Beschlussvorschlag:
1. Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der
Kapitalerhöhung bei der Flughafen Münster-Osnabrück GmbH (FMO GmbH) für das
Geschäftsjahr 2016 in Höhe von insgesamt 16,8 Mio. EUR entsprechend seiner
Anteile am Stammkapital von 0,4514 Prozent mit 75.833 EUR durch Einzahlung in
die Kapitalrücklage zum 15. Januar 2016. Grundlage ist das im Jahr 2014 von den
Gremien der FMO-GmbH verabschiedete langfristige Finanzierungskonzept mit der
Variante A.
2. Der Kreistag weist den Vertreter des Kreises Coesfeld
in der Gesellschafterversammlung der Flughafen Münster-Osnabrück GmbH an, einem
entsprechenden Beschluss über die Kapitalerhöhung von 16,8 Mio. EUR mit dem
darin enthaltenen Anteil des Kreises Coesfeld von 75.833 EUR zuzustimmen.
Begründung:
I. Problem und II. Lösung
Der Kreistag hat sich in seiner
Sitzung am 17.12.2014 mit dem langfristigen Finanzierungskonzept der Flughafen
Münster-Osnabrück GmbH (FMO GmbH) befasst und in einem ersten Schritt für das
laufende Jahr 2015 ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 75.833 Euro
beschlossen (siehe Sitzungsvorlage SV-9-0164). Insgesamt erhält die FMO GmbH
von allen seinen Gesellschaftern je nach Anteil am Stammkapital
Gesellschafterdarlehen von insgesamt 16,8 Mio. Euro.
Dem von der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC empfohlenen Finanzierungskonzept folgend
sollen bekanntermaßen jetzt in den Jahren 2016 bis 2020 jährliche
Eigenkapitalzuführungen durch die Gesellschafter in der gleichen Höhe von 16,8
Mio. Euro p.a. erfolgen. Das würde für den Kreis Coesfeld eine jährliche Eigenkapitalzuführung
von 75.833 Euro, also insgesamt 379.165 Euro bedeuten. Für den Zeitraum 2021
bis 2023 sind dann weitere Gesellschafterdarlehn von 6,0 Mio. Euro in 2021, 5,5
Mio. Euro in 2022 und 1,5 Mio. Euro in 2023 (insgesamt 13 Mio. Euro, davon für
den Kreis Coesfeld ca. 58.700 Euro) kalkuliert. Nach 2023 sind dann keine
weiteren Kapitalzuführungen durch die Gesellschafter vorgesehen. Ziel der
vorgesehenen Kapitalmaßnahmen ist es, durch eine Zuführung von
Gesellschaftermitteln in der Kombination aus Gesellschafterdarlehen und
Eigenkapitalstärkungen den
Liquiditätsbedarf der Gesellschaft zu decken und darüber hinaus die
Bankdarlehen nach Auslaufen der Zinsbindungszeitraums zurückzuführen, um damit
die Gewinn- und Verlustrechnung der die FMO GmbH belastenden Fremdkapitalzinsen
deutlich zu reduzieren.
Der
FMO-Aufsichtsrat hat sich am 02.02.2015 erneut mit dem langfristigen
Finanzierungskonzept befasst und sich einstimmig (bei einer Enthaltung) für
eine für das Geschäftsjahr 2016 zum 15. Januar 2016 vorzunehmende Einzahlung in
die Kapitalrücklage von insgesamt 16,8 Mio. EUR ausgesprochen. Die einzelnen
Gesellschafter sollen in Höhe des jeweiligen prozentualen Anteils am
Stammkapital diese Einzahlungen vornehmen. Die Beschlussempfehlung an die
Gesellschafterversammlung lautet wie folgt:
Auf der Basis der im letzten Jahr durch die FMO-Gremien der langfristigen
FMO-Finanzierung zugrunde gelegten Finanzierungsvariante A (s. Anlage 1)
beschließt die Gesellschafterversammlung für das Geschäftsjahr 2016, konkret
zum 15. Januar 2016 eine Einzahlung in die Kapitalrücklage in Höhe des
jeweiligen prozentualen Anteils von 16,8 Mio. EUR des Gesellschafters am
Stammkapital. Die konkreten Anteile bezogen auf die einzelnen teilnehmenden
Gesellschafter ergeben sich aus der Anlage 2.
Die
Verbuchung erfolgt auf der Ebene der FMO GmbH in der Kapitalrücklage.
Klarstellend wird ausgeführt, dass sich die Beteiligungsverhältnisse durch die
Einzahlung in die Kapitalrücklage und dadurch, dass sich Gesellschafter daran
nicht beteiligen, nicht verändern.
Die
Kapitalrücklage wird im Innenverhältnis der Gesellschafter individuellen
Kapitalrücklagekonten gutgeschrieben. Bei einer Liquidation der Gesellschaft
werden die Mittel der Kapitalrücklage zuerst ausgekehrt, so dass die
Gesellschafter, die sich an der Kapitaleinzahlung nunmehr beteiligen, einen
entsprechend größeren Anteil am Liquidationsüberschuss der Gesellschaft
erhalten als die Gesellschafter, die sich an der Kapitaleinzahlung nicht
beteiligen. Entsprechendes gilt für das Ausscheiden oder den Ausschluss
einzelner Gesellschafter oder ähnlicher Beendigungen von
Gesellschafterstellungen oder weiterer Beendigungstatbestände der Gesellschaft.
Die nächste
Gesellschafterversammlung ist für den 28.05.2015 vorgesehen. Dort soll eine
entsprechende Beschlussempfehlung unterbreitet werden.
Im
FMO-Aufsichtsrat haben die PwC-Rechtsexperten auf die einschlägigen
insolvenzrechtlichen Regelungen hingewiesen und dringend empfohlen, von der
sukzessiven Umsetzung des der positiven Fortführungsprognose zugrundeliegenden
langfristigen Finanzierungskonzeptes nicht abzuweichen. So würde eine
Verweigerung einzelner Gesellschafter, der Aufsichtsrats-Beschlussempfehlung
für die Ausreichung der zweiten Tranche der Zuführung von Gesellschaftermitteln
zu folgen, den kollektiven Fortführungswillen in Frage stellen. Daher weist die
FMO-Geschäftsführung nochmals dringend auf die einstimmige
Aufsichtsratsbeschlussempfehlung im November 2014 hin, die erforderlichen
Beschlüsse in den kommunalpolitischen Gremien für die Kapitalzuführung 2016
bereits im ersten Quartal 2015 einzuleiten.
Der Kreistag
des Kreises Steinfurt hat die erforderliche Entscheidung zur
Eigenkapitalzuführung von 16,8 Mio. Euro in 2016 als Umsetzung des zweiten
Schrittes des langfristigen Finanzierungskonzepts von der Klärung offener
Fragen abhängig gemacht. Im Folgenden werden wesentliche Aspekte aufgegriffen.
Hinweis: Der vollständige nichtöffentliche
Fragenkatalog (mit Antworten) wird den Kreistagsmitgliedern außerhalb dieser
Sitzungsvorlage gesondert zugesandt.
Nach den derzeitigen Planungen wird mit einem steigenden Passagieraufkommen
ausgehend von 2014 mit damals angenommenen 880.000 Fluggästen auf 1,345 Mio.
Fluggäste bis zum Jahr 2025 kalkuliert. Die Marke von 1,0 Mio. Fluggästen soll
in 2017 erreicht sein. Diese prognostizierte Fluggastentwicklung wurde auf der
Basis einer konkreten durch die FMO GmbH erstellten Flugplanprognose ermittelt.
D. h. Flugplanszenarien wurden in Abstimmung mit den Experten von PwC für die
kommenden 10 Jahre entwickelt. Die FMO-Geschäftsführung weist darauf hin, dass
es sich bei der angegebenen Wachstumsrate aber lediglich um eine
durchschnittliche Entwicklung handelt. Da sich der Luftverkehr auch zukünftig
weiterhin sehr volatil entwickeln wird, können in einzelnen Jahren deutlich
geringere, in anderen Jahren wiederum deutlich höhere Wachstumsraten entstehen.
Der für das Jahr 2025 prognostizierte Endwert von 1,345 Mio. Fluggästen wird
aus Sicht der FMO GmbH und der beteiligten Experten von PwC als realistisch angesehen.
In der Vergangenheit hatte der FMO sogar schon einmal eine Fluggastzahl von
knapp 1,8 Mio. Fluggästen erreicht. Das verdeutlicht, dass das Marktpotenzial
des FMO deutlich höher ist, als es in den letzten Jahren durch die
Angebotsreduzierungen abgeflogen werden konnte. Vor allem vor dem Hintergrund,
dass sich die Fluggesellschaft „airberlin“ aus strategischen Gründen - nicht
aus Marktgründen - von allen kleineren Flughäfen, so auch vom FMO, fast
komplett zurückgezogen hat und damit die weiterhin vorhandene Nachfrage aus der
FMO-Region nicht mehr am FMO bedient werden konnte, sind die Fluggastzahlen in
den letzten Jahren auf den heutigen Stand von knapp 900.000 Fluggästen gesunken
und die vorhandenen Fluggastpotenziale zu anderen Flughäfen (z.B. Düsseldorf,
Dortmund und Bremen) abgewandert. Nachdem es jetzt zunehmend gelingt, andere
Fluggesellschaften für die Wiederaufnahme von Verbindungen zu gewinnen, kehren
diese Fluggastpotenziale wieder zum FMO zurück. Auf dieser Basis konnte der FMO
im abgeschlossenen Jahr 2014 mit +4,8 Prozent eine überproportionale
Wachstumsrate bei der Flugastentwicklung (Schnitt der deutschen Flughäfen: +
2,9 Prozent) erreichen. Die im Finanzierungskonzept für das Jahr 2014
angenommene Fluggastzahl von 880.000 konnte dabei schon um 19.000 Fluggäste
überschritten werden. Da sich jedoch das Marktumfeld mittlerweile sehr stark
verändert hat, wird in einem überschaubaren Zeitraum der damalige Spitzenwert
von 1,8 Mio. Fluggästen nicht wieder erreicht werden können. Die Erreichung eines
mittleren Wertes (zwischen dem heutigen Wert und dem damaligen Maximalwert) von
ca. 1,3 Mio. in einem Zeitraum von 11 Jahren sehen die FMO-Geschäftsführung und
die PwC-Gutachter durchaus als realistisch an.
Mit einer
kalkulierten steigenden Fluggastzahl bis zu knapp 1,4 Mio. Fluggästen im Jahr
2025 sieht die FMO-Geschäftsführung verbunden mit weiterhin durchzuführenden
Kostenoptimierungen aus heutiger Sicht die Möglichkeit, ein ausgeglichenes
Jahresergebnis zu erreichen. Allerdings setzt dieses die komplette Umsetzung
des Finanzierungskonzeptes mit einer maßgeblichen Reduzierung der jährlichen
Zinsaufwendungen voraus. Weitere betriebswirtschaftliche Potenziale bestehen
aber auch in einer – wenn auch nur begrenzt möglichen – Optimierung des
Non-Aviation-Geschäftes (Nicht-Luftfahrtgeschäfte, z.B. Parkgeschäft,
Vermietung von Geschäftsflächen und Werbeträgern am Flughafen). Ein
Beratungsunternehmen soll im ersten Halbjahr des Jahres 2015 eine
Bestandsaufnahme mit Entwicklungsmöglichkeiten am FMO durchführen. Neben einer
kritischen Beleuchtung des FMO-Geschäftsmodells sollen die Experten vor allem
Vorschläge für eine weitere Steigerung des Non-Aviation-Geschäftes erarbeiten.
Auch eine intensivere Nutzung des Terminals 2 für den Non-Aviation-Bereich wird
hier geprüft.
Unter diesen
Voraussetzungen kann auch nach Auffassung der PwC-Experten die FMO GmbH ab dem
Jahr 2018 wieder ein positives operatives Ergebnis (ohne Zinsen, Steuern und
Abschreibungen) im FMO-Konzern erreichen. Dieses positive operative Ergebnis soll
bis zum Jahr 2025 auf etwa 5,8 Mio. EUR steigen. Dann wird der FMO wieder aus
dem operativen Betrieb einen Eigenbeitrag zur Finanzierung einbringen können.
Da sich neben dem positiven operativen Ergebnis immer noch relativ hohe
Abschreibungen und darüber hinaus – wenn auch reduzierte – Zinsaufwendungen
bemerkbar machen, ist ein positives Gesamtjahresergebnis (Jahresüberschuss)
erst ab dem Jahr 2024 prognostiziert.
Noch im Jahr
2011 hatte der FMO mit einer Fluggastzahl von 1,329 Mio. ein positives Jahresergebnis
(Jahresüberschuss) erwirtschaftet. Damals waren die Zinsaufwendungen noch
deutlich höher, als sie im Jahr 2025 nach Umsetzung der Entschuldung sein
werden. Die aus Sicht der FMO-Geschäftsführung realistische Vorhersage des
Gesamtergebnisses zeigt aber das typische Problem, das derzeit alle kleinen und
mittelgroßen Flughäfen haben. Von 25 deutschen Flughäfen schaffen es nur noch 5
Großflughäfen, ihre hohen infrastrukturellen Kosten komplett zu decken und
damit positive Jahresergebnisse abzuliefern. Alle anderen Flughäfen - und somit
auch deutlich größere Flughäfen als der FMO - erwirtschaften derzeit und auch
zukünftig Jahresfehlbeträge, die teilweise deutlich über denen des FMO liegen.
Flughäfen müssen daher wie andere infrastrukturelle Einrichtungen (Autobahnen,
Straßen, Häfen, Bahnlinien etc.) als Teile der Daseinsvorsorge angesehen
werden. sie werden nur bei einer sehr guten Auslastung in der Lage sein, ihre
hohen infrastrukturellen Kosten zu decken.