Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird ermächtigt,
- die Optionserklärung gem. § 27 Abs. 22 Umsatzsteuergesetz (UStG) gegenüber dem Finanzamt Coesfeld bis zum 31.12.2016 abzugeben
und
- alle weiteren notwendigen Erklärungen zur Umsatzsteuer einschließlich eines evtl. späteren Widerrufs der Optionserklärung abzugeben. Dem Kreistag ist anschließend entsprechend zu berichten.
Begründung:
I. Problem
Durch
das Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015 (BGBl. I. S. 1834) wurden u. a.
die Vorschriften für die Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen
Rechts mit Umsatzsteuer grundlegend geändert. Von zentralem Interesse für die
Gebietskörperschaften ist darin der neu eingeführte § 2b Umsatzsteuergesetz
(UStG) zu nennen. § 2b UStG regelt die Kriterien einer Unternehmereigenschaft
juristischer Personen des öffentlichen Rechts im Hinblick auf bestimmte
Tätigkeiten, die gegenüber Dritten erbracht werden.
Ausgangspunkt
für die Einführung des neuen Paragrafen war vor allem die Umsetzung der
europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sowie die Bestrebung
nach Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen durch Tätigkeiten der öffentlichen
Hand und vielfältige Urteile des Bundesfinanzhofes zu diesem Themengebiet in
den vergangenen Jahren.
Die
neue Regelung soll als Zielsetzung eine europarechtskonforme Ausgestaltung der
Umsatzbesteuerung der Gebietskörperschaften gewährleisten und gleichzeitig
rechtssicher verhindern, dass sinnvolle interkommunale Strukturen durch eine
Umsatzsteuerpflicht verhindert werden. Neben der Neueinführung des § 2b UStG
wurde der § 2 Abs. 3 UStG, der die Unternehmereigenschaft einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts bisher geregelt hat, gestrichen. Das hat zur
Konsequenz, dass eine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft von juristischen
Personen des öffentlichen Rechts künftig grundsätzlich allumfänglich gegeben
ist.
Demnach
gelten nunmehr juristische Personen des öffentlichen Rechts nur dann nicht als
Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechtes, soweit sie Tätigkeiten ausüben,
die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, und sofern eine
Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen
würde. Damit werden zukünftig sämtliche auf privatrechtlicher Grundlage
ausgeübten Tätigkeiten grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sein, sofern keine
Befreiung nach § 4 UStG vorliegt.
Insbesondere
die kommunalen Spitzenverbände haben sich im Zuge der Reform des
Umsatzsteuerrechts mit großem Nachdruck dafür eingesetzt, dass auch unter
Eingang europarechtlicher Vorgaben in das deutsche Umsatzsteuerrecht möglichst
weite Bereiche kommunalen Handelns umsatzsteuerbefreit bleiben, z. B. auch
interkommunale Kooperationen, die durch Wirtschaftlichkeitserwägungen und
Konsolidierungsdruck in der jüngeren Vergangenheit sehr an Bedeutung gewonnen
haben. Deutlich wurde dabei für den Fall einer Ausweitung der Steuerpflicht
auch wiederholt auf die Verteuerung des kommunalen Leistungsangebots
hingewiesen. Mit dem verabschiedeten
Steueränderungsgesetz 2015 wurde den Forderungen des kommunalen Bereichs aber
nur für eng umrissene Tätigkeiten und unter relativ hohen Anforderungen
nachgekommen.
Für die Geltung der neuen umsatzsteuerlichen Vorschriften für
die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind verschiedene, teilweise
optionale Übergangsfristen vorgesehen.
Zwingend ist zunächst nach § 27 Abs. 22 S. 1 UStG, dass § 2
Absatz 3 UStG auf Umsätze, die nach dem 31.12.2015 und vor dem 01.01.2017
ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden ist. Somit gilt für das Jahr 2016 die
bis zum 31.12.2015 insoweit geltende Rechtslage fort.
Weiter kann eine juristische Person des öffentlichen Rechts
dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Absatz 3 UStG für
sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 ausgeführte Leistungen
weiterhin anwendet.
Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne
Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis
zum 31.12.2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die
Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden (§ 27 Abs. 22 S. 3 bis 6
UStG). Mit der Ausübung des Optionsrechts würde die bis zum 31.12.2015 insoweit
geltende Rechtslage bis (längstens) zum Ende des Jahres 2020 fortgelten.
II. Lösung
Um beurteilen und entscheiden zu können, ob die Abgabe der
umsatzsteuerlichen Option gegenüber dem Finanzamt Vor- oder Nachteile für den
Kreis Coesfeld hat, wurden bereits vorab alle Umsätze und Vereinbarungen des
Kreises mit Dritten, deren Regelungsinhalte andauern, erfasst. Für die Analyse
und Bewertung der erfassten Geschäftsvorfälle und ihre umsatzsteuerlichen
Auswirkungen wurde ein Steuerberater hinzugezogen.
Die Prüfung der Geschäftsvorfälle hat ergeben, dass die
Abgabe der Erklärung erfolgen sollte. Dieses Prüfergebnis wurde vom
Steuerberater bestätigt.
Aus Sicht der Verwaltung sollte es nach sachgerechter
Interessenabwägung zunächst bei einer Beibehaltung der bisherigen Umsatzbesteuerung
durch eine rechtzeitige Ausübung des Optionsrechts verbleiben.
Wie bereits erwähnt, kann die juristische Person des öffentlichen Rechts dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Absatz 3 UStG für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben und kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. Sollte sich im Laufe der zunächst angedachten Optionszeit (Beibehaltung des bisherigen Steuerrechts für noch fünf Jahre) bis Ende 2020 zeigen, dass sich doch finanzielle oder sonstige Vorteile für den Kreis Coesfeld aus der Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts ergeben können, besteht damit die Möglichkeit für den Kreis Coesfeld, eine abgegebene Optionserklärung auch frühzeitig vor Ende 2020 zu widerrufen und dann doch vorher zur Anwendung des neuen Steuerrechts zu gelangen. Ein solcher Fall könnte beispielsweise dann eintreten, wenn zwar aus den Erträgen Umsatzsteuer abgeführt werden muss, aber unter Umständen Aufwendungen (z. B. im Zusammenhang mit Zahlungen für Investitionen) im Gegenzug zu einer Umsatzsteuererstattung führen können. Ein evtl. Widerruf würde dann mit Wirkung von Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres wirksam werden.
III. Alternativen
Vom Kreis Coesfeld wird eine Optionserklärung nicht abgegeben. Ohne Optionserklärung wäre damit eine sofortige Anwendung ausschließlich des neuen Umsatzsteuerrechts zwingend. Weil die Optionserklärung nur innerhalb der nicht verlängerbaren Ausschlussfrist bis zum 31.12.2016 abgegeben werden kann, andererseits aber eine Widerrufsmöglichkeit der Optionserklärung besteht, sichert die rechtzeitige Abgabe einer Optionserklärung der Kreisverwaltung sämtliche Handlungsmöglichkeiten auch künftig noch zwischen neuem und altem Umsatzsteuerrecht wechseln zu können.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Die finanziellen Auswirkungen sind abhängig von den zu identifizierenden Geschäftsvorfällen. Bei Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts ab 2021 können sich ggfls. Mehraufwendungen ergeben. Hierfür sind dann entsprechende Haushaltsmittel bei den Haushaltsplanungen ab 2021 zu berücksichtigen.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreistages ergibt sich aus § 26 Abs. 1 KrO NRW.