Betreff
Update SGB VIII-Reform – Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
Vorlage
SV-10-0474
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

Der Bericht über die SGB-VIII Reform sowie den aktuellen Planungs- und Umsetzungsstand der daraus resultierenden Änderungen wird zu Kenntnis genommen.

 

 

 

I. Sachdarstellung

Das Kinder – und Jugendhilferecht im achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) wurde durch das Gesetz zur Stärkung von Kinder und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) vom 03.06.2021 fachlich reformiert.

 

Durch das KJSG ergibt sich eine Stärkung der Rechtsstellung von jungen Menschen und Eltern. Der thematische Fokus liegt insbesondere auf folgenden Schwerpunkten, die nachfolgend kurz skizziert werden:

 

Schützen - Besserer Kinder- und Jugendschutz

 

Die Zusammenarbeit im Kinderschutz soll optimiert werden. Es wird beispielsweise eine engere Kommunikation zwischen Ärztinnen/Ärzten und dem Jugendamt ermöglicht und Fachkräfte, die das Jugendamt über gewichtige Anhaltspunkte für eine Kinderwohlgefährdung informieren, sollen eine Rückmeldung dazu erhalten. Künftig werden Schutzkonzepte für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien entwickelt und angewandt. Die Heimaufsicht wird verschärft, sie kann Einrichtungen auch ohne konkreten Anlass kontrollieren und wird damit wirkungsvoller. Auslandsmaßnahmen werden auch vor Ort kontrolliert. Wenn die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten werden, wird die Maßnahme unverzüglich beendet. Der Austausch der Behörden soll verbessert werden. Zudem ändern sich die Anforderungen in Betriebserlaubnisverfahren bzw. werden um weitere Kriterien ergänzt.

 

Stärken - Stärkung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe

 

Die Situation für junge Menschen nach Volljährigkeit wird verbessert. Sog. Careleaver werden besser begleitet und können bei Schwierigkeiten in die Kinder- und Jugendhilfe zurückkehren. Sie müssen, sofern sie eigenes Einkommen erzielen, einen Teil an den Jugendhilfeträger abführen. Diese Kostenbeteiligung junger Menschen wird von 75 % auf höchstens 25 % des Einkommens reduziert. Das gilt z.B. für Ferien- oder Aushilfsjobs. Das eigene Vermögen, z.B. durch Erbschaft, bleibt ihnen erhalten.

Werden Hilfen außerhalb des Elternhauses gewährt, haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Unterstützung und Förderung der Beziehung zum Kind (vgl. § 37). Auch ihre Zusammenarbeit mit den Pflegeeltern wird verbindlicher gefördert (§ 37a).

 

Helfen - Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen

 

Kinder- und Jugendhilfe soll künftig inklusiv gestaltet werden. Die Umsetzung soll schrittweise erfolgen. Zunächst sollen ab dem 01.01.2024 die sogenannten Verfahrenslotsen ihre Arbeit aufnehmen (vgl. §10 b).  Das Jugendamt soll Eltern von Kindern mit Behinderungen durch die Verfahren der unterschiedlichen Leistungssysteme lotsen: Sie bekommen im Jugendamt eine verlässliche Ansprechperson, die sie begleitet. Hierdurch sollen Familien, die für ihre Kinder Unterstützung und Hilfen beantragen, entlastet werden.

 

Ab dem 01.01.2028 ist das Jugendamt für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zuständig (vgl. §§ 10, 10 a). Diese „inklusive Lösung“ muss allerdings noch durch ein Bundesgesetz geregelt werden.

 

 

 

 

 

 

Unterstützen - Mehr Prävention vor Ort

 

In Notsituationen haben Eltern einen Anspruch auf Unterstützung bei der Betreuung und Versorgung des im Haushalt lebenden Kindes, wenn der Elternteil, der die Betreuung überwiegend sicherstellt, ausfällt und das Wohl des Kindes nicht anderweitig gewährleistet werden kann. Diese Unterstützung soll niedrigschwellig zur Verfügung gestellt werden und sich nach dem Bedarf im Einzelfall richten. 

 

Beteiligen - Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

 

Unabhängige Ombudsstellen werden gesetzlich verankert. Sie beraten die Familien bei Streitfragen und klären Konflikte mit dem Jugendamt. Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Erziehungshilfe bekommen die Möglichkeit, sich bei externen Stellen zu beschweren. Das gilt auch für Pflegekinder in Familien. Kinder, Jugendliche und Eltern sollen bei Inobhutnahmen besser informiert und aufgeklärt werden. Ferner erhalten Kinder und Jugendliche einen eigenen Beratungsanspruch, ohne die Eltern. Die Fachkraft im Jugendamt oder der Jugendberatungsstelle muss dafür nicht mehr prüfen, ob eine Not- oder Krisenlage vorliegt. Die öffentliche Jugendhilfe soll zudem selbstorganisierte Zusammenschlüsse von z.B. Leistungsberechtigten oder –empfangenden anregen und fördern.

 

Über die wesentlichen Änderungen der Reform hat am 01.10.2021 Herr Dr. Christian Schrapper die Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse auf der Burg Vischering in einen Vortrag über das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen informiert. Der Vortrag ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=QeCBXNkQLSc&list=PLxS3eh8YbL9ZmMoX-1KAAQl8szXHgVOHy

 

Darüber hinaus hat das Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) eine ausführliche Synopse der gesetzlichen Änderungen und Neuerungen auf seiner Internetseite zur Verfügung gestellt: https://www.dijuf.de/fileadmin/Redaktion/Hinweise/DIJuF-Synopse_KJSG__Stand_10.6.2021_.pdf

 

Im Kreisjugendamt werden in den jeweils zuständigen Sachgebieten etwaige Handlungsbedarfe geprüft. Handlungsnotwendigkeiten werden dann priorisiert und sukzessive umgesetzt. Darüber hinaus tauschen sich die Leitungen der Jugendämter im Kreis Coesfeld, aber auch auf Ebene der Münsterlandkreise, kontinuierlich zu den Themen aus.

 

Zudem wurden bereits erste Maßnahmen aus der SGB-VIII Reform umgesetzt. Seit der Gesetzesänderung wurden beispielsweise in Bezug auf den §8a die Kinderschutzvereinbarungen aller Kindertagespflegepersonen im Zuständigkeitsbereich des Kreises Coesfeld neu abgeschlossen. Des Weiteren wurden die Vordrucke gemäß § 72a (Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen) angepasst und werden zukünftig bei neuen Vertragsabschlüssen mit anerkannten Trägern der freien Kinder- und Jugendhilfe gemäß §75 SGB VIII angewendet. Die Dienstanweisung Kinderschutz sowie die Arbeitsanweisung Hilfeplanung wurden vollständig überarbeitet und den neuen Qualitätsanforderungen angepasst.

 

 

II. Entscheidungsalternativen

keine.

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

 

Die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen müssen in den nächsten Jahren bereitgestellt werden.

 

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Gemäß § 71 SGB VIII in Verbindung mit § 5 der Satzung für das Jugendamt des Kreis Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung grundsätzlich zuständig.