u.a. incl. eines Vertreters aus dem Kreis Borken) eingerichtet, die Empfehlungen zur Umsetzung ausarbeitet.

 

1.    Kommunaler Infrastrukturauftrag und Pflegeplanung

Seit Einführung des Landespflegegesetzes im Jahr 2003 war die Planung der pflegerischen Infrastruktur nicht mehr pflichtige kommunale Aufgabe. Mit der Wiedereinführung dieser Verpflichtung bedarf es daher der grundlegenden Neuerarbeitung der Planung. Mit einer quartierbezogenen Ausrichtung und der Einbeziehung vorpflegerischer Angebote steigt zudem der planerische Anspruch. Vor diesem Hintergrund stellt die Vorlagefrist bis zum 31.12.2015 ein ehrgeiziges Ziel dar. Um dieses möglichst zu erreichen, ist ein Beschluss der Planung in der Sitzungsfolge November/Dezember 2015 notwendig (Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit am 03.12 und Kreistag am 16.12.2015).  Ein Beschluss zur  Aufstellung muss demnach in der Sitzungsreihe vor den Sommerferien erfolgen (AASSG 02.06, Kreistag 17.06)

 

2.    Verbindliche Bedarfsbestätigung

Am 17.12.2014 hat der Kreistag beschlossen, nicht von der Option (§ 22 Absatz 4 APG) Gebrauch zu machen, mit direkter Wirkung für alle Vorhaben in die verbindliche Bedarfsplanung (bis 31.03.2015) und daraus folgender Bedarfsbestätigung einzusteigen (SV-9-0156).

Damit dürfte nun frühestens mit der Bedarfsplanung zum 31.12.2015 ein solcher Beschluss erfolgen. Bei Vorhaben, die bis dahin beantragt werden, kann dieser Antrag aus Bedarfsgründen nicht verwehrt werden. 

 

3.    Konferenz Alter und Pflege und Einbeziehung der Städte und Gemeinden

Am 11.02.2015 wird erstmals unter diesem Namen die „Konferenz Alter und Pflege“ tagen. Ein Tagesordnungspunkt wird die Anpassung und Änderung der Geschäftsordnung an die neuen gesetzlichen Gegebenheiten sein. Laut bisheriger Geschäftsordnung beschließt die Konferenz selbst über die Geschäftsordnung und deren Änderung. Zum Ergebnis der Beratungen der Pflegekonferenz wird im Ausschuss mündlich berichtet.

Die genaue Beteiligung der Städte und Gemeinden in der Konferenz soll in der nächsten Bürgermeisterkonferenz im März beraten werden.

 

4.    Verfahren zur Abstimmung von Investitionsvorhaben

·         Für die Abstimmung der Investitionsvorhaben ist weiterhin der Antrag an den Kreis Coesfeld als örtlicher Träger maßgeblich, so dass auch das Abstimmungsverfahren von hier aus gesteuert wird.

·         Besonders aufgrund der Ermittlung der tatsächlichen Kosten ist nun die unmittelbare Einbindung des  LWL in dieses Verfahren erforderlich  (Kämmerei sowie Bau- und Liegenschaftsbetriebe).

·         Die Anforderungen an das für die Förderung notwendige Raumprogramm und dessen   Überprüfung sind nun im „WTG“ sowohl förder- als auch ordnungsrechtlich zusammenfasst.

 

III. Alternativen

Die Umsetzung der dargestellten gesetzlichen Vorgaben ist dem Grunde nach alternativlos. Innerhalb der einzelnen Aufgaben ergeben sich jedoch Spielräume in der Umsetzung:

 

  • Bei der  inhaltlichen Ausgestaltung der Pflegebedarfsplanung ergeben sich auf kommunaler Seite Spielräume, die sich auch aus dem Fehlen zentraler Vorgaben des Landes - etwa über eine Durchführungsverordnung zur Planung oder einschlägige Gutachten – ergeben.
  • Auch die Option, die Pflegeplanung für (teil-)stationäre Angebote als verbindlich zu erklären  und damit das Instrument der verbindlichen Bedarfsbestätigung zu nutzen liegt in kommunaler Hand.

·         Die Frage, wieweit vorpflegerische Maßnahmen im Quartier alternativ bzw. vorbeugend mit Blick auf pflegerische Angebote entwickelt und unterstützt werden, kann ebenfalls vor Ort beantwortet werden. 

  • Im Rahmen des Abstimmungsverfahrens für Investitionsvorhaben entscheidet zudem der Kreis als  örtlicher Träger  mit, welche einrichtungsbezogenen Maßnahmen tatsächlich notwendig und damit anerkennungsfähig sind.

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

·         In der Kreisverwaltung wurden bislang keine zusätzlichen Personalressourcen für die Übernahme der Pflegeplanung nach dem neuen APG eingerichtet. Insofern ist für die Umsetzung der Aufgabe die Priorisierung innerhalb der Aufgaben im Fachbereich 2 /Planung bzw. in der Abteilung 50 notwendig.

·         Das Land NRW fördert in allen Kreisen und kreisfreien Städten die Einrichtung einer Stelle zur exemplarischen Angebotsentwicklung in ein bis zwei Quartieren mit  40.000 € pro Jahr für zunächst drei Jahre. Von diesem Angebot sollte auf jeden Fall Gebrauch gemacht werden. Vorgesehen ist die Anbindung und Ausrichtung dieser Stelle direkt ans Quartier. Daher soll eine Antragstellung möglichst durch die eine betroffene Kommune erfolgen. Laut Fördervorgabe wird dieser Antrag über den Kreis an das Land gerichtet. Genaueres hierzu soll noch abgestimmt werden. Besonders wichtig wird sein, dass die Ergebnisse dieses Projektes gewinnbringend für das gesamte Kreisgebiet nutzbar gemacht werden.

·         Zur Unterstützung bei der Zusammenstellung grundlegender Planungsunterlagen konnte für den Zeitraum vom 11.02.2015 bis zum 25.03.2015 eine Hochschulpraktikantin (5. Semester im Studiengang Soziologie und Ökonomie) gewonnen werden.

·         Zudem wird derzeit die mögliche Gewinnung quartiersbezogener Einwohnermeldedaten als Planungsgrundlage geprüft. Dies soll im Rahmen der Abschlussarbeit eines beim Kreis in Ausbildung befindlichen Geomatikers erfolgen

 

Investitionskostenförderung durch den Kreis als örtlicher Träger

Die Bewilligung und Zahlung der Investitionskosten für ambulante, teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen erfolgt – wie bisher -  durch die Abteilung 50 „Soziales und Jobcenter“. Ob die Gesetzesnovelle ein verändertes Ausgabevolumen zur Folge hat, ist noch nicht eindeutig absehbar. Als kostenreduzierend ist die Einführung des Tatsächlichkeitsprinzips einzuordnen. Kostensteigerungen werden sich aus den verbesserten Abschreibungen für Tagespflegeeinrichtungen und Modernisierungsmaßnamen ergeben. 

 

 

V.    Zuständigkeit für die Entscheidung

Aufgrund der Thematik hat zunächst eine grundlegende Erörterung und Abstimmung der Vorgehensweise im Fachausschuss zu erfolgen.