Betreff
Einrichtung des Bildungsgangs "Zweijährige Berufsfachschule Gesund-heit/Soziales (Anlage C2) im Schwerpunkt Gesundheit" zum Schuljahr 2021/22 am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg des Kreises Coesfeld in Coesfeld
Vorlage
SV-10-0100
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Einrichtung des Bildungsgangs "Zweijährige Berufsfachschule Gesundheit/Soziales (Anlage C2) im Schwerpunkt Gesund­heit" zum Schuljahr 2021/22 am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg des Kreises Coesfeld in Coesfeld wird zugestimmt.

I. Sachdarstellung

 

Das Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg reagiert auf die strukturellen Veränderungen und absehbaren fachlichen Bedarfe seiner regionalen Umgebung. So liegen diesem Antrag vier maßgebliche Erkenntnisse zu Grunde:

 

a)        Der Fachkräftebedarf im Bereich des Gesundheitswesens wird weiterhin zunehmen. Insbesondere die Neuerungen in der Ausbildung der Pflegeberufe und die wachsende Bedeutung der hochschulischen Ausbildung in den Gesundheitsberufen verdeutlichen die Notwendigkeit eines Angebots der Fachhochschulreife im Schwerpunkt Gesundheit an einer staatlichen Schule.

b)        In den vergangenen Jahren hat sich die Klientel der vorhandenen Berufsfachschule Gesundheit nach Anlage B durch zugewanderte Schülerinnen und Schüler mit muslimischem Glauben stark verändert. Ihr Anteil beträgt mehr als 50 %. Für diese Lernenden gibt es kein weiterführendes Bildungsangebot im Bereich Gesundheit an einer staatlichen Schule am Standort Coesfeld. Ein Angebot nach Anlage C2 im Schwerpunkt Gesundheit würde das örtliche Bildungsangebot komplettieren und im Sinne des KAoA-Konzeptes für die beschriebene Klientel berufliche Perspektiven schaffen.

c)        Der Bildungsgang der Anlage C bietet eine sinnvolle Ergänzung der am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg bereits angebotenen Bildungsgänge mit dem Schwerpunkt Gesundheit in den Anlagen A (Medizinische Fachangestellte, Zahnmedizinische Fachangestellte), Anlage B

I

 
(Berufsfachschule für Gesundheit, BFS TYP I und II) und des Beruflichen Gymnasiums Gesundheit (Anlage D). Die fehlende Abschlussmöglichkeit der Fachhochschulreife würde ergänzt und somit die geforderte Durchlässigkeit im berufsbildenden System hergestellt werden.

d)        Sicherung der Klassenstärke, Ausstattung, Unterricht und Personal

 

 

Zu a) Fachkräftebedarf

 

Die Fachkräfte-Engpassanalyse des Landes NRW vom Februar 2020 verdeutlicht bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland den großen Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs in den Berufsfeldern Gesundheit und Pflege. Speziell für das Münsterland wird hier für die Berufe der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege ein Engpass mit starker Ausprägung ausgewiesen. Auch im Bereich der Geburtshilfe, Physiotherapie und Logopädie ist ein starker Fachkräftemangel festzustellen.

 

Es ist zu vermuten, dass sich die Situation des Fachkräftemangels durch die in diesem Jahr umgesetzte Reform der Pflegeberufe weiter verstärken wird. Die Zusammenführung der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege zum generalistischen Berufsbild der Pflegefachkraft geht mit Veränderungen der Zugangsbedingungen einher. Das zukünftig modular aufgebaute System der Ausbildung erfordert in einigen Bereichen die Volljährigkeit der Auszubildenden. Somit wird in vielen Einrichtungen das 18. Lebensjahr als Einstellungsvoraussetzung gesehen. In der Krankenpflege war das auch bisher schon gängige Praxis. Im Bereich der Altenpflege wurden die Auszubildenden bisher jedoch häufig direkt nach dem Erwerb des Hauptschulabschlusses nach Klasse 10 oder der Fachoberschulreife in die Ausbildung aufgenommen. Diese Abschlüsse erreichen die Schülerinnen und Schüler i. d. R. im 16. oder im 17. Lebensjahr. Somit werden die zukünftigen Auszubildenden wegen ihres jungen Lebensalters zunächst nach schulischen Alternativen suchen, um die Wartezeit bis zur Berufsausbildung sinnstiftend und zielführend auszufüllen. Hier bietet ein Bildungsgang der Anlage C2 im Schwerpunkt Gesundheit eine ideale fachliche Vorbereitung, die eine breite Wissensbasis vermittelt, erste Praxiseinsätze ermöglicht und den Schülerinnen und Schülern so den Einstieg in die Berufsausbildung erleichtern wird.

 

Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Akademisierung der Gesundheitsberufe, die sich in einem wachsenden Angebot hochschulischer Studiengänge widerspiegelt. Im Bereich der Pflege sind derzeit etwa 2 % der Fachkräfte hochschulisch erstqualifiziert, während die Bundesregierung hier bereits im Jahr 2007 ein Ziel von 20 % formuliert hat.

 

Zu b) Veränderung der Schülerschaft

 

Eine Anlage C2 im Bereich Gesundheit/Soziales wird am Standort Coesfeld nur an der Liebfrauenschule, einer Schule in kirchlicher Trägerschaft, angeboten, aber nicht mit der eindeutigen Schwerpunktsetzung auf den Bereich Gesundheit.

 

Die Stammschülerschaft am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg unterscheidet sich deutlich von der Schüler-Klientel der Liebfrauenschule. Sie weist einen sehr hohen Anteil muslimischer Schülerinnen und Schüler auf. Diese Lernenden möchten aufgrund ihrer religiösen Überzeugung keine Schule in kirchlicher Trägerschaft besuchen. Die schulinternen Verbleibstatistiken der vergangenen Jahre belegen, dass diese Schülerinnen und Schüler sich für das Anne-Frank-Berufskolleg in Münster entscheiden, wobei sie einen Schulweg von z. T. mehr als einer Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Kauf nehmen. Für diese Schülergruppe ist ein alternatives Angebot an einer staatlichen Schule in Coesfeld sinnvoll. Konkret haben sich in den vergangenen Jahren jeweils 23 % bis 35 % der Absolventinnen und Absolventen der BFS 2 für diesen Weg entschieden.

 

Diese Erkenntnisse zeigen, dass der geplante Bildungsgang gezielt die genannten Schülergruppen anspricht. Aufgrund der klaren Schwerpunktsetzung am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg im Bereich Gesundheit (s. u.) entsteht keine Konkurrenzsituation zwischen beiden Schulen und eine Koexistenz wird ermöglicht.

 

Die Besonderheit der Lage im nördlichen Kreis Coesfeld und die sehr gute verkehrstechnische Anbindung des Berufskollegs in der Kreisstadt Coesfeld ist für viele Schülerinnen und Schüler unter anderem der Grund für die Entscheidung zur Anmeldung.

 

Ein Kannibalisierungseffekt mit dem RvW in Lüdinghausen wird nicht entstehen, da hier der Schulort Lüdinghausen den südlichen Bereich des Kreises Coesfeld aufgrund der geographischen Lage und des vorhandenen ÖPNV-Angebotes im Flächenkreis „versorgt“.

 

 

Zu c) Profilbildung am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg

 

Die zweijährige Berufsfachschule nach Anlage C2 mit dem Schwerpunkt Gesundheit ergänzt das vorhandene Bildungsangebot des Fachbereichs um die für die Berufe im Gesundheitswesen wichtige Abschlussmöglichkeit der Fachhochschulreife. Durch die Festlegung des Faches Gesundheitswissenschaften als erstes Profilfach für die Fachhochschulreifeprüfung erfolgt eine Profilierung und Schwerpunktsetzung, die der Ausrichtung der anderen Bildungsgänge im Fachbereich Gesundheit am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg entspricht.

 

Das bisherige Angebot im Fachbereich Gesundheit umfasst folgende Bildungsgänge:
Die Ausbildungsvorbereitung in Vollzeit nach Anlage A wird im Bereich Ernährungs- und Versorgungsmanagement geführt. Ein ergänzendes gesundheitliches Differenzierungsangebot unterstreicht hier die Profilierung der Schule auch als „Gesundheitsschule“ und erleichtert den Schülerinnen und Schülern den Übergang in die Berufsfachschule Typ I.

 

Die Berufsfachschulen Typ I und II nach Anlage B im Fachbereich Gesundheit, Erziehung/Soziales werden im Berufsfeld Gesundheit geführt. Die Unterrichtsfächer Erziehung und Soziales, Pflege und Gesundheit sowie Personal- und Arbeitsorganisation vermitteln fundierte berufliche Kenntnisse im Berufsfeld Gesundheit. Mit dem Erwerb der Fachoberschulreife ist für die Schülerinnen und Schüler der Besuch der zweijährigen Berufsfachschule nach Anlage C2 eine sinnstiftende Fortsetzung der bereits eingeschlagenen Fachrichtung.

 

Derzeit ist die Durchlässigkeit für interessierte Schülerinnen und Schüler nicht gegeben. Sofern in den Bildungsgängen der Anlage B die Fachoberschulreife nicht mit Qualifikationsvermerk erreicht wird, gibt es kein direkt weiterführendes vollzeitschulisches Bildungsangebot im Schwerpunkt Gesundheit an einer staatlichen Schule am Standort Coesfeld. Die Anlage B (Berufsfachschule Gesundheit Typ I: 37,5 % Zuwachs und der Typ II Gesundheit + 55 %) verzeichnet im September 2020 zur Vorjahresstatistik einen der größten Schüler-Zuwächse im Münsterland (insgesamt für den Typ I und II einen Zuwachs von 47,23 %).

 

Mit dem neu eingerichteten Beruflichen Gymnasium im Schwerpunkt Gesundheitswesen nach Anlage D 17a ergeben sich akademische Perspektiven für die Absolventinnen und Absolventen des Bildungsgangs durch ein Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität grundsätzlich in allen Fachbereichen. Bevorzugt sollte dies allerdings in den medizinischen, pharmakologischen, gesundheitsökonomischen oder psychologischen Fachbereichen erfolgen. Eine Klasse mit 22 Lernenden konnte im August 2020 erfolgreich am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg starten.

 

Eine passgenaue Ergänzung der vollzeitschulischen Bildungsgänge im Schwerpunkt Gesundheit liegt im dualen Bildungsangebot der Berufe im Gesundheits­wesen (Anlage A: Medizinische Fachangestellte und zahnmedizinische Fachange­stellte) vor. Hier wäre ein Synergieeffekt denkbar, indem Absolventinnen und Absolventen der C2 durch die Berufsausbildung die volle Fachhochschulreife erwerben.

 

Die Darstellung des aktuellen Bildungsangebots im Berufsfeld Gesundheit verdeutlicht einen Wandel am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg. Mit der Einführung der Berufsfachschule Gesundheit im Jahr 2001 hat die bis dahin als kaufmännisches Berufskolleg bekannte Schule den Fachbereich Gesundheit stärker fokussiert. Mit der Einführung eines Beruflichen Gymnasiums wurde das Angebot so erweitert, dass man von einem gesundheitlichen Profil sprechen kann, das neben der kaufmännischen Ausrichtung des Berufskollegs bekannt ist. Das Fehlen eines Bildungsangebots der Anlage C im Fachbereich Gesundheit stellt für die Schule eine Unzulänglichkeit dar.

 

Bei den ersten Beratungsgesprächen haben sich trotz der sehr herausfordernden Beratungssituation aufgrund der Corona-Pandemie (Online-Beratung, Einzelberatungsgespräche - keine Gruppenberatung, Ausfall der CoeMBO und anderer Bildungsmessen) bereits über 20 Lernende in eine Interessentenliste für diesen geplanten Bildungsgang eingetragen.

 

 

Zu d) Sicherung der Klassenstärke, Ausstattung, Unterricht und Personal

 

Bedingt durch das dargestellte Bildungsangebot sind spezifische Fachräume vorhanden. Ein Fachpraxisraum für Pflege ermöglicht mit seiner umfangreichen Ausstattung die fachpraktische Erarbeitung aller in den Bildungsplänen des Faches Gesundheitswissenschaften beschriebenen Kompetenzen und Inhalte. Ergänzend gibt es einen medizinischen Fachraum, der v. a. in der Berufsausbildung im Dualen System genutzt wird. Hier ist es möglich, alle Aspekte der Behandlungspflege fachpraktisch zu vermitteln. Zudem wurde ein Fachraum für naturwissenschaftliches Arbeiten eingerichtet, der ein experimentelles Arbeiten im Fach Biologie ermöglicht. Von besonderer Bedeutung ist das Handlungsfeld 4 „Gesundheitsförderung“. Hier spielt der Aspekt der gesunden Ernährung eine wichtige Rolle. Die gute Ausstattung mit hauswirtschaftlichen Fachräumen ermöglicht hier das Angebot einer fachpraktisch orientierten Ernährungslehre im Differenzierungsbereich.

 

Die Einrichtung einer Berufsfachschule der Anlage C2 optimiert gerade vor dem Hintergrund der Raumknappheit die Auslastung der räumlichen Ressourcen.

 

Außerdem verfügt das Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg auch im personellen Bereich über hochkompetente Ressourcen mit langjährigen praktischen Erfahrungen im Gesundheitsbereich.

Der Kreis Coesfeld und das Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg stimmen mit der Bezirksregierung Münster die erforderlichen Schritte und Maßnahmen zur Einrichtung des Bildungsganges "Zweijährige Berufsfachschule Gesundheit/Soziales (Anlage C2) im Schwerpunkt Gesund­heit" zum Schuljahr 2021/22 am Oswald-von-Nell-Breuning-Berufskolleg des Kreises Coesfeld in Coesfeld ab. Bei 22 verbindlichen Anmeldungen kann der Bildungsgang zum Schuljahresbeginn 2021/22 starten.        

 

 

II. Entscheidungsalternativen

 

Der geplante Bildungsgang wird nicht eingerichtet.  Für die Schülerinnen und Schüler aus dem Kreis Coesfeld bestehen Beschulungsmöglichkeiten in Lüdinghausen und den Schulen der angrenzenden Kreise, z. T. aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sollte das Angebot des bischöflichen Berufskollegs in Coesfeld von den Lernenden nicht angenommen werden oder sollten sie dort abgewiesen werden, entstünden lange Fahrtzeiten von z. T. mehr als einer Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln, um die alternativen Schulen zu erreichen.

 

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

 

Bei Einrichtung des Bildungsgangs besteht gern. § 97 SchulG Anspruch auf Erstattung von Schülerfahrkosten.

 

Den Schülerinnen und Schülern sind im Rahmen des § 96 SchulG Lernmittel zum befristeten Gebrauch unentgeltlich zu überlassen.

 

Eine Kostendeckung erfolgt im Rahmen der Ausführung des Haushalts 2021.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Für die Entscheidung ist gemäß § 26 KrO die Zuständigkeit des Kreistages gegeben.