Betreff
Aufgabenzuwachs im Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e. V.
Vorlage
SV-9-0376
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreis Coesfeld stimmt dem erweiterten Arbeitsumfang des Naturschutzzentrums Kreis Coesfeld e. V. vorbehaltlich des Haushaltsbeschlusses zum Haushalt 2016 ff. sowie einer entsprechenden Mittelbereitstellung durch das Land NRW zu.

Begründung:

 

I. / II     Problem / Lösung

Mit dem „Naturräumlichen Fachkonzept Biologische Stationen NRW“ hat das Land die Entwicklung der Biologischen Stationen im Land Nordrhein-Westfalen 1990 aufgegriffen und forciert, um in den Regionen des Landes das langjährig gewachsene bürgerschaftliche Engagement für den Naturschutz mit den Zielen der Naturschutzpolitik des Landes zu verknüpfen.

 

Vor dem Hintergrund zunehmender gesetzlicher Verpflichtungen auf EU-/Bundes- und Landesebene hat sich am 11. Dezember 1995 auch der Kreis Coesfeld entschlossen, eine entsprechende Naturschutzeinrichtung in enger Abstimmung mit den landwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Institutionen einzurichten. Diese Naturförderstation unter dem Dach der Naturfördergesellschaft für den Kreis Coesfeld e. V. hat in 1996 ihre bisher erfolgreiche Arbeit aufgenommen und firmiert seit 2010 unter dem Namen Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e. V., das seit 2014 seinen Sitz auf dem Alten Hof Schoppmann in Nottuln-Darup hat.

 

Neben der Unterstützung der unteren Landschaftsbehörde bei ihren Pflichtaufgaben sind und waren Kernaufgaben die fachliche und praktische Schutzgebietsbetreuung sowie Pflichtaufgaben des Biotop- und Artenschutzes.

Im Vertrag zur Errichtung einer entsprechenden Naturschutzeinrichtung mit dem Land NRW sind die Aufgaben und Verpflichtungen der Vertragspartner geregelt. Das Land fördert die Einrichtung auf der Grundlage eines jährlich aufzustellenden Arbeits- und Maßnahmenplanes mit einer Förderungsquote von 80 %. Der Kreis hat sich verpflichtet, die restlichen 20 % zu finanzieren (Rahmenvereinbarung zwischen dem Land NRW und dem Kreis Coesfeld vom 04.12.2001, siehe Anlage).

 

Gemäß dem Konzept der Naturschutzeinrichtungen sind nachfolgende Aufgaben durch die Stationen pflichtgemäß abzudecken:

 

Schutzgebietsbetreuung (Natura 2000-Gebiete, Naturschutzgebiete):

1.    Schutzgebietsbezogenes Projektmanagement

2.    Entwicklung und Fortschreibung von Pflege- und Entwicklungsplänen (PEPL) für Schutzgebiete, Durchführung von Effizienzkontrollen

3.    Praktische Durchführung und fachliche Begleitung von Landschaftspflege- und Entwicklungsmaßnahmen (z. B. Neuanlage von Kleingewässern, Pflege von Sonderbiotopen, Wiedervernässungsmaßnahmen, praktisches Biotopmanagement inklusive Pflege mit Hilfe von Rindern, Schafen etc.)

4.    Unterstützung der Planung und Umsetzung von Rekultivierungsmaßnahmen sowie der begleitenden Planung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Rahmen der Gebietsbetreuung

5.    Fachliche Betreuung von Flächen zum Biotop- und Artenschutz im öffentlichen Eigentum oder im Eigentum von Stiftungen und Vereinen, sofern ihre satzungsgemäßen Ziele dem Erhalt von Natur und Landschaft dienen

6.    Besondere Schutzgebiete des kohärenten europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“: Monitoring in Gebieten der FFH- und der EG-Vogelschutz-Richtlinie in Abstimmung mit dem LANUV; Biotoptypen- und Grünlandkartierungen sowie Aktualisierung des Biotopkatasters; Erarbeitung von Pflege- und Entwicklungsplänen/Maßnahmenkonzepten (MAKO)

 

Vertragsnaturschutz:

1.    Betreuung von Land- und Forstwirten bei der naturschutzgerechten Bewirtschaftung von Flächen in der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung

2.    Einwerben von Bewirtschaftungsverträgen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes

3.    Naturschutzbezogene Beratung von Landwirten beim ökologischen Landbau und bei Fragen der Regionalvermarktung

4.    Effizienzkontrollen (Kulturlandschaftsprogramm)

 

Artenschutz:

Entwicklung, Durchführung und Betreuung von Artenschutzprogrammen und einzelnen Artenschutzprojekten; hierunter fallen auch die aktuellen Themen Feldvogelschutz (Kiebitz, Feldlerche u. a.) sowie der Erhalt und die Entwicklung artenreicher Säume in der Landschaft (Runder Tisch Biodiversität des Kreises Coesfeld)

 

Wissenschaftliche und beratende Aufgaben:

1.    Erhebung wissenschaftlicher Grundlagendaten in Schutzgebieten sowie schutzwürdigen Gebieten (faunistische, floristische und vegetationskundliche Erhebungen, dauerhaftes Monitoring ausgewählter Flächen oder Artengruppen, Datenfortschreibung)

2.    Praxisbezogene wissenschaftliche Forschungsarbeit

3.    Beratung von Behörden bei deren naturschutzbezogenen Planungen und Vorhaben inkl. Beratung bei Eingriffen in Natur und Landschaft (z. B. Planung von Windvorrangzonen)

 

Natur- und umweltbezogene Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit („Regionales Profil“):

1.    Allgemeine Informationsarbeit

2.    Information über Natur und Landschaft in den Schutzgebieten (Besucherlenkungsmaßnahmen in Schutzgebieten, Angebot von Fachexkursionen mit Schwerpunkt Baumbergeregion sowie Schlösserachse Nordkirchen & Westerwinkel, Venner Moor und zukünftig auch ehemaliger Truppenübungsplatz „Borkenberge“)

3.    Öffentlichkeitsarbeit über praktische Naturschutzarbeit ( Pressemitteilungen zur Flora und Fauna, Kulturlandschaftspflege)

 

Neben den vertraglich fixierten Aufgaben werden seitens des Naturschutzzentrums Kreis Coesfeld e. V. Projektarbeiten durchgeführt, die insbesondere der Förderung des Tourismus dienen. Beispielhaft sind hier zu nennen:

            - Schlösserachse Nordkirchen & Westerwinkel,

            - FFH-Identitäten vernetzen (Ziel 2-Projekt),

            - Alter Hof Schoppmann

und in Vorbereitung

            - WasserWegeSteverLeben (Regionale 2016-Projekt)

 

Durch diese Aktivitäten wurden zusätzliche Gelder in Höhe von rd. 2,8 Mio. € akquiriert, die wiederum im Kreis Coesfeld investiert wurden und nicht zuletzt der Tourismusförderung zugutegekommen sind.

 

Waren in 2005 zur Bewältigung dieser Aufgaben noch 3.110 Verrechnungseinheiten (VE) ausreichend, sind sie in 2011 sowie 2013 sukzessive angepasst worden und umfassen heute einen Stand von 4.729 VE. Eine VE mit 53,33 € entspricht seit Inkrafttreten der entsprechenden Förderrichtlinien -FÖBS- vom 01.01.2005 einer Facharbeiterstunde. Sie deckt neben den Personal- auch alle notwendigen Sachkosten sowie die im Rahmen der Geschäftsführung und Verwaltung anstehenden Aufwendungen ab.

 

Im Rahmen der notwendigen Beratungen über die Aufstellung des satzungsbestimmten Arbeitsprogramms 2016 am 01.10.2015 bei der Bezirksregierung Münster wurde deutlich, dass vor dem Hintergrund stetig gestiegener Vorgaben (s. o.) die VE bei Weitem nicht mehr ausreichen.

 

Das wesentlichste Kriterium begründet sich schon alleine in der zu erwartenden Schutzgebietsbetreuung und wird im Folgenden beispielhaft erläutert.

Die nachstehende Tabelle zeigt die Statistik zur Entwicklung der Schutzgebietsfläche im Kreis Coesfeld seit 2002, die bis heute fast zu einer Verdopplung der zu betreuenden Fläche geführt hat. Nach Inkrafttreten der aktuell in Aufstellung befindlichen Landschaftspläne wird sich die zu betreuende Schutzgebietsfläche um weitere 18 % erhöhen.

 

Tabelle: Statistik zur Schutzgebietsentwicklung im Kreis Coesfeld

 

Landschaftspläne bis 2002

LP 1

Coesfelder Heide-Flamschen (1985)

  3 NSG

   109 ha

LP 2

Merfelder Bruch-Borkenberge (1990)

  9 NSG

1.739 ha

LP 3

Olfen-Seppenrade (1999)

11 NSG

   500 ha

LP 4

Nordkirchen-Herbern (2002)

  8 NSG

   759 ha

 

Summe

31 NSG

3.107 ha

Landschaftspläne 2004 - 2007

LP 5

Rosendahl (2004)

17 NSG

   538 ha

LP 6

Rorup (2004)

  8 NSG

   727 ha

LP 7

Baumberge-Süd (2007)

15 NSG

   640 ha

Summe

40 NSG

1.905 ha

NSG-Verordnungen

außerhalb von LP

  7 NSG

1.164 ha

2015

insgesamt

78 NSG

6.176 ha

Landschaftspläne ab 2015

LP 8

Baumberge-Nord (2015)

13 NSG

   614 ha

LP 9

Buldern

  6 NSG

   184 ha

LP 10

Lüdinghausen

  5 NSG

   359 ha

LP 11

Davensberg-Senden

12 NSG

 1.118 ha

Summe

36 NSG

 2.275 ha

 

In den neuen Landschaftsplänen werden 7 bestehende Altverordnungen integriert. Die Alt-Verordnungs-Gebiete waren auch bisher zu betreuen, sind also insofern nicht als neu zu betreuende Gebiete zu werten. Es verbleiben somit 29 zusätzliche NSG mit 1.111 ha.

 

Gesamtübersicht zu betreuender Schutzgebiete:

Naturschutzgebiete bei Gründung des NZ (2002)                       31 NSG      3.107 ha  

Naturschutzgebiete heute:                                                           78 NSG      6.176 ha 

Naturschutzgebiete neue LP (abzüglich der bereits

berücksichtigten Alt-Verordnungs-Gebiete):                               29 NSG      1.111 ha 

Naturschutzgebiete gesamt zukünftig:                                107 NSG      7.287 ha 

 

Neben dem rein flächenmäßigen Zuwachs sind auch die materiellen Anforderungen und die jeweiligen Berichtspflichten auf Grund naturfachlicher Vorgaben der EU und des Bundes deutlich angewachsen.

 

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass mit dem bisher zugestandenen Zuwachs an Verrechnungseinheiten eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung nicht erfolgen und die Schutzgebietsbetreuung sich nur auf die naturschutzfachlich wertvollsten Gebiete bzw. Gebiete, bei denen Pflichtaufgaben z. B. im Rahmen der EU-Berichtspflicht anstanden, konzentrieren konnte.

War bisher eine Ausweitung der VE auch seitens des Landes nicht angedacht, wird diese nun in Aussicht gestellt. Um insbesondere die Schutzgebietsbetreuung zu intensivieren, ist eine Steigerung der VE erforderlich.

 

Neben dem starken Anstieg der zu betreuenden Schutzgebietsfläche steigt auch der Bedarf an Beratung zu Artenschutzfragen bei Eingriffen (z. B. Windkraft, Straßenbau, Baugebiete, Stallbauten) stark an. Hier arbeitet das Naturschutzzentrum in enger Abstimmung mit der unteren Landschaftsbehörde. Dieser Bedarf kann mit dem vorhandenen Personal nicht mehr bedient werden.

 

Neben diesem näher erläuterten Arbeitsfeld führen im Weiteren

·         die geforderten und politisch unterstützten Artenschutzprojekte (Feldvogelschutz/Blüh­streifen/Biodiversität) sowie

·         die mit dem Umzug auf den Alten Hof Schoppmann in Darup anstehenden Arbeitsbereiche (Eine zukunftsorientierte Präsentation des Naturschutzzentrums mit entsprechenden Öffentlichkeitsansprüchen war an dem Altstandort in Coesfeld nicht mehr gegeben.)

zu einer Erhöhung um mindestens 3.200 Verrechnungseinheiten.

III. Alternativen

Zur Erfüllung seiner Pflichtaufgaben im Bereich der Naturschutzgebietsbetreuung und Artenschutz stellt der Kreis Coesfeld eigene Personalressourcen zur Verfügung. Nach Einschätzung der Verwaltung ergibt sich für die Aufgabenwahrnehmung ein personeller Mehrbedarf von 1,5 - 2 Stellen, die ohne Landesförderung komplett durch den Kreis zu finanzieren sind (Kosten ca. 99.000 - 124.000 €/Jahr gemäß KGST 2012).

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Der Zuschussbedarf für das Naturschutzzentrum erhöht sich um ca. 34.000 €/Jahr. Für das Haushaltsjahr 2016 ff. sind für das Naturschutzzentrum entsprechende Haushaltsmittel eingeplant worden.

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Zuständig für die Entscheidung ist gem. § 26 Abs. 1 der Kreisordnung der Kreistag.

Anlage:

 

Rahmenvereinbarung vom 04.12.2001