Betreff
Anregung nach § 21 KrO - Ausbau der Windenergie
Vorlage
SV-9-1666
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag des Anregenden:

 

  1. Der Landrat klärt die Frage, wie er sicherstellen will, dass seine Entscheidungen, hier speziell eine mögliche Förderung von Windkraftanlagen, nicht gegen das Grundgesetz, d.h. gegen das Staatsziel Umweltschutz, definiert im Art. 20a GG, verstoßen.

 

  1. Der Landrat wirkt über die Bezirksregierung und die Landesregierung auf eine Klärung durch das Bundesverfassungsgericht hin.

 

  1. Bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des weiteren Ausbaus der Windenergie werden alle Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen ausgesetzt.

 

  1. Der Kreis informiert angemessen und umfänglich seine Bürger über seine Aktivitäten zur Sicherstellung seines verfassungsmäßigen Handelns.

 

 

Beschlussvorschlag des Kreisausschusses:

 

Der Anregung wird nicht gefolgt.

Begründung:

 

I.    Problem

 

Gemäß § 21 KrO NRW hat jeder das Recht, sich mit Anregungen in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden.

Der Anregung ist ein Text von Prof. Murswiek zum Thema „Klimaschutz und Grundgesetz. Wozu verpflichtet das Staatsziel Umweltschutz?“ beigefügt. Aufbauend auf diesen Text vertreten die Anregenden die Auffassung, dass der Ausbau der Windenergie gegen Art. 20 a GG verstoße und eine Missachtung eine Verletzung der Amtspflicht darstelle, was zu entsprechenden Haftungsfolgen führe.

 

II.  Lösung

Der Kreis Coesfeld ist als Untere Immissionsschutzbehörde zuständig für die Erteilung von Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Aufgabe nimmt der Kreis als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr, da es sich beim Vollzug des BImSchG um eine Aufgabe der Bundesländer handelt. Bei der Genehmigung nach BImSchG handelt es sich um eine sog. gebundene Genehmigung, d.h. die Genehmigungsbehörde muss die Genehmigung erteilen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 BImSchG erfüllt sind. Ein Ermessen besitzt die Genehmigungsbehörde hier also nicht. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen gehören neben den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen sämtliche Anforderungen des Umwelt- und Baurechts.

 

Nach der verfassungsrechtlichen Gewaltenteilung (Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 3 GG) besteht für die Verwaltung nicht die Befugnis, aufgrund eigener Rechtsauffassung bestimmte Gesetze für unanwendbar zu erklären bzw. hierauf beruhende Genehmigungsverfahren auszusetzen. Der Kreis Coesfeld als vollziehende Gewalt ist nämlich gem. Art 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden und hat die in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Gesetze auszuführen.

Ausnahmsweise ist die Verwaltung zur Nichtanwendung einer Norm befugt, wenn diese offensichtlich rechtswidrig ist. Eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit liegt erst dann vor, wenn ein Gericht in demselben Fall die Rechtswidrigkeit einer Norm festgestellt hat. Dagegen reicht es nicht aus, die Nichtanwendung eines Gesetzes auf die Einzelmeinung eines Rechtswissenschaftlers zu stützen; zumal, wenn es auch entgegenstehende juristische Auffassungen gibt.

Denn mittlerweile gibt es auch eine ausdifferenzierte und mehrmals rechtlich bestätigte Judikatur zu der Ausweisung von Windvorrangzonen oder der Genehmigung von Windenergieanlagen. Hielte ein Gericht die Anwendung eines Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung über die Ausweisung neuer Windräder ankommt, für verfassungswidrig im Sinne des Grundgesetzes, so hätte es das Verfahren gemäß Art 100 GG ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes eingeholt (konkretes Normenkontrollverfahren). Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, wonach die dem Windkraftausbau zugrundeliegenden Gesetze gegen Art. 20 a GG verstoßen, gibt es nicht.

 

Vor diesem Hintergrund besteht weder das Recht noch die Veranlassung die Verfassungswidrigkeit des Windkraftausbaus weiter zu hinterfragen oder darauf hinzuwirken, dass die von den Anregenden aufgeworfene Frage vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt wird. Somit bedarf es auch keiner weitergehenden Informations- und Medienarbeit.

 

III. Alternativen

Keine. Der Kreis Coesfeld ist an geltendes Recht gebunden.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Keine.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

Für die Erledigung von Anregungen ist gem. § 18 Absatz 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld grundsätzlich der Kreisausschuss zuständig.