Beschlussvorschlag:
Der Bericht der Verwaltung zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz und neue Kommunalhaushaltsverordnung NRW) wird zur Kenntnis genommen.
Begründung:
I. Problem
II. Lösung
III. Alternativen
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Zu I. bis V.:
1) Gesetzentwurf der
Landesregierung „Zweites Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen
Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände im Land
Nordrhein-Westfalen und weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften (2.
NKF-Weiterentwicklungsgesetz)“
Das Erste Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen
Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände in NRW (1. NKFWG) ist
bereits im Jahr 2012 in Kraft getreten und enthält die Verpflichtung zur
Fortschreibung der Evaluierung.
Das 2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz (2. NKFWG –
Landtagsdrucksache 17/3570) wurde am 19.09.2018 in den Landtag NRW eingebracht
und nach der 1. Lesung zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Heimat,
Kommunales, Bauen und Wohnen überwiesen. Das Gesetzgebungsverfahren soll so
rechtzeitig abgeschlossen werden, dass die wesentlichen Teile des neuen Rechts
zum 01.01.2019 in Kraft treten können.
Die für den Kreis Coesfeld nach derzeitigem Stand bedeutenden
Neuregelungen aus dem vorgenannten Gesetzentwurf der Landesregierung werden
nachstehend näher erläutert:
·
Ausgleichsrücklage
(§ 56a KrO NRW)
Nach dem Gesetzentwurf soll § 56a
Satz 2 wie folgt gefasst werden:
„Der
Ausgleichsrücklage können Jahresüberschüsse durch Beschluss des Kreistages
zugeführt werden, soweit die allgemeine Rücklage einen Bestand in Höhe von
mindestens 3 Prozent der Bilanzsumme des Jahresabschlusses des Kreises
aufweist.“
Durch die geplante Neuregelung soll die bisherige
Beschränkung bei der Zuführung von Jahresüberschüssen in die Ausgleichsrücklage
aufgehoben werden. Damit wird die Ausgleichsrücklage künftig die Funktion eines
„Gewinnvortrages“ – wie auch im Handelsrecht bekannt – erfüllen. Ferner will
der Gesetzgeber hiermit die Flexibilität zum Haushaltsausgleich stärken.
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der
Landesregierung ist die Zuführungsmöglichkeit dabei an die Voraussetzung
gebunden, dass die allgemeine Rücklage einen Bestand in Höhe von mindestens 3 %
der Bilanzsumme des Jahresabschlusses der Kommune aufweist. Diese
Eingangsschwelle ist erforderlich, um sicherzustellen, dass zwischen dem Stadium
des fiktiven Haushaltsausgleichs – über die Ausgleichsrücklage und künftig über
den globalen Minderaufwand - und dem Stadium der Überschuldung ein
Eigenkapitalpuffer verbleibt. Es soll nicht im Stadium der Überschuldung
möglich sein, die Ausgleichsrücklage aufzufüllen, durch deren Einsatz den
Haushalt eines Folgejahres fiktiv auszugleichen und so Aufsichtsregelungen zu
umgehen. Die Höhe von 3 % der Bilanzsumme entspricht dem durch die
Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen im Rahmen der überörtlichen Prüfung
der vergangenen Jahre als Resilienzgröße für den Fall eines Einbruchs der
Ertragsgrundlagen genutzten Eigenkapitalmaßstab.
Unter Berücksichtigung der Schlussbilanz des Kreises
Coesfeld zum 31.12.2017 ergibt sich folgende Datenlage:
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände
NRW hat in ihrer Stellungnahme zum 2. NKFWG NRW vom 30.10.2018 u. a.
ausgeführt, dass mit Blick auf den ebenfalls vorgesehenen Mindestbestand der
allgemeinen Rücklage in Höhe von mindestens 3 % der Bilanzsumme des
Jahresabschlusses der Kommune allerdings auf das Risiko einer
Fehlinterpretation hinzuweisen ist. Der genannte Mindestbestand der allgemeinen
Rücklage sollte nach Aussage der v. g. Arbeitsgemeinschaft keinesfalls als
Orientierungswert für die allgemeine Rücklage und insoweit als Signal zum
planmäßigen und damit irreversiblen Eigenkapitalverzehr verstanden werden. Die
Gesetzesbegründung würde einer solchen Fehlinterpretation in ihrer derzeitigen
Fassung Vorschub leisten, wenn eine Mindestgröße der allgemeinen Rücklage von 3
% der Bilanzsumme bezugnehmend auf die Gemeindeprüfungsanstalt NRW als
„Resilienzgröße“ bezeichnet wird.
Darüber hinaus kann aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der
kommunalen Spitzenverbände NRW im Hinblick auf die allgemeine Rücklage von
einer „Resilienzgröße“ indes weder dem Grunde noch der Höhe nach die Rede sein.
Die neu geregelte Höhe des Mindestbestandes der allgemeinen Rücklage wird
innerhalb der kommunalen Familie unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird diese
als zu niedrig betrachtet, denn bei einem zu niedrigen Ansatz rücke die Grenze
bis zum Eintritt einer Überschuldung sehr nahe und auch die Möglichkeiten der Inanspruchnahme
der allgemeinen Rücklage vor Eintritt in ein Haushaltssicherungskonzept (§ 76
GO NRW) liefen praktisch leer. Aus Sicht der Kreise ist eine dauerhafte
Mindestausstattung der allgemeinen Rücklage von z. B. 10 % der Bilanzsumme, die
nur im Vorfeld eines drohenden Haushaltssicherungskonzepts planmäßig angetastet werden
darf, im Sinne einer geordneten Finanzwirtschaft wünschenswert. Alternativ
erscheint es zumindest überlegenswert, als Basis für den Schwellenwert der
allgemeinen Rücklage etwa die ordentlichen Aufwendungen zugrunde zu legen oder
den Schwellenwert auf der Basis der Bilanzsumme auf 5 % anzuheben.
·
Globaler Minderaufwand
(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 75 GO
NRW)
Laut Gesetzentwurf soll dem Absatz 2
des § 75 GO NRW folgender Satz 4 angefügt werden:
„Anstelle
oder zusätzlich zur Verwendung der Ausgleichsrücklage kann im Ergebnisplan auch
eine pauschale Kürzung von Aufwendungen bis zu einem Betrag von 1 Prozent der
Summe der ordentlichen Aufwendungen unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne
veranschlagt werden (globaler Minderaufwand).“
Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und
Rechnung ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der
Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt.
Nach der bestehenden Rechtslage des § 75 Abs. 2 Satz 3 GO NRW gilt die
Verpflichtung zum Haushaltsausgleich als erfüllt, wenn der Fehlbedarf im
Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme
der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können.
Trotz der Ausnutzung aller Sparmöglichkeiten und unter
Ausschöpfung aller Ertragsmöglichkeiten (unter Wahrung der vorgetragenen
Änderung zu § 77 Abs. 2) kann es sein, dass sich in der Ergebnisplanung dennoch
ein Jahresfehlbedarf für das künftige Haushaltsjahr einer Kommune ergibt. Über
die Einführung des Satzes 4 in § 75 Absatz 2 hinaus wird die Kommune
ermächtigt, anstelle oder zusätzlich zur Verwendung der Ausgleichsrücklage
einen sogenannten globalen Minderaufwand ansetzen zu dürfen. Ein globaler
Minderaufwand stellt eine pauschale Kürzung von Aufwendungen im Rahmen der
Haushaltsplanung dar. Diese darf bis zu einem Betrag von 1 % der Summe der
ordentlichen Aufwendungen unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne veranschlagt
werden. Nach der Gesetzesbegründung soll diese Änderung die Fähigkeit und den
kommunalen Handlungsspielraum im Rahmen der Haushaltsplanung zur Erlangung des
geforderten Haushaltsausgleichs stärken
Nach dem
Entwurf der Haushaltssatzung des Kreises Coesfeld für das Haushaltsjahr 2019
liegen die ordentlichen Aufwendungen bei 372.187.244 €. Hiervon 1 % sind
3.721.872 €.
Die Einführung eines globalen Minderaufwands wird
innerhalb der kommunalen Familie differenziert beurteilt, wobei der Städtetag
NRW und der Landkreistag NRW eine Einführung ablehnen.
Es erfolgt eine pauschale Kürzung in den anzugebenden
Teilplänen, ohne eine differenzierte Zuordnung unter Berücksichtigung der
kommunalen Aufgabenerfüllung vorzunehmen. Der Grundsatz der Haushaltswahrheit
und Haushaltsklarheit sowie der Einzelveranschlagung werden in Frage gestellt.
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen
Spitzenverbände NRW kann der in der Planung vorgesehene pauschale Minderaufwand
dazu führen, dass der Ergebnisplan zu positiv dargestellt wird und falsche
Hoffnungen (im politischen Raum) geweckt werden, die dann in der
Ergebnisrechnung nicht realisiert werden können. Die allgemeinen
Planungsgrundsätze des § 11 GemHVO NRW, insbesondere des § 11 Abs. 2 GemHVO
NRW, wonach Aufwendungen in ihrer voraussichtlichen Höhe – zudem getrennt – zu
veranschlagen bzw. sorgfältig zu schätzen sind, drohen zukünftig nicht mehr in
dem erforderlichen Maße beachtet, ja sogar konterkariert zu werden. Globale
Minderausgaben mögen nach alldem zwar auf Ebene des Landeshaushaltes ohne
weiteres gerechtfertigt sein, da sich im Landeshaushalt ein entsprechendes
Gestaltungspotenzial findet (insbesondere im Programm- und Zuwendungsbereich).
Diese Situation ist mit den kommunalen Haushalten aber nur bedingt
vergleichbar. Angesichts des hohen Grads an Pflichtaufgaben und damit
Pflichtaufwendungen besteht ein solches Potenzial nur in sehr viel geringerem
Maße.
·
Befreiung von der Pflicht zur Erstellung eines Gesamtabschlusses
(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 116a GO NRW (neu))
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nach § 116 GO NRW
der § 116a eingefügt werden soll. Dieser lautet wie folgt:
„§ 116a Größenabhängige Befreiungen
(1) Eine
Gemeinde ist von der Pflicht, einen Gesamtabschluss und einen Gesamtlagebericht
aufzustellen, befreit, wenn am Abschlussstichtag ihres Jahresabschlusses und am
vorhergehen den Abschlussstichtag jeweils mindestens
zwei der nachstehenden Merkmale zutreffen:
1. die
Bilanzsummen in den Bilanzen der Gemeinde und der einzubeziehenden
verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 übersteigen insgesamt
nicht mehr als 1 500 000 000 Euro,
2. die der
Gemeinde zuzurechnenden Erträge aller vollkonsolidierungspflichtigen
verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen weniger als 50
Prozent der ordentlichen Erträge der Ergebnisrechnung der Gemeinde aus,
3. die der
Gemeinde zuzurechnenden Bilanzsummen aller vollkonsolidierungspflichtigen
verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen insgesamt weniger
als 50 Prozent der Bilanzsumme der Gemeinde aus.
(2) Über das
Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung
eines Gesamtabschlusses entscheidet der Rat für jedes Haushaltsjahr bis zum 30.
September des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres. Das Vorliegen der
Voraussetzungen nach Absatz 1 ist gegenüber dem Rat anhand geeigneter
Unterlagen nachzuweisen. Die Entscheidung des Rates ist der Aufsichtsbehörde
jährlich mit der Anzeige des durch den Rat festgestellten Jahresabschlusses der
Gemeinde vorzulegen.
(3) Sofern
eine Gemeinde von der größenabhängigen Befreiung im Zusammenhang mit der
Erstellung eines Gesamtabschlusses Gebrauch macht, ist ein Beteiligungsbericht
gemäß § 117 zu erstellen.“
Für den
Kreis Coesfeld würden derzeit alle drei Befreiungsmerkmale gemäß § 116a Abs. 1
GO NRW (neu) zutreffen, sodass er von der größenabhängigen Befreiung Gebrauch
machen könnte. Vom Kreis Coesfeld wäre dann weiterhin ein Beteiligungsbericht
zu erstellen.
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände
NRW schlägt in ihrer Stellungnahme zum 2. NKFWG vom 30.10.2018 u. a. vor, die
Regelung des § 116a GO NRW rückwirkend in Kraft treten zu lassen. Eine solche
Regelung hätte für den Kreis Coesfeld den Vorteil, dass die freiwerdenden
Ressourcen an anderer Stelle genutzt werden könnten.
·
Einführung des Wirklichkeitsprinzips
(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 91 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3
GO NRW (neu))
Der Gesetzentwurf enthält zu § 91 Abs. 4 GO NRW (neu)
u. a. folgenden Wortlaut:
„(4) Die
Bewertung des in der Bilanz auszuweisenden Vermögens, der Sonderposten, der
Rückstellungen, der Verbindlichkeiten und der Rechnungsabgrenzungsposten
richtet sich nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Dabei gilt
insbesondere:
……….
3. es ist
wirklichkeitsgetreu zu bewerten; vorhersehbare Risiken und Verluste, die bis
zum Abschlussstichtag entstanden sind, sind zu berücksichtigen, selbst wenn
diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des
Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen,
sofern sie am Abschlussstichtag realisiert sind; …………“
Nach der Gesetzesbegründung der Landesregierung nimmt
§ 91 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 - neu - die Weiterentwicklung des
nordrhein-westfälischen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen hin zum
Wirklichkeitsprinzip auf: Es ist wirklichkeitsgetreu zu bewerten. Damit soll künftig
für die kommunale Doppik in Nordrhein-Westfalen in Abweichung vom Handelsrecht
das Wirklichkeitsprinzip zum Grundsatz erhoben werden.
In der Gesetzesbegründung wird hierzu ferner
ausgeführt, dass die vollumfängliche Anwendung des handelsrechtlichen
Vorsichtsprinzips, abgeleitet aus dem Rechnungslegungszweck des
Gläubigerschutzes, auf das Tätigwerden öffentlicher Verwaltungen und dem Zweck
der Sicherstellung der jeweiligen Aufgabenerfüllung nicht sachgerecht ist. Daher
wird, nach über zwölfjähriger Erfahrung mit dem nordrhein-westfälischen
kommunalen Finanzmanagements an dieser Stelle eine wesentliche
Weiterentwicklung vorgenommen: Die Hinwendung zum Wirklichkeitsprinzip. Das
Wirklichkeitsprinzip ist nicht mit einer reinen Marktwertbetrachtung
gleichzusetzen, sodass es auch in Zukunft zur Bildung stiller Reserven durch
einen wirklichkeitsgetreuen Ansatz kommen kann.
Nach den Ausführungen in der Stellungnahme der
Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW zum 2. NKFWG vom
30.10.2018 wird die Einführung eines die Bewertung leitenden
Wirklichkeitsprinzips innerhalb der kommunalen Familie unterschiedlich
bewertet. Die Einschätzungen reichen von stellenweiser Ablehnung (bereits) des
Grundgedankens bis hin zu Forderungen nach dessen Einführung, verbunden mit
konkreten Ausgestaltungsvorschlägen. Überwiegend wird die Einführung einer
wirklichkeitsgetreuen Bewertung allerdings insoweit begrüßt, als damit
Erneuerungsinvestitionen in das gemeindliche Anlagevermögen partiell
aktivierungsfähig werden und die kommunale Investitionsfähigkeit zur Erneuerung
des für die Bürgerinnen und Bürger vorgehaltenen Anlagevermögens (wie kommunale
Straßen und Brücken, Schulen oder Verwaltungsgebäude) gestärkt wird.
Eine endgültige Bewertung ist erst nach einer
Gesamtschau der beteiligten Normkomplexe - also insbesondere der Ausgestaltung
des Wirklichkeitsprinzips auf untergesetzlicher Ebene – möglich. Es wird
befürchtet, dass mit Einführung eines Wirklichkeitsprinzips das mit dem NKF
verbundene Ressourcenverbrauchskonzept und das Prinzip der
Generationengerechtigkeit geschwächt wird, wenn werterhaltende Maßnahmen
zukünftig investiv gebucht und mit langfristigen Krediten (inkl. eines erhöhten
Zinsänderungsrisikos) finanziert werden. Infrage gestellt wird auch, ob mit
der Etablierung des Wirklichkeitsprinzips intendiert wird, zu jedem
Abschlussstichtag eine wirklichkeitsgetreue Bewertung des Vermögensbestandes
durchführen zu müssen. Dieser Umstand wird – sowohl mit Blick auf den
praktischen Aufwand wie mit Blick auf entstehende Kosten – als
unverhältnismäßig abgelehnt.
Insgesamt ist allerdings schon jetzt
darauf hinzuweisen, dass es für den praktischen Vollzug eines solchen
Perspektivwechsels eines unmissverständlichen und transparenten
Handlungsleitfadens bedürfte, der neben klarer Maßgaben in der Sache – auch, um
eine homogene Bewertungspraxis und damit eine Vergleichbarkeit der Bilanzen zu
gewährleisten – zusätzlich auf die zeitlichen und technischen Zwänge eingehen
müsste, die die Kommunen zu beachten haben. Es bedarf hinreichender und
rechtsverbindlicher Konkretisierungen jedenfalls zur tatbestandlichen
Abgrenzung zwischen laufender Instandhaltung (konsumtiv) und tatsächlicher
Erneuerung (investiv), zu den Nutzungs- bzw. Abschreibungsdauern der einzelnen
Gewerke, deren Erneuerung künftig investiv abgewickelt wird, zu den Volumina,
welche jeweils zugeschrieben werden dürfen, sowie zu der Frage, ob künftig
Sonderabschreibungen auf „verschlissene“ Vermögensgegenstände entfallen.
Die Einführung des
Wirklichkeitsprinzips kann darüber hinaus auch auf andere Bereiche ausstrahlen
(z. B. Gebührenkalkulation in den Kostenrechnungen).
Ohne
konkrete Vorgaben zu den notwendigen untergesetzlichen Regelungen und
Anwendungshinweisen des Landes NRW ist es aktuell nicht möglich, die
Konsequenzen aus der Einführung eines Wirklichkeitsprinzips für den Kreis
Coesfeld für das Haushaltsjahr 2019 zu ziehen.
·
Inkrafttreten des 2. NKFWG
Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und
Gleichstellung hat bereits mit Schreiben vom 03.07.2018 darauf hingewiesen,
dass für die Haushaltsplanungen 2019 nach wie vor das zurzeit gültige Recht
anzuwenden ist. Daher sind bei der Haushaltsaufstellung 2019 bisher die
geplanten Neuregelungen im NKF unberücksichtigt geblieben.
Problematisch ist dabei, dass der
Haushalt 2019 nach derzeit geltendem Recht aufzustellen, aber nach neuem Recht
auszuführen ist. Zurzeit ist noch nicht ausreichend geklärt, welche Regelungen
ab dem 01.01.2019 gelten werden. Im ungünstigsten Fall kann dies bedeuten, dass
die Kommunen im Haushaltsjahr 2019 Nachträge erlassen müssen.
Dass für die Aufstellung der
Haushalte 2019 noch das alte Recht angewandt werden soll, ist gerade im Bereich
der Erhaltungsinvestitionen (wirklichkeitsgetreue Bewertung) problematisch, da
verschiedene Maßnahmen nach altem konsumtiv zu planen, aber später dann evtl.
nach neuem Recht investiv abzuwickeln wären. Dafür fehlen dann die erforderlichen haushaltsmäßigen Ermächtigungen.
Der Gesetzentwurf des 2. NKFWG wirft
hinsichtlich des Zeitpunktes der Anwendbarkeit des neu zu schaffenden Rechts
viele praktische Fragen auf. Daher sollten in das 2. NKFWG Übergangsregelungen
aufgenommen werden. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen
Spitzenverbände NRW sollte es aber allen Kommunen, die von den neuen Regelungen
Gebrauch machen möchten ermöglicht werden, das neue Recht anzuwenden. Wünschenswert
wäre hiernach eine Wahlmöglichkeit, wie sie bereits in das 1. NKFWG vom
18.09.2012 Eingang gefunden hat.
Der
Gesetzentwurf zum 2. NKFWG enthält ferner Änderungen u. a. in folgenden
Bereichen:
·
Verbesserung der
Transparenz der Tätigkeiten einer Kommune als „Mutterunternehmen“
·
Neufassung der
Regelungen über die örtliche Rechnungsprüfung
·
Änderungen von
Vorschriften über die überörtliche Prüfung sowie neue Aufgaben für die
Gemeindeprüfungsanstalt auf dem Gebiet der Informationstechnologie.
Weitere
Einzelheiten hierzu ergeben sich aus dem beiliegenden Auszug aus der
Landtagsdrucksache 17/3570 zum 2. NKFWG (Seite 7 bis Seite 73). Die komplette
Landtagsdrucksache 17/3570 (112 Seiten) sowie die Stellungnahmen der
Fachverbände usw. zum 2. NKFWG sind auf der Internetseite des Landtages NRW
(Dokumente & Recherche / Parlamentsdatenbank) veröffentlicht.
2) Kommunalhaushaltsverordnung
Nordrhein-Westfalen – KomHVO NRW
Das
Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung (MHKBG) hat Anfang
November 2018 den bereits länger erwarteten Entwurf für eine Änderung der
Gemeindehaushaltsverordnung NRW vorgelegt. Diese soll künftig als „Verordnung
über das Haushaltswesen der Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen – KomHVO NRW)“
firmieren und die bereits im parlamentarischen Verfahren befindliche Änderung
der gesetzlichen Vorschriften zur Weiterentwicklung des NKF vervollständigen.
Dabei wurden eine Begründung für die Änderungsvorschläge sowie die ebenfalls
erwarteten Entwürfe für die notwendigen Änderungen weiterer untergesetzlicher
Normen (u. a. Verwaltungsvorschriften mit Mustern) vom MHKBG nicht vorgelegt.
Die kommunalen Spitzenverbände haben nun Gelegenheit, bis zum 29.11.2018 eine
schriftliche Stellungnahme abzugeben. Nach Angaben des Landkreistages NRW soll
zu diesem Rechtssetzungsvorhaben eine gemeinsame Stellungnahme von der
Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW abgegeben werden.
Der
Entwurf der KomHVO NRW sieht u. a. eine Erhöhung
der Wertgrenze für „Geringfügige Wirtschaftsgüter“ (GWG) vor. Unter
Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage können Vermögensgegenstände
des Anlagevermögens, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten wertmäßig den
Betrag von 410 € ohne Umsatzsteuer nicht übersteigen, die selbstständig genutzt
werden können und einer Abnutzung unterliegen, unmittelbar als Aufwand gebucht
werden (§ 35 Abs. 2 GemHVO NRW).
Nach
dem Entwurf der KomHVO NRW (§ 36 Abs. 2) soll die Wertgrenze von 410 € netto
auf 800 € netto erhöht werden. Sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten
unmittelbar als Aufwand erfasst werden, wird
die Auszahlung dann der laufenden Verwaltungstätigkeit zugeordnet (bisher
nachgewiesen als Investitionsauszahlung).
Beim Kreis Coesfeld werden aktuell die GWG, soweit
sie selbstständig genutzt werden können und einer Abnutzung unterliegen, direkt
als Aufwand und als Investitionsauszahlung gebucht.
Die Bilanzierung der GWG ist mit einem erheblichen
Aufwand verbunden. Mit der Möglichkeit der sofortigen Verbuchung der
Aufwendungen aus dem Erwerb von geringwertigen Vermögensgegenständen des
Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung wird der Kommune eine
erhebliche Vereinfachung geboten. Dieses Wahlrecht kann die Kommune für jeden
geringwertigen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens in Anspruch nehmen. Der
betreffende Vermögensgegenstand muss dann nicht gesondert in der
Anlagenbuchhaltung erfasst, inventarisiert und wertmäßig fortgeschrieben
werden. Durch eine solche haushaltswirtschaftliche Vereinfachung entfällt auch
die Vornahme von Abschreibungen über den Zeitraum der tatsächlichen Nutzung des
betreffenden geringwertigen Vermögensgegenstandes.
Seitens des Kreises ist zu klären, wie mit der
Neuregelung zu den GWG zu verfahren ist und ob weiterhin von der Möglichkeit
der unmittelbaren Aufwandserfassung von geringwertigen Vermögensgegenständen
Gebrauch gemacht werden soll.
Ferner enthält der Entwurf der KomHVO NRW bei den
Allgemeinen Bewertungsanforderungen (§ 33 Abs. 1) die Regelung, dass
„wirklichkeitsgetreu“ zu bewerten ist. Dies bedeutet - wie bereits unter Ziffer
1) ausgeführt ist - die Abwendung vom Vorsichtsprinzip.
Die im Entwurf vorliegende KomHVO NRW sieht in § 35
Abs. 2 nunmehr eine Regelung vor, dass bei Gebäuden für das Bauwerk und für die mit ihm
verbundenen Gebäudeteile (Komponenten) Dach und Fenster unterschiedliche
Nutzungsdauern bestimmt werden dürfen (Komponentenansatz). Darüber
hinaus dürfen weitere Komponenten gebildet werden, soweit es sich um mit dem
Gebäude verbundene physische Gebäudebestandteile handelt und deren Wert im
Einzelnen mindestens fünf Prozent des Neubauwertes beträgt. Bei Straßen, Wegen
und Plätzen in bituminöser Bauweise mit Unterbau dürfen für die Komponenten
Deckschicht und Unterbau unterschiedliche Nutzungsdauern bestimmt werden. Für
alle anderen Vermögensgegenstände ist die Anwendung des Komponentenansatzes
ausgeschlossen. Wird, soweit nicht von der Möglichkeit des
Absatzes 2 Gebrauch gemacht wird, durch Erhaltung oder Instandsetzung eines Vermögensgegenstandes des
Anlagevermögens oder einer Komponente
desselben, die im Sinne des Absatzes 2 als erheblich einzustufen wäre, eine
Verlängerung seiner wirtschaftlichen Nutzungsdauer erreicht, ist er neu zu bewerten und die
Restnutzungsdauer neu zu bestimmen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn in
Folge einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eine Verkürzung eintritt (§
35 Abs. 5 Entwurf KomHVO NRW).
Soweit die vorstehenden Regelungen in die endgültige
KomHVO NRW einfließen sollten, wird der Kreis Coesfeld die weitere
Vorgehensweise in dieser Angelegenheit klären müssen.
Die Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen
Finanzmanagements wird weiterhin kritisch begleitet.
Anlage:
Auszug aus der Landtagsdrucksache 17/3570 zum 2. NKFWG