Beschlussvorschlag:
Der Bericht wird zur Kenntnis genommen.
Begründung:
I. Problem
II. Lösung
III. Alternativen
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
I. – V.
AL Sörries berichtet über den ersten Landeskulturbericht.
Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes
Nordrhein-Westfalen (MFKJKS NRW) hat im März 2017 den ersten
Landeskulturbericht Nordrhein-Westfalen veröffentlicht. Der Bericht wurde
aufgrund von § 25 Kulturfördergesetz NRW (KFG NRW) erstellt und soll erstmals
zum Ende dieser Legislaturperiode einen Überblick über die kulturellen
Aktivitäten im öffentlichen Raum geben.
Der Landeskulturbericht soll die „politische
Bedeutung der Kultur – auf Landesebene, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden
– unterstreichen und stärken“.
Er soll auch dazu beitragen, dass die Kulturförderung
von Land und Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden zukünftig stärker korrespondieren
und ineinandergreifen kann, ohne die jeweilige Planungs- und
Entscheidungsfreiheit zu tangieren.
Der erste Landeskulturbericht erhebt und sammelt
detaillierte Informationen zu wichtigen Themen der Kulturpolitik (kulturelle
Infrastruktur, kulturelle Teilhabe, beruflich-soziale Lage der Künstlerinnen
und Künstler), strukturiert und analysiert sie und entwickelt
Handlungsvorschläge. Im Zentrum des Berichts stehen die Kapitel zwei bis fünf,
die dem Ziel dienen, die „Lage der Kultur im Land“ sichtbar zu machen und zu
beschreiben.
Dies geschieht vor allem durch drei Schwerpunkte:
• eine Bestandsaufnahme der kulturellen
Infrastruktur und ihrer Finanzierung
• eine Analyse der kulturellen Beteiligung und
ihrer Entwicklung und
• eine Darstellung der wirtschaftlichen und
sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler
Zusammenfassung der Bestandsaufnahme und Analyse der kulturellen
Infrastruktur in Nordrhein –Westfalen:
Rund 1,8 Mrd.
Euro Kulturförderung: Insgesamt stellten Land und Kommunen im Jahr 2014
1.796 Mio. Euro für den Erhalt und die Förderung der originären Kultur und der
kulturnahen Bereiche zur Verfügung. Dies entspricht gegenüber dem Jahre 2010
einem Plus von 107 Mio. Euro (+6 %).
Gemeinden als wichtigste Kulturträger in
NRW:
2014 übernahmen die Gemeinden und Gemeindeverbände
mit 1.268 Mio. Euro knapp 71 % der insgesamt aufgewendeten Grundmittel für die
Förderung der originären Kultur und der kulturnahen Bereiche.
Nordrhein-Westfalen ist so das Bundesland mit dem höchsten
Kommunalisierungsgrad der öffentlichen Ausgaben für Kultur.
Ausgabeschwerpunkte Theater, Musik, Museen
und Ausstellungen:
Der mit Abstand bedeutendste Sektor im originären
Kulturbereich in Nordrhein-Westfalen ist der Sektor Theater und Musik. 43 %
aller Grundmittel für den originären Kulturbereich flossen 2014 hier hinein.
Mit gut 23 % der Grundmittel (366 Mio. Euro) wurden 2014 Museen, Sammlungen und
Ausstellungen bezuschusst.
Je größer die Stadt, desto höher ist die
Pro-Kopf-Förderung für Kultur. Während die Grundmittel pro Kopf für den
originären Kulturbereich in Gemeinden bis 10.000 Einwohnern durchschnittlich
unter 10 Euro liegen, betragen sie in Gemeinden mit mehr als 200.000
Einwohnern über 100 Euro. Die kreisfreien Städte in
NRW tragen auf kommunaler Ebene mit 65 % der Grundmittel (2014) die Hauptlast
der Finanzierung im originären Kulturbereich.
Kultur
aus der Perspektive der Gemeinden und Kreise:
Gemeindebefragung
als Auftakt für ein kontinuierliches Monitoring: Im Vorfeld des
Landeskulturberichtes wurde eine Vollerhebung bei allen 396 Gemeinden und allen
Landkreisen zu ihrer kulturellen und kulturpolitischen Situation durchgeführt.
Die Erhebung thematisiert die kulturelle Infrastruktur mit Blick auf die
Akteurinnen und Akteure der Sektoren öffentliche Hand, Zivilgesellschaft und
Wirtschaft.
Ergebnis: Öffentliche Kulturverwaltungen sind in der Regel kombiniert mit anderen
Ressorts bzw. Einrichtungen. Eigenständige Kulturdezernate und Kulturämter sind
außerhalb der
Großstädte eher selten. Insbesondere Gemeinden mit
bis zu 20.000 Einwohnern verfügen über keine bzw. kleine öffentliche
Organisationsstrukturen.
In der Regel kann die kommunale Kulturarbeit erst
in Gemeinden ab 50.000 Einwohnern auf einen größeren Personalstamm in der
Kulturverwaltung zurückgreifen.
In zwei Dritteln der Gemeinden pflegen
Kultureinrichtungen regelmäßige interkommunale Kooperationen; in größeren
Gemeinden liegt der Anteil deutlich höher. Insbesondere Volkshochschulen,
Musikschulen, Kulturämter und Bibliotheken arbeiten so.
Wichtigstes
kulturpolitisches Handlungsfeld in den Gemeinden ist die kulturelle Bildung. Aber
auch die Themen Inklusion, Kulturarbeit für und mit Geflüchteten,
Publikumsentwicklung, Interkultur und Kulturmarketing werden von den Gemeinden
als wichtige kulturpolitische Handlungsfelder benannt.
Zentrale
kulturpolitische Herausforderungen sind nach Auffassung der
Gemeinden die Aufrechterhaltung des aktuellen kulturellen Angebotes, die
Integration von Geflüchteten und der Umgang mit dem demografischen Wandel im
Kulturbereich.
In der Fläche bestehen
praktische Herausforderungen in den Bereichen Mobilität/Erreichbarkeit,
Einbindung und Vernetzung des wichtigen bürgerschaftlichen Engagements, auch
durch hauptamtliche Kräfte, und in der interkommunalen Kooperation.
Kulturelle
Teilhabe - Besonderheiten und Trends:
Am meisten interessiert sich das Publikum
gegenwärtig für Angebote wie Film und Kino, während die Oper wenig genannt
wird. Es folgen anspruchsvolle Literatur, Schauspiel, Kunst/Malerei, klassische
Musik sowie Tanz und Ballett. Ein großer Teil der Bevölkerung
zeigt sich an Kunst und Kultur wenig bis gar nicht
interessiert.
Je älter und/oder gebildeter die Menschen sind,
umso mehr interessieren sie sich für Kunst und Kultur.
Frauen zeigen sich meist kulturinteressierter als
Männer, obwohl sie zeitlich durch Beruf und Familie besonders belastet sind.
Grundsätzlich ist das Vorhandensein von freien Zeitkontingenten ein wichtiger
sozialer Faktor der kulturellen Teilhabe.
Angehörige einer Generation nehmen ihre kulturellen
Präferenzen und Teilhabegewohnheiten, die sie in ihrer Jugend ausgebildet
haben, wie in einem Fahrstuhl bis ins hohe Alter mit („Kohorteneffekt“).
Bei den nachwachsenden Kohorten – auch bei hohem
Bildungsgrad – lässt sich ein geringeres kulturelles Interesse vor allem an
klassischen Genres (Oper, Orchestermusik etc.) zeigen. Noch wenig klar ist, ob /
wie heutige Jugendliche ihre Kunst- und Kulturpräferenzen weiterentwickeln
werden.
Produktionsbedingungen
in Kunst und Kultur
Der Künstlerarbeitsmarkt ist geprägt durch einen
ständigen Wandel, eine hohe Mobilität der Künstlerinnen und Künstler und eine
Vielfalt von Berufsbildern. Diese starke Heterogenität
bedingt kleinteilige Strukturen und
überdurchschnittlich viele atypische Arbeitsverhältnisse.
Insgesamt arbeiteten in NRW im Jahr 2014 rund
190.000 Erwerbstätige in den Kulturberufen, das entspricht rund 2 % aller
Erwerbstätigen. Dies sind deutlich mehr Kreative, als auf der Basis der Daten
der Künstlersozialkasse bisher angenommen wurde.
Im Zeitraum 2009 bis 2015 ist die Zahl der
Erwerbstätigen (Selbstständige und abhängig
Beschäftigte zusammen) in den Kunst- und
Kulturberufen schätzungsweise um rund 8 % gestiegen (3 Prozentpunkte stärker
als in der Gesamtbeschäftigung).
Die wirtschaftliche Lage der abhängig Beschäftigten
in den Kunst- und Kulturberufen
hat sich in den Jahren 2009 bis 2015 auf ähnlichem
Niveau entwickelt wie die wirtschaftliche Entwicklung der Gesamtbeschäftigung.
Die Selbstständigkeit ist bei Künstlerinnen und
Künstlern sehr viel stärker ausgeprägt als in anderen Berufsgruppen und geht
oft mit geringen oder unregelmäßigen Einkünften einher. Sie ist in vielen
Fällen nicht existenzsichernd und bedarf deshalb eines besonderen Augenmerks.
Neue
Produktionsbedingungen der Kunst im digitalen Zeitalter
Die
Digitalisierung verändert zurzeit am stärksten die Kunst und Kulturproduktion,
die digitale Revolution hat Einfluss auf die Produktion, Rezeption und
Vermittlung künstlerischer
Werke und Prozesse. Die Kulturpolitik muss sich
deshalb mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen. Im Kulturförderplan 2016
bis 2018 ist das entsprechend ein Schwerpunkt.
Die digitale
Sozialisation verändert Kulturverhalten. Bereits Kinder und Jugendliche
wachsen mit digitalen Medienprodukten auf. Es kann angenommen werden, dass sich
das Rezeptionsverhalten dieser Generation grundlegend ändern wird. Gleichzeitig
verändern sich die Rollen von Produzentinnen und Produzenten und Konsumentinnen
und Konsumenten. Nutzerinnen und Nutzer werden selbst zu Gestalterinnen und
Gestaltern.
Ein angemessener
Ausgleich von Nutzung und Vergütung ist notwendig.
Geistiges Eigentum muss auch im digitalen Raum
geschützt sein. Es gilt, die neuen Möglichkeiten für kreatives Schaffen, die
das Internet bietet, mit angemessener Vergütung
für künstlerische Leistungen in Einklang zu
bringen.
Aus neuen Nutzungs- und Lizenzierungsformen im
digitalen Bereich ist ein rechtlich komplexes Feld erwachsen, das viele andere
Rechtsgrundsätze streift, u. a. den
Datenschutz und das Markenrecht. Technologische
Entwicklungen und eine Vielzahl von Anpassungen des Urheberrechts führen dazu,
dass seine Regelungen für Produzentinnen oder Produzenten und Nutzerinnen oder
Nutzer zunehmend schwieriger zu durchschauen sind. Dies kann zu einer
Einschränkung von Innovationen führen, vor allem bei Kunstformen, die auf
Bestehendem aufbauen (z. B. Sampling).
Kulturförderplan
und Landeskulturbericht:
Das Kulturfördergesetz sieht vor, dass zukünftig
gegen Ende jeder Legislaturperiode das Kulturministerium einen
Landeskulturbericht vorlegt, der zur Umsetzung des zu Beginn der
Legislaturperiode aufgestellten Kulturförderplans, zur Lage der Kultur in NRW
und zur Angebots- und Nachfrageentwicklung berichtet und Stellung nimmt.
Beide Instrumente - Kulturförderplan und
Landeskulturbericht - sollen in ihrem Zusammenspiel dazu beitragen ,
gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen sichtbar zu machen, um auf
dieser Grundlage kulturpolitische Schwerpunkte zu nennen, die - oft von Land
und Kommunen gemeinsam - ausgestaltet und weiterentwickelt werden können.
Quelle: Landeskulturbericht NRW, März 2017