Betreff
Ökologische Restauration von aufgelassenen Steinbrüchen
Vorlage
SV-10-0464
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

I. - IV.

 

Am 22.05.2018 reichte die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag auf „Ökologische Restauration von aufgelassenen Steinbrüchen“ in den Ausschuss für Umwelt, öffentliche Sicherheit und Ordnung ein.

 

Nach Erörterung fasste der Ausschuss für Umwelt, öffentliche Sicherheit und Ordnung in seiner Sitzung am 07.06.2018 folgenden Beschluss:

„Die Verwaltung wird beauftragt, mit Eigentümern bzw. Maßnahmenträgern Kontakt aufzunehmen, um die Möglichkeit zur ökologischen Restauration von aufgelassenen Steinbrüchen zu ermitteln. Es ist innerhalb eines Jahres über den Sachstand zu berichten.“

 

Auf Anregung von Herrn Mannwald – Geschäftsführung der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen – berichtet die Kreisverwaltung über den aktuellen Sachstand:

 

 

Erst in den letzten Jahren wurde festgestellt, dass einige der alten, nicht mehr aktiven Baumberge-Steinbrüche eine herausragende Bedeutung als Schwärm- und Winterquartier für Fledermäuse aufweisen. Das Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld und die Untere Naturschutzbehörde haben in den vergangenen Jahren Maßnahmen zur Förderung insbesondere der lebensraumtypischen Fledermausarten durchgeführt.

Die Maßnahmen wurden etwa zur Verbesserung des Erhaltungszustands der FFH-Art „Bechsteinfledermaus“ umgesetzt, für die der Kreis Coesfeld eine besondere Verantwortung besitzt – an dieser Stelle wird verwiesen auf die Ausführungen der UNB in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche Sicherheit und Ordnung am 09.06.2021 zur Thematik der Ersatzgeldverwendung (SV-10-0223).

 

Konkret wurden folgende Maßnahmen in aufgelassenen Steinbrüchen durchgeführt:

 

·           An der Abbruchkante des ehemaligen Steinbruchs im NSG „Bockler Berg“ wurde eine alte Buche durch Baumsicherungsmaßnahmen vor einem Absturz gesichert. Dies war erforderlich, da sich im kluftigen Gestein unterhalb des Wurzeltellers ein bedeutendes Winterquartier von Fledermäusen befindet.

Der Nachweis des Winterquartiers erfolgte durch Detektorengänge und Netzfänge des Naturschutzzentrums, unterstützt vom Büro echolot GbR aus Münster.

 

·           Im alten Steinbruch Fark in den Baumbergen wurden zwei alte Steinbruchwände wieder freigestellt. Hierfür wurden unter Einsatz von Baggerarbeiten bereits durchgeführte Verfüllungen wieder entnommen und Vegetation im Steinbruch entfernt. Hierdurch konnten die Gesteinsspalten als Winterquartiere von Fledermäusen wieder freigestellt werden. Zudem diente die Freistellung der Optimierung der den Quartieren vorgelagerten Balzarena für schwärmende Fledermäuse.

 

·           Im Alten Steinbruch Lau/Iber wurde nach Beratung durch das Naturschutzzentrum durch den Eigentümer eine Schranke angebracht, die eine denkbare illegale Verfüllung (etwa mit Gartenabfällen, Bauschutt) eines festgestellten Winterquartieres verhindern soll.

 

Die genannten Steinbrüche sowie ein weiterer Steinbruch im FFH Gebiet Baumberge (Schrievers Kuhle) haben eine große Bedeutung für Fledermäuse mit jeweils hunderten überwinternden Tieren, darunter besonders wertgebende Arten wie Bechsteinfledermaus und Teichfledermaus.

Im Rahmen eines von der Bezirksregierung geförderten „Steinbruchprojektes“ hat das Naturschutzzentrum gemeinsam mit der echolot GbR diese vier nicht mehr aktiven Steinbrüche in den Baumbergen in den Jahren 2019-2021 untersucht – als Grundlage für nachfolgende Maßnahmen. Dabei wurde festgestellt, dass alle untersuchten Steinbrüche bedeutende Winterquartiere beherbergen. In diesen Steinbrüchen wird, falls erforderlich, versucht, in der nächsten Zeit weitere, die Fledermauspopulation stützende Maßnahmen umzusetzen. Der Abschlussbericht des „Steinbruchprojekts“ ist in der Endbearbeitung und wird in den nächsten Wochen erscheinen.

 

Inwieweit die seinerzeit im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genannte Entwaldung von ehemaligen Steinbrüchen – also die Entfernung eines Waldbestands auf den Verfüllungen – realisierbar ist, kann nur äußerst verhalten bewertet werden. Es ist davon auszugehen, dass bei einer zu erwartenden Ersatzaufforstung aufgrund der Flächenknappheit im Kreis Coesfeld keine Ersatzaufforstungsflächen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist in Anbetracht der klimatisch positiven Auswirkungen von älteren Waldbeständen ein Entfernen kritisch zu sehen.

Aus fledermauskundlicher Sicht ist bei Maßnahmen in Steinbrüchen sehr sorgfältig vorzugehen. Das Mikroklima im Steinbruch könnte sich durch die Entnahme von Gehölzbeständen ändern und Winterquartiere von Fledermäusen könnten entwertet oder gänzlich aufgegeben werden – etwa auf Grund nun zunehmender kalter Winde oder starker Sonneneinstrahlung in der Steinbruchwand. Vielmehr sollte die jeweils individuelle Situation des Steinbruchs/Winterquartieres bewertet werden, um sinnvolle Maßnahmen, wie etwa die Freistellung verfüllter Steinbruchwände oder ein kleinflächiges Entbuschen der Ein- und Ausflugbereiche vor den Winterquartieren („Schwärmarena“), umzusetzen.

Ein Belassen alter Bäumen mit Höhlenquartieren im Umfeld der Winterquartiere wird als positiv angesehen. Die Untersuchungen im Rahmen des „Steinbruchprojektes“ zeigen, dass Fledermäuse diese Baumhöhlen als Zwischenquartiere nutzen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Wurzeln der an den Steinbruchwänden wachsenden Bäume nicht selten das Sandgestein aufsprengen („Wurzelsprengung“) und eine Schaffung frostsicherer Spaltenquartiere für überwinternde Fledermäuse förden. [CD1] 

 

 Maßnahmen zum Schutz der Fledermäuse, aber auch des Uhus und anderer „felsaffiner“ Tierarten stellen auch zukünftig ein wichtiges Aufgabenfeld des Naturschutzzentrums und der UNB dar, da derartige Strukturen charakteristisch für das Gebiet der Baumberge im Kreis Coesfeld sind.

 

 

 


 [CD1]