Betreff
Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements - Sachstand
Vorlage
SV-9-1254
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Bericht der Verwaltung zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz und neue Kommunalhaushaltsverordnung NRW) wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

I.   Problem

II.  Lösung

III. Alternativen

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

 

Zu I. bis V.:

 

1) Gesetzentwurf der Landesregierung „Zweites Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände im Land Nordrhein-Westfalen und weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften (2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz)“

 

Das Erste Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände in NRW (1. NKFWG) ist bereits im Jahr 2012 in Kraft getreten und enthält die Verpflichtung zur Fortschreibung der Evaluierung.  

 

Das 2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz (2. NKFWG – Landtagsdrucksache 17/3570) wurde am 19.09.2018 in den Landtag NRW eingebracht und nach der 1. Lesung zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen überwiesen. Das Gesetzgebungsverfahren soll so rechtzeitig abgeschlossen werden, dass die wesentlichen Teile des neuen Rechts zum 01.01.2019 in Kraft treten können.

 

Die für den Kreis Coesfeld nach derzeitigem Stand bedeutenden Neuregelungen aus dem vorgenannten Gesetzentwurf der Landesregierung werden nachstehend näher erläutert:

 

·         Ausgleichsrücklage

(§ 56a KrO NRW)

 

Nach dem Gesetzentwurf soll § 56a Satz 2 wie folgt gefasst werden:

„Der Ausgleichsrücklage können Jahresüberschüsse durch Beschluss des Kreistages zugeführt werden, soweit die allgemeine Rücklage einen Bestand in Höhe von mindestens 3 Prozent der Bilanzsumme des Jahresabschlusses des Kreises aufweist.“

 

Durch die geplante Neuregelung soll die bisherige Beschränkung bei der Zuführung von Jahresüberschüssen in die Ausgleichsrücklage aufgehoben werden. Damit wird die Ausgleichsrücklage künftig die Funktion eines „Gewinnvortrages“ – wie auch im Handelsrecht bekannt – erfüllen. Ferner will der Gesetzgeber hiermit die Flexibilität zum Haushaltsausgleich stärken.

 

Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung ist die Zuführungsmöglichkeit dabei an die Voraussetzung gebunden, dass die allgemeine Rücklage einen Bestand in Höhe von mindestens 3 % der Bilanzsumme des Jahresabschlusses der Kommune aufweist. Diese Eingangsschwelle ist erforderlich, um sicherzustellen, dass zwischen dem Stadium des fiktiven Haushaltsausgleichs – über die Ausgleichsrücklage und künftig über den globalen Minderaufwand - und dem Stadium der Überschuldung ein Eigenkapitalpuffer verbleibt. Es soll nicht im Stadium der Überschuldung möglich sein, die Ausgleichsrücklage aufzufüllen, durch deren Einsatz den Haushalt eines Folgejahres fiktiv auszugleichen und so Aufsichtsregelungen zu umgehen. Die Höhe von 3 % der Bilanzsumme entspricht dem durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen im Rahmen der überörtlichen Prüfung der vergangenen Jahre als Resilienzgröße für den Fall eines Einbruchs der Ertragsgrundlagen genutzten Eigenkapitalmaßstab.

 

Unter Berücksichtigung der Schlussbilanz des Kreises Coesfeld zum 31.12.2017 ergibt sich folgende Datenlage:

 

 

 

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW hat in ihrer Stellungnahme zum 2. NKFWG NRW vom 30.10.2018 u. a. ausgeführt, dass mit Blick auf den ebenfalls vorgesehenen Mindestbestand der allgemeinen Rücklage in Höhe von mindestens 3 % der Bilanzsumme des Jahresabschlusses der Kommune allerdings auf das Risiko einer Fehlinterpretation hinzuweisen ist. Der genannte Mindestbestand der allgemeinen Rücklage sollte nach Aussage der v. g. Arbeitsgemeinschaft keinesfalls als Orientierungswert für die allgemeine Rücklage und insoweit als Signal zum planmäßigen und damit irreversiblen Eigenkapitalverzehr verstanden werden. Die Gesetzesbegründung würde einer solchen Fehlinterpretation in ihrer derzeitigen Fassung Vorschub leisten, wenn eine Mindestgröße der allgemeinen Rücklage von 3 % der Bilanzsumme bezugnehmend auf die Gemeindeprüfungsanstalt NRW als „Resilienzgröße“ bezeichnet wird.

 

Darüber hinaus kann aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW im Hinblick auf die allgemeine Rücklage von einer „Resilienzgröße“ indes weder dem Grunde noch der Höhe nach die Rede sein. Die neu geregelte Höhe des Mindestbestandes der allgemeinen Rücklage wird innerhalb der kommunalen Familie unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird diese als zu niedrig betrachtet, denn bei einem zu niedrigen Ansatz rücke die Grenze bis zum Eintritt einer Überschuldung sehr nahe und auch die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage vor Eintritt in ein Haushaltssicherungskonzept (§ 76 GO NRW) liefen praktisch leer. Aus Sicht der Kreise ist eine dauerhafte Mindestausstattung der allgemeinen Rücklage von z. B. 10 % der Bilanzsumme, die nur im Vorfeld eines drohenden Haushaltssicherungskonzepts planmäßig angetastet werden darf, im Sinne einer geordneten Finanzwirtschaft wünschenswert. Alternativ erscheint es zumindest überlegenswert, als Basis für den Schwellenwert der allgemeinen Rücklage etwa die ordentlichen Aufwendungen zugrunde zu legen oder den Schwellenwert auf der Basis der Bilanzsumme auf 5 % anzuheben.

 

 


·         Globaler Minderaufwand

(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 75 GO NRW)

 

Laut Gesetzentwurf soll dem Absatz 2 des § 75 GO NRW folgender Satz 4 angefügt werden:

„Anstelle oder zusätzlich zur Verwendung der Ausgleichsrücklage kann im Ergebnisplan auch eine pauschale Kürzung von Aufwendungen bis zu einem Betrag von 1 Prozent der Summe der ordentlichen Aufwendungen unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne veranschlagt werden (globaler Minderaufwand).“

 

Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Nach der bestehenden Rechtslage des § 75 Abs. 2 Satz 3 GO NRW gilt die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich als erfüllt, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können.

Trotz der Ausnutzung aller Sparmöglichkeiten und unter Ausschöpfung aller Ertragsmöglichkeiten (unter Wahrung der vorgetragenen Änderung zu § 77 Abs. 2) kann es sein, dass sich in der Ergebnisplanung dennoch ein Jahresfehlbedarf für das künftige Haushaltsjahr einer Kommune ergibt. Über die Einführung des Satzes 4 in § 75 Absatz 2 hinaus wird die Kommune ermächtigt, anstelle oder zusätzlich zur Verwendung der Ausgleichsrücklage einen sogenannten globalen Minderaufwand ansetzen zu dürfen. Ein globaler Minderaufwand stellt eine pauschale Kürzung von Aufwendungen im Rahmen der Haushaltsplanung dar. Diese darf bis zu einem Betrag von 1 % der Summe der ordentlichen Aufwendungen unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne veranschlagt werden. Nach der Gesetzesbegründung soll diese Änderung die Fähigkeit und den kommunalen Handlungsspielraum im Rahmen der Haushaltsplanung zur Erlangung des geforderten Haushaltsausgleichs stärken

 

Nach dem Entwurf der Haushaltssatzung des Kreises Coesfeld für das Haushaltsjahr 2019 liegen die ordentlichen Aufwendungen bei 372.187.244 €. Hiervon 1 % sind 3.721.872 €.

 

Die Einführung eines globalen Minderaufwands wird innerhalb der kommunalen Familie differenziert beurteilt, wobei der Städtetag NRW und der Landkreistag NRW eine Einführung ablehnen.

 

Es erfolgt eine pauschale Kürzung in den anzugebenden Teilplänen, ohne eine differenzierte Zuordnung unter Berücksichtigung der kommunalen Aufgabenerfüllung vorzunehmen. Der Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sowie der Einzelveranschlagung werden in Frage gestellt.

 

Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW kann der in der Planung vorgesehene pauschale Minderaufwand dazu führen, dass der Ergebnisplan zu positiv dargestellt wird und falsche Hoffnungen (im politischen Raum) geweckt werden, die dann in der Ergebnisrechnung nicht realisiert werden können. Die allgemeinen Planungsgrundsätze des § 11 GemHVO NRW, insbesondere des § 11 Abs. 2 GemHVO NRW, wonach Aufwendungen in ihrer voraussichtlichen Höhe – zudem getrennt – zu veranschlagen bzw. sorgfältig zu schätzen sind, drohen zukünftig nicht mehr in dem erforderlichen Maße beachtet, ja sogar konterkariert zu werden. Globale Minderausgaben mögen nach alldem zwar auf Ebene des Landeshaushaltes ohne weiteres gerechtfertigt sein, da sich im Landeshaushalt ein entsprechendes Gestaltungspotenzial findet (insbesondere im Programm- und Zuwendungsbereich). Diese Situation ist mit den kommunalen Haushalten aber nur bedingt vergleichbar. Angesichts des hohen Grads an Pflichtaufgaben und damit Pflichtaufwendungen besteht ein solches Potenzial nur in sehr viel geringerem Maße.

 

 

·         Befreiung von der Pflicht zur Erstellung eines Gesamtabschlusses

(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 116a GO NRW (neu))

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nach § 116 GO NRW der § 116a eingefügt werden soll. Dieser lautet wie folgt:

„§ 116a Größenabhängige Befreiungen

(1) Eine Gemeinde ist von der Pflicht, einen Gesamtabschluss und einen Gesamtlagebericht aufzustellen, befreit, wenn am Abschlussstichtag ihres Jahresabschlusses und am vorhergehen den Abschlussstichtag jeweils mindestens zwei der nachstehenden Merkmale zutreffen:

1. die Bilanzsummen in den Bilanzen der Gemeinde und der einzubeziehenden verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 übersteigen insgesamt nicht mehr als 1 500 000 000 Euro,

2. die der Gemeinde zuzurechnenden Erträge aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen weniger als 50 Prozent der ordentlichen Erträge der Ergebnisrechnung der Gemeinde aus,

3. die der Gemeinde zuzurechnenden Bilanzsummen aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche nach § 116 Absatz 3 machen insgesamt weniger als 50 Prozent der Bilanzsumme der Gemeinde aus.

(2) Über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses entscheidet der Rat für jedes Haushaltsjahr bis zum 30. September des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 ist gegenüber dem Rat anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Die Entscheidung des Rates ist der Aufsichtsbehörde jährlich mit der Anzeige des durch den Rat festgestellten Jahresabschlusses der Gemeinde vorzulegen.

(3) Sofern eine Gemeinde von der größenabhängigen Befreiung im Zusammenhang mit der Erstellung eines Gesamtabschlusses Gebrauch macht, ist ein Beteiligungsbericht gemäß § 117 zu erstellen.“

 

Für den Kreis Coesfeld würden derzeit alle drei Befreiungsmerkmale gemäß § 116a Abs. 1 GO NRW (neu) zutreffen, sodass er von der größenabhängigen Befreiung Gebrauch machen könnte. Vom Kreis Coesfeld wäre dann weiterhin ein Beteiligungsbericht zu erstellen.

 

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW schlägt in ihrer Stellungnahme zum 2. NKFWG vom 30.10.2018 u. a. vor, die Regelung des § 116a GO NRW rückwirkend in Kraft treten zu lassen. Eine solche Regelung hätte für den Kreis Coesfeld den Vorteil, dass die freiwerdenden Ressourcen an anderer Stelle genutzt werden könnten.

 

 


·         Einführung des Wirklichkeitsprinzips

(§ 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 91 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 GO NRW (neu))

 

Der Gesetzentwurf enthält zu § 91 Abs. 4 GO NRW (neu) u. a. folgenden Wortlaut:

„(4) Die Bewertung des in der Bilanz auszuweisenden Vermögens, der Sonderposten, der Rückstellungen, der Verbindlichkeiten und der Rechnungsabgrenzungsposten richtet sich nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Dabei gilt insbesondere:

……….

3. es ist wirklichkeitsgetreu zu bewerten; vorhersehbare Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, sind zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, sofern sie am Abschlussstichtag realisiert sind; …………“

 

Nach der Gesetzesbegründung der Landesregierung nimmt § 91 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 - neu - die Weiterentwicklung des nordrhein-westfälischen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen hin zum Wirklichkeitsprinzip auf: Es ist wirklichkeitsgetreu zu bewerten. Damit soll künftig für die kommunale Doppik in Nordrhein-Westfalen in Abweichung vom Handelsrecht das Wirklichkeitsprinzip zum Grundsatz erhoben werden.

 

In der Gesetzesbegründung wird hierzu ferner ausgeführt, dass die vollumfängliche Anwendung des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips, abgeleitet aus dem Rechnungslegungszweck des Gläubigerschutzes, auf das Tätigwerden öffentlicher Verwaltungen und dem Zweck der Sicherstellung der jeweiligen Aufgabenerfüllung nicht sachgerecht ist. Daher wird, nach über zwölfjähriger Erfahrung mit dem nordrhein-westfälischen kommunalen Finanzmanagements an dieser Stelle eine wesentliche Weiterentwicklung vorgenommen: Die Hinwendung zum Wirklichkeitsprinzip. Das Wirklichkeitsprinzip ist nicht mit einer reinen Marktwertbetrachtung gleichzusetzen, sodass es auch in Zukunft zur Bildung stiller Reserven durch einen wirklichkeitsgetreuen Ansatz kommen kann.

 

Nach den Ausführungen in der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW zum 2. NKFWG vom 30.10.2018 wird die Einführung eines die Bewertung leitenden Wirklichkeitsprinzips innerhalb der kommunalen Familie unterschiedlich bewertet. Die Einschätzungen reichen von stellenweiser Ablehnung (bereits) des Grundgedankens bis hin zu Forderungen nach dessen Einführung, verbunden mit konkreten Ausgestaltungsvorschlägen. Überwiegend wird die Einführung einer wirklichkeitsgetreuen Bewertung allerdings insoweit begrüßt, als damit Erneuerungsinvestitionen in das gemeindliche Anlagevermögen partiell aktivierungsfähig werden und die kommunale Investitionsfähigkeit zur Erneuerung des für die Bürgerinnen und Bürger vorgehaltenen Anlagevermögens (wie kommunale Straßen und Brücken, Schulen oder Verwaltungsgebäude) gestärkt wird.

Eine endgültige Bewertung ist erst nach einer Gesamtschau der beteiligten Normkomplexe - also insbesondere der Ausgestaltung des Wirklichkeitsprinzips auf untergesetzlicher Ebene – möglich. Es wird befürchtet, dass mit Einführung eines Wirklichkeitsprinzips das mit dem NKF verbundene Ressourcenverbrauchskonzept und das Prinzip der Generationengerechtigkeit geschwächt wird, wenn werterhaltende Maßnahmen zukünftig investiv gebucht und mit langfristigen Krediten (inkl. eines erhöhten Zinsänderungsrisikos) finanziert werden. Infrage gestellt wird auch, ob mit der Etablierung des Wirklichkeitsprinzips intendiert wird, zu jedem Abschlussstichtag eine wirklichkeitsgetreue Bewertung des Vermögensbestandes durchführen zu müssen. Dieser Umstand wird – sowohl mit Blick auf den praktischen Aufwand wie mit Blick auf entstehende Kosten – als unverhältnismäßig abgelehnt.

Insgesamt ist allerdings schon jetzt darauf hinzuweisen, dass es für den praktischen Vollzug eines solchen Perspektivwechsels eines unmissverständlichen und transparenten Handlungsleitfadens bedürfte, der neben klarer Maßgaben in der Sache – auch, um eine homogene Bewertungspraxis und damit eine Vergleichbarkeit der Bilanzen zu gewährleisten – zusätzlich auf die zeitlichen und technischen Zwänge eingehen müsste, die die Kommunen zu beachten haben. Es bedarf hinreichender und rechtsverbindlicher Konkretisierungen jedenfalls zur tatbestandlichen Abgrenzung zwischen laufender Instandhaltung (konsumtiv) und tatsächlicher Erneuerung (investiv), zu den Nutzungs- bzw. Abschreibungsdauern der einzelnen Gewerke, deren Erneuerung künftig investiv abgewickelt wird, zu den Volumina, welche jeweils zugeschrieben werden dürfen, sowie zu der Frage, ob künftig Sonderabschreibungen auf „verschlissene“ Vermögensgegenstände entfallen.

 

Die Einführung des Wirklichkeitsprinzips kann darüber hinaus auch auf andere Bereiche ausstrahlen (z. B. Gebührenkalkulation in den Kostenrechnungen).

 

Ohne konkrete Vorgaben zu den notwendigen untergesetzlichen Regelungen und Anwendungshinweisen des Landes NRW ist es aktuell nicht möglich, die Konsequenzen aus der Einführung eines Wirklichkeitsprinzips für den Kreis Coesfeld für das Haushaltsjahr 2019 zu ziehen.

 

 

·         Inkrafttreten des 2. NKFWG

 

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung hat bereits mit Schreiben vom 03.07.2018 darauf hingewiesen, dass für die Haushaltsplanungen 2019 nach wie vor das zurzeit gültige Recht anzuwenden ist. Daher sind bei der Haushaltsaufstellung 2019 bisher die geplanten Neuregelungen im NKF unberücksichtigt geblieben.

 

Problematisch ist dabei, dass der Haushalt 2019 nach derzeit geltendem Recht aufzustellen, aber nach neuem Recht auszuführen ist. Zurzeit ist noch nicht ausreichend geklärt, welche Regelungen ab dem 01.01.2019 gelten werden. Im ungünstigsten Fall kann dies bedeuten, dass die Kommunen im Haushaltsjahr 2019 Nachträge erlassen müssen.

 

Dass für die Aufstellung der Haushalte 2019 noch das alte Recht angewandt werden soll, ist gerade im Bereich der Erhaltungsinvestitionen (wirklichkeitsgetreue Bewertung) problematisch, da verschiedene Maßnahmen nach altem konsumtiv zu planen, aber später dann evtl. nach neuem Recht investiv abzuwickeln wären. Dafür fehlen dann die  erforderlichen haushaltsmäßigen Ermächtigungen.

 

Der Gesetzentwurf des 2. NKFWG wirft hinsichtlich des Zeitpunktes der Anwendbarkeit des neu zu schaffenden Rechts viele praktische Fragen auf. Daher sollten in das 2. NKFWG Übergangsregelungen aufgenommen werden. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW sollte es aber allen Kommunen, die von den neuen Regelungen Gebrauch machen möchten ermöglicht werden, das neue Recht anzuwenden. Wünschenswert wäre hiernach eine Wahlmöglichkeit, wie sie bereits in das 1. NKFWG vom 18.09.2012 Eingang gefunden hat.

 

 

 

Der Gesetzentwurf zum 2. NKFWG enthält ferner Änderungen u. a. in folgenden Bereichen:

·         Verbesserung der Transparenz der Tätigkeiten einer Kommune als „Mutterunternehmen“

·         Neufassung der Regelungen über die örtliche Rechnungsprüfung

·         Änderungen von Vorschriften über die überörtliche Prüfung sowie neue Aufgaben für die Gemeindeprüfungsanstalt auf dem Gebiet der Informationstechnologie.

Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus dem beiliegenden Auszug aus der Landtagsdrucksache 17/3570 zum 2. NKFWG (Seite 7 bis Seite 73). Die komplette Landtagsdrucksache 17/3570 (112 Seiten) sowie die Stellungnahmen der Fachverbände usw. zum 2. NKFWG sind auf der Internetseite des Landtages NRW (Dokumente & Recherche / Parlamentsdatenbank) veröffentlicht.

 

 

2) Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen – KomHVO NRW

 

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung (MHKBG) hat Anfang November 2018 den bereits länger erwarteten Entwurf für eine Änderung der Gemeindehaushaltsverordnung NRW vorgelegt. Diese soll künftig als „Verordnung über das Haushaltswesen der Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen – KomHVO NRW)“ firmieren und die bereits im parlamentarischen Verfahren befindliche Änderung der gesetzlichen Vorschriften zur Weiterentwicklung des NKF vervollständigen. Dabei wurden eine Begründung für die Änderungsvorschläge sowie die ebenfalls erwarteten Entwürfe für die notwendigen Änderungen weiterer untergesetzlicher Normen (u. a. Verwaltungsvorschriften mit Mustern) vom MHKBG nicht vorgelegt. Die kommunalen Spitzenverbände haben nun Gelegenheit, bis zum 29.11.2018 eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Nach Angaben des Landkreistages NRW soll zu diesem Rechtssetzungsvorhaben eine gemeinsame Stellungnahme von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW abgegeben werden.

 

Der Entwurf der KomHVO NRW sieht u. a. eine Erhöhung der Wertgrenze für „Geringfügige Wirtschaftsgüter“ (GWG) vor. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage können Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten wertmäßig den Betrag von 410 € ohne Umsatzsteuer nicht übersteigen, die selbstständig genutzt werden können und einer Abnutzung unterliegen, unmittelbar als Aufwand gebucht werden (§ 35 Abs. 2 GemHVO NRW).

 

Nach dem Entwurf der KomHVO NRW (§ 36 Abs. 2) soll die Wertgrenze von 410 € netto auf 800 € netto erhöht werden. Sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten unmittelbar als Aufwand erfasst werden, wird die Auszahlung dann der laufenden Verwaltungstätigkeit zugeordnet (bisher nachgewiesen als Investitionsauszahlung).

 

Beim Kreis Coesfeld werden aktuell die GWG, soweit sie selbstständig genutzt werden können und einer Abnutzung unterliegen, direkt als Aufwand und als Investitionsauszahlung gebucht.

 

Die Bilanzierung der GWG ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Mit der Möglichkeit der sofortigen Verbuchung der Aufwendungen aus dem Erwerb von geringwertigen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung wird der Kommune eine erhebliche Vereinfachung geboten. Dieses Wahlrecht kann die Kommune für jeden geringwertigen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens in Anspruch nehmen. Der betreffende Vermögensgegenstand muss dann nicht gesondert in der Anlagenbuchhaltung erfasst, inventarisiert und wertmäßig fortgeschrieben werden. Durch eine solche haushaltswirtschaftliche Vereinfachung entfällt auch die Vornahme von Abschreibungen über den Zeitraum der tatsächlichen Nutzung des betreffenden geringwertigen Vermögensgegenstandes.

 

Seitens des Kreises ist zu klären, wie mit der Neuregelung zu den GWG zu verfahren ist und ob weiterhin von der Möglichkeit der unmittelbaren Aufwandserfassung von geringwertigen Vermögensgegenständen Gebrauch gemacht werden soll.

 

Ferner enthält der Entwurf der KomHVO NRW bei den Allgemeinen Bewertungsanforderungen (§ 33 Abs. 1) die Regelung, dass „wirklichkeitsgetreu“ zu bewerten ist. Dies bedeutet - wie bereits unter Ziffer 1) ausgeführt ist - die Abwendung vom Vorsichtsprinzip.

 

Die im Entwurf vorliegende KomHVO NRW sieht in § 35 Abs. 2 nunmehr eine Regelung vor, dass bei Gebäuden für das Bauwerk und für die mit ihm verbundenen Gebäudeteile (Komponenten) Dach und Fenster unterschiedliche Nutzungsdauern bestimmt werden dürfen (Komponentenansatz). Darüber hinaus dürfen weitere Komponenten gebildet werden, soweit es sich um mit dem Gebäude verbundene physische Gebäudebestandteile handelt und deren Wert im Einzelnen mindestens fünf Prozent des Neubauwertes beträgt. Bei Straßen, Wegen und Plätzen in bituminöser Bauweise mit Unterbau dürfen für die Komponenten Deckschicht und Unterbau unterschiedliche Nutzungsdauern bestimmt werden. Für alle anderen Vermögensgegenstände ist die Anwendung des Komponentenansatzes ausgeschlossen. Wird, soweit nicht von der Möglichkeit des Absatzes 2 Gebrauch gemacht wird, durch Erhaltung oder Instandsetzung eines Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens oder einer Komponente desselben, die im Sinne des Absatzes 2 als erheblich einzustufen wäre, eine Verlängerung seiner wirtschaftlichen Nutzungsdauer erreicht, ist er neu zu bewerten und die Restnutzungsdauer neu zu bestimmen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn in Folge einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eine Verkürzung eintritt (§ 35 Abs. 5 Entwurf KomHVO NRW).

 

Soweit die vorstehenden Regelungen in die endgültige KomHVO NRW einfließen sollten, wird der Kreis Coesfeld die weitere Vorgehensweise in dieser Angelegenheit klären müssen.

 

Die Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements wird weiterhin kritisch begleitet.

Anlage:

 

Auszug aus der Landtagsdrucksache 17/3570 zum 2. NKFWG