hier: Informationen zum Abschlussbericht
Beschlussvorschlag:
Die Erläuterungen der Verwaltung zum Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Kommunale Bedarfserhebung U3“ wird zur Kenntnis genommen.
Das Kreisjugendamt Coesfeld hat im Frühjahr/Sommer
2013 an dem Forschungsprojekt „Kommunale Bedarfserhebung U3“ teilgenommen.
Insgesamt haben sich 93 Kreise und kreisfreie Städte beteiligt. Im Herbst 2013
wurden durch den Forschungsverbund (TU-Dortmund und Deutsches Jugendinstitut) erste regionale Erhebungsergebnisse bekannt
gegeben (siehe auch Mitteilungen des Landrates im JHA am 23.11.2013).
Länger andauernde Abstimmungen zwischen dem
Forschungsverbund und dem beauftragendem Bundesfamilienministerium führten
dazu, dass letztlich erst im August 2014 der Abschlussbericht mit dem Titel
„Der U-3-Ausbau im Endspurt – Analysen zu kommunalen Betreuungsbedarfen und
Betreuungswünschen von Eltern“ herausgegeben wurde. Die Zusammenfassung des Abschlussberichtes
(S.5 - 10) ist als Anlage zur SV
beigefügt. Unter folgendem Link werden vom Forschungsverbund umfassende Information incl. des Abschlussberichtes und
der Betreuungsquoten in den 93 Kommunen bereitgestellt: http://www.forschungsverbund.tu-dortmund.de/index.php?id=317
Der Zeitpunkt der Bedarfserhebung liegt
inzwischen schon wieder zwei „Kindergartenjahre“ zurück. Insofern dürfen die
ermittelten Bedarfsquoten nur relativ gewertet werden. Zu den Erhebungs- bzw. Forschungsergebnissen
ist besonders Folgendes festzuhalten:
Beteiligung im KJA Coesfeld
·
Von den Eltern der ca. 3.150 Kinder unter 3 Jahren
in den 9 Städten und Gemeinden im Zuständigkeitsbereich haben sich ca. 49 % an
der Befragung beteiligt.
·
Die Beteiligung innerhalb des gesamten
Forschungsprojektes lag zwischen 24% und 54%,
Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches schwankte der Rücklauf zwischen
55% und 42,4 %
Ermittelter U-3-Bedarf
·
Für das gesamte Jugendamt wurde über das
Forschungsprojekt ein Bedarf an U-3-Betreuung in Höhe von 36,3% ermittelt. Im
Gesamtprojekt schwanken die Werte zwischen 58,2% (Schwerin) und 27,3%
(Heidenheim).
·
Insgesamt wurden höhere Bedarfsquoten besonders in
den östlichen Bundesländern und in den Universitätsstädten festgestellt (z.B.
Münster: 49% und Osnabrück: 44,3%).
·
Der festgestellte Betreuungsbedarf in den
Sozialräumen (=Kommunen) im Zuständigkeitsbereich
des Kreisjugendamtes lag zwischen 39,1% und 25,9%. Im Forschungsprojekt wurde
für Landkreise generell eine hohe Spannbreite der Bedarfe festgestellt.
·
Mit diesen Erhebungsergebnissen zum Bedarf wurden
die Erfahrungen aus der KiTa-Bedarfsplanung – sowohl mit Blick auf den
Gesamtbedarf und die jeweiligen lokalen Ausschläge - in der Tendenz bestätigt.
Bedarf nach Altersgruppen
·
Bezüglich der Altersgruppen wurden in der Erhebung
die in der KJA-Planung 2013/14 angenommenen Bedarfe der 2-3 Jährigen (80%)
unterschritten und die kalkulierten Bedarfe der jüngeren Altersgruppen (20%) überschritten.
Bedarf nach Betreuungsumfang
·
Bei der Betreuung bis zu 25 Stunden wurde in der
Erhebung für das KJA Coesfeld ein höherer Bedarf festgestellt, als er sich im
tatsächlichen Anmeldeverhalten darstellt. Die erhobene Bedarfsquote für die 35-Stunden-Betreuung
fällt dem gegenüber geringer aus, als das Anmeldeverhalten.
Auswirkung der Einführung des
Betreuungsgeldes
·
Im Rahmen der Untersuchung wurde auch erhoben,
inwiefern sich die Einführung des Betreuungsgeldes auf das Wahlverhalten von
Eltern auswirkt. Insgesamt zeigte sich, dass – unbeeinflusst durch sozialräumliche
Unterschiede – die Einführung des Betreuungsgeldes nur einen geringen Einfluss
auf die Entscheidung der Eltern hatte. Bestünde nicht die Möglichkeit,
Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen, läge der Betreuungsbedarf insgesamt um 2
% höher.
·
Bei der überwiegenden Mehrheit der Befragten (87 %)
spielte die Einführung des Betreuungsgeldes keine Rolle bei der Wahl von
Betreuungsangeboten. Nur ein kleiner Teil der Befragten (13 %) gab an, dass die
Einführung des Betreuungsgeldes Ihre Wahl beeinflusst habe.
·
Bezogen auf soziale Selektionsmechanismen lässt
sich das Betreuungsgeld als besonderer Anreiz für sozial eher benachteiligte
Familien identifizieren, kein Angebot frühkindlicher Bildung, Betreuung und
Erziehung zu nutzen. Das Betreuungsgeld erweist sich für diejenigen Familien
als besonders attraktiv, die eine geringe Erwerbsbeteiligung aufweisen, eher
als bildungsfern beschrieben werden können und einen Migrationshintergrund haben.
Weitere Ergebnisse im Abschlussbericht
Bezogen auf Bedarfsquoten und gewünschte
Betreuungsumfänge wird im Gutachten zwischen vier kommunale Bedarfstypen
unterschieden. Der Kreis Coesfeld entspricht dem Bedarfstyp 2 – suburbane
Gebiete. Weitere Bedarfstypen sind ländlichen Region in Westdeutschland (Typ
1), nordrhein-westfälische Ballungsräume (Typ 3) und ostdeutsche Kommunen (Typ
4). Die unterschiedlichen Bedarfslagen der Bedarfstypen lassen sich demnach
durch sozialstrukturelle und sozialräumliche Bedingen in den jeweiligen
Kommunen erläutern.
Besonders in westdeutschen Kommunen – so
wurde festgestellt - wirken sich eine
zunehmende Urbanisierung, eine höhere Frauenerwerbsquote aber auch
höhere Versorgungsquoten bedarfserhöhend aus. Höhere Anteile an
Alleinerziehenden und kinderreichen Familien werden hingegen bedarfsmindernd
eingestuft. In Ostdeutschland führten hohe Versorgungsquoten nicht zu
Bedarfssteigerungen. Ein steigender Anteil von Alleinerziehenden wirke sich
hier jedoch - anders als in Westdeutschland -
bedarfserhöhend aus.
Bundesweit waren zum Zeitpunkt der Erhebung
rund zwei Drittel der bestehenden Plätze Ganztagsplatzangebote. Die Befragung
ergab, dass jedoch nur ein gutes Drittel aller Eltern diese Ganztagsbetreuung
wünscht. Weiterhin zeigten die Befragungsergebnisse, dass Eltern sich
flexiblere Bring- und Abholzeiten in den Kindertageseinrichtungen wünschen.
Im Rahmen der Befragung wurden auch
sozialstrukturelle Indikatoren wie der Erwerbsstatus, der Migrationshintergrund
und der Bildungsstatus der Eltern erhoben. Im Ergebnis führen ein niedriger
Bildungsstatus sowie Migrationshintergrund zu einer sinkenden Bereitschaft, ein
Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch zu nehmen. Dies sei – so wird
angeführt - teilweise auch auf die
gesetzlichen Regelungen vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs zum 1.8.2013
zurückzuführen.
Bei der Platzvergabe seien erwerbstätige
Eltern – die häufig auch einen höheren Bildungsstandard hatten – bevorzugt
berücksichtigt worden. Diese Restriktionen spiegelten sich auch in den
Betreuungswünschen wieder. Eltern mit Migrationshintergrund hätten häufiger
einen Betreuungswunsch, als Eltern ohne Migrationshintergrund. Der
Betreuungswunsch von Eltern mit Migrationshintergrund konnte jedoch häufiger
nicht erfüllt werden, als bei Eltern ohne Migrationshintergrund. Die Befragung
ergab zudem, dass auch Eltern mit niedrigem Bildungsstand und / oder Migrationshintergrund
häufiger Probleme hatten, ihren
Betreuungswunsch zu realisieren.
Der Rechtsanspruch sei – so wird seitens der
Gutachter gefolgert - in diesem Zusammenhang ein wichtiger Schritt in Richtung
Chancengleichheit.
Bilanz und Perspektiven im Forschungsbericht
Im Abschlussbericht wird festgestellt, dass
es eine Reihe ungedeckter Betreuungsbedarfe in den Kommunen gibt. Dies treffe
insbesondere zu, wenn Kindertagesbetreuung nicht nur die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf ermöglichen, sondern auch einen Beitrag zur Chancengleichheit
bieten soll. Die Anstrengungen, die bislang nicht erreichten Familien für die
Inanspruchnahme von frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung zu
gewinnen, sollten demnach intensiviert werden. Dabei sollten insbesondere
sozialraumbezogene Konzepte (z.B. Familienzentren) in Betracht gezogen werden.
Neben dem Erreichen des quantitativen
Ausbaus der Tagesbetreuung sollten besonders qualitative Aspekte berücksichtigt
werden. Diese umfassten insbesondere eine bedarfsgerechte Flexibilisierung von
Betreuungsumfängen und Öffnungszeiten sowie – in einigen Regionen – die
Optimierung der Mittagsverpflegungen in den Einrichtungen.
Zusammenfassende Bewertung für das
Kreisjugendamt
Die Erhebung bestätigt im Großen und Ganzen
die Annahmen aus der Bedarfsplanung des Kreisjugendamtes. Wahrnehmungen mit
Blick auf regionale Unterschiede werden tendenziell ebenso bestätigt, wie eine
gewisse Schieflage zwischen gewünschten Betreuungszeiten und tatsächlichen
Buchungen. Unterschiede bestehen in den jeweiligen Details.
Die Frage, wie das Betreuungsangebot im
Sinne von Chancengleichheit noch stärker an Eltern mit Migrationshintergrund
oder bildungsbenachteiligten Eltern heran getragen werden kann, gilt es sicher
noch genauer in den Blick zu nehmen.
Die Forschungsergebnisse sind für generelle
Fragestellungen als Argumentationshilfe nutzbar. So konnten sie bereits als Unterstützung zum
konkreten Thema „Ungedeckte Bedarfe in der Randzeitenbetreuung“ hinzugezogen
werden
Intention der Projektteilnahme war aber
auch, nutzbare Ergebnisse für die ganz konkrete Arbeit vor Ort, d.h. für die
sozialraumbezogene Bedarfsplanung zu erhalten.
In diesem Zusammenhang nicht geliefert hat das Projekt anwendbare Planungsparameter,
die ergänzend zu den reinen Bevölkerungsdaten in die Bedarfsermittlung für den
Sozialraum eingerechnet werden.