Beschlussvorschlag:
Der Antrag des Kinderschutzbundes auf Förderung einer Fachstelle gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kreis Coesfeld wird aufgrund des bestehenden Angebotes an Beratung und Hilfen abgelehnt.
Begründung:
I. - III.
Der Deutsche Kinderschutzbund Kreisverband Coesfeld e.V. möchte als
konfessionsungebundener Träger der Jugendhilfe eine Fachstelle gegen Gewalt an
Kindern und Jugendlichen im Kreis Coesfeld eröffnen. Es wird folgendes
intendiert: „Das Angebot sieht vor allem die akute Krisenintervention vor sowie
die psychosoziale Beratung von Kindern und Jugendlichen sowie von betroffenen
Angehörigen und Freunden vor. (…) Neben persönlichen Gesprächen sind im
Bedarfsfall unbürokratische Unterstützungsangebote wie z.B. die Begleitung zu
Terminen bei Polizei, Ärzten, Ämtern, Schulen und Behörden vorgesehen. Auch
Menschen, die beruflich mit Gewalt an Kindern und Jugendlichen konfrontiert
werden oder wurden sollen in der Kontaktstelle Rat und Unterstützung finden.
Daneben ist erklärtes Ziel, über die verschiedenen Formen von Gewalt an Kindern
und Jugendlichen aufzuklären. Dies dient gleichermaßen der
Öffentlichkeitsarbeit wie der Prävention.“ (Konzeption S. 4,5).
Der vom 17.11.2016 datierte und beim Kreis Coesfeld am 18.11.2016
eingegangene Antrag wurde in der Jugendhilfeausschusssitzung am 06.12.2016
sowie im Kreisausschuss am 14.12.2016 thematisiert. Am 14.12.2016 wurde
beschlossen, die Entscheidung über den Antrag zurückzustellen und eine
Behandlung für den Haushalt 2018 vorzusehen. Die Verwaltung wurde beauftragt zu
klären, wie sich das beantragte Angebot in das bestehende Netzwerk einfügen
würde.
Das Thema „Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ ist ein sehr wichtiges.
Der Kinderschutzbund stellt zu Recht klar, dass es eine hohe Dunkelziffer der
betroffenen Kinder und Jugendlichen gibt. Neben dem Kinderschutzbund gibt es im
Kreisgebiet verschiedene andere freie Träger der Jugendhilfe, die Beratung und
Hilfen, auch niedrigschwellig und anonym, anbieten.
1.
Unter anderem
zählen folgende Aufgaben zu den Leistungen der Erziehungsberatungsstelle des
Caritasverbandes:
-
Allgemeine
Beratung und Unterstützung von Eltern, Kindern und Jugendlichen
-
Krisenintervention
-
Vorhalten von
Sprechstunden
-
Prävention
(Elterngesprächskreise, Vorträge, Veröffentlichungen, Diskussionen,
Veranstaltungen und Projekte)
-
Fachliche
Beratung und Mitarbeit in Gremien
-
Vernetzung der
psychosozialen Versorgung in der Region
-
Fachberatung für
Fachkräfte anderer Einrichtungen (z.B. Kindergärten, Schulen)
-
Öffentlichkeitsarbeit
(vgl. geltender Vertrag, Leistungsbeschreibung des Trägers).
2.
Daneben stellt
die Anlauf- und Beratungsstelle Frauen
e.V. psychosoziale Beratung und Unterstützung für Mädchen ab 14 Jahren und
Frauen in unterschiedlichen krisenhaften Situationen sicher und wird hierfür
vom Kreis pauschal gefördert. Die Unterstützung umfasst neben der Beratung der
Betroffenen auch die Begleitung zu Ärzten, Polizei, Gericht, Jugendamt etc.,
Hilfen in Krisensituationen sowie die Beratung von Angehörigen und
Bezugspersonen.
3.
Auch Zartbitter
Münster e.V. erhält eine pauschale Förderung. Das Angebot schließt neben der
Einzelberatung von sexualisierter Gewalt betroffener Mädchen und Jungen ab 14
Jahren auch die Beratung von Bezugspersonen und Fachkräften sowie Rat und
Unterstützung in Krisensituationen ein.
4.
Die ärztliche
Kinderschutzambulanz Münster arbeitet mit Kindern und Jugendlichen, die
Erfahrung von sexueller und/oder körperlicher Gewalt und/oder Vernachlässigung
haben. Zum Leistungsangebot zählen hier: Erstabklärung, Diagnostik, Beratung,
Therapie, Fachberatung sowie die Erstellung von Gutachten. Therapiert werden
dort auch Jugendliche, die Kinder sexuell missbraucht haben. Dabei werden
Familien, Betreuer und andere in die Arbeit einbezogen.
5.
In allen
Familienzentren im Kreisgebiet werden offene Sprechstunden für die Eltern
angeboten.
6.
Der Runde Tisch
zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Kindern im Kreis Coesfeld hat sich zum
Ziel gesetzt, durch eine gute Vernetzung der Akteure im Kreis Coesfeld,
betroffenen Kindern und Frauen schnelle Hilfe zu ermöglichen.
7.
Neben den
genannten Anlauf- und Beratungsangeboten steht das Jugendamt für sämtliche
Fragen den Schutz von Kindern und die Erziehung betreffend zur Verfügung. Es
finden regelmäßige Sprechstunden des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) in den
einzelnen Städten und Gemeinden statt. Bei Bedarf werden Hilfen zur Erziehung
gewährt.
Die Teamkoordinatorinnen der sozialen Dienste sowie
die Fachdienstleitung Sozialpädagogische Jugend- und Familienhilfe,
Jugendförderung stehen für die Beratung bei Fragen möglicher
Kindeswohlgefährdung von Berufsgeheimnisträgern zur Verfügung. Es besteht eine
klare Dienstanweisung zum Umgang mit möglichen Anhaltspunkten für eine
Kindeswohlgefährdung.
Zur Sicherung des Schutzes von Kindern und
Jugendlichen wurden mit allen Schulen und Kindertageseinrichtungen im
Kreisgebiet sowie allen Trägern offener Kinder- und Jugendarbeit Vereinbarungen
zum Umgang mit Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung geschlossen, welche
klare Verfahrensstandards enthalten.
Ebenso wurden Infobroschüren und Flyer
(mit)entwickelt, die Handlungsempfehlungen sowie eine Liste der Ansprechpartner/innen
(inklusive des Kinder- und Jugendtelefons „Nummer gegen Kummer“) enthalten.
In Fällen von häuslicher Gewalt gibt es eine gute
Kooperation zwischen dem Kreisjugendamt und der Polizei. Das Jugendamt wird
zeitnah über erfolgte Einsätze informiert und die Polizei macht auf die
vorhandenen Beratungsangebote aufmerksam. Darüber hinaus gibt es die
„Vereinbarung zum Verfahren der Einschaltung von Hilfen zur Suchtproblematik in
Fällen häuslicher Gewalt“ zwischen dem Kreis Coesfeld, der Kreispolizeibehörde,
dem Caritasverband, der AWO, dem IBP, Frauen e.V. und Haus Maria Veen.
8.
In Punkt 4.3 der
Konzeption für die Fachstelle gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kreis
Coesfeld ist zu lesen, dass auch die Vermittlung in Schutzeinrichtungen und
eine akute Krisenintervention eine Rolle spielen sollen und im Falle einer
akuten Kindeswohlgefährdung ein sofortige Tätigwerden sowie abgestimmte
Interventionen wichtig seien. Zu diesem Punkt ist zu sagen, dass vorläufige
Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (Inobhutnahmen) zu den
hoheitlichen Aufgaben zählen und somit in der Verantwortung des Jugendamtes
liegen. Es existiert ein kreisweiter Bereitschaftsdienst über die Kiwo
Jugendhilfe gGmbH.
9.
Die
Gewaltpräventionskurse „Mein Körper gehört mir“, von der Theaterpädagogischen
Werkstatt Osnabrück, werden seit dem Schuljahr 2015/16 gefördert. Der Kreis
übernimmt die Kosten für die Durchführung des Präventionsprogramms in allen 4.
Schulklassen (Grundschulen) sowie für den Eltern- bzw. Präsentationsabend an
der Schule.
Das Programm „Nein darf sein!“ wird von der
Offenen Jugendarbeit Ascheberg (OJA), ebenfalls für Grundschulen, angeboten.
Der Kurs „Mut tut gut“ ist unter dem Dach des
Kinderschutzbundes verortet und wird bereits überwiegend in
Kindertageseinrichtungen umgesetzt.
Frauen e.V. bietet Selbstbehauptungskurse für
Mädchen unterschiedlicher Altersgruppen an (i.d.R. ab 7-12 Jahren, je nach
Bedarf). Die Kurse finden in Kooperation mit Jugendzentren, OGS, FBS oder
anderen Partnern statt. Das Angebot wurde 2014 vom KJA gefördert.
Daneben gibt es den Arbeitskreis
„Prävention“, an dem sich dem sich die drei Jugendämter im Kreis Coesfeld
beteiligen. Innerhalb des Arbeitskreises hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet,
die sich intensiv mit den Themen Medienbildung und Medienkompetenz beschäftigt
hat. Es erfolgte die Schulung von sogenannten Medienscouts, die als
Multiplikatoren Projekte an verschiedenen Schulen für jüngere Jahrgänge
durchgeführt haben.
Zusammenfassend ist
festzuhalten, dass es im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes eine gut
ausgebaute Infrastruktur und mit den diversen runden Tischen auch eine starke
Vernetzung was das wichtige Thema „Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ betrifft, gibt.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal,
IT, sonstige Ressourcen)
Die Gesamtkosten für die
Fachstelle gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kreis Coesfeld nach dem
vorliegenden Konzept belaufen sich auf eine Summe von jährlich 68.694, 97 €.
Hinzukommen einmalige Investitionskosten in Höhe von 5.380,00 €.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Gemäß § 71 SGB VIII in Verbindung mit § 5 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung grundsätzlich zuständig. Aufgrund der Auswirkungen auf den Zuschuss des Produktbereiches 51 – Jugendamt und möglicherweise auf den Hebesatz der Kreisumlage-Mehrbelastung Jugendamt ist für die Entscheidung der Kreistag zuständig.