Beschlussvorschlag:
Zum weiteren Ausbau des Angebots der Frühen Hilfen für Familien beteiligt sich der Kreis Coesfeld ab dem 01.07.2020 durch anteilige Kostenübernahme bis zur Höhe von 10.500 € an der Clearing- und Koordinationsstelle „Guter Start“ des Bunten Kreises Münsterland e.V., Coesfeld.
I. Problem
Der Kreis Coesfeld ist seit 2007 im
Bereich der Frühen Hilfen aktiv. Das fachliche Verständnis frühzeitiger Hilfe
für Familien mit Kindern von der Schwangerschaft bis zum 3. Lebensjahr wurde
durch das Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes 2012 sowie durch die
Unterstützung der Bundesinitiative Frühe Hilfen im Kreis präzisiert. Seit 2018
setzt die Bundesstiftung Frühe Hilfen die erfolgreiche Arbeit der
Bundesinitiative fort, sichert damit die Unterstützung von Familien und fördert
die Netzwerkarbeit in den Frühen Hilfen.
Durch die Teilnahme des Kreis Coesfeld
an der Landesinitiative Kommunale Präventionsketten seit 2017 wird das Ziel
verfolgt gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Um
Familien und ihren Kindern eine gesunde Entwicklung und gerechte Lebenschancen
zu ermöglichen, ergibt sich die Notwendigkeit, Belastungssituationen frühzeitig
zu erkennen und Zugänge zu Unterstützungsleistungen niedrigschwellig zu
gestalten. Auf dieser Basis können Familien erreicht, Systemhürden abgebaut und
passgenaue Unterstützung bereitgestellt werden. Die Vernetzung von Fachkräften
und Angeboten durch das im Jahr 2019 gegründete kreisweite Netzwerk
Chancengerechtigkeit geht diesem Vorhaben abteilungsübergreifend und
multiprofessionell nach. Die Zielgruppe des Netzwerkes sind dabei Familien mit
Kindern bis zur Volljährigkeit sowie junge Erwachsene bis zum 27. Lebensjahr.
Den ersten Baustein des Netzwerkes (die AG Familien mit Kindern von 0-6 Jahren)
stellen die Frühen Hilfen dar.
Im Rahmen der Netzwerkarbeit wird
deutlich, dass die örtlichen Unterstützungssysteme im Kreisgebiet vielfältig
vorhanden, jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Dadurch sind nicht
alle Angebote in jeder Kommune vorhanden. Die Angebotslandschaft kann auf
Eltern unübersichtlich wirken und sie wissen nicht wo sie passende Hilfe für
ihr Anliegen finden. Erforderlich ist deshalb eine besonders niedrigschwellige
Unterstützung und Vermittlung von Familien.
Konkret sichtbar wird eine
unterschiedliche Angebotsstruktur in der Geburtsabteilung der
Christophorus-Klinik in Coesfeld. Das Krankenhaus als Regelinstitution bietet
einen unbelasteten Zugang zu Familien in schwierigen Lebenslagen. Ein
Lotsendienst, realisiert über den Bunten Kreis Münsterland e.V., ermöglicht in
einer Lebensphase, in der Eltern sehr offen für Unterstützungsangebote sind,
einen niedrigschwelligen Zugang zum örtlichen Hilfesystem. Hierzu besucht eine Lotsin die Familien bereits kurz
nach der Geburt und steht als Gesprächspartnerin den Familien beratend zur
Seite. Ferner werden Familien über die Lotsin zu weiteren Angeboten der Frühen
Hilfen vermittelt und begleitet, sodass die Familien bereits ab Geburt
bestmöglich informiert und unterstützt in Bezug auf die weiteren Versorgungs-
und Entwicklungsschritte ihres Kindes sind (vgl. Anlage 1).
Während Familien, die im
Zuständigkeitsbereich der Stadt Coesfeld oder des Kreises Borken wohnen, schon
im Krankenhaus einen direkten Zugang zu diesem System haben, können Familien
aus den Zuständigkeitsbereichen des Kreisjugendamtes bzw. der Stadt Dülmen
diesen Dienst derzeit nicht unmittelbar nutzen.
Die Arbeit des Projekts „Guter Start“
ist seit Jahren etabliert und gut vernetzt mit multiprofessionellen Akteuren in
und um Coesfeld. Der Bunte Kreis zeichnet sich besonders durch die enge und
langjährige Kooperation mit der Christophorus-Klinik in Coesfeld sowie der
Jugendhilfe aus. An dem Projekt „Guter Start“ beteiligen sich seit 2009 die
Stadt Coesfeld und der Kreis Borken. Seit 2014 finanzieren auch die Städte Rheine
und Emsdetten sowie den Kreis Steinfurt (Lotsendienst am Mathias-Spital in
Rheine) das Projekt.
Die ersten aufsuchenden Kontakte für
Familien nach der Geburt eines Kindes stellen für Familien aus dem
Kreisjugendamtsbezirk zurzeit überwiegend Hebammen oder Gesundheitsfachkräfte
dar. Für den Kreis Coesfeld sind aktuell eine Familienhebamme und zwei
Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen in der
Gesundheitsorientierten Familienbegleitung tätig. Diese werden ab 01.07.2020
mit 1,5 Vollzeitstellen fest angestellt. Neben diesem qualitativen
Unterstützungsangebot kann der Lotsendienst in der örtlichen Geburtsklinik auf
steigende Bedarfe reagieren und einen beinahe lückenlosen Zugang zum lokalen
Hilfesystem im Kreis schaffen, beispielsweise indem Familien an die
Gesundheitsorientierte Familienbegleitung vermittelt werden. Damit bildet der
Lotsendienst die Schnittstelle zwischen Familien und Unterstützungssystem.
Durch die Etablierung eines
Lotsendienstes in der Geburtsklinik für den Kreis Coesfeld wird eine Basis für
das gelingende und gesunde Aufwachsen von Kindern im Kreis Coesfeld gestaltet
und Chancengerechtigkeit wird frühzeitig hergestellt. Familien mit Kindern
werden bereits Tage nach der Geburt erreicht und erhalten passgenaue Unterstützung.
II.
Lösung
Vor diesem Hintergrund hat der Bunte
Kreis mit Schreiben vom 04.05.2020 angeboten, das Projekt „Guter Start“ auch
für die Familien aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes anzubieten,
wenn eine anteilige Kostenübernahme erfolgt (vgl. Anlage 2).
Aus fachlicher Sicht befürwortet die
Verwaltung eine Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Das
Projekt schafft einen besonders frühzeitigen und niedrigschwelligen Zugang zu
Familien in Belastungssituationen und mit Unterstützungsbedarf. Durch die
Vermittlung u.a. an die Gesundheitsorientierte Familienbegleitung des Kreis
Coesfeld werden Familien umfangreich unterstützt. Belastungen werden frühzeitig
erkannt und Eltern und ihre Kinder werden gefördert, um ein gelingendes
Aufwachsen im Kreis Coesfeld zu ermöglichen.
Auch das Kreisjugendamt profitiert von
einer Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Bislang nehmen die
Geburtskliniken bei Hinweisen auf Belastungen oder Probleme der jungen Familie
Kontakt mit dem Jugendamt auf. Im Regelfall kümmert sich der Allgemeine Soziale
Dienst (ASD) um diese Anliegen, sucht die Familie in der Klinik auf und
vermittelt beispielsweise an die Gesundheitsfachkräfte. Bereits hier werden
strukturelle Hürden deutlich. Der Verwaltungsaufwand für das Klinikpersonal und
Jugendamt ist hoch, da nicht immer gewährleistet werden kann, dass
Mitarbeiter*innen des ASD kurzfristig zur Verfügung stehen. Die
Mitarbeiterinnen des Bunten Kreises sind hingegen regelmäßig in der Klinik und
können daher umgehend reagieren.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass
die Hemmschwelle für Eltern, Unterstützung durch den Bunten Kreis zu
akzeptieren, deutliche niedriger ist, als Hilfsangebote des Jugendamtes in
Anspruch zu nehmen.
Das Projekt „Guter Start“ des Bunten
Kreis stellt eine Vermittlungsinstanz und damit ein ergänzendes Angebot der
Frühen Hilfen im Kreis Coesfeld dar. Durch „Guter Start“ können Familien
transparent über Unterstützungsleistungen informiert werden, an diese
übergeleitet oder aktiv zu Angeboten begleitet werden.
Das Jugendamt der Stadt Coesfeld
unterstützt das Projekt schon seit Jahren. Der Bunte Kreis hat nunmehr auch die
Stadt Dülmen um eine Beteiligung gebeten. Damit würde ein einheitliches Angebot
für alle Familien im Kreis gewährleistet und Frühe Hilfen werden flächendeckend
sichergestellt.
III. Alternativen
Es erfolgt keine
Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Die aufgezeigten Defizite
werden insoweit akzeptiert.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige
Ressourcen)
Ausgehend von einem Aufwand von 5
Stunden pro Woche belaufen sich die kalkulierten Gesamtkosten (Personal-, Sach-
und Gemeinkosten) auf ca. 10.500 € jährlich. Die Mittel werden aus dem Etat der
Frühen Hilfen zur Verfügung gestellt.
Ggf.
besteht die Möglichkeit, die notwendigen Mittel über den Förderaufruf
„kinderstark“ der Landesinitiative Kommunale Präventionsketten zu
refinanzieren. Die Förderung erfolgt als Projektförderung.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des
Jugendhilfeausschusses ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung für das Jugendamt
des Kreises Coesfeld.