Betreff
Neubau von 2 Windenergieanlagen in der Bauerschaft Temming in Billerbeck;
Antrag auf Befreiung von den in dem Landschaftsschutzgebiet Kentrup-Temming geltenden Verboten
Vorlage
SV-9-0513
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Erteilung einer Befreiung von den Verbotstatbeständen des Landschaftsplans Baumberge Nord wird vorbehaltlich der abschließenden Klärung artenschutz­rechtlicher Fragestellungen zugestimmt.

Begründung:

 

I. – IV. Problem / Lösung / Alternativen / Auswirkungen

 

Der Antragsteller plant die Errichtung von 2 Windenergieanlagen des Typs Nordex N131 mit einer Nennleistung von je 3 MW und Gesamthöhen von 179,9 m bzw 199,9 m in der Bauerschaft Temming unmittelbar an der Grenze zum Kreis Steinfurt.

 

Mit Rechtskraft des Landschaftsplans Baumberge Nord vom 15.10.2015 befinden sich die Planungen im Bereich des Landschaftsschutzgebietes Kentrup-Temming und unterliegen dem Bauverbotstatbestand. Unberührt vom festgesetzten Bauverbot bleibt die Errichtung von Windkraftanlagen einschließlich der hierfür erforderlichen Neben- und Erschließungsmaßnahmen innerhalb von Konzentrationszonen gem. Flächennutzungsplan. Der Flächennutzungsplan der Stadt Billerbeck ist in Aufstellung und sieht nach derzeitigem Stand im Bereich der geplanten Anlagen die Ausweisung einer Konzentrationszone vor. Es ist jedoch festzustellen, dass die südliche Anlage mit ihren Flügeln aus der Planfläche der Gemeinde herausragt und somit nicht vollständig im Plangebiet liegt. Insofern wäre die Errichtung dieser Anlage am gewählten Standort nach Rechtskraft des Flächenutzungsplanes nicht mehr zulässig. Für die beantragte Planung hat die Stadt Billerbeck ihr Einvernehmen erteilt. Der Antragsteller verfolgt somit das Anliegen, noch vor Rechtskraft des Flächenutzungsplanes eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für beide geplanten Anlagen zu erhalten.

 

Im Rahmen des Antragsverfahrens wurden u. a. eine FFH-Verträglichkeitsvorprüfung für das FFH-Gebiet Steinfurter Aa, eine Umweltverträglichkeitsstudie sowie eine Artenschutzprüfung durchgeführt und ein landschaftspflegerischer Begleitplan eingereicht.

Die Kompensation des Eingriffs in das Landschaftsbild folgt der Neuregelung des Windenergieerlasses vom 04.11.2015 mit der Berechnung eines Ersatzgeldes. Unter Einrechnung der erheblichen Vorbelastung durch den unmittelbar auf Seiten des Kreises Steinfurt angrenzenden Windpark beträgt die Gesamtsumme für beide Anlagen 45.600 Euro.

Die Artenschutzprüfung hat nach Abschluß der faunistischen Aufnahmen im Rahmen einer worst case-Betrachtung im Wesentlichen eine Betroffenheit der Belange von 1- 2 Paaren Rohrweihen aufgezeigt. Der engere Planbereich hat, wie es auch im Weiteren für das gesamte Niederungsgebiet der Steinfurter Aa anzunehmen ist, eine Bedeutung für den Nahrungserwerb sowie für Transferflüge dieser Art. Im erweiterten Untersuchungsgebiet wurden auch Brutstandorte festgestellt. Gemäß den für NRW geltenden Artenschutzleitfäden soll die Betroffenheit der Rohrweihe an der Steinfurter Aa durch die Durchführung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF) (Herstellung einer röhrichtgeprägten Flutmulde auf 540 m²; Anlage eines Brache­saums um die Flutmulde auf 3200 m²; Anlage von Extensivgrünland auf 21.380 m²; sowie weiteren begleitenden 6 Einzelmaßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität und Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Umfeld der großen Ablenkfläche auf 9120 m²) nordöstlich der Ortschaft Laer auf dem Gebiet des Kreises Steinfurt ausgeglichen werden. Die Maßnahmen befinden sich derzeit noch in der Endabstimmung mit den unteren Landschatfsbehörden beider betroffener Kreise. Ein Problem wird u. a.noch in der großen Distanz der Maßnahmen (ca. 6 km) vom Eingriffsort gesehen. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit des Antragstellers wurde zudem für weitere gemäß NRW-Windenergieerlass und Leitfäden im Sinne einer Regelfallvermutung nicht zu berücksichtigende Arten ein Ausnahmeantrag gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG von den Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG gestellt.

 

Als Schutzziele des LSG Kentrup-Temming nennt der Landschaftsplan:

- die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes (Artenschutz)

- die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft (Landschaftsbild)

- die Stärkung des Biotopverbundes. (Biotopvernetzung).

Das Landschaftsbild im engeren Umfeld ist vorbelastet durch die Errichtung von 17 Windkraftanlagen in der angrenzenden Gemeinde Altenberge / Kreis Steinfurt.

Der Standort einer der Windkraftanlagen liegt innerhalb eines Biotopverbundkorridors von „besonderer Bedeutung“ (Fachbeitrag LANUV zum Regionalplan). Der neue Windenergie-Erlass vom 04.11.2015 sieht für die Biotopverbund-Kategorie „besondere Bedeutung“ keine vertiefende Prüfung vor und geht im Regelfall davon aus, dass diese Kategorie auch innerhalb von LSG keinen Verhinderungsgrund darstellt. Dies träfe erst ab Kategorie „herausragende Bedeutung“ zu.

Die noch offenen Fragen zum Artenschutz befinden sich - wie dargelegt - in der Abstimmung.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Der Beirat kann gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 LG einer beabsichtigten Befreiung mit der Folge widersprechen, dass die Vertretungskörperschaft des Kreises über den Widerspruch zu unterrichten ist und über die Erteilung der Befreiung durch die untere Landschaftsbehörde entscheidet. Diese Befugnis des Kreistages wurde durch die Hauptsatzung des Kreises Coesfeld auf den Kreisausschuss übertragen.

Anlagen:

 

Antrag der Bürgerwindpark Steinfurter Aa Entwicklungs GbR vom 26.04.2016

mit Übersichtskarte