Betreff
Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG)
Vorlage
SV-7-0248
Aktenzeichen
51.2.3 - TAG
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 bis 5 SGB VIII, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege für Kinder im Alter unter drei Jahren vorzuhalten, konnte zum 01.01.2005 nicht gewährleistet werden. Diese Verpflichtung wird bis zum 01.10.2010 erfüllt.
  2. Der Verwaltung wird der Auftrag erteilt, Planungen zur Erstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren bis Oktober 2010 vorzunehmen und jährlich über den jeweils aktuellen Bedarf und den erreichten Ausbaustand zu berichten.
  3. Ein Beschluss über die jährlichen Ausbaustufen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots und eine Feststellung zum erreichten Ausbaustand nach § 24a As. 2 SGB VIII wird erstmals zu Beginn des Kalenderjahres 2006 erfolgen.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Zum 01.01.2005 sind mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) Änderungen des SGB VIII in Kraft getreten. Dadurch wurden die Anforderungen an ein bedarfsgerechtes Angebot von Plätzen in Kindertagesbetreuung für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter konkretisiert. Ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht für diese Altersgruppen jedoch weiterhin nicht.

 

Im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes des Kreises Coesfeld ist ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder unter drei Jahren derzeit nicht vorhanden. Dieses dürfte mit wenigen Ausnahmen für alle Orte und Ortsteile im Zuständigkeitsbereich gelten.

 

Ausreichende Plätze für die Betreuung der Kinder im schulpflichtigen Alter werden überwiegend durch die Städte und Gemeinden sicher gestellt. Abgesehen von einigen kleineren Ortsteilen bestehen inzwischen flächendeckend entsprechende Angebote an Schulen (z.B. Offene Ganztagsschule) oder durch andere Maßnahmen (z.B. durch Betreuungsvereine oder SiT-Gruppen). In den Ortsteilen, in denen derartige Angebote noch nicht vorhanden sind, wird z.Zt. auf Antrag eine Betreuung von Grundschulkindern auf freien Plätzen in Tageseinrichtungen für Kinder oder auch im Wege der zusätzlichen Aufnahme der Kinder ermöglicht.

 

Für die Altersgruppe der schulpflichtigen Kindern kann damit – anders als bei den Kindern unter drei Jahren - von einem bedarfsgerechten Betreuungsangebot ausgegangen werden.

 

Der erforderliche Ausbau des Betreuungsangebots beschränkt sich damit auf Plätze für die Altersgruppe von 0 bis 3 Jahren.

 

 

 

II.  Lösung

 

Kann am 01.01.2005 das für die Erfüllung der Verpflichtung nach § 24 Abs. 2 bis 5 SGB VIII erforderliche Angebot nicht gewährleistet werden, so können die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 24a Abs. I SGB VIII beschließen, dass die Verpflichtung nach § 24 Abs. 2 bis 5 SGB VIII erst ab einem späteren Zeitpunkt, spätestens ab dem 01. Oktober 2010, erfüllt wird.

 

Die Kommunalen Spitzenverbände und Landesjugendämter in Nordrhein-Westfalen haben eine Arbeitshilfe zum Tagesbetreuungsausbaugesetz zusammen gestellt.

Diese gibt nähere Informationen, insbesondere auch zur Umsetzung des zum 01.01.2005 geänderten § 24a SGB VIII. Danach ist es zur Umsetzung des TAG in 2005 ausreichend, wenn in einer der kommenden Sitzungen der kommunalen Jugendhilfeausschüsse ein Planungsauftrag entsprechend des TAGs erteilt wird und im Laufe des Jahres 2005 der Stand der Versorgung festgestellt und ein Verfahren der Bedarfsplanung festgelegt wird.

 

Unter dem Begriff „Bedarfsplanung“ wird dabei der Prozess der (aus Wünschen und Interessen von jungen Menschen und Familien abgeleiteten) Bedarfsfeststellung und Maßnahmeplanung verstanden.

 

Die Bedarfsplanung lässt sich letztlich in drei Schritte unterteilen:

-          Bestandsfeststellung = Beschreibung der aktuellen Versorgungssituation mit Versorgungsquoten und Angaben zum Finanzaufwand

-          Bedarfserhebung = Ermittlung von Betreuungs- und Förderbedarf; dieses ist sowohl in Form einer pragmatischen Herangehensweise (Ermittlung aktuelle U3-Versorgung, ergänzt um Daten zu ungedeckter Nachfrage – z.B. durch Abfrage bei Tageseinrichtungen - und ggf. „Hartz IV-Zuschlag“) als auch in Form einer differenzierten Bedarfserhebung (Elternbefragung) denkbar; nach der o.a. Arbeitshilfe ist ein pragmatischer Planungsprozess sinnvoll und ausreichend.

-          Maßnahmeplanung = Konkretisierung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im Rahmen des grundsätzlich zur Verfügung stehenden Angebotsmixes (hier: Aufnahme in kl. altersgemischte Gruppen und nach Budgetvereinbarung in GTK-Einrichtungen, Spielgruppen und Tagespflege). In die Maßnahmeplanung sollen die Städte und Gemeinden, aber auch die Träger einbezogen werden. Entsprechend der Arbeitshilfe der Spitzenverbände und der Landesjugendämter ist es zudem sinnvoll, sich zunächst auf die Gruppe der zwei- bis dreijährigen Kinder zu konzentrieren.

 

Im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld sind sowohl die Bestandsfeststellung (im Kindergartenjahr 2004/2005 und zum 01.08.2005 bzw. 01.01.2006 – Anlage 1 - 3) als auch durch eine wie oben beschriebene pragmatische Herangehensweise weitestgehend die Bedarfsfeststellung (Anlage 4) erfolgt.

Es kann daher – sofern auf eine differenzierte Bedarfserhebung verzichtet wird – die Maßnahmeplanung aufgenommen werden. Hierfür wird der Verwaltung ein entsprechender Planungsauftrag erteilt.

 

Die Verwaltung wird Gespräche mit den Bürgermeistern sowie Trägervertretern suchen und über die Ergebnisse dieser Gespräche sowie die ermittelten weiteren Planungsdaten und die Maßnahmeplanung in den nächsten Sitzungen berichten, damit bis zum in § 24 a SGB VIII genannten Stichtag 15.03.2006 auf Grundlage dieser Daten die in § 24a Abs. 2 SGB VIII vorgesehenen Ausbaustufen für die Betreuung unter dreijähriger Kinder beschlossen werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften dann auch konkrete Informationen zur finanziellen Unterstützung des Landes für Maßnahmen der U3-Betreuung vorliegen, so dass diese Berücksichtigung finden können.

 

Das (ehemalige) Ministerium für Schule, Kinder und Jugend des Landes Nordrhein-Westfalen hatte mit Erlass vom 03.05.05 Informationen zur Landesförderung von Sonder- und Zusatzprogrammen für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren angekündigt. Um eine spätere Landesförderung bei Maßnahmen der Betreuung von Kindern unter drei Jahren durch einen vorzeitigen Maßnahmebeginn nicht zu gefährden, sollten diese Regelungen durch das Kreisjugendamt abgewartet werden.

 

Aufgrund des Regierungswechsels wurden die angekündigten Regelungen zur Landesförderung nicht mehr realisiert. Anders als die vorherige Landesregierung, die eine Änderung des GTK zur Umsetzung der TAGs abgelehnt hat, plant die neue Landesregierung Änderungen des GTKs, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, ein entsprechendes Angebot für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren in freiwerdenden Kindergartengruppen zu schaffen (Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers vom 13.07.2005).

Es ist daher derzeit noch nicht abschließend geklärt, wie und in welchem Umfang sich das Land an den Kosten für den Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren beteiligen wird und welche Modelle seitens des Landes förderfähig sein werden. Konkrete Aussagen liegen bislang nur zur beabsichtigten Förderung sog. Familienzentren vor. Aber auch diesbezüglich gibt es noch keine Bestimmungen zu Kriterien für eine Landesförderung und zur Höhe der Landesförderung.

Da der Ausbau der U3-Betreuung ohne finanzielle Unterstützung des Landes zu erheblichen Mehrbelastungen führen dürfte, sollten die Vorgaben zur Landesförderung abgewartet und bei den weiteren Planungen berücksichtigt werden.

 

In der Vergangenheit wurden bereits erste Gespräche mit interessierten Vertretern der Träger und Städte und Gemeinden zu möglichen Formen und Projekten der U3-Betreuung geführt. Auf die fehlenden Vorgaben des Landes wurde dabei hingewiesen.

Alle Träger und Tageseinrichtungen sowie Städte und Gemeinden wurden mit Rundschreiben vom 31.05.2005 auf die anstehenden Herausforderungen aber auch Möglichkeiten aufmerksam gemacht. Projektvorschläge wurden dabei ausdrücklich begrüßt (Anlage 5).

Im Rahmen der Maßnahmeplanung sollen die hierzu erfolgten Vorschläge von Trägern, aber auch von Tagesmüttern und anderen Interessenten aufgearbeitet und unter Berücksichtigung der noch ausstehenden landesrechtlichen Vorgaben weiter verfolgt werden. Außerdem sollen – sobald die Rahmenbedingungen für die Finanzierung seitens des Landes geklärt sind - Träger für weitere vom Kreisjugendamt angedachte Maßnahmen gewonnen werden.

 

 

III. Alternativen

 

Andere Herangehensweisen an die Bedarfsplanung sind denkbar. Z.B. könnte eine Bedarfsumfrage bei Eltern eines, mehrerer oder aller Orte im Zuständigkeitsbereich erfolgen. Abgesehen von der Interpretierbarkeit der gewonnenen Daten (für zeitnahe Bearbeitung müsste Umfrage möglichst kurz, gleichzeitig aber für ausreichende Konkretisierung des Bedarfs aber auch wiederum möglichst umfassend erfolgen) ist auch das Verhältnis von Aufwand und Nutzen einer solchen Abfrage zu berücksichtigen. Eine Elternumfrage zum Betreuungsbedarf könnte ggf. auch zu einem späteren Zeitpunkt noch erfolgen.

 

Denkbar ist auch die Festlegung von kreisweiten Versorgungsquoten, ähnlich wie zu Beginn des Ausbauprogramms bei den Kindergartenplätzen für drei- bis sechsjährige, ohne Berücksichtung örtlicher Gegebenheiten. Dieses sollte zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht geschehen. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Bedarf von Ort zu Ort, möglicherweise sogar von Jahr zu Jahr verschieden sein dürfte. Außerdem ist der Bedarfsumfang und die gewünschte Betreuungsqualität zu berücksichtigen. Die Festlegung von allgemeingültigen Quoten würde eine derartige Differenzierung jedoch nicht zulassen.

 

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Das genaue Ausmaß der Kosten für die U3-Betreuung ist noch nicht abschätzbar. Im Produkthaushalt 2005 stehen 160.000 EUR für die U3-Betreuung zur Verfügung.

Da konkrete Einzelmaßnahmen durch den Beschlussvorschlag noch nicht betroffen sind, fallen – wenn auf eine zeit- und kostenaufwendige Elternbefragung verzichtet wird - durch den Beschluss - abgesehen von den Kosten für das mit der Planung und weiteren Umsetzung der Beschlüsse beauftragte Personal und damit verbundene Nebenkosten (Material- und Portokosten,...) - noch keine Kosten an.

Konkrete Aussagen zu Kosten und Folgekosten werden erst möglich sein, wenn feststeht, in welchem Umfang sich das Land an neuen Modellen der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren beteiligt und die Entscheidung über die Ausbaustufen nach § 24a Abs. 2 SGB VIII erfolgt ist.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Die Entscheidung nach § 24a SGB VIII gehört nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung im Sinne des § 70 Abs. 2 SGB VIII und ist daher der Entscheidung des Jugendhilfeausschusses vorbehalten.