Betreff
Förderung von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen - zukünftige Entwicklung der Heilpädagogischen Kindertageseinrichtungen
Vorlage
SV-10-0624
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

Der Bericht wird zur Kenntnis genommen.

 

I. Sachdarstellung

Grundsätzlich sieht das Gesetz eine gemeinsame Förderung nicht-behinderter und behinderter Kinder unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse vor (§ 22a Abs. 4 SGB VIII i.V.m. § 8 KiBiz). Aktuell gestaltet es sich so, dass in den regulären Kindertageseinrichtungen eine Einzelintegration der behinderten Kinder stattfindet. Darüber hinaus gibt es Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen. Diese erbringen heilpädagogische Leistungen in der Regel in kleineren, überschaubaren Gruppen für Kinder mit (schweren) Behinderungen nach dem SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) in Kombination mit pädagogischen Regelleistungen nach dem SGB VIII i.V.m. KiBiz. Die Planung und Finanzierung der Heilpädagogischen Kitas liegt in Zuständigkeit des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

 

Sofern für ein Kind in einer Regel-Kita ein Integrationsantrag gestellt und bewilligt wird, erhält die Kita für dieses Kind neben den KiBiz Leistungen für behinderungsbedingten Mehraufwand die sog. Basisleistung I durch den LWL. Die Basisleistung I ergänzt die Leistungen aus dem KiBiz und dient der Verbesserung des Personalschlüssels, um die Förderung der Kinder mit Behinderung sicherzustellen.

Die Mittel der Basisleistung I können entweder im Modell Zusatzkraft oder im Modell Gruppenstärkenabsenkung eingesetzt werden. Bei dem Modell Zusatzkraft stehen der Einrichtung mehr Fachkraftstunden bei gleichbleibender Gruppengröße zur Förderung der behinderten Kinder zur Verfügung. Dies ist das Modell, welches in den Kindertageseinrichtungen im Kreisjugendamtsbezirk Coesfeld und auch in den anderen Jugendämtern in Westfalen-Lippe weit überwiegend praktiziert wird.

Bei dem Modell Gruppenstärkenabsenkung wird die Anzahl der Kinder in der Einrichtung reduziert, folglich belegt ein Kind mit Behinderung insgesamt zwei geförderte Regelplätze. Das bedeutet, dass eine Gruppe, in der regulär 20 Kinder betreut würden stattdessen 18 Kinder und ein behindertes Kind betreut werden. Bei beiden Modellen ist das Verhältnis von Fachkräften zu Kindern gleich.

 

Nach § 131 SGB IX schließen die Träger der Eingliederungshilfe auf Landesebene mit den Vereinigungen der Leistungserbringer gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge ab, in denen u.a. auch die Finanzierung von Angeboten geregelt ist. Im Landesrahmenvertrag Eingliederungshilfe wurde bereits im Jahr 2019 vereinbart, Leistungen für Kinder mit Behinderungen nach Möglichkeit so zu planen und zu gestalten, dass diese gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Ziel soll es sein, die Kinder mit Behinderungen wohnortnah zu betreuen und nach Möglichkeit nicht von ihrem sozialen Umfeld zu trennen. Darüber hinaus soll ein einheitliches Finanzierungssystem geschaffen werden und die Planung zentral durch die örtliche Jugendhilfeplanung erfolgen. Dazu bekräftigten die Vertragsparteien die Absicht in einer Gemeinsamen Kommission bis zum 31.12.2021 Regelungen zu vereinbaren, die es ermöglichen, heilpädagogische Leistungen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf in KiBiz-Einrichtungen sicherzustellen. Dafür soll die sog. Basisleistung II für kleine Gruppen mit multiprofessionellen Teams und erhöhtem Personalschlüssel eingeführt werden.

Der anschließend erforderliche Umstellungsprozess sollte am 01.01.2022 beginnen und bis zum 31.12.2026 mit Wirkung zum 01.08.2027 abgeschlossen sein. Im Einzelfall könnte die Frist noch einmal um zwei Jahre verlängert werden.

 

Konkret bedeutet dies, dass die Heilpädagogischen Einrichtungen – im Kreisjugendamtsbezirk ist dies die Einrichtung der Kinderheilstätte in Nordkirchen – auf eine Finanzierung nach dem KiBiz umgestellt und in die Planungsverantwortung des Jugendamtes übergehen wird.

Darüber hinaus bedeutet es insbesondere, dass zukünftig auch Kinder mit schwersten oder Mehrfachbehinderungen, die zuvor überwiegend in den Heilpädagogischen Einrichtungen der Kinderheilstätte oder Haus Hall in Gescher und Coesfeld betreut wurden, in den Regel-Kitas betreut werden.

 

Die Verhandlungen zur Einführung der Basisleistung II sollten eigentlich zum 31.12.2021 abgeschlossen sein, doch bisher konnte keine abschließende Einigung erzielt werden. Hinsichtlich des Umstellungsprozesses gibt es noch einige offene Fragen und Problemstellungen. Insbesondere strukturelle Rahmenbedingungen, räumliche und personelle Ausstattung, Finanzierung von Sach- und Fahrtkosten sind Themen deren Klärung noch Zeit in Anspruch nehmen wird.

Gleichzeitig muss der Umstellungsprozess zur Betreuung und Förderung der behinderten Kinder schon jetzt begonnen werden. Insbesondere das Ziel die kleineren Gruppen im Modell der Gruppenstärkenabsenkung für behinderte Kinder wohnortnah zur Verfügung zu stellen, erfordert im Rahmen der Jugendhilfeplanung ggf. erneut den Ausbau weiterer Kindergartenplätze und somit rechtzeitige Planung.

Den Kita-Trägern sowie den Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden des Zuständigkeitsbereiches sollte der geplante Umstellungsprozess bekannt sein. Im Rahmen der zweimal jährlich stattfindenden Trägergespräche wurde der jeweils aktuelle Sachstand bereits in 2021 erörtert. Derzeit prüfen die Träger für welche ihrer Einrichtungen ggf. die Umsetzung des Modells Gruppenstärkenabsenkung und somit die Aufnahme schwer mehrfach behinderter Kinder zukünftig denkbar sein könnte. Da aber viele Fragen hinsichtlich der Basisleistung II noch ungeklärt sind, gibt es seitens der Träger noch keine verbindlichen Rückmeldungen. Das Kreisjugendamt bleibt dazu weiter mit den Trägern in engem Austausch.

Auch wird seitens des Kreisjugendamtes eruiert inwieweit zukünftig weiterhin eine überörtliche Versorgung von behinderten Kindern stattfinden kann. Derzeit besuchen Kinder aus Billerbeck, Havixbeck, Nottuln und Rosendahl die Heilpädagogischen Einrichtungen von Haus Hall in Gescher und Coesfeld, die sich im Zuständigkeitsbereich der Jugendämter der Stadt Coesfeld und des Kreises Borken befinden. Kinder aus Ascheberg, Lüdinghausen, Nordkirchen, Olfen und Senden aber auch z.B. aus Selm besuchen die Heilpädagogische Einrichtung der Kinderheilstätte Nordkirchen. Hier ist insbesondere noch offen, wie die interkommunale Finanzierung gestaltet wird, wie Kinder ggf. befördert werden und in wessen Zuständigkeit die Verantwortung für diese Aufgabe ggf. liegen wird.

 

Sofern möglich und notwendig wird das Kreisjugendamt die geplanten Regelungen bei der Ausbauplanung im Rahmen der Kindergartenbedarfsplanung schon jetzt berücksichtigen. Der Jugendhilfeausschuss wird über die jeweiligen Entwicklungen entsprechend informiert werden.

 

II. Entscheidungsalternativen

Keine

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

Zukünftig sind entsprechend der gesetzlichen Neuerungen die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen. Dies betrifft insbesondere die Kindergartenbedarfsplanung. Hier werden voraussichtlich weitere Kindergartenplätze benötigt.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Gemäß § 71 SGB VIII in Verbindung mit § 5 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung grundsätzlich zuständig.