Beschlussvorschlag:
Der Beirat
stimmt der Erteilung einer Befreiung von den in dem Naturschutzgebiet 2.1.09 „Davert“
und den Landschaftsschutzgebieten 2.2.04 „Dorfbauerschaft“ und 2.2.06 „Weißes
Venn und Hobbelings Davert“ geltenden Verboten des Landschaftsplans
Davensberg-Senden für den Neubau eines
Radweges entlang der L 884 zu.
Begründung:
Die Gemeinde Senden hat mit dem
Landesbetrieb Straßenbau NRW eine Vereinbarung zum Neubau eines Radweges
entlang der L 884 nördlich Ottmarsbocholt bis zur K 23 geschlossen. In dieser
Vereinbarung überträgt der Landesbetrieb Straßenbau NRW die Planungen und den
Bau des Radweges auf die Gemeinde Senden. Hierbei handelt es sich um eine
Weiterführung bzw. den 2. Bauabschnitt eines Radweges westlich der L 884, der
bereits vom Dortmund-Ems-Kanal entlang des Venner Moores bis zur K 23
realisiert wurde. Der Beirat der unteren Naturschutzbehörde hat hierfür am
27.04.2017 der Erteilung einer Befreiung zugestimmt.
Die nun geplante Fortführung des Rad-
und Gehweges soll im Trassenbereich der L 884 auf einer Länge von ca. 1.830 m
westlich der Fahrbahn gebaut werden. Bis auf 215 m² handelt es sich um das
Straßengrundstück des Landesbetriebs Straßenbau NRW. In weiten Teilen wird der
vorhandene Bankettbereich überplant. Die vorhandenen Straßenseitengräben werden
überbaut und die Flächen dem Gelände angeglichen. Es werden ca. 1.650 m
Grabenlänge verrohrt. Der Radweg wird in einer Breite von 2,50 m ausgeführt. An
der östlichen Begrenzung wird eine 0,50 m breite Bankette aus
Natursteinschotter errichtet. Zwischen der Fahrbahn und dem Radweg wird ein
1,75 m breiter Schutzstreifen aus Schotterrasen angelegt, innerhalb dessen ein
Teilsickerrohr in einem unterirdischen Kiesbett eingebaut und als Mulde
ausgeformt wird. Diese übernimmt zukünftig die Entwässerungsfunktion der
Straßen- und Radwegefläche. Das Regenwasser wird anschließend wieder dem
offenen Fließgewässersystem des Rinnbachs zugeführt.
Im Zuge des Vorhabens werden
vorhandene Acker- und Hofzufahrten ertüchtigt und im Bereich des Rinnbachs,
parallel zur vorhandenen Bestandsbrücke, eine separate Radwegbrücke errichtet.
An der südlichen Anbindung zur K 24 wird auf der Ostseite der Fahrbahn ein ca.
80 m langer Fußweg im Bereich der dort vorhandenen Bushaltestelle ausgebaut.
Die Baumaßnahme wird innerhalb des
Naturschutzgebietes 2.1.09 „Davert“, welches gleichzeitig FFH- und
Vogelschutzgebiet ist, und der Landschaftsschutzgebiete 2.2.04 „Dorfbauerschaft“
und 2.2.06 „Weißes Venn und Hobbelings Davert“ des Landschaftsplans
Davensberg-Senden realisiert.
Im Landschaftsplan ist geregelt, dass
die Straßenkörper der Bundes- und Landstraßen räumlich vom Naturschutzgebiet
ausgenommen sind. Zum Straßenkörper gehören nach § 2 Straßen- und Wegegesetz
NRW u. a. der Straßenuntergrund, die Erdbauwerke einschließlich der
Böschungen, der Straßenunterbau, der Straßenoberbau, die Brücken, Tunnel,
Dämme, Durchlässe, Gräben, Entwässerungsanlagen, Stützwände und
Lärmschutzanlagen, die Fahrbahn, die Trennstreifen, die befestigten
Seitenstreifen (Stand-, Park- und Mehrzweckstreifen), die Bankette und die
Bushaltestellenbuchten sowie die Rad- und Gehwege, auch wenn sie ohne
unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den
Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen (unselbständige Rad- und
Gehwege), sowie Parkplätze, Parkbuchten und Rastplätze, soweit sie mit einer
Fahrbahn in Zusammenhang stehen (unselbständige Parkflächen, unselbständige
Rastplätze) und die Flächen verkehrsberuhigter Bereiche.
Für das geplante Vorhaben ist eine
Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von den nachfolgend aufgeführten
Verboten erforderlich:
·
bauliche Anlagen zu
errichten oder zu erweitern, auch wenn sie keiner Planfeststellung, Genehmigung
oder Anzeige bedürfen, bzw. Verkehrs- und deren Nebenanlagen anzulegen oder
auszubauen;
·
die
Oberflächengestalt zu verändern bzw. Aufschüttungen, Abgrabungen,
Ausschachtungen oder Sprengungen vorzunehmen oder die vorhandenen
morphologischen Gegebenheiten wie Böschungen, Senken, Täler, Terrassenkanten
usw. zu beseitigen oder zu verändern;
·
in
Naturschutzgebieten Bäume, Sträucher oder sonstige wild lebende Pflanzen sowie
Pilze ganz oder in Teilen zu entnehmen, zu beschädigen, aus- oder abzureißen,
auszugraben oder Teile davon abzutrennen oder auf andere Weise in ihrem
Wachstum zu beeinträchtigen.
Das Büro ökon aus Münster hat eine
FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, einen Fachbeitrag zur
Artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 44 BNatSchG sowie einen
Landschaftspflegerischen Begleitplan zum geplanten Vorhaben erstellt.
Durch den Radwegebau inkl.
Schutzstreifen und Ausbau der Bushaltestelle wird eine Fläche von 9.485 m² in
Anspruch genommen. Auf einer Länge von 870 m befindet sich der Ausbau innerhalb
des FFH-und Vogelschutzgebietes Davert (s. Anlage Tab. 3 Eingriffs-/Ausgleichsbilanz).
Als Ausgleich für den Eingriff findet im
NSG/FFH-Gebiet Davert auf einer Fläche von insgesamt 6.700 m² der Waldumbau
eines Fichtenmischwaldes in einen Eichenwald statt. Hierdurch wird auch der
Eingriff in den Lebensraumtyp 9190 gegenüber der Bushaltestellt (alte
bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus
robur) ausgeglichen. Das verbleibende Kompensationsdefizit von 1.017 m²
wird über das Ökokonto Laggenbecker Mühlenbach in Ibbenbüren ausgeglichen. Hier
finden u. a. Aufforstungsmaßnahmen statt. Der Landesbetrieb Wald und Holz
spricht forstrechtlich von einem Ersatz. Der Landschaftspflegerische
Begleitplan wird von ihm nicht beanstandet.
Aufgrund der Radwegebrücke über
den Rinnbach entsteht ein Verlust von Retentionsraum in Höhe von 732 m³. Dieser
wird durch den Ausbau des vorhandenen Grabensystems auf der Ostseite der L 884
in der Größe von 912 m³ realisiert. Die Überquerung des Rinnbachs erfolgt über
einen Durchlass bestehend aus zwei Kastenelementen mit einer Gesamtbreite von
3,90 m. Auf beiden Gewässerseiten wird eine 0,38 m breite Berme mit einer Höhe
von 0,30 m für die Tierquerung vorgesehen. Die Höhe des Durchlasses liegt nach
der Erweiterung bei 2,05 m ausgehend von der Gewässersohle. Das bereits im
Durchlass vorhandene natürliche Sohlsubstrat mit einer Schichtdicke von ca. 10
bis 20 cm wird nicht entfernt und bleibt vorhanden.
Es ergeben sich keine Hinweise,
dass das Vorhaben erhebliche
Auswirkungen auf die maßgebenden Bestandteile des FFH-Gebietes oder auf
europäische Vogelarten und/oder planungsrelevante Tierarten hat, wenn Vermeidungsmaßnahmen
getroffen werden. Das Gutachterbüro gibt daher Bauzeitenregelungen vor, die als
Auflage in die Befreiung aufgenommen werden.
Die Befreiung für die
Weiterführung des Radweges soll aus Gründen des überwiegenden öffentlichen
Interesses erteilt werden.
Sie soll mit folgenden Auflagen erteilt
werden:
·
Die
Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu
reduzieren. Die Bautätigkeit ist umwelt- und naturschonend durchzuführen.
·
Die an die Eingriffsfläche angrenzenden Waldflächen sind während
der Bauphase (Gehölzschutz, Bauzäune, Staubfänger, sonstige klare Absperrungen)
durch wirksame Vorkehrungen vor baubedingten Beeinträchtigungen zu schützen.
·
Der Radweg erhält eine angepasste Neigung (2,5 % Gefälle Richtung
Straße), um Wassereintrag in die angrenzenden Waldflächen zu vermeiden.
·
Für die FFH-seitige Bankette wird Natursteinschotter (vorzugsweise
autochthones Material aus dem Münsterland) verwendet.
·
Im Naturschutzgebiet findet keine Materiallagerung,
Baustelleneinrichtung und keine Befahrung von Flächen über die Eingriffsfläche
hinaus statt.
·
Es findet im Bereich des Naturschutzgebietes/FFH-VSG-Gebietes
keine Bautätigkeit vom 15.03. bis zum 31.07. statt.
·
Eventuell notwendige Gehölzarbeiten sowie das Ausbaggern und die
Vegetationsentnahme im Bereich des Grabens und des Retentionsraumes sind nur in
der Zeit vom 01.10. bis zum 28./29.02. durchzuführen.
Anlagen:
Gutachten
erstellt vom Büro öKon GmbH Münster, 27.12.2021, bestehend aus:
·
Teil
A
Landschaftspflegerischer Begleitplan
·
Teil
B
Fachbeitrag zur Artenschutzrechtlichen Prüfung, Stufe 1
·
Teil
C
Studie zur NATURA 2000 – Verträglichkeitsprüfung
FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet Davert (DE-4111-302 und DE-4111-401)
(nur verfügbar im
Kreistags-Informations-System)