Beschluss:
Die
mit dem Beschluss des Kreistages vom 22.06.2016 (vgl. Ziffer 2 der
Sitzungsvorlage SV-9-0544) festgelegte Investitionssumme in Bezug auf die
Pensionsrücklage wird erhöht. Hierzu investiert der Kreis Coesfeld weiterhin in
Höhe der saldierten Aufwendungen aus Zuführungen bzw. Entnahmen der Pensions-
und Beihilferückstellung in den Versorgungsfonds der Kommunalen
Versorgungskasse Westfalen-Lippe (kvw) bis ein Kapitalstock in Höhe von 80 Mio.
€ aufgebaut ist. Die aus dieser Finanzanlage erzielten ertragswirksamen
Renditen aus der Pensionsrücklage sollen in späteren Jahren zu einer Begrenzung
der aus den Aufwendungen aus Pensionsverpflichtungen entstehenden Belastungen
führen.
I. Problem:
Der
Kreis Coesfeld investiert gemäß der gültigen Beschlusslage des Kreistages (vgl.
Ziffer 2 der Sitzungsvorlage SV-9-0544, Entscheidung vom 22.06.2016) in Höhe
der saldierten Aufwendungen aus Zuführungen bzw. Entnahmen der Pensions- und Beihilferückstellung
aufwandsneutral in den Versorgungsfonds der Kommunalen Versorgungskasse
Westfalen-Lippe (kvw). Die aus dieser Finanzanlage erzielten ertragswirksamen
Renditen aus der „Pensionsrücklage“ sollen in späteren Jahren zu einer
Begrenzung der aus den Aufwendungen aus Pensionsverpflichtungen entstehenden
Belastungen führen. Hierzu sollte nach dem v. g. Kreistagsbeschluss zunächst
ein Kapitalstock von ca. 50 – 60 Mio. € im kvw-Versorgungsfonds aufgebaut
werden. Seit
dem Jahr 31.12.2016 haben sich die Bestände der Pensions- und
Beihilferückstellung und der Pensionsrücklage wie Folgt entwickelt:
|
kvw-Versorgungsfonds
/ "Pensionsrücklage" |
Bilanzwert der Pensions- und Beihilferückstel-lung (in
€) |
Delta (Spalte 3 abzgl. Spalte 5) |
||
|
Buchwert (in €) kvw-Versorgungsfonds ("Pensions- rücklage") |
Kurswert (in €) kvw-Versorgungsfonds ("Pensions- rücklage") |
Stille Reserve / Rendite (in €) |
||
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
Stand 31.12.2016 |
25.615.094,00 |
30.177.858,51 |
4.562.764,51 |
106.853.306,00 |
-76.675.447,49 |
Stand 31.12.2017 |
29.597.275,00 |
35.302.970,35 |
5.705.695,35 |
111.787.595,00 |
-76.484.624,65 |
Stand 31.12.2018 |
34.104.574,00 |
39.108.704,33 |
5.004.130,33 |
118.548.575,00 |
-79.439.870,67 |
Stand 31.12.2019 |
39.879.764,00 |
48.913.459,79 |
9.033.695,79 |
125.924.352,00 |
-77.010.892,21 |
Nach § 37 Absatz 1 Kommunalhaushaltsverordnung
NRW sind alle Pensionsverpflichtungen (sämtliche Anwartschaften und andere
fortgeltende Ansprüche nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einschließlich
Berücksichtigung von Ansprüchen aus Beihilfen) nach den beamtenrechtlichen
Bestimmungen gegenüber den aktiv beschäftigten Beamten, allen Pensionären und
Hinterbliebenen mit ihrem Barwert als Rückstellung anzusetzen. Der Gesamtwert
der Verpflichtung ist unter Zuhilfenahme von versicherungsmathematischen
Annahmen zu jedem Abschlussstichtag zu ermitteln.
Zum 31.12.2019 hatte die Pensionsrücklage
einen Kurswert von 48.913.459,79 € erreicht. Für den Kreis Coesfeld wird die
Firma Heubeck AG im Auftrag der Kommunalen Versorgungskasse Westfalen-Lippe die
Pensions- und Beihilferückstellungen zum kommenden Abschlussstichtag erst zum
31.12.2020 ermitteln. Ein unterjähriger Delta-Wert kann somit derzeit nicht
abgerufen werden. Tendenziell ist allerdings davon auszugehen, dass sich das
Delta gegenüber dem Vorjahreswert zum 31.12.2019 weiter erhöhen wird, zumal der
Kurswert des kvw-Versorgungsfonds im Zuge der Corona-Krise nachgegeben hat und
sich der kvw-Versorgungsfonds bis zum Ende des Jahres 2020 in der Wertsicherung
befindet (vgl. Mitteilungsvorlage MV-9-1755). In der Folge wird die stille
Rendite in diesem Zeitraum voraussichtlich bei rund 5,5 Mio. € stagnieren.
Zum Stande des 31.07.2020 ergibt sich in Bezug
auf den kvw-Versorgungsfonds folgender Zwischenstand:
Buchwert (in €) kvw-Versorgungsfonds ("Pensions- rücklage")* |
Kurswert (in €) kvw-Versorgungsfonds ("Pensions- rücklage") |
Stille Reserve / Rendite (in €) |
|
1 |
2 |
3 |
4 |
Stand 31.07.2020 |
46.687.436,00 |
52.191.013,87 |
5.503.577,87 |
*Am 29.06.2020 wurde die mit der
Verabschiedung des Haushaltes 2020 (vgl. Sitzungsvorlage SV-9-1561/2)
beschlossene Investition mit der Nummer 110108 PRST getätigt. Hierzu wurde ein
Betrag in Höhe von 6.807.672 € in den kvw-Versorgungsfonds eingezahlt.
II.
Lösung
Aus den angeführten Gründen ist es zielführend,
das Delta zwischen der Pensionsrücklage und der Pensions- und
Beihilferückstellung in kommenden Jahren weiter zu reduzieren. Hierzu soll nun
ein Kapitalstock in Höhe von 80 Mio. € in dem kvw-Versorgungsfonds aufgebaut
werden, bevor ertragswirksame Renditen zur teilweisen Deckung künftiger aufwandswirksamer
Pensionslasten in Anspruch genommen werden.
Auf diese Weise wird maßgeblich dazu
beigetragen, dass dem Grundsatz der intergenerativen Gerechtigkeit in stärkerem
Maße Rechnung getragen wird. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die voraussichtlich
im Zuge der Bewältigung der Corona-Pandemie zu buchenden Bilanzierungshilfen
spätestens ab dem Jahr 2025 abgeschrieben werden müssen. Dies entspricht
zumindest dem gültigen Gesetzentwurf der
Landesregierung (vgl. § 6 des Entwurfes
eines Gesetzes zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden
Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen).
Für eine weitere Kapitalaufstockung im
kvw-Versorgungsfonds spricht auch, dass der in § 37 Absatz 1 Satz 4 Kommunalhaushaltsverordnung
NRW festgelegte Zinsfuß von 5 % schon seit mehreren Jahren nicht mehr den
aktuellen Marktverhältnissen entspricht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der
von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegte Leitzins bereits seit März
2016 null Prozent beträgt. Es ist als wahrscheinlich anzusehen, dass die
Niedrigzinspolitik der EZB bereits wegen der im Zuge der Corona-Krise stark
ansteigenden Quoten der Staatsverschuldungen in Europa noch über viele Jahre
andauern wird.
So betrachtet wurden die von der Firma Heubeck
AG auf der Basis eines Zinsfußes von 5 % ermittelten Pensions- und
Beihilferückstellungen in der Vergangenheit zu stark abgezinst. Sollte der
Verordnungsgeber an einem Zinsfuß von 5 % festhalten wird die Höhe der
Pensions- und Beihilferückstellung auch in Zukunft systematisch unterbewertet.
Das Delta zwischen der Pensionsrücklage und der Pensions- und Beihilferückstellung
ist daher unter einer realitätsnäheren Betrachtung der Marktverhältnisse noch
höher als etwa zuvor für das Jahr 2019 mit rd. 77 Mio. € ausgewiesen.
III. Alternative
Der
Kreis Coesfeld verzichtet darauf, in dem kvw-Versorgungsfonds einen
Kapitalstock in Höhe von 80 Mio. € aufzubauen.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge
Die jährliche Mittelzuführung zu Aktivwerten (hier:
Erwerb von Finanzanlagen zur Sicherstellung der Liquidität für die Bewältigung
künftiger Pensionslasten) stellt keine Haushaltsbelastung für den Kreis
Coesfeld dar, die sich erhöhend auf die Kreisumlage auswirkt. In die Berechnung
der Kreisumlage dürfen gemäß § 56 Kreisordnung NRW nach Abzug der Erträge nur
Aufwendungen angesetzt werden. Die Zuführung dieser Mittel in langfristige
Aktivwerte (Erwerb von Finanzanlagen) stellt keinen Aufwand dar.
V. Zuständigkeit
für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des
Kreistages ist gem. § 26 Abs.1 KrO NRW gegeben.