Antrag auf Befreiung von den in dem Landschaftsschutzgebiet Kentrup-Temming geltenden Verboten
Beschlussvorschlag:
Der Erteilung einer Befreiung von den
Verbotstatbeständen des Landschaftsplans Baumberge Nord wird vorbehaltlich der
abschließenden Klärung artenschutzrechtlicher Fragestellungen zugestimmt.
Begründung:
I. – IV. Problem / Lösung / Alternativen / Auswirkungen
Der Antragsteller plant die Errichtung von 2
Windenergieanlagen des Typs Nordex N131 mit einer Nennleistung von je 3 MW
und Gesamthöhen von 179,9 m bzw 199,9 m in der Bauerschaft Temming
unmittelbar an der Grenze zum Kreis Steinfurt.
Mit Rechtskraft des Landschaftsplans
Baumberge Nord vom 15.10.2015 befinden sich die Planungen im Bereich des
Landschaftsschutzgebietes Kentrup-Temming und unterliegen dem
Bauverbotstatbestand. Unberührt vom festgesetzten Bauverbot bleibt die
Errichtung von Windkraftanlagen einschließlich der hierfür erforderlichen
Neben- und Erschließungsmaßnahmen innerhalb von Konzentrationszonen gem.
Flächennutzungsplan. Der Flächennutzungsplan der Stadt Billerbeck ist in
Aufstellung und sieht nach derzeitigem Stand im Bereich der geplanten Anlagen
die Ausweisung einer Konzentrationszone vor. Es ist jedoch festzustellen, dass
die südliche Anlage mit ihren Flügeln aus der Planfläche der Gemeinde
herausragt und somit nicht vollständig im Plangebiet liegt. Insofern wäre die
Errichtung dieser Anlage am gewählten Standort nach Rechtskraft des Flächenutzungsplanes
nicht mehr zulässig. Für die beantragte Planung hat die Stadt Billerbeck ihr
Einvernehmen erteilt. Der Antragsteller verfolgt somit das Anliegen, noch vor
Rechtskraft des Flächenutzungsplanes eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung
für beide geplanten Anlagen zu erhalten.
Im Rahmen des Antragsverfahrens wurden
u. a. eine FFH-Verträglichkeitsvorprüfung für das FFH-Gebiet Steinfurter
Aa, eine Umweltverträglichkeitsstudie sowie eine Artenschutzprüfung
durchgeführt und ein landschaftspflegerischer Begleitplan eingereicht.
Die Kompensation des Eingriffs in das
Landschaftsbild folgt der Neuregelung des Windenergieerlasses vom 04.11.2015
mit der Berechnung eines Ersatzgeldes. Unter Einrechnung der erheblichen
Vorbelastung durch den unmittelbar auf Seiten des Kreises Steinfurt
angrenzenden Windpark beträgt die Gesamtsumme für beide Anlagen 45.600 Euro.
Die Artenschutzprüfung hat nach Abschluß der
faunistischen Aufnahmen im Rahmen einer worst case-Betrachtung im
Wesentlichen eine Betroffenheit der Belange von 1- 2 Paaren Rohrweihen
aufgezeigt. Der engere Planbereich hat, wie es auch im Weiteren für das gesamte
Niederungsgebiet der Steinfurter Aa anzunehmen ist, eine Bedeutung für den
Nahrungserwerb sowie für Transferflüge dieser Art. Im erweiterten Untersuchungsgebiet
wurden auch Brutstandorte festgestellt. Gemäß den für NRW geltenden
Artenschutzleitfäden soll die Betroffenheit der Rohrweihe an der Steinfurter Aa
durch die Durchführung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF) (Herstellung
einer röhrichtgeprägten Flutmulde auf 540 m²; Anlage eines Brachesaums um
die Flutmulde auf 3200 m²; Anlage von Extensivgrünland auf 21.380 m²;
sowie weiteren begleitenden 6 Einzelmaßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität
und Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Umfeld der großen Ablenkfläche auf
9120 m²) nordöstlich der Ortschaft Laer auf dem Gebiet des Kreises
Steinfurt ausgeglichen werden. Die Maßnahmen befinden sich derzeit noch in der
Endabstimmung mit den unteren Landschatfsbehörden beider betroffener Kreise.
Ein Problem wird u. a.noch in der großen Distanz der Maßnahmen
(ca. 6 km) vom Eingriffsort gesehen. Zur Erhöhung der
Rechtssicherheit des Antragstellers wurde zudem für weitere gemäß
NRW-Windenergieerlass und Leitfäden im Sinne einer Regelfallvermutung nicht zu
berücksichtigende Arten ein Ausnahmeantrag gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG
von den Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG gestellt.
Als Schutzziele des LSG Kentrup-Temming
nennt der Landschaftsplan:
- die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des
Naturhaushaltes (Artenschutz)
- die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der
Landschaft (Landschaftsbild)
- die Stärkung des Biotopverbundes.
(Biotopvernetzung).
Das Landschaftsbild im engeren Umfeld ist
vorbelastet durch die Errichtung von 17 Windkraftanlagen in der angrenzenden
Gemeinde Altenberge / Kreis Steinfurt.
Der Standort einer der Windkraftanlagen
liegt innerhalb eines Biotopverbundkorridors von „besonderer Bedeutung“
(Fachbeitrag LANUV zum Regionalplan). Der neue Windenergie-Erlass vom
04.11.2015 sieht für die Biotopverbund-Kategorie „besondere Bedeutung“ keine
vertiefende Prüfung vor und geht im Regelfall davon aus, dass diese Kategorie
auch innerhalb von LSG keinen Verhinderungsgrund darstellt. Dies träfe erst ab
Kategorie „herausragende Bedeutung“ zu.
Die noch offenen Fragen zum Artenschutz
befinden sich - wie dargelegt - in der Abstimmung.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Der Beirat kann gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 LG einer beabsichtigten
Befreiung mit der Folge widersprechen, dass die Vertretungskörperschaft des
Kreises über den Widerspruch zu unterrichten ist und über die Erteilung der
Befreiung durch die untere Landschaftsbehörde entscheidet. Diese Befugnis des
Kreistages wurde durch die Hauptsatzung des Kreises Coesfeld auf den Kreisausschuss
übertragen.
Anlagen:
Antrag der Bürgerwindpark Steinfurter Aa Entwicklungs GbR vom 26.04.2016
mit Übersichtskarte