Beschlussvorschlag:
Der Kreis Coesfeld beteiligt sich ab dem Schuljahr 2020/21 an den Kosten
für das landesweit zu nutzende Azubi-Ticket mit monatlich 20,00 € an den
Gesamtkosten von 82,00 € unter folgenden Voraussetzungen:
- Gefördert werden Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr, die ein Berufskolleg des Kreises Coesfeld besuchen.
- Der jeweilige Ausbildungsbetrieb beteiligt sich mit mindestens 31,00 € monatlich an den Kosten des Azubi-Tickets.
Begründung:
I. Problem
Im Verkehrsverbund Westfalen wurde zum 01.08.2019 ein Azubi-Ticket eingeführt, es kostet derzeit 62 € monatlich. Für ein landesweites Ticket ist ein Zuschlag von 20 € monatlich zu zahlen, so dass die Kosten insgesamt 82 € mtl. betragen.
Mit diesem Preis von 82 € mtl. ist ein Azubi-Ticket allerdings unattraktiv, sozial ungerecht und wird dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von beruflicher und schulischer Bildung nicht gerecht. Insbesondere minderjährige Jugendliche aus der Emscher-Lippe-Region, die für Fahrten zum Ausbildungsbetrieb und zum Berufskolleg auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, werden bei dem genannten Preis nicht für einen Ausbildungsplatz im Kreis Coesfeld / Münsterland gewonnen werden können.
Handwerk und Industrie haben sich wiederholt zur Erhöhung der Attraktivität der Ausbildung für ein freiwilliges Azubi-Ticket ausgesprochen, das hinsichtlich der Konditionen und des Geltungsbereichs dem Semesterticket für Studierende entspricht.
Im Semesterbeitrag für Studierende schlägt das Semesterticket mit ca. 30 € mtl. zu Buche.
Das Land NRW, die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern werben dafür, dass sich die Arbeitgeber an den Kosten des Tickets für ihre Auszubildenden beteiligen. Arbeitgeber können die Beteiligung am Azubi-Ticket steuerlich als Betriebsausgabe absetzen.
II. Lösung
Auf Anregung der Initiative
zur Stärkung der beruflichen Ausbildung im Kreis Coesfeld wird
– in einem gemeinsamen Projekt von Ausbildungsbetrieben und den Berufskollegs des Kreises Coesfeld – ein für die Schüler/innen der kreiseigenen Berufskollegs kostengünstiges „Azubi-Start-Ticket“ mit landesweiter Nutzungsmöglichkeit durch den Schulträger eingeführt.
Damit wird der eingangs dargestellte Preis in Höhe von 82,00 € durch den Anteil des Ausbildungsbetriebs von 31,00 € sowie des Schulträgeranteils von 20,00 € ür die/ den Auszubildende/n auf maximal 31,00 € reduziert und ein gerechtes Pendant zum Semesterticket hergestellt, welches –wie ebenfalls zuvor benannt – Studierenden monatlich ca. 30,00 € kostet.
Die Initiative legt folgende Vorteile dar:
Für die
Ausbildungsbetriebe
Die Attraktivität der Ausbildungsplätze wird erhöht.
Dadurch entsteht keine zusätzliche Fahrkostenerstattung für überbetriebliche Ausbildung.
Die Beteiligung am Azubi-Ticket kann als Betriebsausgabe steuerlich abgesetzt werden.
Ortsnahe Fachklassen (bezogen auf Ausbildungsort und / oder Wohnort) bleiben bestehen.
Für die
Auszubildenden
Der Zuschuss des Arbeitgebers zum Azubi-Ticket ist steuerfrei.
Das (landesweite) Azubi-Ticket kann auch für die Fahrten zum Berufskolleg genutzt werden, es ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr gültig. Junge Menschen können aktiv einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Verkehrssicherheit wird erhöht. Eine Fahrradmitnahme ist derzeit jedoch nur eingeschränkt möglich.
Für die
Umwelt
Die ÖPNV-Nutzung für die Fahrten zum Ausbildungsbetrieb, zum Berufskolleg, zur überbetrieblichen Ausbildung und in der Freizeit führt zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und entspricht damit der Zielsetzung des Klimaschutzkonzeptes des Kreises Coesfeld. Junge Menschen werden an die dauerhafte Nutzung des OPNV herangeführt.
Für den
Kreis Coesfeld
Die Berufskollegs des Kreises werden gestärkt; das Vorhaben entspricht damit
der Planungsstrategie und den Handlungsprämissen des vom Kreistag Coesfeld am
12.12.2018 beschlossenen Leitbilds „Berufskolleg 2025"
Zudem ist darin ein Beitrag zur Fachkräftesicherung im Kreis zu sehen.
Für die
Berufskollegs im Kreis Coesfeld
Sicherung / Stärkung der Fachklassen; Anmeldung von Auszubildenden mit Wohnort im Kreis Coesfeld, deren Ausbildungsort außerhalb des Kreises liegt.
Nicht zuletzt ausweislich eines Presseartikels vom 27.07.2019 sprechen sich die Schulleitungen der Berufskollegs ausdrücklich und einvernehmlich für die Einführung des Azubi-Start-Tickets aus.
Die von der Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH eingeholte Stellungnahme zum Vorhaben der Bezuschussung des Azubi-Tickets durch den Kreis als Schulträger hinterfragt die prognostizierten positiven Auswirkungen vor allem in Bezug auf steigende Anmeldezahlen im Verhältnis der diesen gegenüberstehenden finanziellen Aufwendungen.
Hinzu komme die Qualität der relevanten ÖPNV-Verbindungen in Bezug auf die berufliche und freizeitrelevante Relation, so dass trotzdem der Individualverkehr dem ÖPNV vorgezogen würde, zumal wenn der Weg zur Schule im Kreis Coesfeld über Münster führt.
Insgesamt wird von der wfc ein hoher Mitnahmeeffekt mit kaum spürbarer Wirkung befürchtet.
Das gelte ausdrücklich nur für einen zusätzlichen Zuschuss des Kreises, Arbeitgeberzuschüsse werden für ein wirksameres Mittel gehalten, um deren Attraktivität als Ausbildungsbetrieb zu steigern.
Durch die Bindung des Zuschusses an den tatsächlichen Besuch der Berufsschule bzw. des Berufskollegs im Kreis Coesfeld können die genannten Befürchtungen ausgeschlossen werden, ebenso stellt die Bezuschussung nur im ersten Jahr einen Anreiz bzw. ein Alleinstellungsmerkmal dar. Wird in Folgejahren durch die Nachbarkreise bzw. die Stadt Münster gegebenenfalls nachgezogen, kann dies nur als positiver Effekt zur Unterstützung der betrieblichen Ausbildung gewertet werden, bei der der Kreis Coesfeld eine Vorreiter-Position eingenommen hat.
III. Alternativen
Der Kreis Coesfeld führt das „Azubi-Start-Ticket“ zum Schuljahr 2020/21 nicht ein.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Mit Einführung des Azubi-Start-Tickets können gemäß Oktoberstatistik 2018 theoretisch 945 Schüler/innen mit einem Antragsvolumen von (945 x 20 € x 12 Monate =) 226.800 € antragsberechtigt sein.
Unter der Annahme, dass rund 2/3 der Antragsberechtigten einen Antrag stellen werden, wären von jährlich rund 140.000 € auszugehen.
Für den Haushalt 2020 wäre für die Monate August bis Dezember demnach ein Betrag in Höhe von 58.500 € anzusetzen.
Weiterer Aufwand wird für die zusätzliche Sachbearbeitung notwendig sein und führt zu einem Mehraufwand bei der Personalgestellung in Höhe von ca. 20 % (1/5 Stelle) jährlich.
Von der Einführung des Azubi-Start-Tickets verspricht sich die Verwaltung weitere positive Effekte:
o Die verstärkte Nutzung des ÖPNV durch junge Menschen verringert den Individualverkehr und trägt zu mehr Verkehrssicherheit auf den Straßen unserer Region bei.
o Die Linien der Verkehrsunternehmen werden besser ausgelastet.
o Durch den Rückgang des Individualverkehrs sind positive ökologische Effekte zu erwarten.
o Die Attraktivität zum Besuch eines Berufskollegs des Kreises Coesfeld wird erhöht.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung und der zusätzlichen freiwilligen Aufgabe ist gemäß
§ 26 KrO die Zuständigkeit des Kreistages gegeben.