Betreff
Aufgabenerledigung, Verfahresabläufe und Beschwerden im Schwerbehindertenrecht
Vorlage
SV-9-1573
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

- ohne -

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

I. - V. Problem, Lösung, Alternativen, Auswirkungen, Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Vor nunmehr fast 12 Jahren hat das Kreisgesundheitsamt die Aufgabe des Schwerbehindertenrechts von der ehemaligen Versorgungsverwaltung übernommen. In dieser Zeit hat sich Materie als arbeitsintensives und durchaus auch konfliktreiches Aufgabengebiet erwiesen.

Hinsichtlich der zu bewältigenden Arbeitsmenge liegt der Schwerpunkt in der Bearbeitung von Erst- und Änderungsanträgen zur Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) und der Feststellung von gesundheitlichen Merkzeichen (z. B. "G" - erhebliche Gehbehinderung, "aG" – außergewöhnliche Gehbehinderung). Im Rahmen des Feststellungsverfahrens ist der medizinische Sachverhalt umfassend aufzuklären und zu bewerten. Die Feststellungsverfahren sind zügig und zugleich sorgfältig durchzuführen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vertretung in erst- und zweitinstanzlichen Streitverfahren. In diesen erfolgt eine wichtige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns. In schriftlichen Stellungnahmen werden klägerseitige Schriftsätze sowie vom Gericht eingeholte Befundberichterstattungen rechtlich und unter ärztlicher Beteiligung medizinisch ausgewertet; in Erörterungs- und Verhandlungsterminen erfolgt die Vertretung des Kreises Coesfeld durch Verwaltungsmitarbeiter.

Repräsentativ seien für den Bereich des Schwerbehindertenrechts einige Daten aus dem Jahr 2018 vorgestellt:

Insgesamt gingen über 4.000 Erst- und Änderungsanträge ein; rd. 1.200 Nachprüfungsverfahren wurden von Amts wegen eingeleitet. Gegen die Verwaltungsentscheidung wurde in über 900 Fällen Widerspruch erhoben.

In über 150 Fällen wurde Klage vor dem Sozialgericht erhoben. In 11 Fällen wurde Berufung in der 2. Instanz vor dem Landessozialgericht eingelegt - davon 7 seitens des Bürgers, 4 Berufungen legte der Kreis gegen die erstinstanzliche Entscheidung ein.

Während in Verwaltungsverfahren (Anträge, Nachprüfungen, Widersprüche) die Zahl der neuen in etwa der Zahl der im selben Jahr erledigten Verfahren entspricht, ist dies für gerichtliche Streitverfahren – auch aufgrund längerer Verfahrensdauern – nicht der Fall: So sind derzeit rd. 240 gerichtliche Streitverfahren anhängig.

Aber nicht nur in der Zahl der Widersprüche und Gerichtsverfahren spiegelt sich die Konfliktbelastung wider.  Es ist darüber hinaus ein Anstieg der Dienst- bzw. Fachaufsichts- und sonstigen Beschwerden sowie der Petitionen zu verzeichnen: Von 2016 mit sechs Verfahren sank die Zahl auf zwei schriftliche Eingaben in 2017. Seitdem ist bedauerlicherweise wieder ein Anstieg auf fünf Verfahren in 2018 zu verzeichnen; bis Ende Oktober des laufenden Jahres wurde in bislang 10 Fällen vorgetragen.

Viele der Beschwerden werden dem Landrat vorgetragen; einige Bürger wenden sich auch an Kreistagsmitglieder. Über die Gründe steigender Beschwerdezahlen kann nur spekuliert werden; möglicherweise ist auch die gesamtgesellschaftlich zu verzeichnenden Tendenz, Ansprüche vehementer geltend zu machen und dafür nicht mehr ausschließlich den Rechtsweg zu nutzen, hierfür verantwortlich zu machen.

Betont werden muss an dieser Stelle, dass Anlass von Beschwerden in aller Regel eine Unzufriedenheit mit der Bewertung der Beeinträchtigungen ist. Anstelle oder neben der Möglichkeit, den Rechtsweg auszuschöpfen, vermuten einige Antragsteller, über

-          Beschwerden über dienstliches Verhalten (Dienstaufsichtsbeschwerde – Bearbeitung durch die Personalabteilung im Hause),

-          Beschwerden beim Landrat (Bearbeitung durch Büro des Landrates),

-          Beschwerden bei der zuständigen Fachaufsichtsbehörde (Fachaufsichtsbeschwerde – Bearbeitung durch die Bezirksregierung in Münster) oder aber

-          Beschwerden beim Landtag NRW (Petitionen - Bearbeitung durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen)

eine geänderte Bewertung erlangen zu können. Dabei wird jedoch verkannt, dass die Bewertung der gesundheitlichen Beeinträchtigung im Rahmen einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme erfolgt; eine Änderung dieser ärztlichen Einschätzung ist über die o.g. dargelegten Beschwerdewege nicht zu erreichen.

Die Überprüfung des festgestellten Grades der Behinderung sowie der Merkzeichen erfolgt im gerichtlichen Verfahren; in diesem wird unter Nutzung ärztlichen Fachwissen in Form von Sachverständigengutachten eine Überprüfung der Entscheidung vorgenommen.

Zur Aufgabenerledigung und den Verfahrensabläufen im Schwerbehindertenrecht ist letztmalig in der 8. Wahlperiode in 2011 berichtet worden. Auch weil sich die Zusammensetzung der politischen Gremien seitdem verändert hat, soll in der jetzt anstehenden Sitzung sowohl verwaltungsseitig als auch aus ärztlicher Sicht vorgetragen, das Antragsverfahren dargestellt und exemplarisch die ein oder andere Beschwerde thematisiert werden.

 

Die Verwaltung wird in der Sitzung zu dem Thema mündlich vortragen.