Betreff
Beteiligung an der Flughafen Münster/Osnabrück GmbH - Kapitalerhöhung 2016
Vorlage
SV-9-0220
Aktenzeichen
01.13.25-01
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der Kapitalerhöhung bei der Flughafen Münster-Osnabrück GmbH (FMO GmbH) für das Geschäftsjahr 2016 in Höhe von insgesamt 16,8 Mio. EUR entsprechend seiner Anteile am Stammkapital von 0,4514 Prozent mit 75.833 EUR durch Einzahlung in die Kapitalrücklage zum 15. Januar 2016. Grundlage ist das im Jahr 2014 von den Gremien der FMO-GmbH verabschiedete langfristige Finanzierungskonzept mit der Variante A.

 

2.    Der Kreistag weist den Vertreter des Kreises Coesfeld in der Gesellschafterversammlung der Flughafen Münster-Osnabrück GmbH an, einem entsprechenden Beschluss über die Kapitalerhöhung von 16,8 Mio. EUR mit dem darin enthaltenen Anteil des Kreises Coesfeld von 75.833 EUR zuzustimmen.

 

Begründung:

 

I.   Problem und II. Lösung

 

Der Kreistag hat sich in seiner Sitzung am 17.12.2014 mit dem langfristigen Finanzierungskonzept der Flughafen Münster-Osnabrück GmbH (FMO GmbH) befasst und in einem ersten Schritt für das laufende Jahr 2015 ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 75.833 Euro beschlossen (siehe Sitzungsvorlage SV-9-0164). Insgesamt erhält die FMO GmbH von allen seinen Gesellschaftern je nach Anteil am Stammkapital Gesellschafterdarlehen von insgesamt 16,8 Mio. Euro.

 

Dem von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC empfohlenen Finanzierungskonzept folgend sollen bekanntermaßen jetzt in den Jahren 2016 bis 2020 jährliche Eigenkapitalzuführungen durch die Gesellschafter in der gleichen Höhe von 16,8 Mio. Euro p.a. erfolgen. Das würde für den Kreis Coesfeld eine jährliche Eigenkapitalzuführung von 75.833 Euro, also insgesamt 379.165 Euro bedeuten. Für den Zeitraum 2021 bis 2023 sind dann weitere Gesellschafterdarlehn von 6,0 Mio. Euro in 2021, 5,5 Mio. Euro in 2022 und 1,5 Mio. Euro in 2023 (insgesamt 13 Mio. Euro, davon für den Kreis Coesfeld ca. 58.700 Euro) kalkuliert. Nach 2023 sind dann keine weiteren Kapitalzuführungen durch die Gesellschafter vorgesehen. Ziel der vorgesehenen Kapitalmaßnahmen ist es, durch eine Zuführung von Gesellschaftermitteln in der Kombination aus Gesellschafterdarlehen und Eigenkapitalstärkungen den Liquiditätsbedarf der Gesellschaft zu decken und darüber hinaus die Bankdarlehen nach Auslaufen der Zinsbindungszeitraums zurückzuführen, um damit die Gewinn- und Verlustrechnung der die FMO GmbH belastenden Fremdkapitalzinsen deutlich zu reduzieren.

 

Der FMO-Aufsichtsrat hat sich am 02.02.2015 erneut mit dem langfristigen Finanzierungskonzept befasst und sich einstimmig (bei einer Enthaltung) für eine für das Geschäftsjahr 2016 zum 15. Januar 2016 vorzunehmende Einzahlung in die Kapitalrücklage von insgesamt 16,8 Mio. EUR ausgesprochen. Die einzelnen Gesellschafter sollen in Höhe des jeweiligen prozentualen Anteils am Stammkapital diese Einzahlungen vornehmen. Die Beschlussempfehlung an die Gesellschafterversammlung lautet wie folgt:


Auf der Basis der im letzten Jahr durch die FMO-Gremien der langfristigen FMO-Finanzierung zugrunde gelegten Finanzierungsvariante A (s. Anlage 1) beschließt die Gesellschafterversammlung für das Geschäftsjahr 2016, konkret zum 15. Januar 2016 eine Einzahlung in die Kapitalrücklage in Höhe des jeweiligen prozentualen Anteils von 16,8 Mio. EUR des Gesellschafters am Stammkapital. Die konkreten Anteile bezogen auf die einzelnen teilnehmenden Gesellschafter ergeben sich aus der Anlage 2.

Die Verbuchung erfolgt auf der Ebene der FMO GmbH in der Kapitalrücklage. Klarstellend wird ausgeführt, dass sich die Beteiligungsverhältnisse durch die Einzahlung in die Kapitalrücklage und dadurch, dass sich Gesellschafter daran nicht beteiligen, nicht verändern.

Die Kapitalrücklage wird im Innenverhältnis der Gesellschafter individuellen Kapitalrücklagekonten gutgeschrieben. Bei einer Liquidation der Gesellschaft werden die Mittel der Kapitalrücklage zuerst ausgekehrt, so dass die Gesellschafter, die sich an der Kapitaleinzahlung nunmehr beteiligen, einen entsprechend größeren Anteil am Liquidationsüberschuss der Gesellschaft erhalten als die Gesellschafter, die sich an der Kapitaleinzahlung nicht beteiligen. Entsprechendes gilt für das Ausscheiden oder den Ausschluss einzelner Gesellschafter oder ähnlicher Beendigungen von Gesellschafterstellungen oder weiterer Beendigungstatbestände der Gesellschaft.

Die nächste Gesellschafterversammlung ist für den 28.05.2015 vorgesehen. Dort soll eine entsprechende Beschlussempfehlung unterbreitet werden.

Im FMO-Aufsichtsrat haben die PwC-Rechtsexperten auf die einschlägigen insolvenzrechtlichen Regelungen hingewiesen und dringend empfohlen, von der sukzessiven Umsetzung des der positiven Fortführungsprognose zugrundeliegenden langfristigen Finanzierungskonzeptes nicht abzuweichen. So würde eine Verweigerung einzelner Gesellschafter, der Aufsichtsrats-Beschlussempfehlung für die Ausreichung der zweiten Tranche der Zuführung von Gesellschaftermitteln zu folgen, den kollektiven Fortführungswillen in Frage stellen. Daher weist die FMO-Geschäftsführung nochmals dringend auf die einstimmige Aufsichtsratsbeschlussempfehlung im November 2014 hin, die erforderlichen Beschlüsse in den kommunalpolitischen Gremien für die Kapitalzuführung 2016 bereits im ersten Quartal 2015 einzuleiten.

Der Kreistag des Kreises Steinfurt hat die erforderliche Entscheidung zur Eigenkapitalzuführung von 16,8 Mio. Euro in 2016 als Umsetzung des zweiten Schrittes des langfristigen Finanzierungskonzepts von der Klärung offener Fragen abhängig gemacht. Im Folgenden werden wesentliche Aspekte aufgegriffen.

Hinweis: Der vollständige nichtöffentliche Fragenkatalog (mit Antworten) wird den Kreistagsmitgliedern außerhalb dieser Sitzungsvorlage gesondert zugesandt.


Nach den derzeitigen Planungen wird mit einem steigenden Passagieraufkommen ausgehend von 2014 mit damals angenommenen 880.000 Fluggästen auf 1,345 Mio. Fluggäste bis zum Jahr 2025 kalkuliert. Die Marke von 1,0 Mio. Fluggästen soll in 2017 erreicht sein. Diese prognostizierte Fluggastentwicklung wurde auf der Basis einer konkreten durch die FMO GmbH erstellten Flugplanprognose ermittelt. D. h. Flugplanszenarien wurden in Abstimmung mit den Experten von PwC für die kommenden 10 Jahre entwickelt. Die FMO-Geschäftsführung weist darauf hin, dass es sich bei der angegebenen Wachstumsrate aber lediglich um eine durchschnittliche Entwicklung handelt. Da sich der Luftverkehr auch zukünftig weiterhin sehr volatil entwickeln wird, können in einzelnen Jahren deutlich geringere, in anderen Jahren wiederum deutlich höhere Wachstumsraten entstehen. Der für das Jahr 2025 prognostizierte Endwert von 1,345 Mio. Fluggästen wird aus Sicht der FMO GmbH und der beteiligten Experten von PwC als realistisch angesehen. In der Vergangenheit hatte der FMO sogar schon einmal eine Fluggastzahl von knapp 1,8 Mio. Fluggästen erreicht. Das verdeutlicht, dass das Marktpotenzial des FMO deutlich höher ist, als es in den letzten Jahren durch die Angebotsreduzierungen abgeflogen werden konnte. Vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die Fluggesellschaft „airberlin“ aus strategischen Gründen - nicht aus Marktgründen - von allen kleineren Flughäfen, so auch vom FMO, fast komplett zurückgezogen hat und damit die weiterhin vorhandene Nachfrage aus der FMO-Region nicht mehr am FMO bedient werden konnte, sind die Fluggastzahlen in den letzten Jahren auf den heutigen Stand von knapp 900.000 Fluggästen gesunken und die vorhandenen Fluggastpotenziale zu anderen Flughäfen (z.B. Düsseldorf, Dortmund und Bremen) abgewandert. Nachdem es jetzt zunehmend gelingt, andere Fluggesellschaften für die Wiederaufnahme von Verbindungen zu gewinnen, kehren diese Fluggastpotenziale wieder zum FMO zurück. Auf dieser Basis konnte der FMO im abgeschlossenen Jahr 2014 mit +4,8 Prozent eine überproportionale Wachstumsrate bei der Flugastentwicklung (Schnitt der deutschen Flughäfen: + 2,9 Prozent) erreichen. Die im Finanzierungskonzept für das Jahr 2014 angenommene Fluggastzahl von 880.000 konnte dabei schon um 19.000 Fluggäste überschritten werden. Da sich jedoch das Marktumfeld mittlerweile sehr stark verändert hat, wird in einem überschaubaren Zeitraum der damalige Spitzenwert von 1,8 Mio. Fluggästen nicht wieder erreicht werden können. Die Erreichung eines mittleren Wertes (zwischen dem heutigen Wert und dem damaligen Maximalwert) von ca. 1,3 Mio. in einem Zeitraum von 11 Jahren sehen die FMO-Geschäftsführung und die PwC-Gutachter durchaus als realistisch an.

Mit einer kalkulierten steigenden Fluggastzahl bis zu knapp 1,4 Mio. Fluggästen im Jahr 2025 sieht die FMO-Geschäftsführung verbunden mit weiterhin durchzuführenden Kostenoptimierungen aus heutiger Sicht die Möglichkeit, ein ausgeglichenes Jahresergebnis zu erreichen. Allerdings setzt dieses die komplette Umsetzung des Finanzierungskonzeptes mit einer maßgeblichen Reduzierung der jährlichen Zinsaufwendungen voraus. Weitere betriebswirtschaftliche Potenziale bestehen aber auch in einer – wenn auch nur begrenzt möglichen – Optimierung des Non-Aviation-Geschäftes (Nicht-Luftfahrtgeschäfte, z.B. Parkgeschäft, Vermietung von Geschäftsflächen und Werbeträgern am Flughafen). Ein Beratungsunternehmen soll im ersten Halbjahr des Jahres 2015 eine Bestandsaufnahme mit Entwicklungsmöglichkeiten am FMO durchführen. Neben einer kritischen Beleuchtung des FMO-Geschäftsmodells sollen die Experten vor allem Vorschläge für eine weitere Steigerung des Non-Aviation-Geschäftes erarbeiten. Auch eine intensivere Nutzung des Terminals 2 für den Non-Aviation-Bereich wird hier geprüft.

 

Unter diesen Voraussetzungen kann auch nach Auffassung der PwC-Experten die FMO GmbH ab dem Jahr 2018 wieder ein positives operatives Ergebnis (ohne Zinsen, Steuern und Abschreibungen) im FMO-Konzern erreichen. Dieses positive operative Ergebnis soll bis zum Jahr 2025 auf etwa 5,8 Mio. EUR steigen. Dann wird der FMO wieder aus dem operativen Betrieb einen Eigenbeitrag zur Finanzierung einbringen können. Da sich neben dem positiven operativen Ergebnis immer noch relativ hohe Abschreibungen und darüber hinaus – wenn auch reduzierte – Zinsaufwendungen bemerkbar machen, ist ein positives Gesamtjahresergebnis (Jahresüberschuss) erst ab dem Jahr 2024 prognostiziert.

Noch im Jahr 2011 hatte der FMO mit einer Fluggastzahl von 1,329 Mio. ein positives Jahresergebnis (Jahresüberschuss) erwirtschaftet. Damals waren die Zinsaufwendungen noch deutlich höher, als sie im Jahr 2025 nach Umsetzung der Entschuldung sein werden. Die aus Sicht der FMO-Geschäftsführung realistische Vorhersage des Gesamtergebnisses zeigt aber das typische Problem, das derzeit alle kleinen und mittelgroßen Flughäfen haben. Von 25 deutschen Flughäfen schaffen es nur noch 5 Großflughäfen, ihre hohen infrastrukturellen Kosten komplett zu decken und damit positive Jahresergebnisse abzuliefern. Alle anderen Flughäfen - und somit auch deutlich größere Flughäfen als der FMO - erwirtschaften derzeit und auch zukünftig Jahresfehlbeträge, die teilweise deutlich über denen des FMO liegen. Flughäfen müssen daher wie andere infrastrukturelle Einrichtungen (Autobahnen, Straßen, Häfen, Bahnlinien etc.) als Teile der Daseinsvorsorge angesehen werden. sie werden nur bei einer sehr guten Auslastung in der Lage sein, ihre hohen infrastrukturellen Kosten zu decken.

 

III. Alternativen
Der Kreis beteiligt sich nicht an der vom Aufsichtsrat der FMO GmbH  vorgeschlagenen Einzahlung in die Kapitalrücklage. Die Folgen einer solchen Entscheidung sind unter Ziff. I. dargestellt.

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Eine haushaltsmäßige Veranschlagung einer Kapitalerhöhung ist bisher nicht erfolgt. Es ist vorgesehen, die erforderlichen Mittel für die Einzahlung in die Kapitalrücklage  – falls der Kreistag dem Beschlussvorschlag folgt – im Aufstellungsverfahren für den Haushalt 2016 zu berücksichtigen. Bis dahin wird rechtlich noch geprüft, ob die Form der Einzahlung in die Kapitalrücklage ohne Veränderung des Anteils an der Gesellschaft als investive Auszahlung angesehen werden kann oder ob es sich um eine konsumtive Auszahlung handelt. Um die Gemeinden des Kreises nicht unmittelbar zu belasten, wird die Ausweisung als investive Ausgabe angestrebt. 

Der Beschluss umfasst nur die Zuführungen zur Kapitalrücklage in 2016. Entscheidungen über die dargestellten weiteren Zuführungen und Gesellschafterdarlehen für die späteren Jahre werden damit noch nicht getroffen.

V. Zuständigkeit für die Entscheidung
§§ 26 Abs. 1 KrO NRW, 53 Abs. 1 KrO NRW