Betreff
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz; Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 13.05.2022
Vorlage
SV-10-0586
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag: ohne

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

I. Problem

 

Mit dem beigefügten Schreiben vom 13.05.2022 bittet die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN um Berichterstattung der Kreisverwaltung über mögliche Maßnahmen zum „Natürlichen Klimaschutz“.

 

 

II. Lösung - Bericht

 

Mit dem im Koalitionsvertrag festgelegten „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ will die Bundesregierung einen substantiellen Beitrag zum Klimaschutz, zum Schutz der biologischen Vielfalt und zur Vorsorge gegen die Folgen der Klimakrise erreichen. Hierzu sollen – in Ergänzung zum „technischen Klimaschutz“ - die Synergien zwischen Natur- und Klimaschutz stärker und gezielter als bisher genutzt werden. Die Maßnahmen zum natürlichen Klimaschutz sind damit ein relevanter Schritt für eine bessere Krisenvorsorge in Deutschland. Für die Umsetzung des Aktionsprogramms will die Bundesregierung in den Jahren 2022 bis 2026 insgesamt vier Milliarden Euro bereitstellen.

Als Grundlage für die Maßnahmenumsetzung sieht das Aktionsprogramm vor, dass Finanzierungs- und Förderprogramme aufgelegt, Vorranggebiete und Gebietskulissen dargestellt sowie Planverfahren erarbeitet werden. Die Zuständigkeiten für die Erarbeitung der entsprechenden Vorgaben liegen daher im ersten Schritt auf der Bundes- bzw. Landesebene. Nichtsdestotrotz ist es jedoch sinnvoll, auch auf kommunaler Ebene mögliche Programme und Projekte zu entwerfen, die zukünftig durch das Aktionsprogramm unterstützt und realisiert werden könnten.

Grundsätzlich steht die Verwaltung dem „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ positiv gegenüber. Einige der im Aktionsprogramm dargestellten Handlungsfelder werden auch bereits langjährig durch verschiedene Projekte und Maßnahmen realisiert – oftmals als eine klimatisch positive Begleitwirkung von Maßnahmen. Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes werden voraussichtlich an vielen Stellen Schnittmengen mit den Maßnahmen aus dem Klimafolgenanpassungsprojekt „Evolving Regions“ haben, so dass hier parallel Projekte entwickelt werden. Planung und Umsetzung von Maßnahmen des natürlichen Klimaschutzes werden auch zukünftig einen Schwerpunkttätigkeitsbereich der Kreisverwaltung bilden.

Aufgrund der vielfältigen Ansprüche an die Flächen im Kreis Coesfeld aus insbesondere der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, der Landwirtschaft und dem Naturschutz liegt eine enorme Flächenkonkurrenz vor, die zu einer nur begrenzten Flächenverfügbarkeit führt. Dies ist stets bei der Entwicklung von Projekten und Programmen zu berücksichtigen, insbesondere, da es sich mit dem „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ um ein bundesweites Programm handelt und dieses nicht zwischen regionalen Besonderheiten differenziert.

 

Zur Anfrage der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird im Folgenden gebündelt unter Beachtung der im „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ genannten Handlungsfelder Stellung genommen, da sowohl bei den Fragen und Antworten inhaltliche Überschneidungen bestehen:

1.         Welche der Handlungsfelder des genannten Aktionsprogrammes sind aus Sicht der Verwaltung für den Klima- und Naturschutz im Kreisgebiet von besonderer Bedeutung?

2.         Hat die Verwaltung bereits Projekte erarbeitet, die durch Einsatz von Mitteln aus diesem Aktionsprogramm realisiert werden können?

3.         Für welche Handlungsfelder sieht die Verwaltung die Möglichkeit, fristgerecht Projekte und Maßnahmen zu entwickeln, die durch das Aktionsprogramm (co-)finanziert werden können?

 

·           Handlungsfeld „Schutz intakter Moore und Wiedervernässungen“

Hier wird im Wesentlichen auf die Sitzungsvorlage SV-10-0427 der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 01.12.2021 verwiesen. In dieser wurden u.a. die dem Kreisgebiet unterliegenden ehemaligen Moorgebiete bzw. organischen Böden kartographisch dargestellt.

In den zwei rezenten Moorgebieten „Venner Moor“ und „Süskenbrocks Moor“ sind in den letzten Jahren durch den Verschluss von nahezu einhundert Entwässerungsgräben Maßnahmen zur Wiedervernässung durchgeführt worden. In den „Wäldern Nordkirchen“ entwickelt das Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e.V. gemeinsam mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW ein Konzept zur Wiedervernässung von Wäldern auf organischen Böden.

Aktuell wird gemeinsam mit der Flurbereinigungsbehörde der Bezirksregierung Münster im Rahmen eines Flächentauschs die Umwandlung von Ackerfläche in Feuchtgrünland im „Kottenbrook“ angestrebt.

Eine weitere Vernässung ehemaliger Moorflächen ist aufgrund der Auswirkungen auf die Bewirtschaftbarkeit der Flächen nur in enger Kooperation mit landwirtschaftlichen Akteuren realisierbar.

 

·           Handlungsfeld „Naturnaher Wasserhaushalt mit lebendigen Flüssen, Seen und Auen“

Mit der Umsetzung der WRRL als ständiger Aufgabenbereich der Abteilung Umwelt wird ein guter Zustand aller Oberflächenwasserkörper angestrebt. Zielgebiete sind nicht nur die das Kreisgebiet dominierenden Fließgewässer Lippe, Stever und Berkel, sondern auch die Vielzahl kleinerer Fließgewässer. Abgesehen von der Entfernung von Wanderungshindernissen wie z. B. Sohlabstürzen steht bei jeder Renaturierung die Entwicklung von Sekundärauen im Fokus, was jedoch wesentlich von der Flächenverfügbarkeit abhängt.

 

·           Handlungsfeld „Wildnis und Schutzgebiete“

Wildnisgebiete liegen im Kreis Coesfeld in den Baumbergen, in der Davert und bei Nordkirchen, stets eingebettet und sichergestellt über eine Naturschutzgebietsausweisung. Da es sich ausschließlich um Waldflächen im Eigentum des Landes NRW handelt, erfolgen die Ausweisungen in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW.

Im vergangenen Jahr hat die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege ca. 300 ha große Waldflächen nördlich der Lippe in die Betreuung des Naturschutzzentrums gegeben. Derzeit laufen dort die vegetationskundlichen Aufnahmen, je nach ökologischer Voraussetzung ist hier auch eine weitere Entwicklung von Wildnisgebieten denkbar.

Als weiteren Inhalt sieht das Aktionsprogramm die Verbesserung der ökologischen Qualität in Schutzgebieten sowie die Ausdehnung von Schutzgebieten vor. Der Kreis Coesfeld hat in den vergangenen zwei Jahren insgesamt ca. 11 ha Fläche in bestehenden Schutzgebieten aus Ersatzgeldmitteln erworben, auf denen Maßnahmen zur Erhöhung der ökologischen Qualität geplant und durchgeführt werden. Mit der geplanten Ausweisung der Alten Fahrt des Dortmund-Ems-Kanals zwischen Senden und Lüdinghausen soll im Rahmen der 1. Änderung des Landschaftsplans Lüdinghausen eine Fläche von ca. 25 ha unter Naturschutz gestellt werden.

Die weitere Ausweisung von Schutzgebieten setzt eine entsprechende Flächenverfügbarkeit voraus, welche – wie bereits erwähnt – äußerst schwierig zu bedienen ist.

 

·           Handlungsfeld „Waldökosysteme“

Die Waldflächen im Kreisgebiet Coesfeld befinden sich überwiegend in Privatbesitz. Die besondere Verantwortung von Waldflächen im öffentlichen Besitz ist bereits im Handlungsfeld „Wildnis und Schutzgebiete“ erörtert worden.

Der Kreis Coesfeld fördert unter bestimmten Bedingungen bereits seit Jahren den Umbau von Nadelwäldern in klimastabilere und ökologisch wertvollere Laubwälder durch die Anerkennung von Wald-Ökokonten.

Bezüglich aus klimatischer Sicht positiv zu beurteilender großflächiger Aufforstungen wird auf die bestehende Flächenkonkurrenz verwiesen.

 

·           Handlungsfeld „Böden als Kohlenstoffspeicher“

Die Art der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird im Wesentlichen beeinflusst durch die europäische gemeinsame Agrarpolitik (GAP).

Die im Aktionsprogramm genannten Strukturelemente der freien Landschaft werden von der Kreisverwaltung durch die Programme zur Anpflanzung von Obstbäumen (bereits langjährig) sowie zur Neuanlage von Hecken (seit 2021) gefördert.

Die bereits erwähnten Maßnahmen zur Wiedervernässung bzw. die Umwandlung von Ackerböden in den Moorgebieten tragen zur Erhöhung der Funktion als CO2-Senke bei. Diese Bereiche stellen eine besondere Zielkulisse bei einem eventuell möglichen Flächenerwerb dar.

 

·           Handlungsfeld „Natürlicher Klimaschutz auf Siedlungs- und Verkehrsflächen“

Dieses Handlungsfeld liegt insbesondere in der Planungshoheit der Städte und Gemeinden, z.B. im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung.

Auf den Liegenschaften des Kreises Coesfeld hat die Kreisverwaltung in den letzten drei Jahren insgesamt mehr als 400 Bäume gepflanzt, größtenteils entlang der Kreisstraßen.

Besondere Rücksichtnahme wird auf den Erhalt von Altbaumbeständen bei Baumaßnahmen gelegt, z.B. im Zuge von Radwegplanungen – aktuell wird die Stieleichenallee zwischen Billerbeck und Darup einer baumgutachterlichen Bewertung im Vorfeld der Radwegplanung unterzogen.

Zudem wird eine extensivere Nutzung der Außenanlagen angestrebt, wie bereits in den Grünflächen vor dem Kreishaus 1 mit der gezielten Anpflanzung von heimischen Wildblumen durchgeführt. Eine weitere mögliche Maßnahme könnte die Begrünung der Flachdächer der Kreisverwaltung darstellen.

 

·           Handlungsfeld „Datenerhebung, Monitoring, Modellierung und Berichterstattung“

Dieses Handlungsfeld obliegt insbesondere den Landes- und Bundesbehörden wie z.B. LANUV, BfN, MULNV. Das Naturschutzzentrum übernimmt derartige Aufgaben bei der Schutzgebietsbetreuung und im Auftragsverhältnis des Landes im Rahmen des Arbeits- und Maßnahmenplans.

 

·           Handlungsfelder „Forschung und Kompetenzaufbau“ sowie „Zusammenarbeit in der EU und international“

Diese Handlungsfelder liegen nicht im Aufgabenbereich einer Kreisverwaltung.