Betreff
Anregung nach § 21 KrO NRW; Fahrradverbindung K 60, fehlender Abschnitt ab Abzweig Albachten
Vorlage
SV-9-0180
Aktenzeichen
01-10.23.03-2014-4
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag der Anregenden:

 

  1. Der Kreis Coesfeld begrenzt die Geschwindigkeit an der K 60 ab Abzweig Albachten.
  2. Der Kreis Coesfeld markiert einen Fahrradstreifen bzw. errichtet an der K 60 ab Abzweig Albachten einen Radweg

 

Begründung:

 

I.   Problem

Gem. § 21 Kreisordnung NRW (KrO NRW) hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden. Die Zuständigkeiten des Kreisausschusses, der Ausschüsse und des Landrats werden hierdurch nicht berührt. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.

 

Ein Anspruch auf mündliche Anhörung der Antragsteller vor dem Kreistag oder einem Ausschuss besteht nicht.

 

Mit Datum vom 17.12.2014 wurde eine Anregung gem. § 21 KrO NRW an den Kreistag des Kreises Coesfeld gerichtet (Anlage 1) und mit zwei Schreiben vom 23.01.2015 (Anlage 2 und 3) ergänzt.

 

II.  Lösung

Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Träger der Baulast für die Kreisstraßen und als Straßenverkehrsbehörde.
Auf Grund der Anregung fand am 04.02.2015 ein gemeinsamer Ortstermin mit Vertretern der Gemeinde Senden, der Kreispolizeibehörde, der Abteilung 66 und der Abt. 66-Straßenbau und –unterhaltung sowie der Abteilung 36-Straßenverkehrsbehörde statt.

 

Gem. § 19 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld vom 23.06.2014 ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stellte nicht gebunden ist.

 

Bei der Entscheidung über den Bau eines Radweges außerhalb des bestehenden Radwegebauprogramms des Kreises Coesfeld ist wegen der Bedeutung die Zuständigkeit des Kreistages gegeben. Bei den sonstigen, mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.

Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.

 

Anlegen eines Radweges (Abt. 66):

 

Die angeregte Radwegeverbindung an der K60(1) von der B235 bis zur Kreisgrenze ist nicht in dem vom Kreistag beschlossenen aktuellen Radwegebauprogramm enthalten. Daher bestehen derzeit keine konkreten Planungen zum Bau eines Radweges entlang der K60(1). Darüber hinaus sind auch noch nicht alle in dem aktuellen Radwegebauprogramm vorgesehenen Radwegebaumaßnahmen realisiert worden. Nach derzeitigen Kenntnissen wird das aktuelle Radwegeprogramm -insbesondere aufgrund des geringen Fördervolumens- nicht vor 2017/18 abgeschlossen werden können.

 

Allerdings beabsichtigt der Kreis Coesfeld das Radwegebauprogramm in 2015 zu aktualisieren und fortzuschreiben.

Dazu wurden die kreisangehörigen Gemeinden mit der Bitte angeschrieben, dem Kreis Coesfeld mitzuteilen, welche Maßnahmen  in dem jeweiligen Gemeindegebiet höchste Priorität besitzen. Von der Gemeinde Senden liegt inzwischen eine Rückmeldung vor, in der der hier angeregte Radweg an der K60 die höchste Priorität besitzt. Nach derzeitiger Planung ist vorgesehen im Frühjahr 2015 einen Vorschlag zur Aktualisierung und Fortschreibung des Radwegebauprogramms zur Beratung in die politischen Gremien einzubringen. Daher können hierzu noch keine weiteren Aussagen gemacht werden.

 

Anlegen eines Fahrradstreifens oder Schutzstreifens für Radfahrer durch Fahrbahnmarkierungen (Abt. 66/36):

 

Ein Radfahrstreifen ist ein durch Markierung gekennzeichneter von der Fahrbahn abgetrennter Sonderweg für Radfahrer, für den eine Benutzungspflicht besteht. Kraftfahrzeuge dürfen die Markierungen nicht überfahren.

 

Grundsätzlich ist nach den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA, Ausgabe 2010) auch die Umgestaltung von überbreiten zweistreifigen Straßen möglich, sofern die Reduzierung der Fahrstreifenbreite mit Blick auf die Netzfunktion der Straße vertretbar ist.

Die Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL, Ausgabe 2012) empfehlen für Straßen mit einer Verkehrsbelastung wie der hier vorhandenen in Höhe von 3058 KFZ/ 24h eine Fahrbahnbreite von mindestens 6,00 m. Da die Fahrbahnbreite der Kreisstraße auf dem Kreisgebiet Coesfeld größtenteils weniger als 6,00 m beträgt, ist hier die Anlage von Radfahrstreifen deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen nicht möglich.

 

Dennoch soll kurz auf die notwendigen Breiten für die Anlage von Radfahrstreifen eingegangen werden:

 

Radfahrstreifen sind durch Markierung abgetrennte Sonderfahrstreifen. In der Regel sind diese für beide Richtungen mit einer Breite von 1,60 m und einem mindestens 0,75 m breiten Trennstreifen vorzusehen. Insgesamt sind also für die Anlage dieser Radfahrstreifen (1,60 m zzgl. 0,75 m, also 2,35 m je Seite) eine Breite von mindestens 4,70 m erforderlich. Die Anlage eines einseitigen Geh- und Radweges für beide Richtungen benötigt eine Breite von mindestens 4,75 m einschließlich der erforderlichen Trennstreifen.

 

Somit ist die Anlage von Radfahrstreifen an Außerortsstraßen generell erst ab einer vorhandenen Fahrbahnbreite von 10,70 m Breite denkbar.

 

Auch die Anlage eines sogenannten Schutzstreifens für Radfahrer ist an dieser Straße rechtlich nicht möglich, da es sich hierbei um eine außerörtliche Straße handelt. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 Satz 2 der StVO dürfen derartige Schutzstreifen nur innerorts angelegt werden.

 

 

Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung (Abt. 36):

 

Bei der in Rede stehenden Straße handelt es sich um eine Kreisstraße, die somit von überörtlicher Verkehrsbedeutung ist und einer entsprechenden Verkehrsverbindung dient. Diese Funktion kann nur übernommen werden, wenn im Verlauf der Straße möglichst wenige Verkehrsbeschränkungen angeordnet sind.

 

Der Gesetzgeber hat gem. § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge auf 100 km/h festgesetzt. Gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO kann die Straßenverkehrsbehörde die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind gem. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO aber nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift dürfen Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigende Gefahrenlage besteht. Dies bedeutet auch, dass eine „übliche“ Gefahrenlage in Kauf zu nehmen ist.

 

Eine erheblich übersteigende Gefahrenlage könnte beispielsweise durch eine besondere Unfalllage gegeben sein. Nur wenn eine erheblich übersteigende Gefahrenlage vorliegt, eröffnet sich für die Straßenverkehrsbehörde ein Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung. Diese wird dann im Benehmen mit der Polizei und der Straßenbaubehörde getroffen und ist an den Grundsätzen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und insbesondere der Verhältnismäßigkeit auszurichten. Dabei wäre dann auch die Bedeutung der Straße als Kreisstraße zu berücksichtigen.

 

Begründet wird die Anregung der Petentin im Wesentlichen mit den Gefahren für den Radverkehr entlang der K60 zwischen Senden und Albachten. Zur objektiven Konkretisierung dieser Gefahrenlage wurde daher die Verkehrsunfallsituation im benannten Straßenabschnitt insbesondere auch im Hinblick auf Unfälle unter Beteiligung von Radfahrern durch die Kreispolizeibehörde ausgewertet.

 

Im Betrachtungszeitraum von drei Jahren haben sich auf der Strecke insgesamt 15 Verkehrsunfälle ereignet, davon jedoch 8 Wildunfälle. Bei den übrigen 7 Verkehrsunfällen waren nur in einem Fall Radfahrer beteiligt, wobei hier zwei Radfahrer aufeinander aufgefahren sind. Ein PKW war an diesem Unfall nicht beteiligt.

 

Fünf Unfälle waren Alleinunfälle, bei denen Fahrzeuge von der Fahrbahn abgekommen sind. In einem Fall gab es einen Zusammenstoß entgegenkommender Fahrzeuge.

Die Unfälle ereigneten sich verteilt auf der gesamten Strecke der K60, so dass an keiner bestimmten Stelle eine Unfallhäufung erkennbar ist. Im Ergebnis der Unfallauswertung lässt sich hieraus vor allem keine besondere Gefährdung für Radfahrer ableiten. Insgesamt wird die Unfalllage auf der Strecke von der Polizei als unauffällig angesehen.

 

Neben der unauffälligen Unfalllage sind nach erfolgter Ortsbesichtigung auch sonst keine Besonderheiten ersichtlich, die Rückschlüsse auf eine erheblich übersteigende Gefahrenlage zuließen. Allein die Tatsache, dass die Straße teilweise kurvig und verhältnismäßig schmal ist, rechtfertigt nicht die pauschale Annahme einer erheblich übersteigenden Gefahrenlage. Hier haben sich Fahrzeugführer schon nach den allgemeingültigen Grundregeln der StVO (§ 1) entsprechend vorsichtig zu verhalten, was sie aufgrund der insgesamt unauffälligen Unfalllage offensichtlich auch überwiegend beherzigen. Zur besseren Erkennbarkeit möglicher Gefahren in den engen Kurven wurden diese bereits auf der Strecke durch entsprechende Richtungstafeln verdeutlicht.

 

Im Rahmen des Ortstermins bestand somit bei den anwesenden Behördenvertretern Einvernehmen darüber, dass hier keine erheblich übersteigende Gefahrensituation vorliegt. Somit ist mir für die Entscheidung über die angeregte Geschwindigkeitsbeschränkung kein Ermessen eröffnet, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO nicht erfüllt sind.

 

Als Straßenverkehrsbehörde kann ich darüber hinaus die Geschwindigkeit auch nicht vorsorglich herabsetzen. Eine vorsorgliche Warnung vor den „generellen Gefahren des Straßenverkehrs“ wäre vielmehr Aufgabe der Gesetzgebung. Der Gesetzgeber hält aber eine Geschwindigkeit von 100 km/h für angemessen, um den generellen Gefahren des Straßenverkehrs außerhalb geschlossener Ortschaften sicher zu begegnen.

 

III. Alternativen

-

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Durch einen empfehlenden Beschluss des Kreisausschusses entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar nur zu vernachlässigende Kosten.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 19 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld vom 23.06.2014.