Betreff
Neufassung des Taxentarifes und der Taxenordnung für den Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-9-1480
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der als Anlage 5 beigefügte Entwurf der Neufassung der Rechtsverordnung über die Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen (Taxentarif) für den Kreis Coesfeld (Inkrafttreten: 01.11.2019) wird beschlossen.

 

Der als Anlage 6 beigefügte Entwurf der Neufassung der Rechtsverordnung über den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (Taxenordnung) für das Gebiet des Kreises Coesfeld (Inkrafttreten: 01.11.2019) wird beschlossen

Begründung:

 

I. Problem / II. Lösung

 

Nach § 39 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) bedürfen Beförderungsentgelte und deren Änderung der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Mit der Zustimmung sind die Beförderungsentgelte verbindlich. Genehmigungsbehörde für den Verkehr mit Taxen ist der Kreis Coesfeld in seinem Gebiet. Der Kreis Coesfeld setzt hierbei nach § 51 Absatz 1 PBefG i.V. m. § 4 Zuständigkeitsverordnung PBefG NRW durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und –bedingungen für den Taxenverkehr fest.

 

Mit Datum vom 18.09.2018 beantragte der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen VSPV e.V. (VSPV) die Erhöhung des aktuell gültigen Taxentarifs für den Kreis Coesfeld in sämtlichen Tarifpositionen um jeweils ca. 10 % (Anlage 1).

 

Über diesen Antrag hat die Verwaltung den Ausschuss für Umwelt, öffentliche Sicherheit und Ordnung am 21.05.2019 im Wege einer Mitteilungsvorlage vorab informiert, nachdem die bisherige Verfahrensdauer und die geplanten Abweichungen der Münsterlandkreise vom Antrag des VSPV durch den Verband thematisiert wurden (Anlage 2).

 

Begründet wurde der Erhöhungsantrag des VSPV vom 18.09.2018 mit den zum 01.01.2019 und 01.01.2020 anstehenden Erhöhungen des Mindestlohnes auf 9,19 € bzw. 9,35 € und den damit verbundenen zusätzlichen Arbeitgeberaufwendungen. Als weitere kostensteigernde Faktoren werden die Bereiche Reparatur, Inspektion, Wagenwäsche, Eichgebühren, Kfz-Versicherungen sowie der allgemeine Kraftfahrerindex benannt. Ähnliche Anträge mit gleichen Steigerungsraten sind auch den weiteren drei Münsterlandkreisen Borken, Steinfurt und Warendorf sowie weiteren NRW-Landkreisen, jeweils unabhängig von der jeweiligen tariflichen Ausgangslage, zugegangen.

 

Nachdem auch bei der letzten Tariferhöhung zum 01.01.2015 eine Abstimmung der vier Münsterlandkreise erfolgte, fand dieses auch bei diesem Antrag im Zuge der allgemein politisch angeregten interkommunalen Zusammenarbeit im Münsterland statt. Ziel ist ein einheitlicher Taxentarif in den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf. Ebenso ist beabsichtigt, auch inhaltlich gleiche Rahmenbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger in den vier Kreisen zu schaffen, da keine sachlichen Gründe aus Sicht der beteiligten Kreisvertreter erkenn- und belegbar sind, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf Dauer rechtfertigen können.

 

Kernpunkte dieser gemeinsamen Überlegungen sind die Ablehnung der automatischen Koppelung der Taxentarife an den ÖPNV aufgrund der unterschiedlichen Grundlagen und Ausrichtungen sowie die Beschränkung der Tarifanpassung auf das aus Sicht der Kreise notwendige angemessene wirtschaftliche Maß.

 

Die Beförderungsentgelte müssen nach § 39 Absatz 2 PBefG unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers angemessen sein. Zur Beurteilung der Angemessenheit ist eine Abwägungsentscheidung zu treffen, mit der das wirtschaftliche Interesse der Unternehmer mit den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl – also dem Interesse an sicheren und ausreichenden Personenbeförderungsmöglichkeiten – in Ausgleich gebracht wird (Bidinger, Kommentar zum PBefG, § 51, Rn. 6 und § 39, Rn. 127; Filitz/Grätz, Kommentar zum PBefG, § 51, Rn. 14).

In die Überlegungen der Münsterlandkreise ist eingeflossen, dass die Unternehmen mit den Krankenkassen zur Durchführung von Krankenfahrten Verträge geschlossen haben, die unterhalb der bereits bestehenden Tarife liegen. Im landesweiten Vergleich liegen auch Tarife anderer Landkreise unterhalb der bereits im Münsterland geltenden Tarife.

 

Es wurde daher dem Verband vorgeschlagen, eine Erhöhung um 5 % bei der Kilometergebühr vorzunehmen und den Grundpreis zu belassen. Grundlage hierfür war eine Vergleichsrechnung, die der Kreis Borken stellvertretend für die Münsterlandkreise vorgenommen hat. Damit weichen die Münsterlandkreise vom Antrag des Verbandes ab. Dieser Vorschlag wurde daher nochmals mit dem Verband erörtert. Nach Rückäußerung des Verbandes, in dem keine konkreten Zahlen zu den Argumenten der Kreise vorgetragen wurden, erfolgte eine erneute Abstimmung der Münsterlandkreise, die zu dem Ergebnis geführt hat, dass nun auch zusätzlich der Grundpreis um 5 % erhöht werden soll, um auch hier entsprechende Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Hierüber wurde der Verband VSPV im Rahmen eines gemeinsamen Gespräches im Vorfeld des formellen Anhörungsverfahrens informiert.

 

Die Münsterlandkreise entschieden nach den Beratungen über folgenden Vorschlag ein Anhörungsverfahren durchzuführen:

 

1.         Auf der Grundlage der Argumentation und des Zahlenmaterials des VSPV wurde eine Anhebung des Taxentarifs um ca. 5 % als gerechtfertigt angesehen:

Durch die Erhöhung des Mindestlohns ergeben sich Auswirkungen auf die Lohnkosten, welche ca. 50 % der Gesamtkosten ausmachen. Die vom VSPV angesprochene Steigerung des Mindestlohns von ca. 10 % seit der letzten Anpassung der Taxitarife wird damit in Bezug auf die Gesamtkosten maximal zu einem Anstieg von 5 % führen. Allerdings ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung ab dem 01.01.2019 von 3,0 Prozent auf 2,5 Prozent gesenkt wurde.

Mit den veränderten Dieselpreisen gegenüber 2017 lässt sich derzeit keine Anhebung des Tarifs begründen, da diese nur einen Anteil von 0,18 % an den Kosten ausmachen. Im Vergleich zu 2014 (dem Jahr der letztmaligen Anpassung des Taxentarifs) ist der Dieselpreis heute sogar niedriger.

Die Anschaffungskosten sind derzeit niedrig, da Taxiunternehmer für Neufahrzeuge erhebliche Rabatte erhalten. Die Kosten für Fiskaltaxameter, die Eichung und die Konformitätsbewertung machen demgegenüber nur einen geringen Anteil aus.

 

2.         Nach der bislang in den Kreisen Borken und Coesfeld geltenden Anfahrtskostenregelungen können für Fahrten auch innerhalb der Betriebssitzgemeinde Anfahrtskosten berechnet werden, wenn sie vom Betriebssitz aus in den Außenbereich oder in eine andere Ortschaft führen. In den Kreisen Warendorf und Steinfurt werden für Fahrten im gesamten Gemeindegebiet des Betriebssitzes keine Anfahrtskosten erhoben. Diese Regelung sollte grundsätzlich in der Zukunft ebenfalls für die Kreise Borken und Coesfeld gelten.

 

Im Rahmen des am 27.05.2019 vom Kreis Coesfeld eingeleiteten Anhörungsverfahrens wurden Fragebögen an alle konzessionierten Taxenunternehmen, alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden und alle weiteren zu beteiligenden Stellen (IHK, Gewerkschaften etc.) versandt.

Alle 15 im Kreis Coesfeld ansässigen Taxenunternehmen haben sich an der Anhörung beteiligt und grundsätzlich für eine Erhöhung des Taxentarifes ausgesprochen; 13 Unternehmen folgten dem Vorschlag des VSPV, ein Unternehmer sprach sich für den Vorschlag der Kreise aus, ein Unternehmer wollte sich nicht positionieren. Im Bereich der Anfahrten votierten vierzehn Unternehmen für die Beibehaltung der aktuellen Anfahrtskostenregelung, ein Unternehmen befürwortete den Vorschlag einer neuen Anfahrtskostenregelung im Kreis Coesfeld.

Bei den elf kreisangehörigen Städten und Gemeinden sprachen sich alle Gemeinden grundsätzlich für eine Erhöhung der Taxentarife nach dem Vorschlag der Münsterlandkreise aus, drei Städte bzw. Gemeinden sprachen sich jedoch auch für eine möglichst einvernehmliche Absprache mit dem VSPV bzw. eine Auskömmlichkeit des Tarifes aus. Bei der Thematik der Anfahrtskostenregelung lag zunächst eine grundsätzliche Zustimmung aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu der vorgeschlagenen Neuerung vor, die jedoch von zwei Städten nach einer intensiveren Auseinandersetzung mit der Problematik und entsprechenden Gesprächen mit den ortsansässigen Unternehmern korrigiert wurde. Hintergrund sind u.a. die Sorgen um den künftigen wirtschaftlichen Fortbestand der Taxenunternehmen im Kreis Coesfeld, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es bereits jetzt nur noch in sieben kreisangehörigen Städten und Gemeinden ortsansässige Taxenunternehmen gibt.

Die IHK begrüßt grundsätzlich die beabsichtigte Vereinheitlichung der Tarife und Tarifstruktur in den vier Münsterlandkreisen, hält jedoch den Antrag des VSPV bzgl. der Tariferhöhung von ca. 10 % für gerechtfertigt und schlägt als Alternative vor, die angestrebte Vereinheitlichung der Anfahrtskostenregelung auf Basis der aktuell geltenden Regelungen in den Kreisen Borken und Coesfeld zu realisieren. Der VSPV bekräftigt die aus seiner Sicht notwendige Tariferhöhung um 10 % und spricht sich deutlich gegen eine Anpassung der Anfahrtskostenregelung aus.

 

Aufbauend auf die eingereichten Stellungnahmen und Hinweise im Rahmen des Anhörungsverfahrens, aber auch unter Berücksichtigung weiterer Rückmeldungen, Gespräche und Eingaben, ist zur Beurteilung der Angemessenheit der Tariferhöhung sowie zur Ausgestaltung der Anfahrtskostenregelung eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Im Zuge dieser Abwägung der Interessen der privatwirtschaftlich agierenden Taxenunternehmer im Kreis Coesfeld mit dem öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl – also dem allgemeinen Interesse an sicheren, ausreichenden und für die Kreisbevölkerung bezahlbaren und tatsächlich zur Verfügung stehenden Personenbeförderungsmöglichkeiten - ist ein für beide Seiten vertretbarer Ausgleich herbeizuführen.

 

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bereits jetzt nicht mehr in allen elf kreisangehörigen Städten und Gemeinden im Kreis Coesfeld konzessionierte Taxenunternehmer vor Ort ansässig sind und die auch bei einer Besprechung in Borken vorgetragenen Sorgen, Nöte und wirtschaftlichen Befürchtungen der dortigen Unternehmer auch ohne Bedenken auf die im Kreis Coesfeld ansässigen Taxenbetriebe übertragen werden können, sollte analog dem Kreis Borken von der geplanten Änderung der Anfahrtskostenregelung zunächst Abstand genommen werden. Somit verbliebe es zunächst in den vier Münsterlandkreisen bei den bisherigen Anfahrtskostenregelungen. So ist es möglich, bei einer etwaigen späteren Neuprüfung dieser Thematik anstehende Änderungen im Zuge einer etwaigen Novellierung des PBefG sowie der steten Neuerungen im Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger entsprechend zu berücksichtigen.

Bzgl. der Tarifanpassung an sich wird vorgeschlagen, abweichend vom Antrag des VSPV entsprechend der interkommunalen Abstimmung der vier Münsterlandkreise so zu beschließen, wie es durch die Kreistage in Steinfurt und Warendorf bereits erfolgt ist.

Eine Änderung betrifft hier auch die Vereinfachung der Tarifstruktur bei den Fahrten mit sogenannten Großraumtaxen (ab fünf Fahrgästen). So ist hier künftig nur noch eine um 5,00 € erhöhte Grundgebühr zu entrichten. Das Beförderungsentgelt je gefahrenen km ist identisch mit dem normalen Taxi. Ebenso erfolgt eine Klarstellung bzgl. des Bereithaltens von Taxen außerhalb der zugelassenen Taxenstandplätzen bei besonderen Anlässen, wie z.B. bei Volks- und Schützenfesten. Auch kann das Bereithalten an anderen Stellen genehmigt werden.

 

 

Der Kreis Coesfeld hat die bestehenden Rechtsverordnungen zusammen mit den anderen Münsterlandkreisen überarbeitet und dabei Formulierungen aktualisiert sowie redaktionelle und klarstellende Anpassungen vorgenommen. Die Änderungen sind in den beigefügten Synopsen (Anlage 3 und 4) dargestellt.

 

III. Alternativen

 

-       Fortführung des aktuell gültigen Taxentarifes

-       Umsetzung des Taxentarifs gemäß dem Antrag des VSPV e.V.

-       Wegfall der Anfahrtskosten für den Außenbereich entsprechend den aktuellen Regelungen in den Kreisen Steinfurt und Warendorf

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Durch die Neufassung des Taxentarifes entstehen für den Kreis Coesfeld keine Kosten.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Zuständigkeit des Kreistages für die Entscheidung ergibt sich aus § 26 Abs. 1 f der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.

 

Anlagen:

 

1)     Antrag VSPV e.V.

2)     Schreiben VSPV e.V. an Ausschussvorsitzenden etc.

3)     Synopse Taxentarifordnung

4)     Synopse Taxenordnung

5)     Entwurf Tariftarifordnung 2019

6)     Entwurf Taxenordnung 201