Betreff
Auswirkungen des § 2b Umsatzsteuergesetz - Optionserklärung zur Übergangsregelung
Vorlage
SV-9-0676
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird ermächtigt,

 

  1. die Optionserklärung gem. § 27 Abs. 22 Umsatzsteuergesetz (UStG) gegenüber dem Finanzamt Coesfeld bis zum 31.12.2016 abzugeben

 

und

 

  1. alle weiteren notwendigen Erklärungen zur Umsatzsteuer einschließlich eines evtl. späteren Widerrufs der Optionserklärung abzugeben. Dem Kreistag ist anschließend entsprechend zu berichten.

Begründung:

 

I.   Problem

Durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015 (BGBl. I. S. 1834) wurden u. a. die Vorschriften für die Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Umsatzsteuer grundlegend geändert. Von zentralem Interesse für die Gebietskörperschaften ist darin der neu eingeführte § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) zu nennen. § 2b UStG regelt die Kriterien einer Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts im Hinblick auf bestimmte Tätigkeiten, die gegenüber Dritten erbracht werden.

 

Ausgangspunkt für die Einführung des neuen Paragrafen war vor allem die Umsetzung der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sowie die Bestrebung nach Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen durch Tätigkeiten der öffentlichen Hand und vielfältige Urteile des Bundesfinanzhofes zu diesem Themengebiet in den vergangenen Jahren.

 

Die neue Regelung soll als Zielsetzung eine europarechtskonforme Ausgestaltung der Umsatzbesteuerung der Gebietskörperschaften gewährleisten und gleichzeitig rechtssicher verhindern, dass sinnvolle interkommunale Strukturen durch eine Umsatzsteuerpflicht verhindert werden. Neben der Neueinführung des § 2b UStG wurde der § 2 Abs. 3 UStG, der die Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bisher geregelt hat, gestrichen. Das hat zur Konsequenz, dass eine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts künftig grundsätzlich allumfänglich gegeben ist.

 

Demnach gelten nunmehr juristische Personen des öffentlichen Rechts nur dann nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechtes, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, und sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Damit werden zukünftig sämtliche auf privatrechtlicher Grundlage ausgeübten Tätigkeiten grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sein, sofern keine Befreiung nach § 4 UStG vorliegt.

 

Insbesondere die kommunalen Spitzenverbände haben sich im Zuge der Reform des Umsatzsteuerrechts mit großem Nachdruck dafür eingesetzt, dass auch unter Eingang europarechtlicher Vorgaben in das deutsche Umsatzsteuerrecht möglichst weite Bereiche kommunalen Handelns umsatzsteuerbefreit bleiben, z. B. auch interkommunale Kooperationen, die durch Wirtschaftlichkeitserwägungen und Konsolidierungsdruck in der jüngeren Vergangenheit sehr an Bedeutung gewonnen haben. Deutlich wurde dabei für den Fall einer Ausweitung der Steuerpflicht auch wiederholt auf die Verteuerung des kommunalen Leistungsangebots hingewiesen. Mit dem verabschiedeten Steueränderungsgesetz 2015 wurde den Forderungen des kommunalen Bereichs aber nur für eng umrissene Tätigkeiten und unter relativ hohen Anforderungen nachgekommen.

 

Für die Geltung der neuen umsatzsteuerlichen Vorschriften für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind verschiedene, teilweise optionale Übergangsfristen vorgesehen.

 

Zwingend ist zunächst nach § 27 Abs. 22 S. 1 UStG, dass § 2 Absatz 3 UStG auf Umsätze, die nach dem 31.12.2015 und vor dem 01.01.2017 ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden ist. Somit gilt für das Jahr 2016 die bis zum 31.12.2015 insoweit geltende Rechtslage fort.

 

Weiter kann eine juristische Person des öffentlichen Rechts dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Absatz 3 UStG für sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet.

 

Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31.12.2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden (§ 27 Abs. 22 S. 3 bis 6 UStG). Mit der Ausübung des Optionsrechts würde die bis zum 31.12.2015 insoweit geltende Rechtslage bis (längstens) zum Ende des Jahres 2020 fortgelten.

 

II.  Lösung

Um beurteilen und entscheiden zu können, ob die Abgabe der umsatzsteuerlichen Option gegenüber dem Finanzamt Vor- oder Nachteile für den Kreis Coesfeld hat, wurden bereits vorab alle Umsätze und Vereinbarungen des Kreises mit Dritten, deren Regelungsinhalte andauern, erfasst. Für die Analyse und Bewertung der erfassten Geschäftsvorfälle und ihre umsatzsteuerlichen Auswirkungen wurde ein Steuerberater hinzugezogen.

 

Die Prüfung der Geschäftsvorfälle hat ergeben, dass die Abgabe der Erklärung erfolgen sollte. Dieses Prüfergebnis wurde vom Steuerberater bestätigt.

 

Aus Sicht der Verwaltung sollte es nach sachgerechter Interessenabwägung zunächst bei einer Beibehaltung der bisherigen Umsatzbesteuerung durch eine rechtzeitige Ausübung des Optionsrechts verbleiben.

 

Wie bereits erwähnt, kann die juristische Person des öffentlichen Rechts dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Absatz 3 UStG für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben und kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden. Sollte sich im Laufe der zunächst angedachten Optionszeit (Beibehaltung des bisherigen Steuerrechts für noch fünf Jahre) bis Ende 2020 zeigen, dass sich doch finanzielle oder sonstige Vorteile für den Kreis Coesfeld aus der Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts ergeben können, besteht damit die Möglichkeit für den Kreis Coesfeld, eine abgegebene Optionserklärung auch frühzeitig vor Ende 2020 zu widerrufen und dann doch vorher zur Anwendung des neuen Steuerrechts zu gelangen. Ein solcher Fall könnte beispielsweise dann eintreten, wenn zwar aus den Erträgen Umsatzsteuer abgeführt werden muss, aber unter Umständen Aufwendungen (z. B. im Zusammenhang mit Zahlungen für Investitionen) im Gegenzug zu einer Umsatzsteuererstattung führen können. Ein evtl. Widerruf würde dann mit Wirkung von Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres wirksam werden.

 

III. Alternativen

Vom Kreis Coesfeld wird eine Optionserklärung nicht abgegeben. Ohne Optionserklärung wäre damit eine sofortige Anwendung ausschließlich des neuen Umsatzsteuerrechts zwingend. Weil die Optionserklärung nur innerhalb der nicht verlängerbaren Ausschlussfrist bis zum 31.12.2016 abgegeben werden kann, andererseits aber eine Widerrufsmöglichkeit der Optionserklärung besteht, sichert die rechtzeitige Abgabe einer Optionserklärung der Kreisverwaltung sämtliche Handlungsmöglichkeiten auch künftig noch zwischen neuem und altem Umsatzsteuerrecht wechseln zu können.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Die finanziellen Auswirkungen sind abhängig von den zu identifizierenden Geschäftsvorfällen. Bei Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts ab 2021 können sich ggfls. Mehraufwendungen ergeben. Hierfür sind dann entsprechende Haushaltsmittel bei den Haushaltsplanungen ab 2021 zu berücksichtigen.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Zuständigkeit des Kreistages ergibt sich aus § 26 Abs. 1 KrO NRW.