Beschlussvorschlag:
Der Kreis Coesfeld stimmt dem erweiterten Arbeitsumfang des Naturschutzzentrums Kreis Coesfeld e. V. vorbehaltlich des Haushaltsbeschlusses zum Haushalt 2016 ff. sowie einer entsprechenden Mittelbereitstellung durch das Land NRW zu.
Begründung:
I. / II Problem / Lösung
Mit dem „Naturräumlichen Fachkonzept
Biologische Stationen NRW“ hat das Land die Entwicklung der Biologischen
Stationen im Land Nordrhein-Westfalen 1990 aufgegriffen und forciert, um in den
Regionen des Landes das langjährig gewachsene bürgerschaftliche Engagement für
den Naturschutz mit den Zielen der Naturschutzpolitik des Landes zu verknüpfen.
Vor dem Hintergrund zunehmender gesetzlicher
Verpflichtungen auf EU-/Bundes- und Landesebene hat sich am 11. Dezember 1995
auch der Kreis Coesfeld entschlossen, eine entsprechende Naturschutzeinrichtung
in enger Abstimmung mit den landwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen
Institutionen einzurichten. Diese Naturförderstation unter dem Dach der Naturfördergesellschaft
für den Kreis Coesfeld e. V. hat in 1996 ihre bisher erfolgreiche Arbeit
aufgenommen und firmiert seit 2010 unter dem Namen Naturschutzzentrum Kreis
Coesfeld e. V., das seit 2014 seinen Sitz auf dem Alten Hof Schoppmann in
Nottuln-Darup hat.
Neben der Unterstützung der unteren
Landschaftsbehörde bei ihren Pflichtaufgaben sind und waren Kernaufgaben die
fachliche und praktische Schutzgebietsbetreuung sowie Pflichtaufgaben des
Biotop- und Artenschutzes.
Im Vertrag zur Errichtung einer
entsprechenden Naturschutzeinrichtung mit dem Land NRW sind die Aufgaben und
Verpflichtungen der Vertragspartner geregelt. Das Land fördert die Einrichtung
auf der Grundlage eines jährlich aufzustellenden Arbeits- und Maßnahmenplanes
mit einer Förderungsquote von 80 %. Der Kreis hat sich verpflichtet, die
restlichen 20 % zu finanzieren (Rahmenvereinbarung zwischen dem Land NRW
und dem Kreis Coesfeld vom 04.12.2001, siehe Anlage).
Gemäß dem Konzept der
Naturschutzeinrichtungen sind nachfolgende Aufgaben durch die Stationen pflichtgemäß
abzudecken:
Schutzgebietsbetreuung (Natura 2000-Gebiete,
Naturschutzgebiete):
1.
Schutzgebietsbezogenes Projektmanagement
2.
Entwicklung und Fortschreibung von Pflege- und Entwicklungsplänen
(PEPL) für Schutzgebiete, Durchführung von Effizienzkontrollen
3.
Praktische Durchführung und fachliche Begleitung von
Landschaftspflege- und Entwicklungsmaßnahmen (z. B. Neuanlage von
Kleingewässern, Pflege von Sonderbiotopen, Wiedervernässungsmaßnahmen,
praktisches Biotopmanagement inklusive Pflege mit Hilfe von Rindern, Schafen
etc.)
4.
Unterstützung der Planung und Umsetzung von
Rekultivierungsmaßnahmen sowie der begleitenden Planung von Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen im Rahmen der Gebietsbetreuung
5.
Fachliche Betreuung von Flächen zum Biotop- und Artenschutz im
öffentlichen Eigentum oder im Eigentum von Stiftungen und Vereinen, sofern ihre
satzungsgemäßen Ziele dem Erhalt von Natur und Landschaft dienen
6.
Besondere Schutzgebiete des kohärenten europäischen ökologischen
Netzes „Natura 2000“: Monitoring in Gebieten der FFH- und der EG-Vogelschutz-Richtlinie
in Abstimmung mit dem LANUV; Biotoptypen- und Grünlandkartierungen sowie
Aktualisierung des Biotopkatasters; Erarbeitung von Pflege- und
Entwicklungsplänen/Maßnahmenkonzepten (MAKO)
Vertragsnaturschutz:
1.
Betreuung von Land- und Forstwirten bei der naturschutzgerechten
Bewirtschaftung von Flächen in der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung
2.
Einwerben von Bewirtschaftungsverträgen im Rahmen des
Vertragsnaturschutzes
3.
Naturschutzbezogene Beratung von Landwirten beim ökologischen
Landbau und bei Fragen der Regionalvermarktung
4.
Effizienzkontrollen (Kulturlandschaftsprogramm)
Artenschutz:
Entwicklung, Durchführung und Betreuung von Artenschutzprogrammen
und einzelnen Artenschutzprojekten; hierunter fallen auch die aktuellen Themen
Feldvogelschutz (Kiebitz, Feldlerche u. a.) sowie der Erhalt und die
Entwicklung artenreicher Säume in der Landschaft (Runder Tisch Biodiversität
des Kreises Coesfeld)
Wissenschaftliche und beratende Aufgaben:
1.
Erhebung wissenschaftlicher Grundlagendaten in Schutzgebieten
sowie schutzwürdigen Gebieten (faunistische, floristische und
vegetationskundliche Erhebungen, dauerhaftes Monitoring ausgewählter Flächen
oder Artengruppen, Datenfortschreibung)
2.
Praxisbezogene wissenschaftliche Forschungsarbeit
3.
Beratung von Behörden bei deren naturschutzbezogenen Planungen und
Vorhaben inkl. Beratung bei Eingriffen in Natur und Landschaft (z. B.
Planung von Windvorrangzonen)
Natur- und umweltbezogene Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit („Regionales Profil“):
1.
Allgemeine Informationsarbeit
2.
Information über Natur und Landschaft in den Schutzgebieten
(Besucherlenkungsmaßnahmen in Schutzgebieten, Angebot von Fachexkursionen mit
Schwerpunkt Baumbergeregion sowie Schlösserachse Nordkirchen &
Westerwinkel, Venner Moor und zukünftig auch ehemaliger Truppenübungsplatz „Borkenberge“)
3.
Öffentlichkeitsarbeit über praktische Naturschutzarbeit (
Pressemitteilungen zur Flora und Fauna, Kulturlandschaftspflege)
Neben den vertraglich fixierten Aufgaben werden
seitens des Naturschutzzentrums Kreis Coesfeld e. V. Projektarbeiten
durchgeführt, die insbesondere der Förderung des Tourismus dienen. Beispielhaft
sind hier zu nennen:
-
Schlösserachse Nordkirchen & Westerwinkel,
-
FFH-Identitäten vernetzen (Ziel 2-Projekt),
-
Alter Hof Schoppmann
und in Vorbereitung
- WasserWegeSteverLeben (Regionale
2016-Projekt)
Durch diese
Aktivitäten wurden zusätzliche Gelder in Höhe von rd. 2,8 Mio. € akquiriert,
die wiederum im Kreis Coesfeld investiert wurden und nicht zuletzt der
Tourismusförderung zugutegekommen sind.
Waren in 2005 zur Bewältigung dieser
Aufgaben noch 3.110 Verrechnungseinheiten (VE) ausreichend, sind sie in 2011
sowie 2013 sukzessive angepasst worden und umfassen heute einen Stand von 4.729
VE. Eine VE mit 53,33 € entspricht seit Inkrafttreten der entsprechenden Förderrichtlinien
-FÖBS- vom 01.01.2005 einer Facharbeiterstunde. Sie deckt neben den Personal-
auch alle notwendigen Sachkosten sowie die im Rahmen der Geschäftsführung und
Verwaltung anstehenden Aufwendungen ab.
Im Rahmen der notwendigen Beratungen über
die Aufstellung des satzungsbestimmten Arbeitsprogramms 2016 am 01.10.2015 bei
der Bezirksregierung Münster wurde deutlich, dass vor dem Hintergrund stetig
gestiegener Vorgaben (s. o.) die VE bei Weitem nicht mehr ausreichen.
Das wesentlichste Kriterium begründet sich schon
alleine in der zu erwartenden Schutzgebietsbetreuung und wird im Folgenden
beispielhaft erläutert.
Die nachstehende Tabelle zeigt die Statistik
zur Entwicklung der Schutzgebietsfläche im Kreis Coesfeld seit 2002, die bis
heute fast zu einer Verdopplung der zu betreuenden Fläche geführt hat. Nach
Inkrafttreten der aktuell in Aufstellung befindlichen Landschaftspläne wird
sich die zu betreuende Schutzgebietsfläche um weitere 18 % erhöhen.
Tabelle: Statistik zur
Schutzgebietsentwicklung im Kreis Coesfeld
Landschaftspläne bis 2002 |
|||
LP 1 |
Coesfelder Heide-Flamschen (1985) |
3 NSG |
109 ha |
LP 2 |
Merfelder Bruch-Borkenberge (1990) |
9 NSG |
1.739 ha |
LP 3 |
Olfen-Seppenrade (1999) |
11 NSG |
500 ha |
LP 4 |
Nordkirchen-Herbern (2002) |
8 NSG |
759 ha |
|
Summe |
31 NSG |
3.107 ha |
Landschaftspläne 2004 - 2007 |
|||
LP 5 |
Rosendahl (2004) |
17 NSG |
538 ha |
LP 6 |
Rorup (2004) |
8 NSG |
727 ha |
LP 7 |
Baumberge-Süd (2007) |
15 NSG |
640 ha |
Summe |
40 NSG |
1.905 ha |
|
NSG-Verordnungen |
außerhalb von LP |
7 NSG |
1.164 ha |
2015 |
insgesamt |
78 NSG |
6.176 ha |
Landschaftspläne ab 2015 |
|||
LP 8 |
Baumberge-Nord (2015) |
13 NSG |
614 ha |
LP 9 |
Buldern |
6 NSG |
184 ha |
LP 10 |
Lüdinghausen |
5 NSG |
359 ha |
LP 11 |
Davensberg-Senden |
12 NSG |
1.118 ha |
Summe |
36 NSG |
2.275 ha |
In den neuen Landschaftsplänen werden 7
bestehende Altverordnungen integriert. Die Alt-Verordnungs-Gebiete waren auch
bisher zu betreuen, sind also insofern nicht als neu zu betreuende Gebiete zu
werten. Es verbleiben somit 29 zusätzliche NSG mit 1.111 ha.
Gesamtübersicht zu betreuender
Schutzgebiete:
Naturschutzgebiete bei Gründung des NZ
(2002) 31 NSG 3.107
ha
Naturschutzgebiete heute: 78 NSG 6.176
ha
Naturschutzgebiete neue LP (abzüglich der
bereits
berücksichtigten Alt-Verordnungs-Gebiete): 29 NSG 1.111
ha
Naturschutzgebiete gesamt zukünftig: 107
NSG 7.287 ha
Neben dem rein flächenmäßigen Zuwachs sind
auch die materiellen Anforderungen und die jeweiligen Berichtspflichten auf
Grund naturfachlicher Vorgaben der EU und des Bundes deutlich angewachsen.
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass
mit dem bisher zugestandenen Zuwachs an Verrechnungseinheiten eine
ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung nicht erfolgen und die
Schutzgebietsbetreuung sich nur auf die naturschutzfachlich wertvollsten
Gebiete bzw. Gebiete, bei denen Pflichtaufgaben z. B. im Rahmen der
EU-Berichtspflicht anstanden, konzentrieren konnte.
War bisher eine Ausweitung der VE auch
seitens des Landes nicht angedacht, wird diese nun in Aussicht gestellt. Um
insbesondere die Schutzgebietsbetreuung zu intensivieren, ist eine Steigerung
der VE erforderlich.
Neben dem starken Anstieg der zu betreuenden
Schutzgebietsfläche steigt auch der Bedarf an Beratung zu Artenschutzfragen bei
Eingriffen (z. B. Windkraft, Straßenbau, Baugebiete, Stallbauten) stark
an. Hier arbeitet das Naturschutzzentrum in enger Abstimmung mit der unteren
Landschaftsbehörde. Dieser Bedarf kann mit dem vorhandenen Personal nicht mehr
bedient werden.
Neben diesem näher
erläuterten Arbeitsfeld führen im Weiteren
·
die geforderten und politisch unterstützten Artenschutzprojekte
(Feldvogelschutz/Blühstreifen/Biodiversität) sowie
·
die mit dem Umzug auf den Alten Hof Schoppmann in Darup anstehenden
Arbeitsbereiche (Eine zukunftsorientierte Präsentation des Naturschutzzentrums mit entsprechenden
Öffentlichkeitsansprüchen war an dem Altstandort in Coesfeld nicht mehr gegeben.)
zu einer Erhöhung um mindestens 3.200
Verrechnungseinheiten.
III. Alternativen
Zur Erfüllung seiner Pflichtaufgaben im
Bereich der Naturschutzgebietsbetreuung und Artenschutz stellt der Kreis
Coesfeld eigene Personalressourcen zur Verfügung. Nach Einschätzung der
Verwaltung ergibt sich für die Aufgabenwahrnehmung ein personeller Mehrbedarf
von 1,5 - 2 Stellen, die ohne Landesförderung komplett durch den Kreis zu
finanzieren sind (Kosten ca. 99.000 - 124.000 €/Jahr gemäß KGST 2012).
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Der Zuschussbedarf für das
Naturschutzzentrum erhöht sich um ca. 34.000 €/Jahr. Für das Haushaltsjahr 2016
ff. sind für das Naturschutzzentrum entsprechende Haushaltsmittel eingeplant
worden.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Zuständig für die Entscheidung ist gem. § 26 Abs. 1 der Kreisordnung der Kreistag.
Anlage:
Rahmenvereinbarung vom 04.12.2001