Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den für das Landschaftsschutzgebiet „Baumberge-Stevertal“ geltenden Verboten des Landschaftsplans Baumberge-Süd für die Anlage eines einseitigen Geh-/Radweges an der L 874 zwischen Nottuln und Havixbeck zu.

 

Begründung:

 

Der Landesbetrieb Straßen NRW, Regionalniederlassung Münster, plant die Anlage eines einseitigen Geh-/Radweges an der Landesstraße L 874 zwischen Nottuln und Havixbeck an zwei Teilabschnitten (vgl. Anlage 1). Der mittlere Abschnitt wird zunächst zurückgestellt und soll zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden.

Der 2,50 m breite kombinierte Geh-/Radweg wird auf der Westseite der L 874 geführt. Er verläuft hier überwiegend hinter den parallel zur Landstraße verlaufenden Entwässerungsgräben.

Für das Vorhaben wurde ein Landschaftspflegerischer Begleitplan nach den Vorgaben des ELES (Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für Eingriffe durch Straßenbauvorhaben (ELES) in der Baulast des Bundes oder des Landes NRW, Gem. RdErl. des Ministeriums für Bauen und Verkehr – III.1-13-16/24 – und des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – III-5-605.01.00.29 - vom 6.3.2009) erstellt.

Im ELES ist die Methode der Eingriffsermittlung und der Bemessung der Kompensationsmaßnahmen vorgegeben. Grundlage ist eine flächendeckende Biotoptypenkartierung. In dem Landschaftspflegerischen Begleitplan wurde eine Artenschutzprüfung integriert, artenschutzrechtliche Konflikte im Sinne des § 44 BNatSchG werden nicht erwartet.

Der Eingriff betrifft überwiegend Straßennebenflächen sowie angrenzende landwirtschaftliche Nutzflächen. Im Bereich der Steverburg kommt es auch zur Inanspruchnahme von angrenzenden Waldbeständen. Die Wirkungen beschränken sich auf die anlagebedingten Flächenbeanspruchungen. Neue betriebsbedingte Wirkungen oder Zerschneidungswirkungen treten nicht auf.

Der nach ELES ermittelte Gesamteingriff nach Naturschutzrecht umfasst ein Biotopwertdefizit von 21.372 Biotopwertpunkten bei einer Neuversiegelung von insgesamt 3.455 m² sowie unversiegelten Nebenflächen von 4.826 m². Daneben ist für 421 m² Waldinanspruchnahme ein forstrechtlicher Ausgleich zu leisten.

Die Kompensation der Eingriffe erfolgt im Rahmen von drei externen Maßnahmenflächen. Zwei davon liegen im Bereich von bereits vorhandenen Kompensationsflächen an der B 525 in Nottuln und eine weitere liegt in Billerbeck an der L 506. Mit den vorgesehenen Maßnahmen entsteht eine Aufwertung von 21.388 Biotopwertpunkten, womit ein vollständiger Ausgleich erreicht wird. Der forstrechtliche Ausgleich wird durch die Waldneubegründung von 850 m² auf der Maßnahmenfläche E1 gewährleistet. 

Die Strecke verläuft innerhalb des Geltungsbereichs des Landschaftsplans „Baumberge-Süd“. Die Trasse liegt hier vollständig innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Baumberge-Stevertal“ (2.2.01). Im Süden grenzt das Naturschutzgebiet „Lossbecke“ an die L 874. Auf dem nördlichen Trassenabschnitt grenzt die L 874 an das NSG „Baumberge“ an, welches auch gleichzeitig FFH-Gebiet ist.

Im Rahmen der Landschaftsplanaufstellung wurde das Landschaftsschutzgebiet mit folgenden Schutzzwecken festgesetzt:

·         zur Erhaltung und Wiederherstellung der Artenvielfalt, der strukturellen Vielfalt und der Vernetzungselemente,

·         wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes,

·         wegen der besonderen Bedeutung für die Erholung.

 

Für die geplante Anlage des Geh-/Radweges ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von folgenden innerhalb des Landschaftsschutzgebietes geltenden Verboten erforderlich:

  • bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern, auch wenn sie keiner Planfeststellung, Genehmigung oder Anzeige bedürfen, sowie die Außenseite bestehender baulicher Anlagen zu ändern; bauliche Anlagen im Sinne dieser Satzung sind die in der Bauordnung für das Land NRW (in der jeweils gültigen Fassung) definierten Anlagen; Anlagen, die der Aufsicht der Bergbehörde unterliegen, Verkehrsanlagen, Wege und Plätze;
  • die Oberflächengestalt zu verändern:

-      Aufschüttungen, Verfüllungen, Abgrabungen, Ausschachtungen und Spren­gungen vorzunehmen;

-      Böschungen, Senken, Täler und Terrassenkanten zu beseitigen oder zu verändern.

Die Befreiung kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag gewährt werden, wenn

1.         dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2.         die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Geh-/Radweges und dem Schutzgebiet „Baumberge“ kommt die untere Naturschutzbehörde zu der Entscheidung, dass in diesem Falle die Interessen an der Errichtung des Geh-/Radweges gegenüber den Belangen des Schutzgebietes überwiegen.

Im Vorfeld wurden für den landschaftlich reizvollen Anstieg der Baumberge im Bereich der Steverburg Varianten geprüft, die auf einen geringeren Einschnitt der Straßentrasse gezielt haben. Eine Verlagerung der Radwegetrasse auf den westlichen Wirtschaftsweg ist wegen des zu überbrückenden Höhenunterschiedes technisch nicht realisierbar. Eine alternative Trassierung durch den Waldbestand wäre vermutlich langfristig mit einer deutlich erheblicheren Beeinträchtigung verbunden.

Zur Wahrung des hier besonders schönen Landschaftsbildes wurde mit Straßen NRW vereinbart, dass eine angemessene Gestaltung im Bereich der erforderlichen Winkelstützwand erfolgen soll.

Die Befreiung soll daher mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:

  • Auf eine Winkelstützwand ist im Bereich von km 2+375 bis 2+455 zu verzichten. Nach Möglichkeit ist der Anschnitt als blanke Felswand zu belassen. Sofern aus Gründen der Standsicherheit eine zusätzliche Absicherung erforderlich ist, ist eine entsprechende gestalterische Maßnahme durchzuführen (Schwerlastmauer aus Sandstein, Winkelstützwand mit Sandsteinverblendung).
  • Die im Landschaftspflegerischen Begleitplan (Kuhlmann u. Stucht Gbr, 30.07.2020) dargestellten Vermeidungs-, Gestaltungs- und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind Bestandteil der Befreiung.

Anlagen:

1.      Übersichtslageplan

2.      Landschaftspflegerischer Begleitplan in Auszügen (vollständig verfügbar im Kreistags-Informations-System)

3.      Entwurfsunterlagen (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)