Beschlussvorschlag des
Anregenden:
- Der Landrat
klärt die Frage, wie er sicherstellen will, dass seine Entscheidungen,
hier speziell eine mögliche Förderung von Windkraftanlagen, nicht gegen
das Grundgesetz, d.h. gegen das Staatsziel Umweltschutz, definiert im Art.
20a GG, verstoßen.
- Der
Landrat wirkt über die Bezirksregierung
und die Landesregierung auf eine Klärung durch das
Bundesverfassungsgericht hin.
- Bis zur
Klärung der Verfassungsmäßigkeit des weiteren Ausbaus der Windenergie werden
alle Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen ausgesetzt.
- Der Kreis
informiert angemessen und umfänglich seine Bürger über seine Aktivitäten
zur Sicherstellung seines verfassungsmäßigen Handelns.
Beschlussvorschlag
des Kreisausschusses:
Der Anregung wird nicht gefolgt.
Begründung:
I. Problem
Gemäß § 21 KrO NRW hat jeder das Recht, sich mit Anregungen in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden.
Der
Anregung ist
ein Text von Prof. Murswiek zum Thema „Klimaschutz und Grundgesetz. Wozu
verpflichtet das Staatsziel Umweltschutz?“ beigefügt. Aufbauend auf diesen Text
vertreten die Anregenden die Auffassung, dass der Ausbau der Windenergie gegen
Art. 20 a GG verstoße und eine Missachtung eine Verletzung der Amtspflicht
darstelle, was zu entsprechenden Haftungsfolgen führe.
II. Lösung
Der Kreis
Coesfeld ist als Untere Immissionsschutzbehörde zuständig für die Erteilung von
Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Aufgabe
nimmt der Kreis als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr, da es sich
beim Vollzug des BImSchG um eine Aufgabe der Bundesländer handelt. Bei der
Genehmigung nach BImSchG handelt es sich um eine sog. gebundene Genehmigung,
d.h. die Genehmigungsbehörde muss die Genehmigung erteilen, wenn die
Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 BImSchG erfüllt sind. Ein Ermessen
besitzt die Genehmigungsbehörde hier also nicht. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen
gehören neben den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen sämtliche
Anforderungen des Umwelt- und Baurechts.
Nach der
verfassungsrechtlichen Gewaltenteilung (Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 3 GG)
besteht für die Verwaltung nicht die Befugnis, aufgrund eigener
Rechtsauffassung bestimmte Gesetze für unanwendbar zu erklären bzw. hierauf
beruhende Genehmigungsverfahren auszusetzen. Der Kreis Coesfeld als
vollziehende Gewalt ist nämlich gem. Art 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht
gebunden und hat die in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Gesetze
auszuführen.
Ausnahmsweise
ist die Verwaltung zur Nichtanwendung einer Norm befugt, wenn diese offensichtlich
rechtswidrig ist. Eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit liegt erst dann
vor, wenn ein Gericht in demselben Fall die Rechtswidrigkeit einer Norm
festgestellt hat. Dagegen reicht es nicht aus, die Nichtanwendung eines
Gesetzes auf die Einzelmeinung eines Rechtswissenschaftlers zu stützen; zumal,
wenn es auch entgegenstehende juristische Auffassungen gibt.
Denn
mittlerweile gibt es auch eine ausdifferenzierte und mehrmals rechtlich
bestätigte Judikatur zu der Ausweisung von Windvorrangzonen oder der
Genehmigung von Windenergieanlagen. Hielte ein Gericht die Anwendung eines
Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung über die Ausweisung
neuer Windräder ankommt, für verfassungswidrig im Sinne des Grundgesetzes, so
hätte es das Verfahren gemäß Art 100 GG ausgesetzt und die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes eingeholt (konkretes Normenkontrollverfahren). Eine
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, wonach die dem Windkraftausbau
zugrundeliegenden Gesetze gegen Art. 20 a GG verstoßen, gibt es nicht.
Vor diesem
Hintergrund besteht weder das Recht noch die Veranlassung die
Verfassungswidrigkeit des Windkraftausbaus weiter zu hinterfragen oder darauf
hinzuwirken, dass die von den Anregenden aufgeworfene Frage vor dem
Bundesverfassungsgericht geklärt wird. Somit bedarf es auch keiner
weitergehenden Informations- und Medienarbeit.
III. Alternativen
Keine. Der Kreis Coesfeld ist an geltendes Recht gebunden.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Keine.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Für die Erledigung von Anregungen ist gem. § 18 Absatz 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld grundsätzlich der Kreisausschuss zuständig.