Betreff
Neubau eines Radweges entlang der L 884 von der K 23 bis nördlich Ottmarsbocholt
Vorlage
SV-10-0448
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den in dem Naturschutzgebiet 2.1.09 „Davert“ und den Landschaftsschutzgebieten 2.2.04 „Dorfbauerschaft“ und 2.2.06 „Weißes Venn und Hobbelings Davert“ geltenden Verboten des Landschaftsplans Davensberg-Senden für den Neubau eines Radweges entlang der L 884 zu.

Begründung:

Die Gemeinde Senden hat mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW eine Vereinbarung zum Neubau eines Radweges entlang der L 884 nördlich Ottmarsbocholt bis zur K 23 geschlossen. In dieser Vereinbarung überträgt der Landesbetrieb Straßenbau NRW die Planungen und den Bau des Radweges auf die Gemeinde Senden. Hierbei handelt es sich um eine Weiterführung bzw. den 2. Bauabschnitt eines Radweges westlich der L 884, der bereits vom Dortmund-Ems-Kanal entlang des Venner Moores bis zur K 23 realisiert wurde. Der Beirat der unteren Naturschutzbehörde hat hierfür am 27.04.2017 der Erteilung einer Befreiung zugestimmt.

 

Die nun geplante Fortführung des Rad- und Gehweges soll im Trassenbereich der L 884 auf einer Länge von ca. 1.830 m westlich der Fahrbahn gebaut werden. Bis auf 215 m² handelt es sich um das Straßengrundstück des Landesbetriebs Straßenbau NRW. In weiten Teilen wird der vorhandene Bankettbereich überplant. Die vorhandenen Straßenseitengräben werden überbaut und die Flächen dem Gelände angeglichen. Es werden ca. 1.650 m Grabenlänge verrohrt. Der Radweg wird in einer Breite von 2,50 m ausgeführt. An der östlichen Begrenzung wird eine 0,50 m breite Bankette aus Natursteinschotter errichtet. Zwischen der Fahrbahn und dem Radweg wird ein 1,75 m breiter Schutzstreifen aus Schotterrasen angelegt, innerhalb dessen ein Teilsickerrohr in einem unterirdischen Kiesbett eingebaut und als Mulde ausgeformt wird. Diese übernimmt zukünftig die Entwässerungsfunktion der Straßen- und Radwegefläche. Das Regenwasser wird anschließend wieder dem offenen Fließgewässersystem des Rinnbachs zugeführt.

Im Zuge des Vorhabens werden vorhandene Acker- und Hofzufahrten ertüchtigt und im Bereich des Rinnbachs, parallel zur vorhandenen Bestandsbrücke, eine separate Radwegbrücke errichtet. An der südlichen Anbindung zur K 24 wird auf der Ostseite der Fahrbahn ein ca. 80 m langer Fußweg im Bereich der dort vorhandenen Bushaltestelle ausgebaut.

 

Die Baumaßnahme wird innerhalb des Naturschutzgebietes 2.1.09 „Davert“, welches gleichzeitig FFH- und Vogelschutzgebiet ist, und der Landschaftsschutzgebiete 2.2.04 „Dorfbauerschaft“ und 2.2.06 „Weißes Venn und Hobbelings Davert“ des Landschaftsplans Davensberg-Senden realisiert.

Im Landschaftsplan ist geregelt, dass die Straßenkörper der Bundes- und Landstraßen räumlich vom Naturschutzgebiet ausgenommen sind. Zum Straßenkörper gehören nach § 2 Straßen- und Wegegesetz NRW u. a. der Straßenuntergrund, die Erdbauwerke einschließlich der Böschungen, der Straßenunterbau, der Straßenoberbau, die Brücken, Tunnel, Dämme, Durchlässe, Gräben, Entwässerungsanlagen, Stützwände und Lärmschutzanlagen, die Fahrbahn, die Trennstreifen, die befestigten Seitenstreifen (Stand-, Park- und Mehrzweckstreifen), die Bankette und die Bushaltestellenbuchten sowie die Rad- und Gehwege, auch wenn sie ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen (unselbständige Rad- und Gehwege), sowie Parkplätze, Parkbuchten und Rastplätze, soweit sie mit einer Fahrbahn in Zusammenhang stehen (unselbständige Parkflächen, unselbständige Rastplätze) und die Flächen verkehrsberuhigter Bereiche.

 

Für das geplante Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von den nachfolgend aufgeführten Verboten erforderlich:

·         bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern, auch wenn sie keiner Planfeststellung, Genehmigung oder Anzeige bedürfen, bzw. Verkehrs- und deren Nebenanlagen anzulegen oder auszubauen;

·         die Oberflächengestalt zu verändern bzw. Aufschüttungen, Abgrabungen, Ausschachtungen oder Sprengungen vorzunehmen oder die vorhandenen morphologischen Gegebenheiten wie Böschungen, Senken, Täler, Terrassenkanten usw. zu beseitigen oder zu verändern;

·         in Naturschutzgebieten Bäume, Sträucher oder sonstige wild lebende Pflanzen sowie Pilze ganz oder in Teilen zu entnehmen, zu beschädigen, aus- oder abzureißen, auszugraben oder Teile davon abzutrennen oder auf andere Weise in ihrem Wachstum zu beeinträchtigen.

Das Büro ökon aus Münster hat eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, einen Fachbeitrag zur Artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 44 BNatSchG sowie einen Landschaftspflegerischen Begleitplan zum geplanten Vorhaben erstellt.

 

Durch den Radwegebau inkl. Schutzstreifen und Ausbau der Bushaltestelle wird eine Fläche von 9.485 m² in Anspruch genommen. Auf einer Länge von 870 m befindet sich der Ausbau innerhalb des FFH-und Vogelschutzgebietes Davert (s. Anlage Tab. 3 Eingriffs-/Aus­gleichsbilanz).

 

Als Ausgleich für den Eingriff findet im NSG/FFH-Gebiet Davert auf einer Fläche von insgesamt 6.700 m² der Waldumbau eines Fichtenmischwaldes in einen Eichenwald statt. Hierdurch wird auch der Eingriff in den Lebensraumtyp 9190 gegenüber der Bushaltestellt (alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur) ausgeglichen. Das verbleibende Kompensationsdefizit von 1.017 m² wird über das Ökokonto Laggenbecker Mühlenbach in Ibbenbüren ausgeglichen. Hier finden u. a. Aufforstungsmaßnahmen statt. Der Landesbetrieb Wald und Holz spricht forstrechtlich von einem Ersatz. Der Landschaftspflegerische Begleitplan wird von ihm nicht beanstandet.

 

Aufgrund der Radwegebrücke über den Rinnbach entsteht ein Verlust von Retentionsraum in Höhe von 732 m³. Dieser wird durch den Ausbau des vorhandenen Grabensystems auf der Ostseite der L 884 in der Größe von 912 m³ realisiert. Die Überquerung des Rinnbachs erfolgt über einen Durchlass bestehend aus zwei Kastenelementen mit einer Gesamtbreite von 3,90 m. Auf beiden Gewässerseiten wird eine 0,38 m breite Berme mit einer Höhe von 0,30 m für die Tierquerung vorgesehen. Die Höhe des Durchlasses liegt nach der Erweiterung bei 2,05 m ausgehend von der Gewässersohle. Das bereits im Durchlass vorhandene natürliche Sohlsubstrat mit einer Schichtdicke von ca. 10 bis 20 cm wird nicht entfernt und bleibt vorhanden.

 

Es ergeben sich keine Hinweise, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die maßgebenden Bestandteile des FFH-Gebietes oder auf europäische Vogelarten und/oder planungsrelevante Tierarten hat, wenn Vermeidungsmaßnahmen getroffen werden. Das Gutachterbüro gibt daher Bauzeitenregelungen vor, die als Auflage in die Befreiung aufgenommen werden.

 

Die Befreiung für die Weiterführung des Radweges soll aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erteilt werden.

 

Sie soll mit folgenden Auflagen erteilt werden:

·         Die Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren. Die Bautätigkeit ist umwelt- und naturschonend durchzuführen.

·         Die an die Eingriffsfläche angrenzenden Waldflächen sind während der Bauphase (Gehölzschutz, Bauzäune, Staubfänger, sonstige klare Absperrungen) durch wirksame Vorkehrungen vor baubedingten Beeinträchtigungen zu schützen.

·         Der Radweg erhält eine angepasste Neigung (2,5 % Gefälle Richtung Straße), um Wassereintrag in die angrenzenden Waldflächen zu vermeiden.

·         Für die FFH-seitige Bankette wird Natursteinschotter (vorzugsweise autochthones Material aus dem Münsterland) verwendet.

·         Im Naturschutzgebiet findet keine Materiallagerung, Baustelleneinrichtung und keine Befahrung von Flächen über die Eingriffsfläche hinaus statt.

·         Es findet im Bereich des Naturschutzgebietes/FFH-VSG-Gebietes keine Bautätigkeit vom 15.03. bis zum 31.07. statt.

·         Eventuell notwendige Gehölzarbeiten sowie das Ausbaggern und die Vegetationsentnahme im Bereich des Grabens und des Retentionsraumes sind nur in der Zeit vom 01.10. bis zum 28./29.02. durchzuführen.

Anlagen:

Gutachten erstellt vom Büro öKon GmbH Münster, 27.12.2021, bestehend aus:

·         Teil A

Landschaftspflegerischer Begleitplan

·         Teil B

Fachbeitrag zur Artenschutzrechtlichen Prüfung, Stufe 1

·         Teil C

Studie zur NATURA 2000 – Verträglichkeitsprüfung

FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet Davert (DE-4111-302 und DE-4111-401)

(nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)