Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, die Gespräche mit potentiellen Gutachtern auf Grundlage des Anforderungsprofils (siehe Begründung in SV-9-0273) zu führen.
Begründung:
1. Rückblick
Seit Mitte der 90er Jahre wird der ÖPNV
im Münsterland geprägt durch das differenzierte Bedienungsmodell. Dieses
Bedienungsmodell bot für jeden Teilraum und für jede Verkehrsnachfrage ein
maßgeschneidertes ÖPNV-Produkt.
Die demographische Entwicklung war
noch geprägt vom Bevölkerungswachstum. Die umfassenden Schülerverkehre bildeten
das Rückgrat des ÖPNV.
Die erste Fortschreibung des
Nahverkehrsplanes ab 2003 beinhaltete eine Weiterentwicklung des Status Quo und
stand unter einem klaren Finanzierungsvorbehalt. Geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen
erforderten Anpassungen sowie die Ausrichtung auf den sich
liberalisierenden Markt und Wettbewerb im ÖPNV.
In den Kreisen Borken, Coesfeld und Warendorf wurden in 2006 die zweiten
Nahverkehrspläne verabschiedet. Durch die seit 2008/2009 laufenden
Vergabeverfahren war bereits eine Konkretisierung bei der Festlegung des
Leistungsangebotes der zu vergebenen Linien notwendig geworden. Die einzelnen
Festlegungen erfolgten durch die Beschlüsse der Liniensteckbriefe, die Teil des
Nahverkehrsplanes wurden. Ebenso wurde die Linienbündelung in den einzelnen
Kreisen angepasst und durch jeweilige Beschlüsse als Teil des NVP aktualisiert.
2.
Herausforderungen der Nahverkehrsplanung
Die
demographische Entwicklung, das geänderte Mobilitätsverhalten der Bevölkerung,
die zunehmende Digitalisierung und
Vernetzung stellen die Nahverkehrsplanung vor neue
Herausforderungen. Es gilt Antworten zu finden auf die Mobilität 2020 und
darüber hinaus.
Die
konkreten Fragen, die es zu beantworten gilt, lautet: Wie bewegen sich die Menschen
(insbesondere Pendler, Schüler, Senioren und Touristen) in Zukunft in der
Region? Was sind wirtschaftlich, technisch und sozial innovative
Mobilitätskonzepte?
Der neue Nahverkehrsplan muss sich mit diesen Fragen auseinander
setzen und am Ende Antworten bieten. Erste Anhaltspunkte bieten sicherlich die
Ergebnisse, die in der AG Mobilität im Auftrag des Präsidiums der Münsterlandkonferenz unter Leitung der Regierungsvizepräsidentin Frau Feller erarbeitet
wurden.
Die Kreise streben in dieser Fortschreibung eine umfassende
Bürgerbeteiligung an, um somit eine frühzeitige Akzeptanz der neuen Mobilitätskonzepte
einerseits und andererseits eine eher praxisorientierte und weniger
wissenschaftstheoretische Nahverkehrsplanung zu erreichen. In den Kreisen Borken und
Warendorf sollen dafür Daten aus einer Mobilitätsanalyse im Rahmen der AGFS als
einen Teil der Grundlagendaten für die Fortschreibung genutzt werden. Diese
Daten mit anonymisierten Mobilitätsprofilen werden bis Ende des Jahres 2015 für
die Fortschreibung durch das dann beauftragte Büro zur Verfügung stehen.
Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen hieraus sollen helfen die Frage, welchen
ÖPNV benötigen wir in der Zukunft, zu beantworten.
Das heutige Netz soll dabei überprüft und als Planungsgrundlage genommen werden. Darauf aufbauend sind im Rahmen der
Daseinsvorsorge Angebote vorzuhalten, die die Bevölkerung in Zukunft mobil
hält. Hierbei gibt es keine Denkverbote.
Neue innovative Ideen sind ebenso auf Umsetzbarkeit zu prüfen, wie die
Weiterentwicklung des Bestandes.
Die Fortschreibung der Nahverkehrspläne soll in den Kreisen wieder
gemeinsam durchgeführt werden. Darauf haben sich die Kreise Borken, Coesfeld
und Warendorf verständigt. Der Kreis Steinfurt hat ebenfalls Interesse an einer
gemeinsamen Fortschreibung bekundet.
3.
Verfahrensablauf
Ab Herbst 2015 sollen die Nahverkehrspläne fortgeschrieben werden.
Folgendes Verfahren ist für die Fortschreibung der
Nahverkehrspläne vorgesehen:
1.
Mobilitätsanalyse (Kreise Borken und
Warendorf) im Rahmen der AGFS-Förderung
2.
Beauftragung eines Planungsbüros für
die Erstellung der Nahverkehrspläne
3.
Bürgerbeteiligung
4.
Beteiligung Träger öffentlicher
Belange/Anhörung
5.
Politische Begleitung/Beratung
In der Vorbereitung auf die
Fortschreibung ist vorgesehen,
Ende Juni / Anfang Juli 2015 eine Auswahl von Gutachtern zu einer Präsentation
einzuladen. In diesen Gesprächen besteht für die Gutachter die Möglichkeit, unter
Berücksichtigung der nachfolgenden thematischen Gliederung ihre Vorstellungen
einer innovativen Nahverkehrsplanung und einer „Mobilität 2020+“ zu erläutern.
Der Dritte Nahverkehrsplan soll folgende Themenbereiche abdecken:
Demografische Entwicklung und die
daraus resultierenden Folgen
•
Entwicklung
der Schülerzahlen sowie die Veränderungen der Schulsysteme
•
Überalterung der Bevölkerung
o
Bedeutung
für die zukünftigen Angebote? (Ausdünnung ÖPNV?)
o
Finanzielle
Auswirkungen (Mindereinnahmen Schülerverkehr)
o
Kompensationsmöglichkeiten
(Finanzierungskonzepte)
o
Neue
Verkehrsangebote è siehe
Weiterentwicklung und Verzahnung der ÖPNV Mobilitätsangebote
Erhalt/Stärkung/Optimierung der
vorhandenen Angebote
•
Netzhierarchie
(Definition von Produkten)
•
Überprüfung
des Netzes
o
ausschl. Ausrichtung auf ein solitäres Oberzentrum
o
Erreichbarkeit
der Nachbarorte
o
Tangentialverbindungen
o
Kreisgrenzen
überschreitende Verbindungen
o
Definition
von Standards
o
Linienbündelung
• Ausbau und
Optimierung der Verknüpfung Bus/Bus und insbesondere Bus/Schiene
o
Verlässlichkeit
der Anschlüsse (fehlende, mangelhafte, unzuverlässige Anschlüsse)
Zudem müssen auch erstmals
Festlegungen für die Stadt- und Ortsverkehre getroffen werden.
Weiterentwicklung und Verzahnung der
Mobilitätsangebote
•
Was
gibt es für neue Mobilitätsangebote
o z.B. „Olfener
Modell“
•
Förderung
und Ausbau der Multimodalität
o Lösungen für die
„erste Meile“ und „letzte Meile“
o
Leihräder
o
E-Bikes
o
Sichere
Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an Haltestellen
o
Car-sharing
o
Verknüpfungspunkte
• Haltestellen-Standards
(Beleuchtung, Fahrradabstellanlage), siehe auch Fahrgastinformation
• Erreichbarkeit der
Haltestellen
• Anschlusssicherung
• Abgrenzung/Integration
Schülerverkehre
• Barrierefreiheit
•
Taktfahrplan/Taktlücken
•
Abendfahrten/Spätfahrten
•
Wochenendverkehr
•
Berufsverkehre
•
Stadtverkehre
bzw. Ortsverkehre
•
Nachtbusse
•
TaxiBus-Verkehre
•
Bürgerbusse
(Stärkung des Ehrenamtes)
•
Freizeitverkehre
o
Fahrrad-/Fietsenbusse/Fahrradmitnahme
o
Freizeitbusse
è Entwicklung von
Maßnahmenpaketen
Fahrgastinformation
•
Echtzeitinformation
an den Haltestellen
Tarifangelegenheiten
•
VGM-Tarif
- Westfalentarif
•
Semesterticket
•
Elektronisches
Fahrgeldmanagement
Rechtliche Rahmenbedingungen
•
Inkrafttreten des neuen Personenbeförderungsgesetzes
(PBefG) zum Dezember 2012 sowie die
EU-VO 1370 aus 2007 sowie
•
die bestehende und zum 01.01.2021
anstehende erneute Direktvergabe an die Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM).
•
wie
ist die Rechtsvorgabe z.B. vollständige
Barrierefreiheit zu 2022 zu realisieren?
Die
Ergebnisse dieser Gutachtergespräche werden mit einer Beschlussempfehlung zur
Beauftragung eines gemeinsamen Gutachters den Gremien des Kreistages im Herbst
2015 vorgestellt.